Shaman King Faust 8 - Light Novel (eBook)
168 Seiten
Tokyopop Verlag
978-3-8420-8529-9 (ISBN)
In Deutschland hatten sich hier und da die Legenden erhalten, die sich um Doktor Faust rankten, die bekannteste davon war wohl diese: Er habe einen Pakt mit dem Teufel geschlossen, Magie gewirkt und allerlei Wunder vollbracht, sei jedoch vom Teufel kaltblütig umgebracht worden.
Vielleicht war aber auch Goethes Tragödie bekannter. Zumindest basierte dieses Werk auf den Legenden über Doktor Faust.
Es gab allerdings auch die Auslegung, dass die Legenden auf historischen Tatsachen beruhten. Einer Theorie zufolge stand sein Geburtshaus im bayrischen Helmstadt, einer anderen zufolge in der Kleinstadt Knittlingen. Auch in Prag gab es angeblich ein Haus mit einer Verbindung zu ihm. Doktor Faust war geradezu ein Phantom.
Die Legenden über den Alchemisten, der im sechzehnten Jahrhundert aller Herren Länder bereist hatte, waren in einem Buch namens Historia von D. Johann Fausten zusammengestellt worden, aber über den Verfasser des Manuskripts war nichts bekannt.
Dass so viel im Dunkeln lag, musste seinen besonderen Reiz haben, denn bis heute hatte sich das Interesse der Leute an Doktor Faust nicht erschöpft.
Faust dachte trotzdem nicht daran, seine eigenen Wurzeln zu ergründen. Das interessierte ihn überhaupt nicht. Es gab keinerlei Beweise, dass jener »Faust I« blutsverwandt mit ihm war, und selbst wenn, hatte es keinen Bezug zu seinem Leben und auch keine Relevanz. Mit Unwissenschaftlichkeit oder gar mit Gott konnte er nichts anfangen. So war er nicht erzogen und es passte auch nicht zu seinem Charakter.
Fausts Meinung zufolge verhielt es sich so: Früher hatte »Naturwissenschaft« Magie oder Alchemie geheißen und zufällig war nun durch Goethes Tragödie ein Mann berühmt geworden, der darin besonders bewandert gewesen war.
Mehr steckte seiner Ansicht nach nicht dahinter.
Elisa hatte er jedenfalls kennengelernt, als er fünf gewesen war.
Im Moment ihrer ersten Begegnung hatte er sich nicht mehr rühren können. Selbst das Atmen hatte er vergessen, hatte sogar geglaubt, das Herz bliebe ihm stehen. Ihm war gewesen, als hätte sein altes Leben geendet und ein neues begonnen, als wäre die einstmals schwarz-weiße Welt nun voller strahlender Farben.
Ein paar Sekunden lang hatten sie sich angesehen, dann hatte das Mädchen ihm zugewinkt. »Was liest du da?«, hatte sie ihn durchs Fenster gefragt.
So hatten sie sich kennengelernt.
Das Mädchen hieß Elisa.
Damals war sie acht gewesen und der Arzt hatte ihr gesagt, sie leide an einer unheilbaren Krankheit und habe nicht mehr lange zu leben.
Sieht man ein Ziel vor sich, so schreitet man mit einem Mal rascher voran. Man hat das Gefühl, dass die Zeit nicht reicht.
Hätte Faust sich im Tempo seiner Umgebung bewegt, wäre er zu langsam gewesen. Eigentlich hätte er nach vier Jahren Grundschule neun Jahre lang aufs Gymnasium gemusst, dann erst hätte er sein Abitur machen und auf die Universität gehen können. Faust hatte jedoch an Gelehrsamkeit alle anderen übertroffen, hatte immer wieder Klassen übersprungen und schon mit zehn das Abitur mit Bestnoten bestanden. Somit hatte er also seine Hochschulreife erreicht.
Die meisten Studiengänge erforderten keine Aufnahmeprüfung und er hatte frei zwischen den Universitäten wählen können. An die medizinischen Fakultäten wollten jedoch viele, die Universität Heidelberg war renommiert und natürlich gab es nur eine begrenzte Zahl von Studienplätzen. Faust sorgte sich ein wenig, ob sie ihm, einem Kind, überhaupt gestatten würden, sich an allen anderen Kandidaten vorbeizudrängeln.
Doch Kind hin oder her, er hatte nun mal die Qualifikation. Mit zehn reichte er also seine Anmeldeunterlagen bei der Heidelberger Universität ein. Er kam erst einmal auf die Warteliste, doch mit elf durfte er sich schließlich immatrikulieren.
Die Leute priesen ihn als Genie, aber ihn kümmerte nicht, wie die Welt über ihn dachte, er war lediglich auf der Suche nach einem Weg, um Elisa zu heilen.
Das Medizinstudium dauerte sechs Jahre und endete mit dem Staatsexamen. Das brauchte er unbedingt, wenn er Arzt werden wollte. Doch er drosselte vorübergehend sein Tempo. An der Universität begegneten sich Ärzte verschiedenster Fachbereiche. Wenn er ein Heilmittel für Elisa finden wollte, musste er dieses Umfeld nutzen, also vertiefte er sich immer mehr in die Medizin.
Bei diesem Alltag fand er natürlich nur wenig Freunde.
Gar keine Freunde, hätte man auch sagen können.
Als jedoch das fünfte Studienjahr näher rückte, gab es in seinem Leben einen Wendepunkt. Elisa, mittlerweile neunzehn, folgte Faust und schrieb sich ebenfalls an der Universität Heidelberg ein.
Der Campus war weitläufig, die Lehrgebäude verteilten sich praktisch über ganz Heidelberg. Man konnte an derselben Universität studieren und sich trotzdem kaum begegnen, wenn man nicht an derselben Fakultät war.
Dennoch fand Faust stets irgendeinen Grund und die nötige Zeit, um in Elisas Fakultät aufzukreuzen. Sie verbrachten die Mittage zusammen und immer wenn Elisa irgendwelche Schwierigkeiten hatte, kam er herbeigeeilt und half ihr.
»Faust, du bist mein edler Ritter.«
Wie sehr er es mochte, wenn sie so verlegen kicherte. Keine Anstrengung wäre ihm zu groß, um ihr Lächeln zu beschützen. Und daher …
»He, Johann. Wo bist du denn mit den Gedanken?«
Faust wandte sich um, als er die entnervte Stimme hörte.
Wolfgang.
Es war Abend. Faust hatte am Geländer der Brücke gelehnt und den Neckar betrachtet, der im Licht der Straßenlaternen gemächlich unter dem Schloss vorbeiströmte. Er nickte Wolfgang kurz zu und blickte wieder auf den Fluss hinunter.
»Hast du dich Elisa endlich offenbart?«
»He, du redest ja immer noch so steif daher.«
Faust wusste, dass Wolfgang Elisa heute zum Essen hatte ausführen wollen.
Die beiden waren Nachbarskinder im gleichen Alter gewesen, daher hatten sie sich schon von früher Kindheit an nahegestanden. Faust wusste, dass Wolfgang schon in sie verliebt gewesen war, ehe er selbst sie kennengelernt hatte.
Stocksteif, wie Wolfgang nun mal war, hatte er wohl Gewissensbisse gehabt, weil er Faust hatte ausstechen wollen, und hatte ihm diesmal extra im Voraus von seinem Vorhaben erzählt, Elisa heute Abend seine Liebe zu gestehen.
Er war gesund, hatte einen großen Freundeskreis und da er hobbymäßig Fußball spielte, war er so trainiert, dass er Elisa, falls sie zusammenbrach, mühelos tragen und mit ihr zum Arzt laufen konnte.
Sein Hauptfach war Theologie. Er war Protestant und würde wohl Pastor werden. Von familiärer Seite her sei er eigentlich katholisch, hatte er gesagt, aber Faust, der keiner Religion angehörte, verstand den Unterschied ohnehin nicht so recht.
Eins stand jedoch fest: Wolfgang war ein großartiger Mann, gebildet, sportlich und von vortrefflichem Charakter.
Elisa hatte Faust ihren Ritter genannt.
Eigentlich, dachte er, passte diese Bezeichnung viel besser auf Wolfgang.
Faust war Arzt durch und durch: Hauptsache, Elisa war glücklich und gesund, dann war er schon zufrieden.
Aber …
»Sie hat mir einen Korb gegeben.«
Als Faust das hörte, blickte er auf. »Sie hat dich abgewiesen? Aber warum?«
»Das wunderst dich also auch? Ich will nicht eingebildet klingen, aber ich finde keinen Grund, warum sie mich zurückweisen sollte. Deswegen habe ich sie auch danach gefragt. Und da …« Er unterbrach sich. »Sie hat gesagt, dass sie einen anderen liebt.«
»Einen anderen …« Ob das jemand war, den Faust kannte? »Und wer das ist, hast du nicht aus ihr rausbekommen?«
»Nanu? Warum willst du das denn wissen?«
»Ist das nicht klar? Ich weiß ja nicht, in was für einen Mann sie sich verliebt hat. Sie kennt kein Misstrauen gegenüber anderen. Könnte durchaus sein, dass sie sich von einem miesen Kerl hat einwickeln lassen.«
»Ach, deswegen mache ich mir keine Sorgen. Es handelt sich um einen Mann, den du und ich gut kennen.«
Fausts Miene verfinsterte sich. »Ich kenne aber abgesehen von Elisa überhaupt niemanden gut.«
»Und was ist mit mir?«
»Oh, tut mir leid.«
Als Wolfgang Fausts Gesichtsausdruck sah, so ganz ohne jede Bosheit, seufzte er. »Na ja, jedenfalls kenne ich den Mann. Er ist intelligent und ehrbar.«
»Dann … ist ja gut …« Faust empfand Erleichterung.
»Und warum beruhigt dich das jetzt?«
»Na ja, wenn es jemand ist, den du respektierst, dann ist er bestimmt in Ordnung. Er wird Elisa glücklich machen.«
Wolfgang zog die Augenbrauen hoch. »Du setzt ja großes Vertrauen in mich …«
»Dass du niemand Fragwürdiges an Elisa heranlässt, hast du mich ja damals schon sehr deutlich wissen lassen.« Faust lächelte vielsagend.
Bis heute hatte er die Demütigung nicht vergessen, die Wolfgang ihm zugefügt hatte, als sie noch klein gewesen waren. War es kindliche Eifersucht gewesen, ein natürlicher Beschützerinstinkt oder hatte sich Faust damals irgendwie fragwürdig verhalten? Jedenfalls hatte Wolfgang mit allen erdenklichen Mitteln versucht, ihn von Elisa fernzuhalten. Doch als er ihn hatte fortjagen wollen, hatte Elisa ihn in ihrer Güte davon abgehalten, was einen tiefen Eindruck auf Faust gemacht hatte.
Er hatte sie immer mehr gemocht. Wie Wolfgang...
Erscheint lt. Verlag | 21.12.2022 |
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Reihe/Serie | Shaman King Faust 8 | Shaman King Faust 8 |
Illustrationen | Hiroyuki Takei |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | action • Faust • Geister • Kampf • Kämpfen • König • Nekromantie • Schamane • Seelen • Shaman King • Shonen • Shounen • Totenbeschwörung • Übernatürlich • Wiederbelebung |
ISBN-10 | 3-8420-8529-X / 384208529X |
ISBN-13 | 978-3-8420-8529-9 / 9783842085299 |
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