Perry Rhodan Neo 308: Gegen den Wall (eBook)
160 Seiten
PERRY RHODAN digital (Verlag)
978-3-8453-5508-5 (ISBN)
1.
Perry Rhodan
GRABENsprung
Das Gefühl, zerrissen zu werden, überwältigte ihn.
Perry Rhodan stand in der Zentrale des Leichten Kreuzers PERLENTAUCHER und vermochte sich kaum zu bewegen. Alles vibrierte, bis hinab zur kleinsten Zelle, wahrscheinlich bis hinunter zur atomaren Ebene. Die Muskeln und Sehnen schmerzten wie nach einer unmenschlichen Überlastung, nach dem Abbau des Adrenalins.
Aber es war nicht nur sein Körper, der vibrierte. Alles war diesem Phänomen unterworfen. Die Bilder waren verschleiert, undeutlich, unscharf, als habe sich die gesamte Umgebung in eine dauerhafte Sportfotografie verwandelt. Bewegungen wurden zu statischen Wischern.
Rechts, im Augenwinkel gerade noch zu sehen, saß Nilofar Abbasi in seinem Kontursessel. Der Kommandant versuchte sich festzuklammern, aber die Finger versagten ihm den Dienst. Er rutschte über die Sitzfläche und fiel zu Boden.
Die letzten noch funktionierenden Außenbeobachtungshologramme zeigten den Korridor, durch den die PERLENTAUCHER sich ihrem Ziel näherte.
Es zerreißt das Schiff!, dachte Rhodan. Dafür ist es nicht gebaut! Ich bin nicht mal sicher, ob die SOL das aushalten könnte. Die Intima ist eine Monstrosität. Was haben die Posbis da nur erschaffen?
Der energetische Kern eines Tesserakts hatte große Ähnlichkeit mit einer kugelförmigen Koralle und spuckte Kräfte aus, die nicht zu bändigen waren.
Nicht von einem Leichten Kreuzer.
Als Rhodan ein gepresstes Geräusch hörte, konnte er nur noch mühsamst den Kopf drehen. Er entdeckte Gucky. Der Ilt lag am Boden, die Augen verdreht, und übergab sich.
Rhodan spürte, wie sich seine Wahrnehmung verengte. Er drohte das Bewusstsein zu verlieren, wie die restliche Zentralebesatzung es wohl bereits getan hatte.
Allein Watson sowie Omar Hawk standen noch.
Der Okrill fühlte sich sichtlich unwohl und knarzte wütend. Mit seiner langen, grellroten Zunge produzierte er kleine, bläuliche, elektrische Entladungen, die jedoch nur wenige Zentimeter weit kamen, bevor sie flackernd in sich zusammenfielen.
Der Oxtorner setzte sich in Bewegung und näherte sich Rhodan, beinahe wie in Zeitlupe.
Er sagte etwas, das Rhodan nicht verstand. Dann griff Hawk nach ihm und legte ihn auf den Boden.
Das Letzte, was Perry Rhodan sah, war, dass Omar Hawk die Steuerung übernahm.
Dann fabrizierten die Vibrationen schwarze Wellen, die sein Bewusstsein davonspülten.
Fünf Minuten zuvor ...
Der Leichte Kreuzer hetzte immer schneller werdend auf den GRABEN zu. Die zwölf Neutronensterne, die den Magnetfeldtorus erzeugten, waren in der Normaloptik derzeit nicht zu sehen, nur die Hyperortung lieferte ein positronisch generiertes Bild. Die Sternleichen bildeten ein sogenanntes Antiprisma, eine komplexe, eindeutig künstlich geschaffene dreidimensionale Struktur.
In wenigen Augenblicken würde die PERLENTAUCHER den gefährlichen Raumsektor erreichen.
Die Magnetare streckten mörderische normal- und hyperenergetische Feldlinien weit ins All. Ihre Hyperkräfte verdrillten die alle Messskalen sprengenden Magnetfelder zu einem ungeheuren Torus, der sowohl anmutete wie ein Teilchenbeschleuniger als auch ähnlich wirkte.
»Unsere Beschleunigung ist stabil«, verkündete der Erste Offizier Pegal Heischatt ruhig. Die ganze Zentralebesatzung wirkte gelassen, obwohl jeder ahnte, was auf das Schiff zukam.
Außen am Rumpf des Kugelraumers haftete ein kubisches Gestell, in dem die sogenannte Intima hing, der energetische Kern eines Tesserakts der Posbis, eines Hyperwürfels. Die Tesserakte waren die mächtigsten Instrumente, welche die positronisch-biologischen Roboter je erschaffen hatten. Der Posbi Gogol, welcher die Intima in die Große Magellansche Wolke transportiert hatte, hatte damit ursprünglich die SOL ausstatten wollen. Doch das Hantelraumschiff war verschwunden ... oder sogar zerstört worden. Für die im Vergleich winzige PERLENTAUCHER mit ihren gerade mal hundert Metern Durchmesser war die Energiequelle eigentlich viel zu stark. Aber eine andere Möglichkeit, durch den GRABEN zur BURG zu gelangen, stand Rhodan und seinen Begleitern nicht zur Verfügung.
Ein Grund für ihre Absicht, in das Innere des Magnetar-Antiprismas vorzudringen, war Peregrin, der sich dort versteckte. Aber Rhodan war überzeugt, dass für die Besatzung etwas anderes im Vordergrund stand. Es ging darum, Ras Tschubai zu retten. Die Menschen hatten mit der SOL schon viel zu viele Freunde und Kollegen verloren. Sie würden niemand weiteren zurücklassen. Ihr Drang, zu helfen, war immens. Sie wollten sich der Grausamkeit der Realität entgegenstellen. Gleichgültig was sie das kosten mochte.
»Bei diesen Feldlinien könnte man sich glatt in die Hose machen!«, murmelte der Leitende Ingenieur Linus von Streiff und betrachtete die komplexe Darstellung des GRABENS.
»Wir nähern uns der Sprunggeschwindigkeit«, sagte Heischatt. »Die Strukturfelder des Transitionstriebwerks bauen sich auf und sind optimal fokussiert; ganz nach den Vorgaben, die uns Gogol übermittelt hat.«
»Warum ist der Posbi eigentlich nicht hier in der Zentrale?«, erkundigte sich Thora Rhodan da Zoltral.
»Er ist im Maschinensektor«, antwortete Nilofar Abbasi. Der Kommandant hatte vor Kurzem mit dem Posbi gesprochen. »Was mir durchaus recht ist – ich fühle mich wohler, wenn ich weiß, dass er die Steuerung der Strukturprojektoren vor Ort überwacht. Unsere Techniker sind zwar sehr kompetent, aber mit so etwas wie der Intima hatten sie es nie noch zu tun.«
»Wer hat das schon?«, fragte Gucky. »Dieses intime Dings ist gruselig ... oder geht das nur mir so?«
»Nein, damit bist du nicht allein.« Rhodan behielt die Ortungsdaten im Blick. Nicht mal Gogol hatte vorhersagen können, was während des Hypersprungs durch den GRABEN geschehen würde. Das Energieniveau war ausreichend, aber Rhodan hatte Gogols Bemerkungen entnommen, dass der Posbi sich um die strukturelle Stabilität des Leichten Kreuzers sorgte.
Wir haben einen Fusionsreaktor mit einer Seifenkiste gekoppelt, dachte Rhodan. Wahrscheinlich weiß Gogol besser als wir alle zusammen, was uns blühen könnte. Ich kann ihm nicht mal vorwerfen, dass er uns das nicht in allen Details mitteilt. Manche Dinge will man gar nicht wissen ...
Gucky warf ihm einen schrägen Blick zu.
Du sollst nicht in meinem Kopf herumspionieren, Kleiner!, dachte Rhodan. John tut das auch nicht.
»Pffft.« Der Mausbiber war kein bisschen beeindruckt.
»Wir laufen mit voller Kraft auf ein Konstrukt zu, das uns erst vor wenigen Stunden beinahe das Licht ausgeblasen hätte«, sinnierte Omar Hawk. »Ich mag riskante Einsätze, aber das hier ist ...«
»Wolltest du etwa gerade verrückt sagen?«, erkundigte sich Gucky freundlich.
»Nein ... Waghalsig vielleicht.«
»Wenn das ein oxtornischer Überlebensspezialist sagt, ist das so ziemlich dasselbe«, kommentierte der Ilt. »Aber ich bin ja bei dir. Brauchst also keine Angst zu haben, Großer!«
Der Oxtorner grinste breit.
In der Mitte der Zentrale erschien ein Gesicht wie aus Quecksilber. Es war der Posbi Gogol.
»Die Kalibrierung der energetischen Strukturen ist abgeschlossen. Sobald die PERLENTAUCHER auf den GRABEN trifft, wird die Intima für einen temporalgestützten Korridor sorgen.«
»Temporalgestützt?«, fragte von Streiff. »Ich ...«
»Sie müssen's nicht verstehen«, sagte Gogol trocken. »Es funktioniert auch so.«
»Wie beruhigend.« Der Chefingenieur verzog sein Gesicht zu einer Grimasse.
»Meine Güte, sehen Sie sich das an!«, rief John Marshall.
Der Telepath schien niemanden direkt anzusprechen, und als Rhodan auf das Hologramm sah, das Marshall anstarrte, wusste Rhodan, warum.
Die Außenbeobachtung war noch aktiv. Am Rumpf der PERLENTAUCHER klebte ein grell glühender Klumpen, der pulsierte wie ein lebendes Herz.
»Die Intima«, entfuhr es Gucky. »Das ...«
»Ich glaube, langsam bekommen wir einen Eindruck davon, was für ein Energiepaket Gogol uns da ans Schiff geklebt hat«, sagte Abbasi. »Das ist furchterregend.«
Die Intima brannte wie eine kleine, massive Sonne. Nein! Keine Sonne! Die Oberfläche erinnerte Rhodan eher an die eines Neutronensterns und glich den Sternleichen, die den GRABEN erzeugten.
Die Oberflächenstruktur der Intima gehorchte nicht der euklidischen Geometrie, sondern der hyperbolischen. Ein Dreieck hatte auf ihr eine Winkelsumme, die größer als hundertachtzig Grad war. Die korallenähnlichen Elemente des widersinnigen Gebildes schienen sich zu bewegen, wirkten wie eine Masse sich windender Maden. Maden aus greller Glut. Der Anblick war beängstigend. Rhodan war bis zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass die Intima lediglich ein unglaublich hoch entwickeltes Gerät war. Doch nun machte es den Eindruck, als lebe sie.
»Die finalen Strukturfelder bauen sich auf«, meldete von Streiff. »Transition in zehn Sekunden. Neun, acht, sieben ...«
Bereits da ahnte Rhodan, dass die bevorstehende Raum-Zeit-Versetzung ganz anders sein würde als die praktisch zeitverlustlosen Hyperraumsprünge, die er kannte. Die Darstellung der Strukturfelder zeigten eine längliche Verformung. Das üblicherweise kugelförmige Feld zog sich in die Länge.
»Ein Schlauch!«, äußerte Heischatt irritiert. »Das Feld weitet sich zu einem Schlauch aus ...«
»Das hat Gogol wohl mit dem temporalgestützten Korridor gemeint«, sagte Hawk. »Sieht aus, als müssten wir den verdammten GRABEN im wahrsten Sinne des Wortes...
Erscheint lt. Verlag | 6.7.2023 |
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Reihe/Serie | Perry Rhodan Neo |
Verlagsort | Rastatt |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
Schlagworte | Neo • Perry Rhodan • Perryversum • Science Fiction |
ISBN-10 | 3-8453-5508-5 / 3845355085 |
ISBN-13 | 978-3-8453-5508-5 / 9783845355085 |
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