Hindernis (eBook)

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2023 | 1. Auflage
416 Seiten
Diogenes (Verlag)
978-3-257-61338-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Hindernis -  Felix Francis
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Harrison Foster ist Anwalt. Bei einer Londoner Beraterfirma hilft er gut betuchten Klienten, ihre Krisen so zu meistern, dass sie sie nicht die Reputation kosten. Als das Rennpferd eines saudi-arabischen Kronprinzen bei einem Stallbrand in Newmarket getötet wird, fordert der Scheich Foster zur Aufklärung an. Foster tauscht die Budapester gegen Gummistiefel und wird fündig: In der Ruine des Stalls liegen nicht nur ein Tierkadaver, sondern auch menschliche Überreste.

Felix Francis, geboren 1953 als jüngerer Sohn des verstorbenen Bestsellerautors und Ex-Jockeys Dick Francis. Er firmierte bei vier Büchern als Co-Autor seines Vaters und leistete die Recherchearbeit für viele weitere. Bevor er eigene Thriller in der Tradition seines Vaters zu schreiben begann, arbeitete er als Physiklehrer. Felix Francis lebt in England.

Felix Francis, geboren 1953 als jüngerer Sohn des verstorbenen Bestsellerautors und Ex-Jockeys Dick Francis. Er firmierte bei vier Büchern als Co-Autor seines Vaters und leistete die Recherchearbeit für viele weitere. Bevor er eigene Thriller in der Tradition seines Vaters zu schreiben begann, arbeitete er als Physiklehrer. Felix Francis lebt in England.

Mai 2018

 

Meine Visitenkarte wies mich als Harrison Foster, Rechtsberater, aus, doch allgemein bekannt war ich als Harry, spezialisiert auf Krisenmanagement.

Und bei der aktuellen Krise ging es um Mord, auch wenn das damals niemand wusste.

 

»Newmarket!«, sagte ich. »Von Pferderennen hab ich doch keine Ahnung. Die widern mich an, ich beteilige mich ja noch nicht mal an der Betriebswette zum National.«

»Egal«, antwortete ASW. »Sie kennen sich im Geschäftsleben aus, und Sie werden gebraucht.«

ASW war Anthony Simpson-White, Gründer, Vorstand, Geschäftsführer, Eigner und die treibende Kraft hinter dem Beratungsunternehmen Simpson White, mein alleiniger Chef, und er stand dicht vor meinem Schreibtisch an der Tür.

»Kann’s nicht einer von den andern machen? Rufus ist doch ein Pferdefan. Er trägt sein halbes Einkommen zum Buchmacher.«

ASW schüttelte den Kopf. »Rufus sitzt in Italien bei den Weinhändlern fest. Sie sind mein bester verfügbarer Mann.«

Mein Blick schweif‌te über die anderen Schreibtische im sogenannten Einsatzraum. Alle waren unbesetzt. Selbst am Montagmorgen war ich der einzige verfügbare Mann.

»Außerdem«, sagte er, »hat der Kunde ausdrücklich Sie verlangt.«

»Oh«, sagte ich ein wenig überrascht. »Wer ist denn der Kunde?«

»Steht alles im Dossier. Das maile ich Ihnen unterwegs. Nehmen Sie einen Schnellzug von King’s Cross nach Cambridge.«

»Nicht nach Newmarket?«, fragte ich.

»Cambridge ist besser. Da müssten Sie sowieso in den Regionalzug umsteigen. Ich sehe zu, dass Georgina Ihnen einen Wagen mit Fahrer schickt.«

Georgina war seine persönliche Assistentin: vierundfünfzig, geschieden, zwei erwachsene Söhne, immer schick, aufgeweckt und guter Dinge. Außerdem war sie ASWs Geliebte, auch wenn sie beide das nie zugegeben hätten. Wir Mitarbeiter wussten es. Klare Sache. Der Chef sagte uns ja immer wieder: »Ich erwarte von meinen Leuten, dass sie alles über jeden wissen.«

»Welcher Stall in Newmarket?«, fragte ich.

»Auch das steht im Dossier. Ich lasse Ihnen von Georgina ein Zimmer buchen. Und jetzt mal los, Harry, seien Sie so gut.«

Ungeachtet des freundlichen Tons war das keine Bitte, sondern ein Befehl. Sofort klappte ich das Laptop auf dem Schreibtisch zu, stand auf, zog meine Jacke an und holte meinen für die sofortige Abreise in jeden Teil der Welt wetterunabhängig vorgepackten Koffer aus dem Schrank in der Ecke.

Das Packen war mit das Erste, was neue Mitarbeiter bei Simpson White zu lernen hatten. Vor allem musste der Koffer in die Handgepäckablage eines Fliegers passen – das Warten an der Gepäckausgabe kostete Zeit, die sinnvoller mit dem Kunden verbracht werden konnte.

Zwei frische Hemden, Unterwäsche zum Wechseln, Waschzeug, Bürste, Rasierer, Ladegeräte für Handy und Laptop waren unerlässlich, Chinos, Turnschuhe und ein Polohemd optional, Shorts und Badesandalen verpönt. Die Mitarbeiter hatten in Anzug und Krawatte Dienst zu tun, damit sie beides nicht erst einzupacken brauchten.

Mein Koffer enthielt zusätzlich einen kleinen Verbandskasten (minus Schere), eine Badehose und einen zusammengerollten kleinen Union Jack.

Auch der konnte immer mal nützlich sein.

Alles, was sie sonst noch brauchten, sollten sich die Mitarbeiter »am Einsatzort« kaufen, wie ASW es nannte, und dafür stand uns eine Firmenkreditkarte zur Verfügung, wenn auch die Notwendigkeit der Ausgaben genau geprüft wurde.

Nicht, dass Simpson White gegenüber seinen Angestellten geknausert hätte. Ganz im Gegenteil. Auf Langstreckenflügen reisten die Mitarbeiter in der Business Class, um bei der Ankunft ausgeruht und sofort einsatzbereit zu sein, und auf einen bequemen Wagen mit Fahrer konnten sie ebenso selbstverständlich zählen wie auf die Unterbringung in einem Vier- oder Fünfsternehotel.

»Mein Stab muss frisch sein«, pflegte ASW zu sagen und bat seine Kunden entsprechend zur Kasse.

Anthony Simpson-White, Oberst a.D., hatte die Simpson White Consultancy Ltd Mitte der 1990er-Jahre aufgebaut, unter anderem mit dem Geld aus seiner Abfindung nach achtzehn Jahren vorbildlichen Dienstes beim britischen Militär. ASW war jedoch kein kämpfender Soldat gewesen, sondern Anwalt. Er hatte als leitender Of‌fizier in der Rechtsabteilung der Armee gedient und Premierminister wie auch das Oberkommando in Fragen des Militärrechts und des internationalen Rechts beraten, unter anderem bei den britischen Kriegen im Südatlantik, im Persischen Golf und in Bosnien.

»Die meiste Zeit habe ich den hohen Tieren verklickert, was sie eigentlich nicht hören wollten«, meinte er einmal zur Erklärung, warum er schließlich den Dienst quittiert hatte, obwohl er als künftiger Generalintendant der Heeresrechtsberatung im Gespräch gewesen war. »Viel geändert hat sich für mich ja nicht«, hatte er lachend ergänzt, »außer dass mir die hohen Tiere meinen Rat jetzt besser bezahlen.«

Angefangen hatte er als Ein-Mann-Unternehmen. In finanzielle oder betriebliche Schwierigkeiten geratene Firmen bekamen seinen Rat oder seine Einschätzung genauso strikt und unverblümt vorgesetzt wie zuvor das Verteidigungsministerium. Auch den Firmenlenkern schmeckte vielleicht nicht, was sie zu hören kriegten, aber er hatte die unheimliche Gabe, ohne Umwege zum Kern eines Problems vorzustoßen, ehe er den Rettungsanker präsentierte, ob genehm oder nicht. Die Firma konnte dann selbst entscheiden, ob sie seiner Empfehlung folgte – ob sie durchkam oder unterging.

Und ASW war keiner, der untätig herumstand und schwieg, wenn er sein Einschreiten für sinnvoll hielt. Ein Lieblingsspruch von ihm hieß: Was ändert es, ob du gelebt hast, wenn du im Leben nichts bewirkst?

Im Lauf der Jahre war sein Unternehmen ebenso gewachsen wie sein Ansehen, sodass er jetzt über zehn Mitarbeiter wachte und Kollegen elf und zwölf eingeplant waren.

Die meisten von uns waren Anwälte, aber auch der frühere Sergeant einer Spezialeinheit gehörte dazu und zwei Finanzgenies aus der City, die sich zwar keinen dicken Gehaltsscheck, doch ein abwechslungsreicheres und spannenderes Leben von uns versprachen.

Und Abwechslung und Spannung bekamen sie auch.

Ich war Mitarbeiter Nummer 7 – 007, dachte ich gern – und seit knapp sieben Jahren dabei, weil Grundstücksübertragungen, Testamente und Scheidungsurkunden – die Hausmannskost des Rechtsanwalts im ländlichen Devon – mich nur noch gelangweilt hatten.

Eines besonders nassen und öden Mittwochnachmittags in Totnes war mein Blick auf eine unscheinbare kleine Annonce in den Stellenanzeigen der Law Society Gazette gefallen.

»Vis mutare aliquid magis excitando tuum?«, stand da nur, mit einer Londoner Telefonnummer nebendran.

Vis mutare aliquid magis excitando tuum?

Mein Jahr Latein in der Schule hatte offensichtlich nicht gereicht. Ich tippte die Zeile in einen Online-Übersetzer, und der spuckte aus: »Möchten Sie zu etwas Aufregenderem wechseln?«

Spaßeshalber rief ich die Nummer an.

»Können Sie zu einer Beurteilung in unser Büro kommen?«, fragte eine Frauenstimme ohne jedes Vorgeplänkel.

»Gern«, erwiderte ich. »Wann?«

»So bald wie möglich«, kam die Antwort.

»Und wohin?«, fragte ich.

»Das liegt bei Ihnen. Rufen Sie hier nicht noch mal an, sonst sind Sie raus.« Damit hatte sie aufgelegt und mich perplex, aber brandneugierig zurückgelassen.

Ich weiß noch, wie ich mit dem Telefon in der Hand dasaß und halb mit einem Rückruf der Frau rechnete. Nichts da. Das Telefon blieb stumm. Ein Name war nicht gefallen, auch kein Firmenname. Nicht mal nach meinem Namen hatte die Frau gefragt.

War das eine Betrugsmasche? Zog da jemand irgendeinen Scheiß ab?

Oder war das ernst gemeint?

Wo fing ich jetzt an? Es gab über zehntausend Anwaltsbüros in Großbritannien, fast die Hälfte davon in London. Sollte ich das Branchenverzeichnis nach der passenden Nummer durchgehen? Die Nummer galt offenbar nur für die Anzeige, nicht für die Kanzlei.

Ich googelte sie und bekam wie vorauszusehen keinen direkten Treffer, aber doch ein paar Hinweise. Wenn ich nur die ersten sieben Ziffern eingab, wurde mir unter anderem eine Reihe ausländischer Botschaften angezeigt, eine Arztpraxis und mehrere Restaurants. Sämtliche Adressen gehörten zum Londoner Postbezirk SW1, die meisten zum Unterbezirk SW1X.

SW1X erkannte Google als Knightsbridge und Belgravia – die schicksten Gegenden Westlondons, beide aber mit zigtausend Anschriften.

Aussichtslos.

Statt meine Arbeit zu tun, hatte ich vom Schreibtisch aus den Leuten zugeschaut, die im Regen die Totnes High Street rauf und runter hasteten, und mich gefragt, welcher Idiot diese bescheuerte Annonce aufgegeben haben mochte.

Aber ich gedachte es herauszufinden.

Also rief ich bei der Law Society Gazette an und verlangte die Anzeigenabteilung. Über Inserenten dürf‌ten sie leider keine Auskunft geben, hieß es mit Hinweis auf den Datenschutz. Der Mann in der Leitung schien sogar ein wenig amüsiert über meine Anfrage, als würde er sie nicht zum ersten Mal hören.

Danach suchte ich am Computer die Anwaltsfirmen in London...

Erscheint lt. Verlag 24.5.2023
Übersetzer Malte Krutzsch
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Betrug • Detektiv • Drama • Ermittlung • Geheimnis • Großbritannien • Inzest • Mord • Pferde • Pferderennen • Pferdestall • Rennbahn • Scheich • spannend • Tragödie
ISBN-10 3-257-61338-5 / 3257613385
ISBN-13 978-3-257-61338-4 / 9783257613384
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