Im Bann des dunklen Druiden: Unheimlicher Thriller (eBook)
160 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-7148-4 (ISBN)
1. KAPITEL
Dunkle Wolkenbänke zogen sich über den kahlen Berggipfeln betörend zusammen. Die Sonne verbarg sich, als wollte das Tagesgestirn sich den Anblick der drohenden Schlacht ersparen.
Auf einem Hügel stand ein Druide. Er wirkte mit seinen langen weißen Haaren und dem auf die Brust wallenden Vollbart unendlich alt. Sein helles Gewand wurde von den heftigen Windböen gegen seinen mageren Körper gedrückt, während er seinen Zauberstab hob. In einer unverständlichen Sprache schrie er Sätze heraus, die wie Beschwörungen klangen. Trommeln dröhnten.
Und dann erschienen die jungen Kelten. Es waren Krieger. Keiner von ihnen war bekleidet. Ihre nackten Körper hatten sie über und über mit blauer Pflanzenfarbe bedeckt. Außerdem verzierten wilde Bemalungen ihre Arme und Brustkörper, Oberschenkel und Bäuche. Bewaffnet waren sie mit Schwertern und Speeren. Ihre langen Haare hatten sie zu Zöpfen geflochten, die unter den Helmen hervorschauten. Und ihre Blicke richteten sich auf den heiligen Mann.
Der Druide deutete mit seinem Zauberstab auf die Feinde, die in der Ebene warteten. Sie waren den Kelten zahlenmäßig überlegen, aber das schreckte die jungen Kämpfer nicht ab - im Gegenteil. Sie rissen ihre Münder zu einem furchterregenden Kriegsgeschrei auf. Die Kelten stürzten sich auf ihre Widersacher und ...
Maxine Roberts drückte auf die Stopp-Taste des DVD-Players.
„Hallo, geht's noch?", beschwerte sich Julia Bronson. „Gleich kommt die beste Szene in dem ganzen Streifen!"
Maxine seufzte. Manchmal konnte Julia sie echt nerven. Dabei war sie ihre beste Freundin, seit Maxine vor zwei Jahren in Wandsworth Hall auf die Schule gekommen war. Das altehrwürdige Mädcheninternat befand sich in der englischen Grafschaft Suffolk - und zwar dort, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagten. Die Landschaft war toll, aber eine coole Disco gab es weit und breit nicht. Auch keine uncoole Disco. Also lagen die Möglichkeiten, einen Jungen kennen zu lernen, ungefähr bei null.
Aber heute war der erste Tag der Sommerferien! Endlich durften Maxine und ihre Mitschülerinnen für ein paar Wochen die Schuluniform samt bravem Faltenrock und Kniestrümpfen ausziehen. Maxine drehte sich vor dem Spiegel in dem Zimmer, das sie mit ihrer Freundin teilte. Sie trug eine enge Hüftjeans und ein nabelfreies orangefarbenes Top. Ihre langen dunklen Haare hatte Maxine für die Reise hochgesteckt. Sie konnte es kaum noch abwarten, endlich aus Wandsworth Hall zu verschwinden.
„Es ist total schönes Wetter, und uns winkt die Freiheit! Kein Mathe mehr bei Mr. Dillings, keine stinkenden Chemie-Experimente bei Miss Faulkner - und du hast nichts Besseres zu tun, als dir diesen blutrünstigen Keltenstreifen reinzuziehen", meckerte Maxine. „Außerdem hast du die DVD doch mindestens schon dreißig Mal gesehen."
„Hey, ich werde erst heute Nachmittag von meinen Eltern abgeholt", verteidigte sich die blonde Julia, die auf ihrem Bett ausgestreckt lag. „Außerdem ist der Film gar nicht so krass, wie du behauptest. Immerhin kann man jede Menge hübscher Typen sehen, die außer blauer Farbe nichts auf ihrem Körper haben - war das eigentlich echt so bei den Kelten?"
Julia kicherte, aber an ihrem Gesicht konnte Maxine ablesen, dass ihre Freundin die Frage ernst meinte. Seit Julia mitgekriegt hatte, dass Maxines Eltern beide Altertumsforscher waren, sah die Freundin Maxine als ultimative Keltenexpertin an.
„So genau weiß ich das auch nicht", meinte Maxine ausweichend. „Aber die keltischen Krieger sind wohl wirklich nackt und bemalt in den Kampf gezogen. Man weiß immer noch nicht viel über die Kelten. Sie sind ein geheimnisvolles Volk. Meine Mom und mein Dad graben gerade so ein Oppidum aus."
„Ein was?" Julias Interesse war geweckt. Sie setzte sich kerzengerade auf die Bettkante und strich ihr Minikleid glatt. Erwartungsvoll schaute sie die Freundin an. Maxine seufzte. Sie hatte eigentlich ihren Schnabel halten wollen, denn sie wusste ja, dass Julia ein totaler Keltenfan war. Wenn ihre Freundin sie jetzt noch länger aufhielt, würde sie ihren Zug verpassen.
„Ein Oppidum war eine befestigte keltische Siedlung auf einem Hügel."
„Echt? In Schottland, oder...?"
„Nein, an der Südküste. Am Rand von Fennquay, das ist so ein kleiner Badeort. Dorthin fahre ich heute, um die Sommerferien bei Mom und Dad zu verbringen."
Eigentlich hatte Maxine das ihrer Freundin schon ungefähr ein Dutzend Mal erzählt, aber Julia hörte manchmal einfach nicht zu. Maxine mochte sie total gern, aber oft kam sie ihr vor wie ein zerstreuter Professor.
„Eine Keltensiedlung graben deine Eltern aus? Das ist ja megacool! Vielleicht kannst du ein paar Fotos machen und mir als Mail-Anhang schicken ..."
Julia wollte noch mehr sagen, aber Maxine stand auf. Ihre Reisetasche hatte sie zum Glück schon fertig gepackt. Ein Blick auf die Uhr bewies ihr, dass sie nun wirklich flitzen musste. Maxine nahm die Freundin in die Arme.
„Hey, der Bus zur Bahnstation fährt gleich. Wenn ich den verpasse, sehe ich alt aus. Schöne Ferien wünsche ich dir, ich melde mich per SMS, okay?"
„Okay, mach's gut."
Als Maxine hinausging, ertönte hinter der geschlossenen Tür bereits wieder der DVD-Schlachtenlärm. Sie musste grinsen, während sie die Treppe hinunterlief. Julia war seit einigen Monaten auf dem Keltentrip, was Maxine als ihre Freundin und Zimmergenossin natürlich hautnah mitbekam. CDs mit Celtic Rock, nachgemachte Broschen und Armreifen im Keltenstil - angeblich wollte sich Julia in den Sommerferien mit anderen Kids treffen, die sich als Krieger und Zauberinnen verkleideten. So eine Art Live-Rollenspiel, wenn Maxine das richtig verstanden hatte.
Das interessierte Maxine selbst nun überhaupt nicht. Sie hoffte vor allem darauf, während der nächsten Wochen ein paar coole Leute kennen zu lernen. Sicher, in Wandsworth Hall verstand sie sich mit den meisten Mädchen und sogar mit den Lehrern recht gut, obwohl sie keine Streberin war. Aber wenn man jahrelang Tag und Nacht die gleichen Gesichter sah, konnte das ganz schön öde werden.
Maxine legte einen Extra-Sprint ein, und total aus der Puste erreichte sie den abfahrbereit stehenden Bus. Außer ihr wollten noch ein Dutzend Mitschülerinnen zur nächstgelegenen Bahnstation, um von dort aus zu ihren Eltern zu fahren.
„Hey, Roberts, das war knapp!", tönte Sylvie Tate. „Warum so lahm? Wartet dein Freund gar nicht sehnsüchtig auf dich?"
Maxine lächelte, als ob sie in eine saure Zitrone gebissen hätte. Sylvie gehörte zu den wenigen Internatsmädchen, die sie nicht ausstehen konnte. Und das beruhte auf Gegenseitigkeit.
„Klar, Tate, und wie der wartet!", gab Maxine zurück, während sie quer durch den Bus düste und sich einen Platz möglichst weit entfernt von dieser ätzenden Sylvie suchte. Maxine hasste es, zu schwindeln. Aber sie wollte gegenüber dieser eingebildeten Schnepfe nicht zugeben, dass sie gar keinen Freund hatte.
Zum Glück fuhr der Bus nun los. Sylvie hatte offenbar keine Lust, weiter auf dem Thema herumzureiten. Maxine nahm die Kopfhörer ihres MP3-Players und schaltete das Gerät ein.
Sie wollte sich ablenken. Doch selbst die Musik von Jennifer Lopez konnte sie nicht auf andere Gedanken bringen.
Diese blöde Sylvie hatte, ohne es zu wissen, einen wunden Punkt bei Maxine getroffen. In den letzten Weihnachtsferien war Maxine auf einen cool aussehenden Typen hereingefallen. Er hieß Dan Winters, und sie hatte ihn auf einer Party ihrer Cousine kennen gelernt. Maxine war sofort verknallt gewesen, und sie hatte ihn sogar küssen wollen. Doch dann musste sie mit ansehen, wie er einem anderen Mädchen um den Hals fiel. Danach hatte Maxine erst einmal gründlich die Nase voll von den Jungs. Sie hoffte nur, dass nicht alle solche Idioten waren wie Dan Winters. Sonst würde sie nämlich ewig ungeküsst bleiben - einen Freund hatte sie bisher noch nicht gehabt. Warum musste sie auch in diesem verflixten Internat stecken, wo man garantiert niemanden kennen lernen konnte!
„Hey, passt doch auf!"
Ein zusammengeknülltes Kaugummipapier flog Maxine an den Kopf und riss sie aus ihren trüben Gedanken. Die anderen Mädchen waren völlig aufgedreht und alberten herum. Sie schaffte es irgendwie, sich doch von der lockeren Stimmung anstecken zu lassen. Immerhin war heute der erste Ferientag, die Sonne schien am wolkenlosen Himmel, und sie fuhr an die Küste ...
Der Bus traf pünktlich an der Bahnstation ein. Maxine war erleichtert, dass ihre Lieblingsfeindin Sylvie Tate in die entgegengesetzte Richtung nach Norden fuhr. Maxine nahm mit einigen anderen Mädchen den Zug nach London.
„Lebst du auch in der Hauptstadt?", fragte Ruth Cummings, eine stille Schwarzhaarige.
„Ich wurde in London geboren, und meine Eltern haben dort immer noch ein Haus. Aber sie warten in Fennquay auf mich", erwiderte Maxine.
„Nie gehört. Wo ist das denn?"
„Fennquay ist ein Badeort an der Küste von Cornwall. Er ist nicht so bekannt wie Brighton oder Blackpool oder eines der anderen großen Seebäder."
Als der Zug in die Victoria Station rollte, verabschiedete sich Maxine von Ihren Mitschülerinnen. Sie musste mit der U-Bahn quer durch die Stadt, um von der...
Erscheint lt. Verlag | 19.2.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
ISBN-10 | 3-7389-7148-3 / 3738971483 |
ISBN-13 | 978-3-7389-7148-4 / 9783738971484 |
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