Sommervögel (eBook)
270 Seiten
MAXIMUM Verlag
978-3-948346-98-0 (ISBN)
Barbara Schinko wurde 1980 in einer österreichischen Kleinstadt geboren, wo sie zwischen Bücherbergen aufwuchs. Nach ihrer Schulzeit studierte sie unter anderem in Prag internationale Wirtschaftsbeziehungen, lebte mehrere Monate in Irland und reiste mit dem Wohnmobil durch die USA. Als Autorin verfasst sie Liebesromane für jugendliche Leser und Erwachsene sowie Kinder- und Jugendbücher. Zahlreiche ihrer Romane erschienen in Übersetzungen. Darüber hinaus veröffentlicht sie in Zeitschriften und Anthologien und engagiert sich in der Kulturvermittlung an Kinder und Jugendliche. Ihre bisherigen Bücher wurden mit mehreren Preisen ausgezeichnet, etwa ihr Jugendbuch 'Schneeflockensommer' mit dem Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis sowie mit dem Kinder- und Jugendbuchpreis der Stadt Wien. In 'Sommervögel', dem neuen Roman für ihre New-Adult-Leserinnen, schreibt sie über das Gefühl des Erwachsenwerdens und der Freiheit, das Setzen großer Ziele und darüber, wie ein einziger Roadtrip alles verändern kann.
Barbara Schinko wurde 1980 in einer österreichischen Kleinstadt geboren, wo sie zwischen Bücherbergen aufwuchs. Nach ihrer Schulzeit studierte sie unter anderem in Prag internationale Wirtschaftsbeziehungen, lebte mehrere Monate in Irland und reiste mit dem Wohnmobil durch die USA. Als Autorin verfasst sie Liebesromane für jugendliche Leser und Erwachsene sowie Kinder- und Jugendbücher. Zahlreiche ihrer Romane erschienen in Übersetzungen. Darüber hinaus veröffentlicht sie in Zeitschriften und Anthologien und engagiert sich in der Kulturvermittlung an Kinder und Jugendliche. Ihre bisherigen Bücher wurden mit mehreren Preisen ausgezeichnet, etwa ihr Jugendbuch "Schneeflockensommer" mit dem Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis sowie mit dem Kinder- und Jugendbuchpreis der Stadt Wien. In "Sommervögel", dem neuen Roman für ihre New-Adult-Leserinnen, schreibt sie über das Gefühl des Erwachsenwerdens und der Freiheit, das Setzen großer Ziele und darüber, wie ein einziger Roadtrip alles verändern kann.
Kapitel 1
Wir wollten also zum Cricket Sounds Festival auf Juist. Ich bleibe jetzt einfach dabei, bevor ich noch länger an diesem einen Satz festhänge. Anfänge sind schwierig. Es gibt zu viele Möglichkeiten. Traust du dich, die beiden Jungs in dem uralten dunkelblauen Mercedes an der Tankstelle anzusprechen? Was, wenn du es nicht getan hättest? Wie wäre dein Leben dann verlaufen? Enden sind einfacher. Also nicht, dass sie sich immer so toll anfühlen, aber du hast meistens keine andere Wahl. Darum heißt es „endgültig“. Ist ja nicht so, als hätten wir auf ewig in dem Haus von Jonas totem Opa bleiben können. Auch wenn das schön gewesen wäre. Wenigstens eine Zeit lang. Bis Jonas Tante aufgekreuzt und ausgeflippt wäre, wenn sie uns vier dort vorgefunden hätte, vor allem Sanne. Ganz zu schweigen von unseren Eltern, der Schule, der Lübeck-Sache, Melas Laufteam und ihren zehntausend Wohltätigkeitsprojekten und, und, und. Aber ich will jetzt nicht vom Ende erzählen, sondern vom Anfang. Und Sanne sagt sowieso, endgültig ist gar nichts. Ich hoffe sehr, dass er da nicht lügt.
Wo war ich? Noch immer beim ersten Satz. „Ist ja typisch, Fern“, könnte Mela jetzt zu mir sagen. „Du hast noch nicht mal richtig losgelegt und dich schon verzettelt. Ihr kreativen Typen, ihr.“ Sie würde dabei lächeln. Auch vorher hätte sie gelächelt, weil sie mich mag, aber ganz besonders jetzt nach diesen paar Tagen würde sie lächeln. Bloß gehört das auch zum Ende und kommt später, und ich fange jetzt von vorne an. Ich werde ganz linear vorgehen und mich nicht verzetteln. Zielstrebig und organisiert, das bin ich. Die neue Fern.
Ich heiße nämlich Ferney, kurz Fern. Wie das Mädchen aus dem Kinderbuch Wilbur und Charlotte. Wilbur ist ein Schweinchen und Charlotte die Spinne, die auf seinem Bauernhof lebt. Fern ist die Tochter des Bauern. Meine Mutter hat das Buch als Kind unendlich geliebt. Ich glaube, sie war beim Vorlesen enttäuscht, dass ich es nicht so toll fand wie sie.
Wir, das heißt meine beste Freundin Mela und ich, wollten also von unserem Heimatstädtchen in Österreich an der Grenze zu Bayern auf die Nordseeinsel Juist fahren. Zum Cricket Sounds wie gesagt, dem Festival für Indie-Musik. Wobei – das braucht man eigentlich gar nicht zu betonen. Ich glaube nicht, dass irgendwer aus irgendeinem anderen Grund an die Nordsee fährt, wenigstens niemand, der unter achtzig ist. Die haben dort noch so Strandkörbe mit blau-weiß gestreiften Markisen wie in alten Filmen. Mela und ich waren gerade siebzehn geworden, ihr Geburtstag ist drei Tage vor meinem. Es war Anfang Juli, und wir ließen wegen der Juist-Sache sogar die Woche Cluburlaub in der Türkei sausen, die unsere anderen Mitschülerinnen alle gebucht hatten.
Mela wohnt in derselben Siedlung wie ich. Sie ist seit dem Kindergarten meine beste Freundin und eine Miss Perfect. Ich meine das ganz unironisch. Zielstrebig, diszipliniert, ausdauernd, ehrgeizig, so würden alle, die sie kennen, Mela beschreiben. Superhübsch ist sie auch noch, groß und dünn. Sie isst genauso viel wie ich, macht aber mehr Sport und hat einen Wahnsinns-Metabolismus. Ihre aschblonden Locken bekommen im Sommer helle Strähnchen, sodass man meinen könnte, sie würde jede Woche beim Friseur hocken. „Von der Sonne geküsst“, sagt Melas Mam.
Ich sehe weniger spektakulär aus. Durchschnittlich groß und durchschnittlich dünn mit durchschnittlich langen, dunkelbraunen Haaren, braunen Augen und einem spitzen Kinn. Das Wort, mit dem mich die meisten Leute beschreiben würden, ist vermutlich vorwitzig oder frech. Dabei bin ich doch nett! Bloß erwecke ich, wenn ich mich konzentriere, scheinbar den Eindruck, ich würde irgendwelche Streiche aushecken. Andere Mädchen machen unbewusst ein Zickengesicht. Ich mache anscheinend unbewusst ein Clownsgesicht.
Wir standen in der Halle eines Dorfbahnhofs. Mela trommelte mit dem Zeigefinger der Hand, die nicht das Handy hielt, auf ihrem Oberschenkel und sagte gerade: „Könnten Sie das bitte für mich prüfen? Vielen Dank!“ Sie trug ein graues Sweatshirt, der Ausschnitt reichte über die linke Schulter. Ein Träger ihres knallpinken BHs lugte daraus hervor. Ihre langen Haare waren am Hinterkopf zu einem lockeren Knoten gefasst. Knappe Jeansshorts, eine pink-schwarz gestreifte Sonnenbrille, ein silbernes Halskettchen und Ohrstecker in der Form von Gitarren rundeten den Look ab. Müheloser Chic war schon immer Melas Stil gewesen.
Sie wandte sich mir zu. Ihre Lippen formten das Wort „Warteschleife“. Genervt verdrehte sie die Augen und wippte mit dem Bein, an dem ihr vollgestopfter Trekkingrucksack lehnte. Der schwankte. Hastig beugte ich mich vor, um ihn zu stabilisieren.
Wie es schien, hingen wir hier fest. In Reede-was-weiß-ich, irgend so ein komischer ostfriesischer Doppelname. Endstation. Wenigstens für uns. Mela telefonierte gerade mit der Hotline des nächsten Flughafens, weil das Festival wie gesagt auf Juist stattfand, einer Insel. Wenn wir es nicht bis nach Norddeich zur Fähre schafften, bliebe uns bloß, zu fliegen. Oder ein Fischerboot zu klauen und rüberzuschippern, aber das war keine echte Alternative.
Dabei hatte Mela unsere Anreise bis ins Detail geplant. Mit dem Zug zwei Mal umsteigen, Ankunft am späten Donnerstagnachmittag. Ein gutes Plätzchen zum Campieren finden, Zelt aufbauen, schlafen. Gleich morgen früh um neun würden nämlich Valby das Festival eröffnen. Vier Jungs aus dem Stadtteil von Kopenhagen, der ihrer Band den Namen gab. Mela war der absolute Superfan, und ihre Begeisterung wirkte so ansteckend, dass ich alle Songs des bisher einzigen Valby-Albums in- und auswendig kannte und sogar schon nachts geträumt hatte, der Sänger Magnus würde wie im „Lights Out“-Video mit uns beiden den spiralförmigen Turm der Erlöserkirche besteigen.
Aber damit wir am Freitag auf die Jagd nach Valby-Autogrammen und einem Selfie mit Magnus oder mit dem Gitarristen Carl Frederik gehen konnten, mussten wir es erst mal bis zum Konzertgelände schaffen. Kurz hinter Oldenburg hatte uns ein Bahnstreik erwischt. Unser Zug war mitten auf der Strecke stehen geblieben, und wir hatten noch am Bahnsteig erfahren, dass der letzte Shuttlebus in Richtung Küste in einer Minute fahren würde. In absoluter Torschlusspanik hatten wir uns und unsere Rucksäcke in das überfüllte Vehikel gezwängt. Mela, eingequetscht zwischen mir und einer Stange, hatte die ganze Fahrt über auf ihrem Handy rumgetippt, weil sie gehofft hatte, dass wir in Reede-was-weiß-ich einen Anschlussbus nach Norddeich bekämen.
„Klingt Reede-was-weiß-ich nach einem Ort, von dem Busse wegfahren?“, hatte ich eingewandt. Und fürs Erste recht behalten. Leider.
Mela sagte: „Danke für Ihre Mühe“ und legte auf. Sie schaute mich an. „Tausendsechshundertvierunddreißig Euro“, stieß sie hervor. „So viel kostet der Flug.“
Ich pfiff durch die Zähne. Achthundert-plus Euro für jede? Mela hatte zwar gemeint, die Bahn würde uns einen Teil des Betrags für die Tickets rückerstatten. Trotzdem wäre der Saldo meines Für-nach-der-Schule-Kontos damit schlagartig auf null.
„Pro Nase“, ergänzte Mela. „Plus die Taxikosten zum Flughafen.“ Und damit war die Sache für mich gegessen. Taxifahren wäre vermutlich noch teurer als fliegen.
„Was machen wir jetzt?“
„Keine Ahnung.“ Sie kaute auf einer aschblonden Strähne. „Loslatschen? Oder wir finden einen Hobbyflugplatz und bestechen irgendeinen Amateurpiloten, damit er uns rüberfliegt und mit dem Fallschirm abspringen lässt. Egal wie, ich will morgen um neun mit meinem neuen T-Shirt in der ersten Reihe stehen.“
Ich sah mich hoffnungsvoll um, ob irgendwo auf magische Weise ein Schild Zum Hobbyflugplatz aufgetaucht wäre, aber natürlich gab es keines. Die Bahnhofshalle war winzig. Zwei geschlossene Schalter, Zettel daran verwiesen auf den
Ticketautomaten. Ein Kiosk mit Zeitungsständern und einer ältlichen Verkäuferin, die hinter der Theke strickte. Ein Imbiss. Von dort roch es nach Kebab und Pizza. Die anderen Reisenden hatten sich längst vertschüsst, und bis auf die Strickoma und einen Jungen im weißen Hemd, der am Imbiss stand und rauchte, schien hier auch niemand zu arbeiten.
„Gehen wir raus“, schlug ich vor. Vielleicht fänden wir dort was, das uns helfen würde. Eine Wunderlampe inklusive Dschinn zum Beispiel. Oder einen verlorenen Tippschein mit einem Lottosechser.
Wir schulterten unser Gepäck. Eine ziemliche Prozedur, weil man fürs Camping im Nirgendwo, auch wenn es nur drei Tage sind, unglaublich viel Zeug braucht. Mein Rucksack kam mit der daran geschnallten Matte und dem Schlafsack auf siebzehn Kilo. Melas sogar auf ein bisschen mehr, sie hatte das Zelt.
Beladen wie zwei Packeselinnen trotteten wir zum Parkplatz, auf dem uns vorhin der Shuttlebus ausgespuckt hatte. Der Himmel war blau. Weiße Wölkchen zogen über ihn wie die Geister von Schafen. Trotzdem brannte die Sonne auf uns herab, sobald wir den überdachten Eingangsbereich verließen. Ungefähr so musste es sich anfühlen, in einen Backofen zu steigen.
Ich setzte den Rucksack ab, fasste meine Haare zu einem losen Pferdeschwanz zusammen und fächelte mir damit Luft zu. Mein Blick fiel auf zwei geparkte Autos. Vermutlich gehörte eines der Strickoma, das andere dem Imbissbuden-Raucher. Neben mir fädelte Mela die linke Hand unter den rechten Rucksackträger und massierte sich die Schulter. Ich wünschte mir, ich wäre so leicht angezogen wie sie. Die Löcher an den Knien meiner schwarzen Skinny-Jeans sorgten wenigstens für...
Erscheint lt. Verlag | 23.6.2023 |
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Verlagsort | Langwedel |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | bully romance • Erste Liebe • Erwachsen werden • Erwachsenwerden • Gefühle • Jugendbuch • Leserin • Liebe • Liebesgeschichte • Liebesroman • Lieblingsroman • Love • opposites attract • Ostfriesland • Romantik • Sehnsucht • Slow Burn • Sommerliebe • Urlaub • Urlaubsgefühl • Urlaubsliebe • Young Adult |
ISBN-10 | 3-948346-98-4 / 3948346984 |
ISBN-13 | 978-3-948346-98-0 / 9783948346980 |
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