Das Geständnis der Amme (eBook)

Historischer Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
770 Seiten
beHEARTBEAT (Verlag)
978-3-7517-3753-1 (ISBN)

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Das Geständnis der Amme -  Julia Kröhn
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Sie war die Königin von Wessex, er der Sohn eines Wildhüters - doch sie kämpften für ihre Liebe

Frankreich im 9. Jahrhundert: Als einfallende Normannen ihr Dorf verwüsten, verliert die junge Johanna ihre gesamte Familie. Neuen Lebenssinn findet sie erst als Amme des kleinen Balduin. Stolz verfolgt sie seinen Werdegang zum ruhmreichen Ritter. Doch dann verliert Balduin sein Herz an Judith, die Tochter des fränkischen Königs. Fortan kämpfen die beiden um eine Ehe wider Standesgrenzen, König und Kirche - und vor allem wider Johanna. Denn die Amme sieht in Judith eine Nebenbuhlerin, und um ihre Macht zu erhalten, ist sie zu allem bereit - sogar zum Mord ...

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<p>Julia Kröhn, wurde 1975 in Linz an der Donau geboren. Heute lebt die Fernsehjournalistin und Autorin in Frankfurt am Main. Sie veröffentlicht unter verschiedenen Pseudonymen sehr erfolgreich Kinder-, Fantasy- und Historische Romane. Unter dem Pseudonym Carla Federico erhielt die Bestsellerautorin im Jahr 2010 den internationalen Buchpreis CORINE für ihren Roman Im Land der Feuerblume. Besuchen Sie die Autorin unter www.juliakroehn.de im Internet.</p> <p><br></p>

I. Kapitel


Ihre Füße waren blutig.

Obwohl sie weite Strecken auf weichem Moos gelaufen war, hatten sich Äste und Steinchen in ihre Sohlen geschnitten und jagten scharfe Schmerzen bis in ihre Leibesmitte. Als sie stehen blieb und sich vorbeugte, um besser Atem holen zu können, gewahrte sie die Spur, die sie auf dem Weg hinterlassen hatte.

Kurz dachte sie, dass jener rote Saft unmöglich von ihr stammen könnte, dass sie – nach allem, was sie erlebt hatte – nicht lebendig genug war, um zu bluten. Doch dann sah sie an sich hinab, wendete zuerst den einen Fuß, dann den anderen, und bemerkte die klaffenden Wunden.

Ihre Zunge fühlte sich belegt an, ihr Atem roch säuerlich. Der Schmerz schien sich in ihren gesamten Körper auszustrecken: bis in die Spitzen ihrer Brüste, die während des Laufens unruhig auf ihrem Körper geschlackert hatten, und bis zu ihrem Magen, der sich anfühlte, als hätte er sich auf die Größe eines Kieselsteins zusammengezogen. Ihr Durst war unerträglich. Keuchend lief sie weiter und spürte einen neuerlichen Schmerz, diesmal, als ob ihr ein Messer zwischen die Beine schnitt. Sie fühlte, wie warme Flüssigkeit über die Schenkel rann. Hatte sich ihre Blase entleert? Oder blutete sie auch dort?

Sie ordnete alles dem unerträglichen Durst unter und irrte auf der Suche nach einer Quelle durch den finsteren, raschelnden Wald. Eichen, Buchen, Ahornbäume und Birken reichten sich gegenseitig die Hände und tanzten, während sie an den Stämmen vorbeihuschte. Manchmal gluckerten ihre Schritte, vielleicht, weil es geregnet hatte und der Waldboden noch nass war, vielleicht, weil sie von Sümpfen und Mooren umgeben war. Letztere waren gefährlich, man konnte darin versinken und elendiglich ertrinken – diese Warnungen hatte sie ihr ganzes Leben lang gehört. Doch ihre Angst schien aufgebraucht. Nur wie von ferne hallten die Worte der Priester in ihren Ohren, die den Wald einen unheilvollen Ort genannt hatten, eine Stätte der Geister und Trolle, der Bäume, die die Heiden verehrten und denen darum teuflische Kräfte innewohnten, der verzauberten Quellen, die giftiges Wasser sprudeln ließen. Wer davon trinke, der stürbe.

Der Gedanke vergrößerte nur ihren Durst. Ihre Zunge fühlte sich an, als füllte sie den ganzen Mund aus, raubte noch mehr von dem Platz, den sie doch brauchte, um Atem zu schöpfen.

Dann fand sie endlich eine tiefe Pfütze, trüb und braun. Statt sich bloß darüberzubeugen, mit den Händen von dem Wasser zu schöpfen und dieses an die vertrockneten Lippen zu führen, ließ sie einfach das ganze Gesicht in das kühle Nass sinken. Ihre Welt wurde schwarz und lautlos, als auch ihre Ohren vom Wasser umgeben waren. Die Geräusche des Waldes verstummten: das Stöhnen des Geästs, das Rascheln der Blätter, das traurige Rufen der Vögel. Sie öffnete den Mund, das Wasser lief einfach hinein, sodass sie nur mehr schlucken musste. Es schmeckte faulig nach Schlamm, und als sie endlich wieder hochfuhr, vermeinte sie, nicht getrunken, sondern sich mit feuchter Erde genährt zu haben. Kleine Klümpchen verfingen sich zwischen Gaumen und Zunge und brachten sie zum Würgen. Als sie sich mühsam aufrichtete, fiel diesiges Licht auf die Pfütze. Es reichte nicht aus, um sie zu klären, aber die Oberfläche, eben noch lehmig, schien sich zu verhärten und reflektierte ihr unscharfes Bild. Sie sah nicht viel, nur Umrisse, in denen sie nichts Vertrautes erkennen konnte. Mit einer heftigen Bewegung fuhr sie herum, um sich zu vergewissern, dass es die eigene Gestalt, nicht die eines Fremden war, die sich über die Pfütze beugte. Doch sie war sich selbst fremd geworden. Sogar die Schmerzen, die ihren Kopf und ihren Leib zu zerreißen drohten, schienen nicht zu ihr zu gehören.

Sie starrte wieder auf ihr Spiegelbild. Sie wusste ihren eigenen Namen nicht mehr.

Das braune Wasser der Pfütze verkrustete auf ihrer Haut, doch sie wischte es nicht ab. Dunkel, fast schwarz wurde auch das Blut an ihren Füßen. Sie war neben der Pfütze sitzen geblieben, schließlich eingeschlafen, und als sie erwachte, war es tiefe Nacht. Regen prasselte auf die Blätter der Bäume, aber sie spürte, vom Dach der vielen Zweige und Äste beschirmt, nur einzelne Tropfen; es waren zu wenige, um sie reinzuwaschen. Klamm stieg es vom Waldboden hoch. Als hinter dem Blätterdach endlich der Morgen dämmerte und dünne Lichtfäden auf sie fielen, waren ihre sämtlichen Glieder steif. Ächzend erhob sie sich. Die Spitzen ihrer Brüste schmerzten noch immer, ebenso ihre Scham, aber zumindest der Bauch knurrte wie der eines gesunden Menschen, der lange nichts gegessen hat.

Mit dem Hunger kamen die Erinnerungen, allerdings nicht zusammenhängend. Ähnlich karg wie das Licht streiften sie ihr Gemüt nur für die Dauer eines Wimpernschlags, und die Bilder, die sie dann zu erkennen glaubte, blieben trügerisch. Sie wusste nicht, ob sie etwas widerspiegelten, was sie in der Vergangenheit tatsächlich erlebt hatte, oder ob sie nur der Nachgeschmack aberwitziger Träume waren.

Eines dieser Bilder schenkte ihr zumindest die Gewissheit, dass es auch in den Wäldern – so gefährlich sie auch waren, weil man sich in ihrer Weite verirren konnte – etwas Essbares gab: Heidelbeeren, Vogelbeeren und Pilze, manchmal auch Äpfel, Birnen und Pflaumen. Sie erinnerte sich, wie sie einst ein ähnliches Dickicht durchstreift hatte, einen aus Weidenflechten gewundenen Korb in der Hand, um darin zu sammeln, was zwischen den übrigen Mahlzeiten – meist fade schmeckender Getreidebrei – für Abwechslung sorgen sollte. Sie erinnerte sich auch an ein Gefühl von Unbeschwertheit, von Leichtigkeit.

Es hatte ein Leben vor dem Grauen gegeben, und sie war damals nicht allein gewesen, sondern wurde von anderen Frauen begleitet – vertrauten Frauen, die sie gewiss mit jenem Namen riefen, den sie nicht mehr wusste.

Nein, damals war sie nicht allein gewesen, nicht verloren ...

Sie krümmte sich, als hätte sie ein Schlag in der Magengrube getroffen. »Nein!«, schrie sie unwillkürlich. »Nein!«

Ihre Stimme ließ sie noch mehr zusammenfahren. Sie klang nicht wie die eines Menschen, sondern wie die eines verwunschenen Waldwesens, das sich mit Tieren paart. Mit einer schreienden Eule, einem heulenden Wolf.

Wölfe ...

Erneut stieg ein Bild vor ihr auf. Diesmal zeigte es nicht den Wald, sondern eine Kirche, die Kirche eines Dorfes, ihres Dorfes. An die zwanzig Häuser standen dort, aus Holz und Lehm errichtet, in den Boden eingetieft, von einem Palisadenzaun umgeben. Die kleine Kirche war ähnlich erbaut wie die Häuser, mit einem Gitterwerk aus Geäst als Wände und einem aus Lehm gestampften Boden. Sie hatten die Messe gefeiert, sie und die anderen Bewohner des Dorfes, als plötzlich ein Wolf hereingekommen war, mit Schaum vor dem Mund, aber ohne die übliche Scheu vor den Menschen. Er schien gar nicht auf ihr Geflügel oder ihre Schafe aus zu sein, sondern auf Gesellschaft. Mit gelben Augen starrte er sie an, nicht bösartig, nur hungrig.

Als die Männer ihn erschlugen, wehrte er sich nicht. Voller Unbehagen hatte sie zugesehen, fand es falsch, auf ein wehrloses Tier einzuprügeln, und war umso besorgter, als der Priester später voller Furcht verkündete, dass es ein schlechtes Omen sei, wenn ein Tier wie der Wolf in die Kirche eindrang. Gewiss stünde ihnen allen großes Unheil bevor, Gott der Allmächtige möge ihnen gnädig sein.

Unheil, Unheil, Unheil ..., hallte es in ihren Gedanken nach. Sie krümmte sich noch tiefer, sprang dann auf. Sie lief, ohne innezuhalten, scherte sich nicht, dass die kaum verkrusteten Wunden an ihren Fußsohlen aufplatzten, dass ihre Kehle sich wieder schmerzhaft zusammenschnürte. Sie wusste: Wenn sie nicht vor dem Grauen davonliefe, das nach ihrer Seele fasste, nicht vor dem, was ihr geschehen war und was sie selbst getan hatte – dann würde sie sterben.

Irgendwann war der Wald zu Ende.

Ödland breitete sich vor ihr aus. Vor langer Zeit war hier wohl gerodet worden, doch anschließend hatte sich niemand die Mühe gemacht, den Boden zu beackern und mit Reben zu bepflanzen.

Sie wollte weiterlaufen, schaffte es aber kaum mehr. Nicht nur wegen des bedrohlich weiten Himmels, der sich über ihr öffnete, oder der ungeschützten Fläche, die sich vor ihr auftat, sondern weil der Schmerz in ihren Füßen unerträglich wurde. Ohne darüber nachzudenken, tat sie etwas, was sie längst hätte tun sollen. Sie riss einen Fetzen von ihrem schmutzigen Kleid und wickelte ihn um die Füße. Sogleich erinnerte sie sich an jenen Morgen, da ihre Welt noch in Ordnung gewesen war, da das grässliche Rasseln der Köcher noch nicht die Nähe der Angreifer verraten hatte. An diesem Morgen hatte sie das Kleid angezogen – in der Hütte, die sie plötzlich vor sich sah und in der sie wohl gelebt hatte.

Die Hütte war dunkel, raucherfüllt. Der Boden war nicht mit Lehm gestampft wie in der Kapelle, sondern mit Holzplatten verlegt, die ständig knirschten. Es gab einen Tisch und eine Bank. An den Wänden aus Weidengeflecht hingen Schüsseln, Töpfe,...

Erscheint lt. Verlag 1.4.2023
Reihe/Serie Die schönsten und spannendsten Historischen Romane von Julia Kröhn
Starke Frauen - große Zeiten
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte Eifersucht • Franken • Historische Romane • Karl der Kahle • Karolinger • Normannen
ISBN-10 3-7517-3753-7 / 3751737537
ISBN-13 978-3-7517-3753-1 / 9783751737531
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