KONFLIKT (eBook)
287 Seiten
tolino media (Verlag)
978-3-7546-6111-6 (ISBN)
Heiko Kohfink, 1967 in Reutlingen geboren, ist Techniker und lebt mit seiner Frau in der Nähe seiner Heimatstadt. Inspiriert durch das Lesen hat er sich vor einigen Jahren selbst ans Schreiben gewagt. Dabei zählen vor allem SF/Fantasy, aber auch Humor zu seinen bevorzugten Genres. Wenn er nicht gerade über neuen Buchprojekten brütet, verbringt er gerne Zeit mit der Familie, geht spazieren, liest viel oder bringt mit seinem oft sehr speziellen Humor seine Familie an den Rand der Verzweiflung.
Heiko Kohfink, 1967 in Reutlingen geboren, ist Techniker und lebt mit seiner Frau in der Nähe seiner Heimatstadt. Inspiriert durch das Lesen hat er sich vor einigen Jahren selbst ans Schreiben gewagt. Dabei zählen vor allem SF/Fantasy, aber auch Humor zu seinen bevorzugten Genres. Wenn er nicht gerade über neuen Buchprojekten brütet, verbringt er gerne Zeit mit der Familie, geht spazieren, liest viel oder bringt mit seinem oft sehr speziellen Humor seine Familie an den Rand der Verzweiflung.
Die Sonne brannte unbarmherzig von einem makellosen, tiefblauen Himmel. Jetzt, zur Mittagszeit, war es unerträglich heiß und Alvaro rann der Schweiß in kleinen Rinnsalen von Kopf und Armen, tränkte sein fleckiges T-Shirt und tropfte auf die Steine der Brüstung, hinter der er sich verborgen hielt. Er lag ausgestreckt auf dem Flachdach einer Finca, die direkt an den steil abfallenden Klippen gebaut worden war. Ein provisorischer Unterstand unter den knorrigen Ästen einiger Olivenbüsche, die sich auf dem Dach angesiedelt hatten, schützte ihn notdürftig vor der sengenden Hitze. Der aromatische Duft von Rosmarin, der überall auf der Insel wuchs, wehte ihm mit der sanften Brise vom Landesinneren her entgegen. Wirkliche Kühlung brachte der leise Wind nicht mit sich. So blieb dem durchtrainierten Spanier nichts weiter übrig, als den Schweißtropfen dabei zuzusehen, wie sie dampfend auf den heißen Steinen verdunsteten, sobald sie von seinem Körper herabtropften.
Viele Meter unter ihm toste und schäumte die Mittelmeerbrandung in einem endlosen Ansturm gegen die Steilküste, und das Rauschen der Wellen vermischte sich mit dem Kreischen unzähliger Seevögel, die in den schroffen Felswänden nisteten. In dem ganzen Lärm verlor sich das Klappern der akustischen Falle, die er vor wenigen Minuten zwanzig Meter vor der Finca hinter den Resten einer kleinen Steinmauer aufgebaut hatte, fast vollständig.
Die Lage war schwierig. Besser gesagt, sie war aussichtslos. Hatte er so viele Jahrzehnte überlebt, um an diesem gottverlassenen Ort zu krepieren? Er schüttelte frustriert den Kopf und ein Sprühregen von Schweißtropfen fiel von seinen schwarzen Locken, die er sich im Nacken mit einem Lederriemen zu einem schulterlangen Zopf zusammengebunden hatte.
»Ich sollte wirklich mal eine andere Frisur in Betracht ziehen. Die langen Haare sind für dieses Wetter einfach nicht geeignet.«
Dabei schätzte er seine Chancen, Lucia in den nächsten Tagen darum zu bitten, ihm die Haare zu schneiden als ziemlich schlecht ein. Er fuhr sich über das Gesicht und versuchte, den brennenden Schweiß, der sich mit der salzigen Seeluft vermischte, aus den Augen zu wischen.
»Atención, mi amado, sie kommen. Sei wachsam!«, drang die leise, melodische Stimme von Lucia aus dem Headset. Wie so oft, wenn er ihren samtigen Klang hörte, fuhr ihm ein wohliger Schauer über den Rücken. Er bestätigte und konzentrierte sich auf das Zielfernrohr seines Schnellfeuergewehrs. Die olivgrüne Farbe der alten Waffe blätterte bereits an vielen Stellen durch die aggressive Meeresluft auf Menorca ab, und das mit Draht und Lederriemen befestigte Fernrohr sah ebenfalls nicht mehr sonderlich vertrauenerweckend aus. Doch die Waffe, die einstmals einem Soldaten der spanischen Armee gehört hatte, wurde von Alvaro liebevoll gepflegt und hatte ihn nie im Stich gelassen. Außerdem gab es für das Standardgewehr der ehemaligen Fuerzas Armadas Españolas in fast jeder Kaserne Munition.
Er spähte die staubige Straße entlang, die von seinem Versteck den Hügel hinaufführte und versuchte gleichzeitig, den Aufenthaltsort von Lucia zu ermitteln. Seine Lebensgefährtin hatte sich auf einem der Hausdächer rechts neben ihm nahezu unsichtbar postiert. Erstaunlich! Waren es doch nur wenige Fincas, die hier am Ende der Straße und direkt am Klippenrand gebaut waren. Trotzdem verschmolz sie mit der Umgebung so vollkommen, dass er nicht erkennen konnte, wo sie sich aufhielt. Im Grunde genommen war das gut so. Wenn er seine Frau nicht sah, dann konnten auch die monstruos arbóreo sie nicht sofort aufspüren. Und hoffentlich witterten die Wölfe sie ebenfalls nicht. Zwar blies Ihnen der leichte Wind entgegen und wirbelte dabei den feinen Staub auf der Straße zu kleinen Sandteufeln auf. Aber Alvaro hatte genug erlebt, um zu wissen, wie gut die Sinne der Kreaturen entwickelt waren und er vertraute keineswegs darauf, der Witterung dieser Bestien zu entgehen.
Eine Bewegung am Ende der Straße holte Alvaro aus seinen Gedanken. Der Kreisverkehr, der dort oben lag, war vermutlich schon vor dem Kollaps unnötig gewesen! Der kleine Ort war eher ein Dorf als eine Stadt. Wo früher weiß getünchte Anwesen und schick hergerichtete Fincas die Touristen angelockt hatten, standen heute verfallende Häuser, deren Wände aus Stahlbeton grau und mit Rostflecken übersäht der aggressiven Seeluft trotzten. Kniehohe, meist eingestürzte Steinmauern, die die Grundstücke umgaben, und niedrige, vertrocknete Büsche, die im Windschatten der Ruinen wuchsen, vervollkommneten das trostlose Bild.
Das erste Baummonster wuchs direkt über dem Kreisverkehr in die Höhe, während es mit großen Schritten auf seinen Standort zu stapfte. Alvaro entsicherte seine Waffe und zielte sorgfältig. Doch er wartete auf das Kommando von Lucia. Sie war die Scharfschützin. Er hatte in seinem Leben nie jemanden getroffen, der dermaßen präzise mit einem Gewehr umging. Genaugenommen verdankten sie es vor allem ihren Schießkünsten, dass sie beide die letzten Überlebenden der kleinen Gruppe waren, die sich vor vielen Jahren von Mallorca in einem Fischerboot auf die Nachbarinsel gerettet hatten. Doch auch hier gab es die Monster, die seit der Nacht des roten Todes die wenigen Menschen jagten, die noch lebten.
»La noche de la muerte roja« hatte sein ganzes Dasein verändert. Hatte ihm Frau und Kinder genommen und alle Menschen, die er je gekannt und geliebt hatte. Erst viele Jahrzehnte später begegnete er Lucia und ihrer Gruppe zufällig beim Plündern in Palma und begann mit ihnen ein neues Leben. Seither waren er und die heißblütige, stolze Spanierin, die er so sehr liebte, ein Paar. Sie hatten sich nach Menorca aufgemacht, da sie annahmen, hier auf weniger Gegner zu stoßen.
Grundsätzlich hatte das gestimmt, aber vor einem Jahr waren neue Feinde überall auf der Insel aufgetaucht und hatten die Überlebenden unbarmherzig gejagt und getötet. Nun waren nur noch er und Lucia übrig. Und wenn er die Lage richtig einschätzte, dann würden auch die letzten beiden Menschen auf Menorca bald tot im Staub unter der heißen, spanischen Sonne verrotten. Denn was er durch sein Zielfernrohr erblickte, war keinesfalls geeignet, seine Hoffnung auf ein langes, glückliches Leben an der Seite seiner geliebten Frau zu schüren.
Doch noch wollte er nicht aufgeben. Die Kreatur kam in der Mitte der Dorfstraße näher. Aus den Schatten der Nebenstraßen lösten sich die Silhouetten von drei weiteren Baummonstern. Gleichzeitig strömte ein Rudel von mindestens zwanzig der mutierten Wölfe über den Kamm herab und kam witternd auf ihre Verstecke zugelaufen. Die flinken Jäger bewegten sich zwar auf sie zu, an ihren Bewegungen und wie sie nach allen Richtungen Ausschau hielten, erkannte Alvaro aber, dass sie die beiden Menschen bisher nicht ausgemacht hatten. Dafür hatten sie die Falle wahrgenommen, die sie mit ihrem Klappern geradezu magisch anzog. Diese bestand aus nichts weiter als einem alten Plüschtier. Genauer gesagt handelte es sich um einen kleinen Affen, der zwei blecherne Deckel gegeneinander schlug.
Er grinste trotz der heiklen Lage, in der sie sich befanden. Schon oft hatte dieses Spielzeug die Bestien in den Tod gelockt. Und auch heute würden viele von ihnen sterben, bevor sie erkannten, dass es sich um eine simple Falle handelte. Besonders intelligent waren die Biester glücklicherweise nicht. Doch diesmal reichte ihre bloße Überzahl aus, um Lucia und ihm das Leben schwer zu machen. Immer mehr der verfluchten Wesen tauchten oben auf dem Grat auf und schlossen in aller Seelenruhe den Ring um die beiden Menschen.
»Jetzt, mi amor«, flüsterte es leise aus dem Kopfhörer und gleichzeitig hörte er das Ploppen ihres Schalldämpfers, als seine Frau den ersten Schuss abgab. Alvaro eröffnete das Feuer, und der Wolf, den er anvisiert hatte, brach mit zerfetztem Kopf mitten im Lauf zusammen. Ein letztes blaues Leuchten zuckte über den sterbenden Körper, dann blieb er still liegen. Lucias Schüsse trafen ebenfalls und wenige Sekunden später lagen sechs der vierbeinigen Monster tot im Staub unter der sengenden Sonne. Die übrigen hatten die Gefahr erkannt und gingen am Straßenrand hinter Mauern und alten Autowracks in Deckung, während sie sich weiter anpirschten. Die Baummonster, die zu groß waren, um ausreichend Schutz hinter den zerfallenen Häusern zu finden, marschierten stoisch auf sie zu und waren leichte Ziele. Einer nach dem anderen fiel zu Boden, doch für jeden Gegner, den sie erschossen, kamen zwei neue über die Anhöhe. Es war, als kämpfe man gegen eine Hydra, der ständig Köpfe nachwuchsen, nachdem man einen abgeschlagen hatte.
Der erste Wolf hatte den Köder erreicht und heulte enttäuscht auf, als er erkannte, dass es nur eine Puppe war, die ihn angelockt hatte. Mit einem beiläufigen Biss zerfetzte er das Spielzeug und das klingelnde Geräusch der Becken brach wie abgeschnitten ab. Die Gegner waren mittlerweile so dicht heran, dass sie die leisen Schussgeräusche der schallgedämpften Waffen ohne Probleme hören konnten, und sie sich nun ihren eigentlichen Zielen zuwandten.
»Das sieht nicht gut aus, mi corazon!«, flüsterte Alvaro bedauernd in sein Mikro. »Ich glaube, diesmal entkommen wir nicht. Sie sind einfach zu zahlreich.«
»Si, du hast recht. Hier ist unser Kampf zu Ende. Lass uns so viele Bestien wie möglich mit in den Tod nehmen. Nur schade, dass ich dich nicht noch einmal umarmen kann.«
Nach einer kurzen Pause drang ein tiefer Seufzer, gefolgt von einem leisen »te amo, mi amor« aus dem Lautsprecher.
»Ich liebe dich auch, mein Herz. Für immer«, flüsterte Alvaro und erhob sich ächzend aus seiner unbequemen, liegenden Position....
Erscheint lt. Verlag | 17.1.2023 |
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Reihe/Serie | Funguszyklus |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | Abenteuer • Apokalypse • Endzeit • Endzeitroman • Fantasy • Postapokalypse • Roman • Science Fiction • Weltuntergang |
ISBN-10 | 3-7546-6111-6 / 3754661116 |
ISBN-13 | 978-3-7546-6111-6 / 9783754661116 |
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