Dorian Hunter 115 (eBook)

Der weiße Mönch

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Aufl. 2023
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-4408-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Dorian Hunter 115 - Roy Palmer
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Der Abt drehte sich um und atmete schwer. »Die absolute Reinheit verlangt nach Opfern«, stieß er keuchend hervor. »Wir infizieren uns und unsere Umwelt auf magische Weise, sind dazu verdammt zu degenerieren.«
Er riss mit beiden Händen an dem Halsausschnitt seiner Kutte. Sie klaffte auf, und er blickte auf seine eingefallene alte Brust herab. Sie war wieder etwas geschrumpft. Ein Verfallsprozess, den er erst in den letzten Tagen richtig erkannt hatte.
»Morbid!«, stöhnte er. »Schwach!« Er ließ sich am Pult nieder und schob die Folianten fort, dass sie zu Boden stürzten. »Aber wir geben nicht auf!«, schrie Sephirotus. »Niemals! Das ewige Leben ist kein Wunschtraum, der unerfüllt bleiben muss.«

Abi Flindt ist immer noch auf der Suche nach Dorian Hunter, der ihm - in der Maske eines Ghouls - den Tipp gegeben hat, nach einer alten Klosterruine zu suchen. Abi folgt der Spur ... und begegnet dem weißen Mönch!


1. Kapitel


Ein kleiner Verein gräulicher Wesen umgab die Gestalt, die sich im Zentrum der von ihr geschaffenen Opferstätte erhoben hatte. Groß und kahlköpfig war dieser unheimliche Geselle, und er trug ein schwarzes, mit magischen Symbolen verziertes Gewand. In seinen schwarzen Augenhöhlen glühten schwarze Froschaugen. Sein Gesicht war scharf geschnitten und hatte eine lange, krumme Nase. Lange Nägel wuchsen aus seinen an Spinnenbeine erinnernden Fingern. Sein halb geöffneter Mund war eine schwarze Höhle mit einem einzigen großen Zahn im Unterkiefer.

Die abscheulichen Kreaturen um ihn herum waren Ausgeburten der Hölle, zum Teil halb Mensch, halb Tier; hässliche Schimären und Wer-Ungeheuer, Vampire, Kobolde, Gnome, Nachtmahre und andere Monster der Finsternis. In hüpfenden Bewegungen umtanzten sie den Kahlkopf. Sie warteten auf seine Anordnungen, auf einen Hinweis von ihm. Und immer wieder stießen sie seinen Namen hervor: »Luguri, Luguri!«

Luguri, der Erzdämon, stand reglos und mit erhobenem Haupt da. Sein Gesichtsausdruck war entrückt. Etwas huschte auf die Opferstätte zu und verschaffte sich blitzschnell Einlass und stieg in Form von wimmelnden, glühenden Flecken bis zu dem Schrecklichen empor. Plötzlich lag ein unverständliches Wispern in der Luft, und das ehedem schon furchtbar anzusehende Antlitz Luguris verwandelte sich in eine mörderische Fratze. Sie spiegelte grenzenlosen Hass, Vergeltungssucht und alle Gräuel der Apokalypse wieder.

»Satan! Hölle, Tod und Teufel! Verflucht sei die ganze Menschheit!«

Luguri begann zu toben, und seine gebrüllten Schmähungen und Verwünschungen waren obszön. Das Tuscheln und Raunen um seinen Kopf verstummte. Die Irrwische, die ihn soeben über die jüngsten Ereignisse unterrichtet hatten, zogen sich zurück.

Luguri schrie, drehte sich im Kreis, gestikulierte wild und bückte sich schließlich. Einem der Dämonen zog er seine rechte Krallenhand durch das feiste Gesicht. Der Dämon, ein buckliger Gnom, kreischte vor Entsetzen auf. Schwarzes Blut rann aus den langen Kratzwunden. Luguri heulte und trat nach ihm.

Der Gnom wurde gegen einen der Menhire katapultiert. Beim Aufprall gab es einen dumpfen, knirschenden Laut. Schlaff rutschte der Gnom am Stein zu Boden und blieb dort stöhnend liegen.

Luguri verkrallte seine Hände im Untergrund, hob große, dunkle Brocken und ganze Grasbüschel aus und schleuderte damit um sich.

Die Dämonen krochen zitternd bis an den äußersten Rand des Magischen Bannkreises zurück. Luguri hatte Schaum vor dem Maul. Er trampelte auf der Stelle und rief: »Schlangengift und Teufelsdreck! Die Schreckensnacht in der Villa der Ghoule hat für uns einen schlechten Abschluss gefunden. Meine Blutopfer wurden durch ganz normale Menschen gerettet. Satan, Pest und Cholera! Ich weiß, wer dahintersteckt. Ich weiß es, weiß es, weiß es!«

Schaurige Laute kamen über seine Lippen, und das Licht des Mondes verblasste. Donnergrollen kam auf und fand an den Bergwänden ein vielfaches Echo. Blitze zuckten über den Himmel, und der Wind fuhr mit lautem, drohendem Geheul über die Blutstätte hinweg.

Luguri bekam einen der Vampire zu fassen, schüttelte ihn und riss ihm fast einen der Fledermausflügel aus. Verängstigt duckte sich das Ungeheuer, sobald sein Herr es wieder losließ.

Luguri erging sich fast eine halbe Stunde in wüsten cholerischen Ausbrüchen, dann kam er endlich zur Ruhe.

Grünlich-gelbes Licht überzog sein grauenvolles Antlitz, und er sprach: »Aber ich habe einen Hinweis. Einer der Ghoule – zerspringen und im heißesten Höllenfeuer schmoren soll er – hat diesem Bastard Abi Flindt einen Tipp gegeben.«

Die Dämonen reckten pflichtschuldigst die Häupter und lauschten ergeben.

Luguri stellte sich in Positur, lachte meckernd und fuhr fort: »Am Großen Arber gibt es eine Klosterruine. Dort hat dereinst ein Weißer Mönch gelebt. In dessen Schreckenskammer soll Dorian Hunter auf Hermes Trismegistos' Geheiß hin gefangen gehalten werden.« Er ballte die dürren Hände und schüttelte sich vor Wut. »Hunter! Es soll eine meiner größten Taten sein, diesen Hund endgültig zu Strecke zu bringen.«

»Ja!«, riefen einige Kobolde. »Langsam ausbluten soll er! Grässliche Schmerzen leiden soll er!«

»Reiß ihm den Kopf ab!«, schrien die Schimären im Chor.

»Liefere ihn mir aus, ich zerreiße ihn!«, verkündete ein Werwolf.

Luguri bedeutete ihnen durch eine herrische Gebärde zu schweigen. »Ich muss alle mir zur Verfügung stehenden Kräfte vereinigen«, sagte er. »Wo immer ich zurzeit Energie vergeude, ziehe ich meine Helfer und Helfershelfer von dort ab und versammle sie zum großen Kräftemessen mit Hermes Trismegistos.« Wieder heulte er vor Wut auf. Allein der Name schon brachte ihn in Raserei. »Ich werde mich für die Schmach rächen, die er mir angetan hat. Auch die letzten Ereignisse sind sein Werk. Das zahle ich ihm doppelt und dreifach heim.«

Die Dämonen bezeugten durch heisere, kläffende und keuchende Laute ihren Beifall, wurden durch den Erzdämon aber erneut zur Ordnung gerufen.

Luguri breitete die mageren Arme aus, spreizte die skeletthaften Finger mit den überlangen Nägeln, reckte sie empor in den Nachthimmel und rief in die erneut eintretende Stille: »Zu mir, Verbündete! Zu mir, meine Kreaturen, auf dass wir gemeinsam in den Kampf ziehen und die Schlacht endgültig gewinnen!« Seine Stimme senkte sich und wurde zu einem kaum noch verständlichen Knurren. »Und wenn mir der Dämonenkiller in die Hände fällt, so beiße ich ihm, der mich zum Narren gehalten hat, höchstpersönlich den Kopf ab und schleuderte ihn in die tiefsten Schlünde der Finsternis hinab.«

Die elektrische Beleuchtung im unterirdischen Gewölbe des Castillo Basajaun begann plötzlich zu flackern. Als sie ganz zu erlöschen drohte, verfiel Phillip, der Hermaphrodit, wieder in eine seiner berüchtigten Krisen. Er warf sich auf den Boden, wälzte sich und fing zu schreien an.

Tirso zog sich in eine Ecke zurück und hielt sich die Ohren zu. Er drehte sich so, dass er nichts von dem Anfall Phillips zu sehen bekam.

Auftritte wie diese konnte der sensible Zyklopenjunge nun einmal kaum ertragen.

Ira Marginter zwang sich, die Ruhe zu bewahren. Sie war derzeit die einzige Frau in der Burg. Coco Zamis befand sich zusammen mit Abi Flindt, Burian Wagner, Unga und Donald Chapman in Süddeutschland.

Seit das Castillo Basajaun von Luguris Dämonen angegriffen worden war und nun unausgesetzt belagert wurde, waren Iras geistige und körperliche Reserven bis zum äußersten beansprucht worden. Die Männer trachteten danach, ihr die Situation so erträglich wie möglich zu gestalten, aber an Phillips und Tirsos Ängsten hatte ihre Geduld einen harten Prüfstein gefunden. Sie wusste, dass es keinen Zweck hatte, den Hermaphroditen festzuhalten. Wie ein Epileptiker konnte er sich leicht etwas brechen oder sich den Kopf so empfindlich anstoßen, dass er sich einen Hirnschaden holte und dann endgültig den schmalen Grat übertrat, der das Normalsein vom Wahnsinn trennte.

Ira beschränkte sich darauf, Phillip ein Kissen unter den Kopf zu schieben. Der Zwitter mit der knabenhaft schlanken Gestalt lag für einen Augenblick ruhig da. Er blinzelte, sah das sanfte Gesicht der blonden Frau über sich und atmete tief durch.

Ira bemerkte sofort, dass Phillip wieder Brüste gewachsen waren. Das war ein Zeichen für seinen aufgewühlten Gemütszustand. Im Zuge ihrer fortwährenden Kämpfe gegen die Dämonen hatten die Männer in der Burg sogar einen Teil des Erdgeschosses zurückerobern können, zum Teil unterstützt durch Tirso, der in extremen Notwehrfällen seinen Feuerblick gegen die Ausgeburten der Verdammnis angewendet hatte. Die Dämonen vermochten ihre Gegner nicht zu überrennen und endgültig zu vernichten, wie sie es sich vorgestellt hatten. Im Grunde hatte Phillip im Moment nicht den geringsten Anlass zu seinen hysterischen Ausbrüchen. Aber eine Kleinigkeit genügte, und er geriet wieder total aus dem seelischen Gleichgewicht.

Das Licht fiel aus. Finsternis herrschte im Gewölbe. Phillip stöhnte, zappelte, kroch vor Ira Marginter davon und flüchtete ins Verlies. Er krabbelte in die Zelle, in der Unga, der Cro Magnon, untergebracht gewesen war, solange er seine Tobsuchtsanfälle hatte. Phillip knallte die Tür zu, warf sich auf das Bett, schluchzte, stand wieder auf und wanderte rastlos in der Zelle auf und ab. Hin und wieder stieß er wegen der Dunkelheit irgendwo an und keuchte entsetzt. Ira spähte durch die Sichtklappe, aber sie konnte nicht erkennen, was im Innern der Zelle vorging. Sie öffnete die Tür, und sofort wurde Phillips Koller wieder heftiger. Ira befürchtete, dass er sich wehtat.

»Phillip«, rief sie, »mein Gott, so beruhige dich doch! Vor mir brauchst du nicht davonzulaufen. Das Licht flammt bestimmt gleich wieder auf.«

Die Stimme des Hermaphroditen war leise und ein unverständliches Gestammel. Es blieb dunkel, aber...

Erscheint lt. Verlag 24.1.2023
Reihe/Serie Dorian Hunter - Horror-Serie
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond
ISBN-10 3-7517-4408-8 / 3751744088
ISBN-13 978-3-7517-4408-9 / 9783751744089
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