Lassiter 2639 (eBook)

Colonel Skrupellos
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Aufl. 2023
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-4518-5 (ISBN)

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Lassiter 2639 - Kenneth Roycroft
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Der Stahlgesang der Eisenbahnräder war monoton, vom gleichbleibenden Rhythmus der Schienenstöße begleitet. Der Personenzug der St. Joseph & Denver City Railroad durchfuhr ebenes Land in Nebraska mit hoher Geschwindigkeit. Es schien, als wollte der Lokführer Anlauf nehmen für die südöstlichen Hügel, auf die das Gleis zuführte.
Die sechs Clerks im Postwagen sahen nichts von der Landschaft. Schweigend arbeiteten sie an ihrem Sortierpult. Danny, der kraushaarige Laufbursche, war auf ein Melasse-Fass geklettert und spähte durch das einzige Fenster, ein kleines quadratisches Guckloch. Es befand sich hoch oben in der rechten Wand des Wagens. Danny musste sich auf die Zehenspitzen stellen, um hinausblicken zu können.
Plötzlich begann der Junge zu gestikulieren. 'Der Colonel!', rief er aufgeregt. 'Da draußen! Da reitet er!' Im selben Moment waren Geräusche an der Tür zum hinteren Perron zu hören. Die Männer erstarrten vor Schreck.


Colonel
Skrupellos

von Kenneth Roycroft

Der Stahlgesang der Eisenbahnräder war monoton, vom gleichbleibenden Rhythmus der Schienenstöße begleitet. Der Personenzug der St. Joseph & Denver City Railroad durchfuhr ebenes Land in Nebraska mit hoher Geschwindigkeit. Es schien, als wollte der Lokführer Anlauf nehmen für die südöstlichen Hügel, auf die das Gleis zuführte.

Die sechs Clerks im Postwagen sahen nichts von der Landschaft. Schweigend arbeiteten sie an ihrem Sortierpult. Danny, der kraushaarige Laufbursche, war auf ein Melasse-Fass geklettert und spähte durch das einzige Fenster, ein kleines quadratisches Guckloch. Es befand sich hoch oben in der rechten Wand des Wagens. Danny musste sich auf die Zehenspitzen stellen, um hinausblicken zu können.

Plötzlich begann der Junge zu gestikulieren. »Der Colonel!«, rief er aufgeregt. »Da draußen! Da reitet er!« Im selben Moment waren Geräusche an der Tür zum hinteren Perron zu hören. Die Männer erstarrten vor Schreck.

Es begann mit einem Kratzen, rasch gefolgt von einem Schaben. Sekunden später setzte ein Hämmern ein – laut genug, um das Räderrollen des Zuges zu übertönen. Die Clerks im Postwagen wussten, dass diese Geräusche nicht von dem Colonel und seinen Männern herrührten.

Doch der Colonel war seinerseits genau im Bilde, wer sich da draußen an der gut verriegelten Tür zu schaffen machte.

Eisenbahnräuber.

Das war so sicher wie das Amen in der Kirche. Der Colonel verfügte über Informanten und Verbindungsleute in jedem Saloon und jedem Bordell im Umkreis von fünfzig Meilen. Das bedeutete, überall in diesem Gebiet hatte er seine stellvertretenden Augen und Ohren. Ihm entging nicht, womit bier- und whiskyselige Halsabschneider prahlten, oder was sie sich zuflüsterten.

Deshalb waren der Colonel und seine Getreuen zur Stelle, keine Frage. An diesem Tag und diesem Ort würden sie erneut unbarmherzig zuschlagen. Wieder einmal würden Banditen lernen müssen, dass Verbrechen sich nicht lohnten.

Für die Einwohner der Countys rund um den Eisenbahnknotenpunkt Kearney Junction war der Colonel ein Wohltäter. Seine Aktionen gegen die Gesetzlosen waren in aller Munde. Und weil er stets kompromisslos und rücksichtslos handelte, nannten die Leute ihn »Colonel Skrupellos«. Seinen richtigen Namen – Rupert Gorman – kannte kaum jemand.

Es waren nur ein Dutzend Männer, die unter der Führung des Colonels ihre Einsätze ritten – so, wie sie es zuletzt als Kavalleristen während der Indianerkriege getan hatten. Nach deren Ende waren sie der staatlich verordneten Reduzierung der Truppenstärke zum Opfer gefallen und aus der Armee entlassen worden.

Womit sie anschließend ihr Brot verdient hatten, blieb im Dunkeln. Es gab jedoch Gerüchte, nach denen sie selbst zu jener Kategorie der Gesetzlosen gehört hatten, die sie jetzt so wirkungsvoll bekämpften.

Indes gab es Vermutungen, dass der Colonel und seine kleine, eingeschworene Truppe sich nur scheinbar geändert hatten. Hinter vorgehaltener Hand flüsterten die Menschen, dass Gorman und seine Kämpfer die Outlaws nur deshalb ins Jenseits beförderten, um ihnen ihre Beute abzunehmen.

Und was gab es daran schon auszusetzen? Zum einen unterstützte der Colonel die Gesetzeshüter, die gegen die marodierenden Banden von Outlaws aller Art schon seit langem nichts mehr auszurichten vermochten. Zum anderen musste eine so erfolgreiche kleine Truppe auch von irgendetwas leben.

Niemand schenkte den County-Sheriffs und den US-Marshals noch Gehör, wenn sie darauf hinwiesen, dass Selbstjustiz gemäß der Verfassung der Vereinigten Staaten verboten war. Die Sternträger wurden nicht müde, darauf hinzuweisen, dass das Gewaltmonopol in den Händen des Staats und seiner Vertreter lag. Nirgendwo sonst.

Doch die Erfolge des Staats im Kampf gegen das Verbrechen überzeugten die Bürger allem Anschein nach nicht. Deshalb rannten Männer wie Rupert Gorman bei ihnen offene Türen ein.

Letzten Endes war der Colonel auch ein Wohltäter. Er ließ neue, moderne Schulen für die Kinder bauen, und er finanzierte öffentliche Bibliotheken. Aber auch das Vergnügen kam unter seiner Ägide nicht zu kurz. So beteiligte er sich an Tanzhallen und Theatern und übernahm teilweise auch deren komplette Finanzierung, sofern es sich um gewinnbringende Unternehmen handelte.

Für die Menschen in den Countys zählte vor allem aber die Tatsache, dass Colonel Skrupellos und seine Männer für Recht und Ordnung sorgten. Und diese Aufgabe, die sie sich selbst gesetzt hatten, erledigten sie überaus zuverlässig – mit erklärlicher militärischer Präzision.

Dennoch gab es keine garantierte Sicherheit für die Clerks im Postwagen. Verirrte Kugeln waren stets ein unkalkulierbares Risiko, das auch der Colonel nicht ausschließen konnte. Ebenso konnte es passieren, dass nicht alle Outlaws zuverlässig getötet wurden. Unter Umständen war deshalb der eine oder andere von ihnen noch in der Lage, das Feuer auf die Postangestellten zu eröffnen.

Schließlich kam es oft genug vor, dass ein Angeschossener es mit letzter Kraft schaffte, seinen Sechsschüsser zu ziehen und abzudrücken.

Danny mochte an einen solchen Fall nicht denken. Zwar gab es einen Waffenschrank im Postwagen, doch in der Dienstanweisung des General Post Office – kurz GPO – wurde empfohlen, die in dem verschlossenen Schrank enthaltenen drei Revolver und zwei kurzläufige Schrotflinten möglichst nicht zu benutzen.

Denn Unbewaffnete, so empfahl der Arbeitgeber der Clerks weiter, hätten eine wesentlich größere Überlebenschance als solche, die Banditen mit der Waffe in der Hand gegenübertraten. Hinzu kam, dass notorische Outlaws erfahrungsgemäß besser mit ihren Sechsschüssern umgehen konnten als friedliebende Normalbürger, hieß es in den dienstlichen Ratgebern.

Blass vor Angst sprang Danny von seinem Platz auf dem Fass. Er war der Erste, der die Verhaltensmaßregeln befolgte. Auf dem kurzen Weg, den er zurückzulegen hatte, haspelte er den entsprechenden Passus in Gedanken herunter.

In Gefahrensituationen hat der GPO-Mitarbeiter unverzüglich eine sichere Deckung aufzusuchen. Ist eine solche nicht vorhanden, hat der Mitarbeiter sich in Horizontallage auf den Fußboden zu begeben und den Kopf zwischen den Armen zu bergen.

Danny warf sich in die vordere Ecke des Postwagens. Es war der für ihn vorgesehene Zufluchtsort hinter einem Stapel Transportkisten.

»Und dann kann der Mitarbeiter nur noch beten«, wisperte er zu sich selbst. Seine Lippen berührten die rauen Bodendielen, und er dachte an Elsies süßen Mund. Würde er die sanften und so gefühlvollen Lippen seiner Versprochenen jemals wieder küssen können?

Seine Kollegen nahmen ihre Fußbodenplätze ganz in seiner Nähe ein. Keine fünf Sekunden verstrichen, bis die sechs Clerks weit vorn, vor den Posteingangsschränken auf dem Boden lagen.

Dass sie dies nicht nur wegen der Dienstvorschrift taten, wussten sie alle – auch Danny. Und wenn es wirklich der Colonel war, den er gesehen hatte, standen ihre Chancen gut, den Überfall mit halbwegs heiler Haut zu überstehen.

Die Dienstvorschrift des General Post Office war nun einmal nicht geeignet, Outlaws abzuwehren, die harmlosen Menschen nur deshalb nach dem Leben trachteten, weil sie dafür sorgten, dass Postsendungen an die richtigen Richtungen gelangten.

Persönliches Pech der Clerks in den Postwagen der Railroad Companys war es, dass sich unter den Sendungen in ihrer Obhut oftmals Wertsachen und Bargeld befanden. Das Pech konnte sich rasch zur Katastrophe auswachsen, wenn Eisenbahnbanditen Wind von der wertvollen Fracht bekamen.

Sheriffs und US-Marshals schafften es nicht, das ausufernde Problem der Railroad-Raids aus der Welt zu schaffen. Im Buffalo County und im benachbarten Kearney County aber sah die Sache anders aus.

Denn hier, im südlichen Nebraska, galten Recht und Gesetz. Das war die feste Überzeugung der Einwohner. Und von dem Grund für diese Tatsache waren sie nicht weniger fest überzeugt.

Ebenjener Grund war der Colonel, der sich hier niedergelassen hatte. Und er und seine Männer taten das, was sie am besten konnten. Sie sorgten für Ordnung.

Eine ganze Reihe von Maßnahmen ergriffen sie zu dem Zweck. Wirksame Maßnahmen. Wirksamer als all die Gesetze der Vereinigten Staaten und des Bundesstaates Nebraska waren ebenjene Maßnahmen, die der Colonel durchsetzte. Sein Wort hatte Gewicht. Sein Handeln zeitigte durchschlagende Erfolge.

»The Colonel's Law«, wie es längst genannt wurde, war zum Inbegriff von Recht und Ordnung geworden. Die Banditen, die an diesem Tag den Zug von Kearney Junction, Nebraska, nach St. Joseph, Missouri, überfielen, hatten allem Anschein nach noch nichts davon gehört.

Wie in den meisten Fällen kamen sie aus einer anderen Gegend und glaubten, leichtes Spiel zu haben. Dass ihre Eisenbahnfahrt auf direktem Weg in die Hölle führte, ahnten sie nicht.

Für den Postjungen Danny und seine älteren Kollegen boten die geheimen Anweisungen des Colonels zumindest...

Erscheint lt. Verlag 14.2.2023
Reihe/Serie Lassiter
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • Abenteurer • alfred-bekker • Bestseller • bud-spencer • buffalo-bill • Cassidy • Chaco • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • erotisch • Erwachsene • erwachsene Romantik • Exklusiv • für • g-f • GF • g f barner • g f unger • Indianer • jack-slade • Karl May • kelter-verlag • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • lucky-luke • Männer • martin-wachter • Nackt • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • Sexy • sonder-edition • Unger • Western • Western-Erotik • Western-roman • Wilder Westen • Wilder-Westen • Winnetou • Wyatt Earp • Wyatt-Earp
ISBN-10 3-7517-4518-1 / 3751745181
ISBN-13 978-3-7517-4518-5 / 9783751745185
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