Perry Rhodan Neo 306: Facetten der Gewalt (eBook)
160 Seiten
PERRY RHODAN digital (Verlag)
978-3-8453-5506-1 (ISBN)
3.
Peregrins Angriff knipste Onni Tykylainnens Fachverstand an. Vorbei waren langweilige Reparaturen am Antigravschacht oder die ermüdende Aufsicht über die Arbeitsroboter beim periodischen Austausch der Hyperkristalle.
Nicht, dass er sich nach dieser Art von Herausforderung gesehnt hatte. Aber wenn sie schon mal da war, konnte man sie auch annehmen.
Tykylainnen aktivierte den Flugmodus seines Anzugs und raste Richtung Beiboothangar. Unter ihm hetzte Valpas mit hechelnder Zunge zu Fuß durch die Korridore des Mitteldecks. Weil wegen des Gefechts alle anderen Angehörigen der Technischen Abteilung auf ihren Stationen waren, brauchte Tykylainnen keine Angst zu haben, dass er irrtümlich einen Kollegen niedermähte.
Ein Blick auf das Holo mit den aktuellen Statusdaten des Leichten Kreuzers, das er vor sich projiziert hatte, verhieß nichts Gutes. Der Angreifer trieb die Maschinen der PERLENTAUCHER an ihre Grenzen und darüber hinaus. Am schwersten hatte es die Energiegeneratoren des Hauptschutzschirms erwischt. Sie liefen bereits mit Überlast. Deshalb war der Geräuschpegel an Bord so hoch, dass Tykylainnen den Helm seines Raumanzugs geschlossen hatte.
Das terranische Gegenfeuer erzielte bei Peregrins Perlianschiff leider weitaus weniger Wirkung. Um eine vollständige Niederlage zu verhindern, würde die PERLENTAUCHER sich bald mit einer Nottransition in Sicherheit bringen müssen.
Doch dazu benötigte das Schiff vollständig geladene Strukturfeldenergiespeicher. Und da in einem Gefecht die Schutzschirmversorgung Priorität hatte, leerten sich die Reserven der Hauptspeicherbank mit erschreckender Geschwindigkeit. Der Rest reichte nicht aus, um das Transitionstriebwerk zu versorgen. Leider kamen die Fusionsreaktoren mit dem Aufladen der Energiespeicher nicht schnell genug nach – ein Problem, das die Bordgeschütze und Normaltriebwerke nicht hatten. Sie verfügten über eigene Energieversorgungssysteme.
Valpas jaulte auf, als er hinter Tykylainnen in den Antigravschacht sprang und haltlos in die Tiefe stürzte, weil die gerichtete Gravofunktion der Verbindungsröhre, die normalerweise einen sicheren Vertikaltransport ermöglichte, aus Energiemangel vorübergehend stillgelegt war. Der Techniker aktivierte ein Fesselfeld und hüllte Valpas damit ein, gemeinsam schwebten sie mithilfe des Flugaggregats von Tykylainnens Anzug aufwärts ihrem Ziel entgegen. Nachdem er auf der Ebene des Beiboothangars den Schacht verlassen hatte, stellte er Valpas nicht mehr auf den Boden, sondern beließ den Roboterhund im Fesselfeld. Valpas schien der Flug zu gefallen, denn er bellte fröhlich.
»Technik!«, meldete sich Rhodan im Helmfunk. Der eigentliche Leiter der Technischen Abteilung, Chefingenieur Linus von Streiff, musste wegen eines akuten Schubs der Amyotrophen Lateralsklerose, an der er litt, das Bett hüten. Deshalb trug derzeit Tykylainnen die Verantwortung für die Maschinenanlagen. »Wir brauchen dringlichst Energie für eine Nottransition!«, forderte der Expeditionsleiter.
»Ich arbeite bereits daran, Sir.« Tykylainnen beendete die Verbindung. Er musste sich konzentrieren und brauchte keine Ablenkung. Was er brauchte, war Unterstützung. Er wechselte auf einen anderen Interkomkanal. »Mailaca, komm in den Beiboothangar zwei!«
»Schon unterwegs!« Natürlich kannte die arkonidische Kollegin die Problematik ihrer Lage ebenso gut. Und weil es ihrem Naturell widersprach, einfach dazusitzen und Däumchen zu drehen, war sie bereits selbst aktiv geworden.
Sie erreichten den Beiboothangar gleichzeitig.
»Ich nehme die Dragonfly, du den Sixpack im Nachbarhangar«, entschied er.
Ein heftiger Schlag erschütterte den Leichten Kreuzer und riss Tykylainnen von den Beinen. Sein Roboterhund jaulte auf und versteckte sich hinter ihm.
»Valpas, Expertenmodus!«
»Umstellung erfolgt«, meldete die Positronik des Hunds.
»Wir müssen Speicherbänke vernetzen«, erklärte er dem Roboter.
»Verstehe!« Valpas nickte. »Du brauchst Supraleiterkabel.« Valpas wartete nicht auf die Bestätigung, sondern flitzte los.
Tykylainnen ging zur Zentralkugel der Dragonfly in der nächstgelegenen Hangarsektion und öffnete die Wartungsluke neben dem Standfuß, um die Energieversorgung des Raumjägers freizulegen. Mit flinken Fingern entfernte er die Hüllenverkleidung des Fusionsreaktors und der Speicherbank. Am zugehörigen Kombigerät, das Steuermodul, Verteilersystem, Transformator und Kühlerblock in einem war, klemmte er die internen Leitungen zu den Hauptverbrauchern des Raumjägers ab. Die Bordpositronik ließ er angeschlossen, denn damit würde er die Speicherbank neu konfigurieren.
Exakt in dem Moment kehrte Valpas mit zwei Mehrfachrollen Supraleiterkabel zurück. Tykylainnen schnappte sich das erste Kabel und stöpselte es ein.
»Jetzt hilf Mailaca!«, befahl er, während er sich im Geiste für die einheitlichen Flottenstandards der Stecker bedankte.
Valpas verschwand.
Tykylainnen startete den Fusionsreaktor und Hauptrechner des Raumjägers, modifizierte die Vorwärmphase, das Kühlungsmanagement und die Speicherzellenüberwachung. Mit beiden Supraleiterrollen in der Hand eilte er aus dem Hangar und spulte währenddessen die erste Kabelrolle ab. Im Ringkorridor stellte er sie auf den Boden und lief mit der zweiten zu einer weiteren Dragonfly im übernächsten Hangarabteil.
Mitten auf dem Weg erschütterte erneut ein harter Gefechtstreffer den Kreuzer. Vermutlich war der Schutzschirm für Sekundenbruchteile sogar komplett zusammengebrochen.
Beharrungskräfte kamen durch, kurz wurde Tykylainnen von seinem doppelten Körpergewicht in die Knie gezwungen. Dann sprang das Antigravaggregat seines Anzugs an und kompensierte die Schwerkraftspitze.
Durch das offene Schott des Nachbarhangars sah er, wie Mailaca mit ihren eigenen Supraleiterkabeln aus der Schleuse des Allzweckfahrzeugs trat, eines Sixpacks, in dem sie tätig gewesen war. »Der Sixpack ist online!«, informierte ihn die Arkonidin. Ihre Aufgabe war erledigt. Sie würde im Gang auf ihn warten, damit sie die Leitungen gemeinsam bis zum Zielort verlegen konnten.
Valpas tauchte hinter Mailaca auf und rannte zu seinem Besitzer. Tykylainnen bog in den nächsten Hangar ab, kniete sich dort vor eine zweite Dragonfly und wiederholte das Prozedere von zuvor.
Anschließend hastete er zu Mailaca zurück in den Ringkorridor, nahm die dort deponierte Kabelrolle auf, dann ging es mit abspulenden Supraleiterrollen zum Zentralschacht. Sie ließen sich drei Decks tiefer fallen und erreichten den Primärenergieverteiler des Transitionstriebwerks. Dort schlossen sie ihre drei Leitungen parallel zum Versorgungsstrang aus dem Hauptenergiespeicher an.
»Ob das hält?«, fragte die Arkonidin. Sie meinte damit, ob die Supraleiterkabel die zu erwartenden Leistungsspitzen würden verarbeiten können.
»Es muss. Ist ja nur für einen Sekundenbruchteil. Aber danach ...«
Tykylainnen legte den Wartungszugang der Triebwerk-Steuerpositronik frei und schleuste ein von ihm selbst geschriebenes Zusatzprogramm in das Rechnersystem, das die Leistungsanforderung des Triebwerks an die neu hinzugekommenen Speicher der Beiboote verwalten würde. Mailaca konfigurierte währenddessen den Zusammenschluss am Bedienfeld des Energieverteilers.
Dann kam der erlösende Moment, als die Statusanzeigen nach dem Aktivieren der neuen Energievernetzungsroutinen in schönstem Grün leuchteten. Die Reaktoren von Schiff und Beibooten luden die neu zusammengeschlossene Speicherbank nun gemeinsam. Das würde in ein paar Minuten den dringend benötigten zusätzlichen Energievorrat für die Fluchttransition bereitstellen.
Eine Alternative wäre gewesen, die Impulsgeschütze anzuzapfen, um die Energie in deren Plasma-Kadenzspeichern zu nutzen. Das hätte aber bei nur zwei verfügbaren Technikern weitaus mehr Zeit verschlungen und den Leichten Kreuzer noch wehrloser gemacht. Die drei Beiboote mussten genügen.
»Technik an Rhodan!«
»Können wir springen?«
»Sobald meine Hilfsspeicherbank aufgeladen ist, Sir.« Onni Tykylainnen blickte auf die Ladestandsanzeige seines Zusatzprogramms, dann auf die Uhr in der Statusleiste seines Helmholos. »Also in knapp vier Minuten.«
*
»Neuigkeiten von der Technik!«, informierte Perry Rhodan die Zentralebesatzung über Funk. Längst trug jeder einen Raumanzug und hatte wegen des infernalischen Lärms den Helm geschlossen. »Wir brauchen noch vier Minuten!«
Diese Zeit konnten ihnen nur der Erste Offizier Pegal Heischatt am Steuerpult und Thora am Waffenpult verschaffen. Der Rest der Schiffsführung war zur Untätigkeit verdammt.
Ein weiterer Schlag erschütterte den Leichten Kreuzer. Eine Sirene heulte auf, während die Raumbeleuchtung flackerte und ein Paneel von der Decke fiel. Haarscharf neben Thora Rhodan da Zoltral krachte es zu Boden. Diverse Hologramme fielen aus und bauten sich wieder auf.
Rhodan starrte ins Taktikholo. Peregrin feuerte mit einer Verbissenheit, die den Terraner verwunderte. Heischatt musste sein ganzes Talent als Pilot aufbieten, um weitere Wirkungstreffer abzumildern oder zu verhindern.
Doch die Daten im Technikhologramm erzählten eine niederschmetternde Geschichte. Die PERLENTAUCHER hatte keine vier Minuten mehr. Ihre einzige Chance waren die hoffentlich rechtzeitig eintreffenden Perlianraumer.
»Peregrin, lassen Sie uns reden!«, versuchte Rhodan sein Glück noch einmal.
Keine Antwort – stattdessen hämmerte eine neue massive Energieflut in den Schutzschirm des Leichten Kreuzers und ließ das Abwehrfeld für einen Sekundenbruchteil zusammenbrechen. Das normalerweise letzte Ass – Gucky –...
Erscheint lt. Verlag | 8.6.2023 |
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Reihe/Serie | Perry Rhodan Neo |
Verlagsort | Rastatt |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
Schlagworte | Neo • Perry Rhodan • Perryversum • Science Fiction |
ISBN-10 | 3-8453-5506-9 / 3845355069 |
ISBN-13 | 978-3-8453-5506-1 / 9783845355061 |
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