Jerry Cotton 3421 (eBook)

Madame Marble und das Callgirl

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Aufl. 2023
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-4480-5 (ISBN)

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Jerry Cotton 3421 - Jerry Cotton
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Er betrachtete seine Fingernägel, als gäbe es nichts Interessanteres auf der Welt. Ein heimlicher Beobachter hätte glauben können, dass er sein Gegenüber ignorierte. Doch seine vermeintliche Unhöflichkeit war tatsächlich ein Tick. Es fiel ihm schwer, Menschen in die Augen zu sehen. Deshalb bevorzugte er es, irgendwo anders hinzuschauen, wenn er mit jemandem ein Gespräch führte. So wie jetzt.
'Ich freue mich, wieder für Sie arbeiten zu dürfen', sagte er. 'Das letzte Mal ist so lange her, dass ich mich kaum daran erinnere.'
'Ich dagegen erinnere mich sehr gut. Sie haben Ihre Aufgabe glänzend gemeistert. So wie Sie es auch dieses Mal tun werden.'
Ein Lächeln kerbte sich in seine Mundwinkel. 'Das ist selbstverständlich. Ich könnte es mir nicht verzeihen, wenn Sie Anlass hätten, sich über meine Arbeit zu beklagen.'
Sein Lächeln wurde erwidert. 'Dann erkläre ich Ihnen jetzt, worum es geht. Ich wurde verraten. Darauf steht der Tod.'

Madame Marble und das Callgirl

Er betrachtete seine Fingernägel, als gäbe es nichts Interessanteres auf der Welt. Ein heimlicher Beobachter hätte glauben können, dass er sein Gegenüber ignorierte. Doch seine vermeintliche Unhöflichkeit war tatsächlich ein Tick. Es fiel ihm schwer, Menschen in die Augen zu sehen. Deshalb bevorzugte er es, irgendwo anders hinzuschauen, wenn er mit jemandem ein Gespräch führte. So wie jetzt.

»Ich freue mich, wieder für Sie arbeiten zu dürfen«, sagte er. »Das letzte Mal ist so lange her, dass ich mich kaum daran erinnere.«

»Ich dagegen erinnere mich sehr gut. Sie haben Ihre Aufgabe glänzend gemeistert. So wie Sie es auch dieses Mal tun werden.«

Ein Lächeln kerbte sich in seine Mundwinkel. »Das ist selbstverständlich. Ich könnte es mir nicht verzeihen, wenn Sie Anlass hätten, sich über meine Arbeit zu beklagen.«

Sein Lächeln wurde erwidert. »Dann erkläre ich Ihnen jetzt, worum es geht. Ich wurde verraten. Darauf steht der Tod.«

»Der Typ und sein Gequassel sind echt anstrengend. Ich glaube, der hält sich für einen Liebesgott oder so was.«

Mit geschickten Fingern schloss Savanna Doyle den Verschluss ihres Büstenhalters. Prüfend begutachtete sie sich in dem beinahe sechs Fuß hohen und fast ein Yard breiten Spiegel. Sie hatte noch nie einen so riesigen Spiegel in einem Badezimmer gesehen, das kannte sie nur aus den Ankleiden in den Modeläden. Und das war nicht das einzige Ungewöhnliche. Das Bad, beinahe so groß wie ihr gesamtes Apartment, hatte zwei Türen. Eine führte ins Wohnzimmer, die andere ins Schlafzimmer. Ihr Kunde, der dort auf dem Bett lag und auf ihre Rückkehr wartete, schien einen Sinn fürs Extravagante zu haben.

»Ganz deiner Meinung. Da ist mal wieder jeder Dollar hart verdient. Im Wortsinn«, erwiderte Phoebe Miller und kicherte. Ihre Kollegin stand in einem roten, durchsichtigen Negligé vor einem weitaus kleineren Wandspiegel über dem Handwaschbecken und frischte mit routinierten Handgriffen ihr Make-up auf.

Savanna ließ den Blick über ihren Körper wandern. Sie war zufrieden mit dem, was sie sah. Sie trieb viel Sport, joggte regelmäßig und machte Gymnastik. Max lieh ihr außerdem seine Hanteln, wann immer sie damit trainieren wollte. Der Lohn aller Mühen war ihre schlanke, athletische Figur, auf die so manch andere Siebenundzwanzigjährige neidisch gewesen wäre. Mit dem Zeigefinger ihrer rechten Hand strich sie über den transparenten schwarzen Büstenhalter und den gleichfarbigen Slip. Der Stoff fühlte sich gut an, weich und seidig. Teuer genug waren die Teile gewesen, aber die Jungs standen drauf.

»Bist du fertig?«, fragte sie.

»Gleich«, antwortete Phoebe und griff nach ihrem Lippenstift. »Mister Staatsanwalt ist eh noch nicht bereit für die zweite Runde, wenn du mich fragst. Schätze, er muss sich erst von seinem eigenen Gelaber erholen. Das ständige Gequatsche darüber, was für ein toller Typ er ist, muss doch anstrengend sein.«

Savanna schmunzelte. »Da wäre ich mir nicht so sicher. Ich hatte den Eindruck, er hätte am liebsten sofort weitergemacht.«

»Keine Chance. Wenn ich mich danach nicht frischmachen kann, geht bei mir gar nichts mehr. Ist privat genauso.«

»Echt? Auch privat? Du lässt den Typen im Bett liegen und springst erst mal unter die Dusche?«

»Na und ob. Wobei ich daheim nicht so eine abgefahrene Dusche habe wie unser Mister Staatsanwalt. Ich liebe es, wenn man die Dinger einstellen kann. Eine Regenwasserdusche ist das Beste, was es gibt, das sage ich dir. Meinst du, er merkt es, wenn ich den Duschkopf abmontiere und mitgehen lasse?«

Savanna schlug die Hand vor den Mund, weil sie sonst hätte losprusten müssen. Meistens arbeitete sie allein, aber wenn sie zu zweit gebucht wurden, freute sie sich immer, wenn Phoebe mit von der Partie war. Das kam zum Glück häufig vor, was wohl daran lag, dass sie sich optisch gut ergänzten. Savanna hatte schwarze Haare und einen dunklen Teint, der ihre italienische Abstammung verriet. Phoebe dagegen war blond und hatte eine helle, beinahe weiße Haut. Eine Blondine und eine Schwarzhaarige gleichzeitig im Bett zu haben, schien der Traum vieler Männer zu sein.

Im Laufe der vergangenen anderthalb Jahre hatten sie bestimmt ein Dutzend Mal zusammengearbeitet und sich dabei angefreundet. Inzwischen unternahmen sie auch privat öfter etwas zusammen, gingen ins Kino, essen oder einfach in eine Bar. Phoebe war selbstbewusst, witzig und schlagfertig und damit so ganz anders als sie selbst, die eher schüchtern und zurückhaltend war. Wenn sie bei einem Kunden vor der Tür stand, musste sie wie eine Schauspielerin in die Rolle der Verführerin schlüpfen, um überhaupt ein Wort rauszukriegen. Die meisten Männer waren zum Glück nett zu ihr. Einige wenige jedoch waren echte Arschlöcher.

Bei Mister Staatsanwalt war sie sich noch nicht sicher, in welche Kategorie sie ihn einordnen sollte, tendierte aber zur zweiten. Mittendrin hatte er sie einmal so merkwürdig angeschaut. Irgendwie herablassend.

»Okay, jetzt passt alles«, verkündete Phoebe und verstaute ihre Utensilien in ihrem orangefarbenen Make-up-Täschchen, das sie stets mit sich führte. »Bist du bereit für Runde zwei, meine Liebe?«

Savanna verdrehte die Augen. »Ich glaube, ich mag den Kerl nicht.«

»Ich weiß, was du meinst. Das ist einer von denen, die glauben, sie wären etwas Besseres als wir. Jede Wette, dass es ihn antörnt, es mit zwei Frauen zu treiben, die in seinen Augen direkt aus der Gosse in sein schickes Apartment reingeschneit sind. Aber seine Dollars sind deshalb nicht weniger wert. Habe ich recht, oder habe ich recht?«

»Du hast recht«, antwortete sie und musste grinsen. Phoebe verstand es, die Dinge auf den Punkt zu bringen.

Sie zwinkerte ihr zu. »Gehen wir danach einen trinken?«

»Nur wenn er nicht noch eine dritte Runde will. Das schlaucht immer so.«

»Oder etwas Spezielles, weswegen ich danach nicht mehr auf einem Barhocker sitzen könnte.«

Diesmal konnte Savanna nicht verhindern, dass sie losprustete. Leise kichernd standen sie sich gegenüber und hielten sich dabei an den Schultern.

»Verdammt, was soll das?«

Schlagartig verstummten sie. Das war die Stimme von Mister Staatsanwalt gewesen. Im ersten Moment dachte Savanna, dass er ihr Gekicher mitbekommen hatte und sich darüber ärgerte, weil er – nicht zu Unrecht – glaubte, dass sie sich über ihn lustig machten. Dann hörte sie seine nächsten Worte.

»Nehmen Sie die Waffe runter, zum Teufel.«

Savanna erstarrte.

»Da ist jemand«, flüsterte Phoebe.

Mit zwei Schritten war Savanna an der nur angelehnten Tür zum Schlafzimmer. Mit angehaltenem Atem lugte sie durch den Spalt. Mister Staatsanwalt stand nackt und mit erhobenen Händen vor seinem riesigen, mit anthrazitfarbener Seide bezogenem Bett. Vor ihm hatte sich ein Mann in einem schwarzen Mantel aufgebaut und wandte ihr den Rücken zu. Seine Haare waren grau und kurz geschnitten.

Mister Staatsanwalt funkelte ihn wütend an. »Ich habe gesagt ...«

Der gedämpfte Knall schnitt ihm das Wort ab. Auf seiner Brust erschien ein roter Fleck. Als hätte ihm der Eindringling einen Schlag versetzt, wurde er zurückgeworfen und fiel rücklings aufs Bett. Savanna schlug die Hand vor den Mund.

Der Grauhaarige trat neben Mister Staatsanwalt. In der behandschuhten Hand hielt er eine schwarz glänzende Pistole mit einem langen, dicken Lauf. Ein Schalldämpfer, schoss es ihr durch den Kopf. Hatten die Killer in den Filmen nicht immer so ein Ding bei sich?

Aber das hier war kein Film.

Mister Staatsanwalt stieß röchelnde Geräusche aus, hob eine Hand und fuchtelte damit herum, als wollte er den Grauhaarigen abwehren. Der hob ungerührt die Pistole und richtete sie auf seine Stirn. Es knallte ein zweites Mal. Sein Körper zuckte noch einmal, dann lag er still.

»Was ist da los?«, flüsterte Phoebe hinter ihr.

Savanna hob eine Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. Der Grauhaarige hatte ihren Kunden ermordet. Und sie hatte alles gesehen. Wenn er sie entdeckte ...

Sie beobachtete, wie er in aller Ruhe den Schalldämpfer abschraubte und ihn samt der Waffe in seinem Mantel verschwinden ließ. Dabei ruhte sein Blick auf der Leiche, als wollte er sichergehen, dass sie nicht wieder zum Leben erwachte. Ihr fiel auf, dass an seinem linken Ohrläppchen ein Stück fehlte, als wäre es abgeschnitten worden. Dann wandte er sich zum Gehen – und hielt inne. Er ging auf die andere Seite des Betts, blieb am Kopfende stehen und griff nach etwas, das auf dem Kissen lag.

Savanna hatte das Gefühl, als hätte jemand einen Kübel mit Eiswasser über ihr ausgegossen. Der Killer hielt einen ihrer halterlosen schwarzen Strümpfe in der Hand. Mister Staatsanwalt hatte von ihnen verlangt, dass sie durch das Wohnzimmer ins Bad liefen, sich dort bis auf die Unterwäsche auszogen und im Schlafzimmer wieder herauskamen – wie Schauspielerinnen, die erst in die Garderobe gingen, um kurz darauf...

Erscheint lt. Verlag 10.1.2023
Reihe/Serie Jerry Cotton
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • Action Abenteuer • action romane • action thriller • action thriller deutsch • alfred-bekker • Bastei • bastei hefte • bastei heftromane • bastei romane • bastei romane hefte • Bestseller • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • erste fälle • Fall • gman • G-Man • Hamburg • Heft • Heftchen • Heftroman • heftromane bastei • Kindle • Krimi • Krimiautoren • Krimi deutsch • krimi ebook • Krimi kindle • Kriminalfälle • Kriminalgeschichte • Kriminalgeschichten • Kriminalroman • Kriminalromane • kriminalromane 2018 • kriminalromane deutsch • Krimi Reihe • Krimireihen • krimi romane • Krimis • krimis&thriller • krimis und thriller kindle • Krimi Urlaub • letzte fälle • martin-barkawitz • Polizeiroman • Romanheft • Roman-Heft • schwerste fälle • Serie • Soko-Hamburg • spannend • spannende Krimis • spannende Thriller • Spannungsroman • Stefan Wollschläger • Tatort • Terror • thomas-herzberg • Thriller • Wegner
ISBN-10 3-7517-4480-0 / 3751744800
ISBN-13 978-3-7517-4480-5 / 9783751744805
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