Die fünfundsiebzig Blätter (eBook)

und andere Manuskripte aus dem Nachlass
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2023 | 1. Auflage
300 Seiten
Suhrkamp (Verlag)
978-3-518-77401-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die fünfundsiebzig Blätter -  Marcel Proust
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Die hier erstmals übersetzten fünfundsiebzig handschriftlichen Bögen von Marcel Proust sind die Keimzelle seines siebenbändigen Romanwerks Auf der Suche nach der verlorenen Zeit (À la recherche du temps perdu). Man wusste, dass es sie gibt, aber sie waren verschollen. 2018 im Nachlass des Proust-Forschers und Verlegers Bernard de Fallois endlich gefunden, erschienen sie 2021 bei Gallimard: eine Sensation.

Wir begegnen vielen aus der Lektüre der Recherche bekannten Figuren und Szenen, hier noch belassen in der Ursprünglichkeit früher Erinnerung: an die geliebte Mutter, das Kindheitsdrama des Zubettgehens, die jungen Mädchen am Strand. Proust ist erkennbar noch auf der Suche: nach den literarischen Mitteln, sein Leben zu erzählen, sein unendliches autobiographisches Material zu organisieren. Bei aller sprachlichen Meisterschaft liegt der Reiz dieser Texte auch in ihrer Unmittelbarkeit, ihrem bekenntnishaften Ton. Erst später gelingt Proust dann der letzte und entscheidende Schritt: das Erinnern selbst zum Gegenstand des Erzählens zu machen.

Sich dieser Urzelle der Recherche anzunähern bedeutet, Prousts lebenslanger Erinnerungs- und Schreibarbeit und damit dem Geheimnis des Romans auf die Spur zu kommen.

Die deutsche Ausgabe erscheint in besonderer Ausstattung in der Übersetzung von Andrea Spingler und Jürgen Ritte



<p>Marcel Proust wurde am 10. Juli 1871 in Auteuil geboren und starb am 18. November 1922 in Paris. Sein siebenbändiges Romanwerk <em>Auf der Suche nach der verlorenen Zeit</em> ist zu einem Mythos der Moderne geworden.</p> <p>Eine Asthmaerkrankung beeinträchtigte schon früh Prousts Gesundheit. Noch während des Studiums und einer kurzen Tätigkeit an der Bibliothek Mazarine widmete er sich seinen schriftstellerischen Arbeiten und einem - nur vermeintlich müßigen - Salonleben. Es erschienen Beiträge für Zeitschriften und die Übersetzungen zweier Bücher von John Ruskin. Nach dem Tod der über alles geliebten Mutter 1905, der ihn in eine tiefe Krise stürzte, machte Proust die Arbeit an seinem Roman zum einzigen Inhalt seiner Existenz. Sein hermetisch abgeschlossenes, mit Korkplatten ausgelegtes Arbeits- und Schlafzimmer ist legendär. <em>In Swanns Welt</em>, der erste Band von Prousts opus magnum, erschien 1913 auf Kosten des Autors im Verlag Grasset. Für den zweiten Band, <em>Im Schatten junger Mädchenblüte</em>, wurde Proust 1919 mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet. Die letzten Bände der <em>Suche nach der verlorenen Zeit</em> wurden nach dem Tod des Autors von seinem Bruder herausgegeben.</p>

Zu dieser Ausgabe


Das Manuskript


Als die »Fünfundsiebzig Blätter« – oder genauer gesagt: die sechsundsiebzig beschriebenen Seiten – in Bernard de Fallois' Wohnung entdeckt wurden, befanden sie sich in einem bordeauxroten, kartonierten Aktendeckel im Standardformat, bezeichnet als »Dossier 3«, wobei es sich bei dieser Etikettierung von seiner Hand um die Überschreibung einer früheren Beschriftung handelt.

Die Blätter waren auf fünf Dokumentenhüllen verteilt, die Fallois mit den Titeln »Abende in Combray«, »Der Weg nach Villebon«, »Die jungen Mädchen«, »Adelsnamen« und »Venedig« versehen hatte. Diese Titel fanden sich jeweils auf Vorsatzblättern zu den verschiedenen Ensembles wieder. Mit Ausnahme von »Der Weg nach Villebon« waren den Ensembles, ebenfalls von der Hand de Fallois', lose Blätter mit kurzen Inhaltsverzeichnissen beigelegt. Wir haben diese Titel für die vorliegende Ausgabe nur zum Teil beibehalten (siehe weiter unten).

Zahlreiche Seiten waren beschädigt: eingerissene Ränder (f. 70, 83), eine kleine Klebespur eines anderen Blattes (f. 83), behelfsmäßige Reparaturen (Klebeband auf f. 53v.), verschiedene Flecken; der untere Teil von f. 84 ist, wahrscheinlich von Proust selbst, abgeschnitten worden.

Das Manuskript der »Fünfundsiebzig Blätter« setzt sich aus 43 Doppelbögen zusammen, d. ‌h. 86 Blättern oder eben 172 Seiten auf blankem Velinpapier ohne Wasserzeichen im Format 360 ‌× ‌230 mm. Es handelt sich um ein mittleres Format, denn die Faltung der Bögen ist unregelmäßig[5] . 76 Blatt hat Proust mit Tinte beschrieben, drei davon auch rückseitig (f. 41v, 83v, 85v). Mit Ausnahme von einem knappen Dutzend hat er sie vollständig und ohne einen Rand zu lassen beschrieben. Sie enthalten keinerlei Paginierung von Prousts Hand. Auffällig sind ein paar Zeichnungen: kleine abstrakte Skizzen (f. 36), ein weibliches Profil (f. 39), eine Kirche (f. 43).

F. 8, 38, 42, 44-50, 52, 66 und 84 sind leer geblieben. F. 44 und 49, 45 und 48, 46 und 47 waren ursprünglich wie ein Heft zwischen den Folios 43 und 50 eingefasst.

Die Nummerierung der Folios folgt der Ordnung, in der das Manuskript auf uns gekommen ist – mit Ausnahme von f. 27-43, die neu sortiert worden sind (siehe unten). Wir haben folgende Aufteilung vorgenommen und Titel vergeben, die in Teilen von den von Bernard de Fallois vorgesehenen abweichen:

  • f. 1-26: [Ein Abend auf dem Land]: 13 Doppelbögen, d. ‌h. 26 Blatt, 25 nur recto beschriebene Seiten. F. 8 ist unbeschrieben. Die beiden letzten Seiten (f. 25-26) sind anonym unter dem Titel »Séparation« [Trennung] im Bulletin de la Société des Amis de Marcel Proust et des Amis de Combray (n° 1, 1950, S. 7-8) erschienen. Die letzten sieben Seiten (f. 20-26) hat Bernard de Fallois in Contre Sainte-Beuve publiziert (CSB, Kap. XV: »Retour à Guermantes« [Rückkehr nach Guermantes], S. 291-297).

  • f. 27-52: [Die Seite von Villebon und die Seite von Meséglise]: 13 Doppelbögen, d. ‌h. 26 Blatt, 17 sämtlich recto beschriebene Seiten, außer f. 41, das auch verso beschrieben ist. F. 38, 42, 44-50, 52 sind unbeschrieben. Gestützt auf materiale und textgenetische Indizien, haben wir dieses Ensemble umgruppiert, das uns in folgender Anordnung vorlag: f. 27-30, 39-41v, 43, 37-38, 35-36, 33-34, 31-32. Wie zu sehen sein wird, ist dies, mit Ausnahme der ersten Zweiergruppe, die exakt umgekehrte Reihenfolge der von uns vorgeschlagenen. Es ist also durchaus möglich, dass die Doppelbögen nach Bearbeitung einfach nur falsch wieder eingeordnet worden sind. Der Platz von f. 51 lässt sich nur schlecht bestimmen.

  • f. 53-65: [Aufenthalt am Meer]: Sieben Doppelbögen, d. ‌h. 14 Blatt, 13 recto beschriebene Seiten. F. 66 ist unbeschrieben. Anders als Bernard de Fallois trennen wir dieses »Kapitel« von dem unmittelbar folgenden ab.

  • f. 67-74: [Junge Mädchen]: 4 Doppelbögen, d. ‌h. 8 Blatt, 8 recto beschriebene Seiten.

  • f. 75-82: [Adelsnamen]: 4 Doppelbögen, d. ‌h. 8 Blatt, 8 recto beschriebene Seiten. Die ersten sieben Seiten (f. 75-81) hat Bernard de Fallois in Contre Sainte-Beuve publiziert (CSB, Kap. XIV, »Noms de personnes« [Personennamen], S. 273-283).

  • f. 83-86: [Venedig]: 2 Doppelbögen, d. ‌h. 4 Blatt, 5 beschriebene Seiten, davon zwei verso (f. 83v, 85v). Ein kleines Fragment von der rechten oberen Ecke eines anderen Blatts ist am Rand von f. 83 auf Höhe der zweiten und dritten Zeile haften geblieben; es sind dort noch zwei Buchstaben von Prousts Hand zu erkennen. Der untere Teil von f. 84, den Proust nicht beschrieben hat, fehlt.

Das Manuskript der »Fünfundsiebzig Blätter« ist inzwischen unter der Signatur NAF 29020 eingegangen in die Manuskriptsammlungen der französischen Nationalbibliothek (Bibliothèque nationale de France, Département des Manuscrits).

Prinzipien der Texterstellung


Die Niederschrift der »Fünfundsiebzig Blätter«[6]  erstreckt sich von den ersten Monaten des Jahres 1908 bis in den Herbst. Der Beginn ihrer Ausarbeitung geht vielleicht schon auf das Ende des Jahres 1907 zurück. Da wir nicht wissen, wie Proust diese Seiten arrangiert hatte, reihen wir sie in einer dem Text der Suche nach der verlorenen Zeit entsprechenden Ordnung an; es ist dies auch die Ordnung, in der sie wieder aufgetaucht sind.

Die Titel der verschiedenen »Kapitel« stammen nicht von Proust. Sie haben nur Hinweischarakter und liefern dem Leser vertraute Orientierungspunkte.

Die Transkription verzichtet im Interesse einer flüssigen Lektüre weitestgehend auf die Nachbildung von Streichungen im Manuskript. Nachfolgend seien die Prinzipien aufgeführt, die uns bei der Texterstellung leiteten.

Eine integrale diplomatische Transkription, das heißt eine Transkription, die Seite für Seite die Topographie der Handschrift genau wiedergibt und die Gesamtheit aller Streichungen und Zusätze von Prousts Hand integriert, kann auf der Website gallimard.fr heruntergeladen und mit dem Faksimile der »Fünfundsiebzig Blätter« abgeglichen werden, sobald Letzteres auf gallica.fr zugänglich sein wird.

Diese Transkription war Grundlage der hier vorliegenden. Beide hat Bertrand Marchal kritisch gegengelesen.

Unserer »Lesetext«-Transkription sind Dokumente beigegeben (Andere Manuskripte), die sowohl die Genese der »Fünfundsiebzig Blätter« als auch ihren Platz in der Genese der Suche nach der verlorenen Zeit erhellen. Diese Dokumente stammen aus den Beständen des Fonds Proust in der französischen Nationalbibliothek und dem Fallois-Archiv.

Prousts Handschrift in den Entwürfen ist durchsetzt von zahllosen Verbesserungen und Zusätzen. In die hier vorliegende, vereinfachte Transkription sind die Zusätze integriert und die Streichungen nicht eigens gekennzeichnet worden, es sei denn, eine Fußnote verweist auf eine besonders signifikante Passage, die man in der diplomatischen Transkription genauer zur Kenntnis nehmen kann.

Proust schreibt sehr rasch, es kommt vor, dass er manche Wörter auslässt oder die Übergänge zwischen den verschiedenen Fassungen vernachlässigt. Dort, wo es uns nötig erschien, haben wir im Interesse einer korrekten Syntax oder der Nachvollziehbarkeit eines Satzes die entsprechenden kleineren Korrekturen vorgenommen. In eckige Klammern setzen wir Passagen, die wir...

Erscheint lt. Verlag 16.1.2023
Übersetzer Andrea Spingler, Jürgen Ritte
Sprache deutsch
Original-Titel Les soixante-quinze feuillets
Themenwelt Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte aktuelles Buch • Auf der Suche nach der verlorenen Zeit • Autobiographie • bücher neuerscheinungen • Combray • Frankreich • In Swanns Welt • Italien • Neuerscheinungen • neues Buch • Paris • Venedig
ISBN-10 3-518-77401-8 / 3518774018
ISBN-13 978-3-518-77401-4 / 9783518774014
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