Zeelandgeheimnis (eBook)

Kriminalroman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
272 Seiten
Emons Verlag
978-3-98707-060-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Zeelandgeheimnis -  Martin Roos
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Verschwörung in Zeeland In Vlissingen sorgt ein Doppelmord für Schlagzeilen. Ein Verdächtiger ist schnell ausgemacht: der ehemalige Kapitän Jakob Bokma. Um sich zu entlasten, begibt er sich quer durch Zeeland auf Spurensuche - bis er auf einen zweifachen Mord aus den 1930er Jahren stößt, der frappierende Ähnlichkeit mit den aktuellen Vorkommnissen aufweist. Als er schließlich selbst in den Fokus der Täter gerät und seine Familie bedroht wird, muss Bokma bis zum Äußersten gehen und sich den Geistern seiner eigenen Vergangenheit stellen.

Martin Roos, Jahrgang 1967, wurde am Lehrstuhl für Allgemeine Rhetorik in Tübingen promoviert und arbeitete acht Jahre als Wirtschaftsredakteur für die Verlagsgruppe Handelsblatt. Heute ist er Autor, Journalist und Redenschreiber. Er hat an der Universiteit van Amsterdam studiert und später im Rahmen des deutsch-niederländischen Journalistenaustauschs in Amsterdam für die Tageszeitung »Het Parool« geschrieben. In Zeeland verbringt er seit seiner Geburt regelmäßig seine Ferien. www.martinroos-autor.de

Martin Roos, Jahrgang 1967, wurde am Lehrstuhl für Allgemeine Rhetorik in Tübingen promoviert und arbeitete acht Jahre als Wirtschaftsredakteur für die Verlagsgruppe Handelsblatt. Heute ist er Autor, Journalist und Redenschreiber. Er hat an der Universiteit van Amsterdam studiert und später im Rahmen des deutsch-niederländischen Journalistenaustauschs in Amsterdam für die Tageszeitung »Het Parool« geschrieben. In Zeeland verbringt er seit seiner Geburt regelmäßig seine Ferien. www.martinroos-autor.de

3

Bokmas Ferienhaus stand so hoch in den Dünen, dass es von der Landseite der Halbinsel Walcheren schon von Weitem zu sehen war. Es war ein kleines Backsteinhaus mit weißer Fassade. Es besaß eine Veranda aus Holz und ein spitzes Dach mit roten Ziegeln. Drum herum wucherten das Dünengras und der Strandroggen mit seinen graublauen Halmen. Einen angelegten Garten gab es nicht, auch keinen Zaun. Bokma mochte die geschleckten Gärten seiner Nachbarn unten im Dorf nicht, diese Miniparkanlagen mit ihren weißen, knirschenden Kieswegen, den penibel angelegten Beeten und knallgrünen Rasenflächen. Nutzloses Gras war das, dachte er, Gras, das man noch nicht mal rauchen konnte. Wiesen so tot wie Garageneinfahrten.

Vorne zum Weg neben dem weißen Flaggenmast hatte er zwei Pfosten in den Boden geschlagen und dazwischen ein kleines Holztörchen montiert, das nur dafür da war, dem dunkelgrünen Briefkasten eine Befestigung zu bieten. Das Meer war von hier aus nicht zu sehen, denn die dahinterliegenden Dünen türmten sich noch höher auf als die Düne, auf der sein Haus stand. Insgesamt waren es die höchsten in Zeeland. Bokma konnte aber von hier aus das Meer hören. Er liebte dies alles, das Spiel des Windes, die Abgeschiedenheit seiner Düne, das Rauschen der See.

Vor wenigen Minuten war er vom Strandgang mit Brioche zurückgekommen. Die Tonne war so schwer gewesen, dass er sie die Hälfte des rutschigen Fußweges über die Anhöhe rollen musste. Er hatte überlegt, sie gleich in sein Auto, einen alten beigefarbenen Renault, eine Fourgonnette von 1983, zu verfrachten. Wegen seiner großen Heckklappe war es leicht, schweres Gepäck in den Kastenwagen zu laden. Doch der Renault stand den Weg hinunter am Duinweg. Und Bokma hatte sich zu durchgefroren gefühlt, um weiterzugehen. Bei jedem Schritt spürte er, wie seine Füße in den nassen Gummistiefeln unangenehm rutschten und knirschten. So hatte er die Tonne zunächst einmal über die Veranda am Eingang des Hauses in die Küche gehievt. Erst da fiel ihm auf, dass er seit zwei Tagen nicht mehr abgewaschen hatte. Das Geschirr stapelte sich in dem altmodischen Spülstein. Er ließ die Sachen stehen und schob die Tonne hinter die Tiefkühltruhe.

Gerade als er sein Gesicht vom Salzwasser und die Hände vom Fischgeruch befreit hatte, klingelte es an der Tür. Er schlurfte zum Hauseingang und öffnete die Pforte nur einen Spaltbreit. Sofort schoss der Wind heulend herein. Als er die Haustür weiter aufmachte, sah er eine Frau in blauer Polizeiuniform, etwa einen Kopf kleiner als er. Den Schirm ihrer Kappe hatte sie weit ins Gesicht gezogen. Der dunkle Teint ihrer Haut glänzte vom Regen. An ihrem Hinterkopf ragte ein dunkler Zopf hervor. Die blaue Jacke, über die in Brusthöhe ein gelb leuchtender Streifen verlief, wirkte genauso durchnässt wie die blaue Hose. Auch ihre Stiefel tropften. Bokma fiel sofort die Leiterschnürung an den Schuhen auf. Er kannte diese Schnürung vom Militär.

»Hoi«, sagte er schließlich, »wie kann ich Ihnen helfen?«

Minderhout stellte sich kurz vor, fragte anschließend nach Bokmas Namen und bat angesichts des schlechten Wetters, doch endlich eintreten zu dürfen. Brioche schnüffelte neugierig an ihren Stiefeln. Bokma zog den Hund zurück und ließ die Polizistin herein. Es gefiel ihm nicht, wie sie ihn und seine Sachen observierte, seine nassen Schuhe, die in der Diele standen, seine seewasserdurchtränkte Hose, an der sich bereits einige Salzlinien abzeichneten, den Schweiß, der sich an den Ärmeln seines Hemdes fleckig ausgebreitet hatte, seine Haare, die nass und fransig an seiner Stirn klebten.

Mit einem unmerklichen Lächeln sagte sie schließlich: »’t Is stille waer as ’t nie waoit.«

Bokma verstand nicht viel Zeeländisch. Wo es nicht weht, da ist es still, musste es wohl bedeutet haben. Er war im Norden der Niederlande groß geworden und hatte mit dem südlichen, weichen Dialekt der Zeeländer seine Mühe.

»Ja, ja«, erwiderte er knapp, »das Wetter.«

»Keine Sorge«, antwortete sie prompt, »ich kann gar kein richtiges Zeeländisch. Da ist mein Papiamentu schon noch besser.« Sie grinste, dass ihre weißen Zähne blitzten. Papiamentu war eine Mischung aus Portugiesisch, Spanisch und Niederländisch und die Sprache der Einheimischen auf Curaçao.

Bokma schaute sie überrascht an, lächelte etwas verkrampft und bat sie in die Wohnkammer. Sie war geräumig und hell. Ein breites beigefarbenes Sofa mit großzügigen Polstern und einigen braun-weiß gefleckten Kuhfellkissen stand neben zwei seegrünen Loungesesseln. Dahinter ein Schränkchen. Einen Fernseher gab es nicht. Geräusche durchzogen das Haus, ein Knacken in den Heizungsrohren, ein Rumpeln vom Kühlschrank, ein Rauschen im Kessel. Im offenen Kamin lagen noch ein paar verkohlte Holzscheite vom Vortag. Daneben links an der Wand hingen einige Barometer, Polymeter, Thermohygroskope und Kompasse in Holzgehäusen in scheinbar zufälliger Anordnung. Rechts ergänzten verschiedene Schiffschronometer, manche aus Messing, andere verchromt, manche mit Bullaugenuhrengehäuse und einige im flachen Holzrahmen, Bokmas nautische Sammlung. Direkt gegenüber hing an der glatt verputzten weißen Wand nur ein einziges, sehr großes Gemälde. Es zeigte die Seeschlacht von Michiel de Ruyter, dem zeeländischen Admiral und Nationalhelden, gegen die Flotte des Grafen Jean d’Estrées. De Ruyter, ein geborener Vlissinger, bezwang 1673 die französischen und englischen Schiffe vor der Insel Texel. Seine Kämpfe waren als die Seeschlacht von Kijkduin in die Geschichte eingegangen.

Minderhout schritt an dem Gemälde vorbei, als ob sie dem Admiral noch einmal ein Defilee bieten wollte, ging auf das große und breite Erkerfenster zu, das den Raum zur anderen Seite abrundete, und starrte hinaus. Draußen zerrten immer noch heftige Böen an den Bäumen. An klaren Tagen konnte man von hier aus bis weit ins Land zum Langen Jan, dem alten Abteiturm von Middelburg, blicken. Jetzt liefen am Himmel dunkle Wolken um die Wette, der Regen prasselte ans Fenster, und der Wind zog und drückte zugleich an den Scheiben. Der Sturm hatte seinen Höhepunkt noch nicht erreicht. Minderhout drehte sich zur Seite. Im Erker stand ein wuchtiger Sekretär aus hellem Mahagoni mit vier Schubladen in jedem Sockel. Davor ein Dreiecksstuhl. Die Schreibtischplatte war mit blauem Filz bezogen. Auf ihr lagen einige ausgerollte Seekarten, eine Marinelupe mit langem Griff, zwei Zirkel, ein Lineal und verschiedene Bleistifte. Neben der Lampe stand zudem ein Metronom, ein Wittner Taktell, rubinrot, geöffnet. Minderhout nahm die Lupe in die Hand und prüfte sie, indem sie sie über die Karten hielt und durch sie hindurchschaute. Dann fragte sie: »Sind Sie Navigator?«

»War ich mal«, erklärte Bokma immer noch kurz angebunden. Als Minderhout ihn fragend anschaute, ergänzte er schließlich: »Heute bin ich Kartograf.«

Links vom Schreibtisch befand sich ein schmaler und nicht allzu hoher Bücherschrank. Er war mit Nachschlagewerken über Steuermannskunst und Seefahrt in verschiedenen Sprachen, mit Naturkundebüchern, Atlanten und Sondereditionen über die Kartierung von Inseln und künstlichen Archipelen gefüllt. Besonders die Folianten über die niederländische und belgische Kunst der Kartografie stachen mit ihren breiten und hohen Buchrücken heraus, darunter Neudrucke alter Werke von Abraham Ortelius, Gerhard Mercator, Jodocus Hondius oder Jacob de Bucquoy.

»Das hier«, er holte ein dickes gebundenes Exemplar hervor, »ist ein Buch von mir.« Er hielt es Minderhout hin.

Sie nahm es entgegen. Es trug den Titel »Die Macht der Karten«. Schweigend blätterte sie in den farbigen Seiten. Es waren vor allem Seekarten von Joan Blaeu zu sehen, dem Kartografen der Niederländischen Ostindien-Kompanie. Die Karten zeigten Zeeland als eine noch nicht miteinander verbundene Gruppe von Inseln. Schließlich hob sie den Kopf und schaute Bokma mit gewisser Wertschätzung an.

»Mooi«, sagte sie, was so viel wie »schön« bedeutete.

»Danke«, erwiderte Bokma, »aber fürs Komplimentemachen sind Sie wohl kaum gekommen. Was wollen Sie?«

Minderhout räusperte sich. »Kommissar Polderman schickt mich.«

»Polderman?« Bokmas Gesicht zog sich mürrisch zusammen.

Der Kommissar war für ihn kein Unbekannter. Gleich bei seinen ersten Einsätzen für die Fahrten der Olau Line vor dreißig Jahren war er ihm begegnet. Bokma fuhr als junger Offizier auf den Fährschiffen Olau Hollandia und Olau Britannia die Vlissingen-Sheerness-Route. Polderman arbeitete damals noch für die Zollabfertigung und führte sich ziemlich wichtig auf. Bokma konnte ihn deswegen nicht leiden, und sie hatten viel Streit. Zudem hatte er Polderman stets im Verdacht, mit Schmugglern zusammenzuarbeiten, statt sie zu bekämpfen.

»Was will er von mir?«

Minderhout zögerte. Sie schien wieder nach der richtigen Formulierung zu suchen. »Wir haben das Ehepaar de Geer heute Morgen tot in ihrem Café aufgefunden.«

Bokma starrte sie an. »Wer ist tot?«

»Bram und Fenna de Geer.«

Er setzte sich. Immer wenn er in Zeeland war, besuchte er das Café Tramhalte. Bram war kein Freund von ihm, aber er kannte ihn so gut, dass er in ordentlichem Ausmaß mit ihm trinken konnte. Bram galt als schwieriger Typ, er war ein Draufgänger, ein ehemaliger Soldat, der in Afghanistan gekämpft hatte, ein Raubein und eben gelegentlicher Säufer, der schnell zuschlagen konnte. Doch Bokma mochte ihn, weil er mit ihm seine Leidenschaft für alte Seekarten teilen konnte. In früheren Zeiten wäre Bram wahrscheinlich Schatzsucher oder auch Pirat geworden.

»Wie? Tot?«, fragte er schließlich.

»Sehr tot«, erklärte Minderhout trocken....

Erscheint lt. Verlag 20.4.2023
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Cozy • Doppelmord • Drogen • Gesellschaftskrimi • Holland • Krimi mit Humor • Leichte Lektüre • Mord • Organisiertes Verbrechen • Spannung • Strand und Meer • Zeeland • Zweiter Weltkrieg
ISBN-10 3-98707-060-9 / 3987070609
ISBN-13 978-3-98707-060-0 / 9783987070600
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