Jerry Cotton 3426 (eBook)

Hotchat

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Aufl. 2023
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-4485-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Jerry Cotton 3426 - Jerry Cotton
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Hotchat war ein Erotikportal von Open Space mit Sitz in New York. Hier präsentierten sich Frauen, Männer und Paare, sogenannte Broadcaster, gegen ein elektronisches Trinkgeld. Während einer Videosession beobachtete ein User, wie eine Broadcasterin ermordet wurde. Es war bereits das zweite Opfer binnen weniger Wochen. War hier ein Serientäter am Werk? Wir vom FBI wurden eingeschaltet. Open-Space-Inhaber Lucas Dahogan zeigte sich kooperativ. Als Erstes mussten Phil und ich ermitteln, ob es zwischen den Getöteten eine Verbindung gab und wie der Mörder an deren Daten gelangt war. Dann wurde eine dritte Frau attackiert, konnte jedoch fliehen. Inzwischen sanken die Zugriffszahlen von Hotchat, und immer mehr Broadcasterinnen löschten aus Angst ihre Accounts. Wer könnte ein Interesse daran haben, das Unternehmen zu ruinieren? Und sagte Dahogan wirklich die ganze Wahrheit?


Hotchat

Die junge Frau fuhr sich durch das flammend rote Haar und begutachtete sich ein letztes Mal prüfend im Spiegel. Zufrieden mit sich verließ sie das Bad und nahm am Schreibtisch Platz, der das winzige Wohnzimmer fast zu einem Viertel ausfüllte. Sie schaute in das kleine schwarze Auge der Kamera, die neben dem Monitor stand und direkt auf sie gerichtet war. Ihre Hand schwebte über der Tastatur. Der Computer war eingeschaltet, die Seite geöffnet, die Kamera aktiviert. Alles war bereit. Sie musste nur noch die Entertaste drücken, um online zu gehen.

Und dann tat sie es.

Bevor er den Browser öffnete, sah sich Tom Woods verstohlen um und musste über sich selbst lachen. Er war allein in seinem Apartment in der Penny Lane in San Francisco. Wer sollte ihm da über die Schulter schauen? Außerdem hatte niemand außer ihm einen Schlüssel, es bestand also keine Gefahr, dass er überraschend gestört wurde.

Es lag wohl daran, dass er immer etwas nervös war, wenn er diese Seite aufrief. Stets hatte er dabei das Gefühl, etwas Verbotenes zu tun. Das mussten wohl die Nachwehen seiner konservativen Erziehung sein. Wenn seine Mutter wüsste, dass er sich so etwas anschaute ... Nein, das wollte er sich lieber nicht vorstellen.

Mit fliegenden Fingern gab er die Adresse ein. Eine graue Fläche mit einem weißen Feld im Zentrum erschien auf dem Monitor. Sein Passwort hatte er im Kopf, es war nicht besonders kompliziert, der Name seiner Mutter und ihr Geburtsdatum. Wenn Freunde ihm eine Vorliebe für schrägen Humor unterstellten, hatte er das noch nie abgestritten. Es tippte es ein und bestätigte.

Einen Lidschlag später hatte sich die eigentliche Seite aufgebaut. Die Betreiber des Portals sparten nicht an ordentlichen Servern, wie er wieder mal anerkennend feststellte. Erwartungsvoll huschte sein Blick über die große Bildergalerie, die in acht Fotos pro Reihe und zwanzig Reihen aufgeteilt war. Wem das nicht ausreichte, konnte zur nächsten Seite klicken, wo ihn eine weitere Auswahl erwartete. Und noch eine und noch eine. Woods klickte niemals weiter. Erfahrungsgemäß war der beste Stoff auf der Startseite zu finden.

Unwillkürlich verdrehte er die Augen, als er das Bild von zwei nackten Männern entdeckte, die nebeneinander auf einer blauen Couch saßen, jeder eine Hand auf dem Oberschenkel des anderen. Nichts gegen euch, Jungs, aber das ist echt nicht mein Fall, dachte er. Auf dem Foto daneben waren drei südamerikanisch aussehende Typen mit einem schwarzhaarigen Mädchen mit olivfarbener Haut beschäftigt, das bäuchlings auf einer Chaiselongue lag. Woods runzelte die Stirn. Keiner aus diesem Quartett sah älter aus als sechzehn. Nun ja, die Altersprüfung bei Hotchat ließ sich wie bei vielen Seiten dieser Art mit etwas Cleverness austricksen und schien eher notwendige Pflicht als tatsächlich ernst gemeint zu sein.

Das nächste Bild fesselte seine Aufmerksamkeit. Die rothaarige junge Frau mit der hellen Haut schien ihn direkt anzusehen. Sie war eine echte Schönheit. Keines dieser gestylten Möchtegernmodels, die es hier in Hülle und Fülle gab. Sie wirkte ganz natürlich und hatte ein nur dezentes Make-up aufgelegt. Der Blick aus ihren grünen Augen war so intensiv, als wüsste sie, dass er, Tom Woods, zweiunddreißig, Angestellter bei einem Handelsunternehmen für Zahnarztbedarf, seit einem halben Jahr geschieden, in dieser Sekunde vor seinem Monitor saß und sie anschaute. Er schätzte, dass sie etwa zwanzig Jahre alt war. Vermutlich eine Studentin aus irgendeinem Teil der Welt, die sich etwas dazuverdiente. Über dem Bild stand ihr Nickname: laracroft179.

Er klickte darauf.

Augenblicklich öffnete sich ihr Livestream. Sie trank gerade einen Schluck Wasser aus einer Plastikflasche. Ihm fiel auf, dass sie nervös war. Ihre Augen schienen Mühe zu haben, einen festen Punkt zu fixieren, und immer wieder fuhr sie sich durch ihr schulterlanges Haar. So tough wie die Videospielikone, deren Namen sie sich geliehen hatte, war sie offenbar nicht. Vielleicht war sie zum ersten Mal hier. Auf eine gewisse Weise machte dieser Gedanke sie noch reizvoller für ihn.

Er checkte die Besucheranzeige. Zweihundertzweiundachtzig Zuschauer. Wenn sie wirklich ein Neuling war, war es bestimmt eine beeindruckende Erfahrung für sie, von so vielen Menschen gleichzeitig beobachtet zu werden. Und das waren noch wenige, wie er sehr wohl wusste. Bei manchen Sessions waren Tausende anwesend.

Sie saß auf einem Stuhl. Hinter ihr waren eine schlichte weiße Wand und der Ausschnitt einer geschlossenen hellbraunen Tür zu sehen.

Aus den Lautsprechern seines Monitors ertönte ein leiser Gong. Das Zeichen, dass ihr jemand ein Trinkgeld spendiert hatte, wie sie das hier nannten. Woods checkte sein Guthaben. Er hatte noch dreiundsechzig Medaillen. Das war die Währung auf dem Portal. Jede Medaille stand für einen Dollar. Je mehr Dollars jemand zahlte, desto mehr waren die Broadcaster bereit zu tun. Viele hatten sogar Listen, auf denen sie die verschiedensten Dinge zum Festpreis anboten.

Dreiundsechzig Medaillen waren nicht allzu viel für einen Abend. Er überlegte, ob er seinen virtuellen Kontostand mit seiner Kreditkarte auffüllen sollte, unterließ es aber, als er an seinen realen Kontostand bei seiner Bank dachte. Einstweilen würde er sich mit Zuschauen begnügen.

Die Rothaarige streifte sich ihr T-Shirt über den Kopf. Darunter trug sie einen roten Büstenhalter, der eine Nummer zu klein für ihre großen Brüste war. Der Anblick entlockte ihm ein breites Grinsen. Das sah vielversprechend aus. Mit einem Mausklick öffnete er das Fenster für das Programm, mit dem man bezahlen konnte. Wie viele Medaillen waren wohl nötig, damit sie sich obenrum freimachte? laracroft179 hatte keine Preisliste. Ob er sie über ihren Chatkanal anschreiben und fragen sollte? Viele Broadcaster ignorierten solche Nachrichten, manche nahmen sich die Zeit und antworteten.

Oder er wartete einfach ab, bis jemand anders genügend Kohle auf den Tisch legte.

Hinter ihr schwang langsam die Tür auf. Woods hob die Brauen. War er in einer Pärchenshow gelandet? Nun, ihm sollte es recht sein. Liebend gerne würde er ihr dabei zusehen, wie sie sich mit ihrem Freund vergnügte. Trotz der kurzen Zeit, in der er sie jetzt beobachtete, hatte er bereits einen regelrechten Narren an ihr gefressen.

Er spannte sich. Der Mann, der gerade das Zimmer betreten hatte, war maskiert. Sein Gesicht wurde von einer schwarzen Teufelsmaske aus Plastik verdeckt, die über ihre Schulter hinweg dämonisch in die Kamera grinste. Über einem weißen T-Shirt trug er eine braune Lederjacke, die feucht glänzte, als wäre er gerade aus einem Regenschauer gekommen. Ob das eine Art Rollenspiel werden sollte? Nun griff er unter seine Jacke und zog einen länglichen Gegenstand hervor.

Woods brauchte eine Sekunde, bis er realisierte, was der Kerl in der behandschuhten Hand hielt. Ein Messer! Die Klinge war beinahe so lang wie sein Unterarm.

Er trat näher.

Die Rothaarige bemerkte ihn nicht. Auf ihrem Gesicht lag ein scheues Lächeln, während sie mit den Fingerspitzen über ihre Brüste strich, um die Zuschauer zu weiteren Trinkgeldern zu animieren.

Dann stand er direkt hinter ihr.

»Dreh dich um!«, schrie Woods.

Das war natürlich sinnlos. Wenn sie das Mikrofon an ihrem Computer aktivierten, konnte er die Broadcaster zwar hören. Nur umgekehrt klappte das nicht. Sie hätte ihn auch nicht sehen können, wenn er seine eigene Kamera eingeschaltet hätte. Mit Ausnahme des Chats funktionierte die Kommunikation nur in eine Richtung.

Die Finger des Mannes krallten sich in ihr Haar. Ihre Augen weiteten sich, ihr Mund öffnete sich zu einem stummen Schrei. Sie griff nach seiner Hand, wollte sich losreißen. Da ihr Mikrofon ausgeschaltet war, spielte sich alles in gespenstischer Lautlosigkeit ab.

Woods hoffte inständig, dass es sich um ein Spiel handelte. Nur eine Show. Wahrscheinlich würde er ihr gleich den Büstenhalter herunterreißen und sie vernaschen, und anschließend würden sie entspannt in die Kamera lachen.

Seine Hoffnung wurde jäh zerstört, als sich die Schneide des Messers in ihren Hals grub und ihre Schlagader zerschnitt. Blut schoss aus der Wunde. Plötzlich war sein Monitor mit roten Tropfen gesprenkelt. Ihre Gegenwehr erlahmte, kurz darauf erschlaffte ihr Körper. Als der Mörder sie losließ, kippte sie vornüber und rührte sich nicht mehr. Bloß ihr Haarschopf war noch zu sehen.

Ein großer Schatten füllte das Bild aus, dann wurde alles schwarz, und das Wort Offline erschien.

Erst jetzt bemerkte Woods, dass er den Atem angehalten hatte. Er holte tief Luft und starrte auf den Monitor. Gleich würde der Stream wieder starten, und alles würde sich als – zugegeben ziemlich mieser – Scherz entpuppen. Ja, so musste es sein.

Nur passierte das nicht.

Nach etwa fünf Minuten gelang es ihm endlich, sich aus seiner Erstarrung zu lösen. Er griff nach seinem Handy und wählte den Notruf.

Als Phil und ich vor seinem Schreibtisch Platz genommen hatten, schaute Mr. High von der Akte auf, in der er bei unserem Eintreffen geblättert hatte. Ich kannte unseren Chef...

Erscheint lt. Verlag 14.2.2023
Reihe/Serie Jerry Cotton
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • Action Abenteuer • action romane • action thriller • action thriller deutsch • alfred-bekker • Bastei • bastei hefte • bastei heftromane • bastei romane • bastei romane hefte • Bestseller • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • erste fälle • Fall • gman • G-Man • Hamburg • Heft • Heftchen • Heftroman • heftromane bastei • Kindle • Krimi • Krimiautoren • Krimi deutsch • krimi ebook • Krimi kindle • Kriminalfälle • Kriminalgeschichte • Kriminalgeschichten • Kriminalroman • Kriminalromane • kriminalromane 2018 • kriminalromane deutsch • Krimi Reihe • Krimireihen • krimi romane • Krimis • krimis&thriller • krimis und thriller kindle • Krimi Urlaub • letzte fälle • martin-barkawitz • Polizeiroman • Romanheft • Roman-Heft • schwerste fälle • Serie • Soko-Hamburg • spannend • spannende Krimis • spannende Thriller • Spannungsroman • Stefan Wollschläger • Tatort • Terror • thomas-herzberg • Thriller • Wegner
ISBN-10 3-7517-4485-1 / 3751744851
ISBN-13 978-3-7517-4485-0 / 9783751744850
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