Wunder gibt es immer wieder (eBook)

Roman Der Auftakt der großen neuen Saga!

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023
544 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-29020-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wunder gibt es immer wieder - Beate Sauer
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Die Geschichte einer deutschen Familie, eines Mediums, das alles verändert, und einer Generation furchtloser Frauen
1953 bezaubert die Krönungszeremonie von Elizabeth II. die Menschen vor den Fernsehbildschirmen. Das neue Medium bietet einen Blick in die große weite Welt, wie es ihn nie zuvor gegeben hat. Auch die siebzehnjährige Eva Vordemfelde ist begeistert von der jungen Königin, von der frischen Brise einer neuen Zeit und der Aussicht auf ein aufregendes, unabhängiges Leben. Ihrem Vater passen diese Ambitionen überhaupt nicht. Ein junges Mädchen gehört nach Hause. Als Eva sich auch noch in den unkonventionellen Journalisten Paul verliebt, setzt ihr Vater alles daran, seine Tochter den konservativen Regeln zu unterwerfen, die er für richtig hält. Doch Eva lässt sich nicht unterkriegen. Und als sie die unglaubliche Chance erhält, bei der Kostümbildnerin der »Sissi«-Filme zu lernen, setzt sie alles daran, ihren Traum Wirklichkeit werden zu lassen.

Beate Sauer wurde 1966 in Aschaffenburg geboren. Sie studierte Philosophie und katholische Theologie in Würzburg und Frankfurt am Main. Sie lebt und arbeitet als freie Autorin in Bonn.

Prolog

2. Juni 1953

»Verdammt, verdammt, verdammt!« Eva schleuderte das Kopfkissen an die Wand des Hotelzimmers. Sie war nahe daran, vor Zorn und Enttäuschung mit dem Fuß aufzustampfen. Einzig ihr Alter von siebzehn Jahren hielt sie davon ab. Sie war kein Kind mehr, auch wenn ihr Vater sie wie eines behandelte und einfach über sie bestimmte.

Sie hatte sich so sehr auf die Zeit mit ihrer Cousine Margit gefreut. Eigentlich war es mit ihren Eltern abgesprochen gewesen, dass sie von dem kleinen Ort an der Bergstraße, wo sie gerade mit ihrer Familie in den Ferien war, für ein paar Tage zu ihrer Cousine nach Frankfurt reiste. Eigentlich …

Aber daraus wurde nichts, weil ihr Vater bei einem zufälligen Anruf in der Zeitung erfahren hatte, dass sein neuer Chefredakteur alle Redaktionsmitglieder samt ihren Familien für das kommende Wochenende zu einer Gartenparty an den Starnberger See einlud. Und wegen dieser paar Stunden wollte ihr Vater unbedingt vorzeitig nach München zurückkehren, und sie – Eva – musste auf die Tage in Frankfurt verzichten. Als ob es den Chefredakteur im Geringsten interessierte, ob sie mit zu dem Fest kam oder nicht.

Ihr Vater hatte sich jedoch in den Kopf gesetzt, mit der ganzen Familie dort zu erscheinen, und wie immer hatte sich alles seinen Wünschen unterzuordnen. Eva schluckte schwer. Es war so bitter, dass ihre Mutter dies klaglos gutgeheißen und sich überhaupt nicht für sie eingesetzt hatte. Nur einen um Verständnis bittenden Blick hatte sie ihr zugeworfen. Wie immer. Wenn sie unter vier Augen waren, würde sie ihr bestimmt wieder einmal sagen, wie sehr Evas Vater sich wünschte, Karriere bei der Zeitung zu machen und dass diese Party eine wunderbare Gelegenheit sei, sich mit dem neuen Chefredakteur des Münchner Abend gutzustellen. Eva wollte das nicht mehr hören. Sie könne Margit doch ein anderes Mal besuchen, hatte ihre Mutter sie zu trösten versucht.

Eva ließ sich auf das Bett sinken und starrte unglücklich vor sich hin. Es ging nicht nur um die unbeschwerte Zeit mit Margit, die Einkaufsbummel und Kinobesuche und die Stunden in schönen Cafés die vertrauten Gespräche und das Kichern über irgendwelchen Unsinn. All das, was sie den Vater und ihre ungeliebte Arbeit als Sekretärin einmal vergessen ließ. Da war auch noch jenes Fest, zu dem Margit sie mitbringen durfte. Dem hatte sie so sehr entgegengefiebert. Es war der Kostümball, mit dem eine Freundin der Cousine ihren Geburtstag feierte.

Margit hatte ihr von dem Anwesen vorgeschwärmt. Eine Villa mit Erkern und Türmchen, in einem verwunschenen, parkartigen Garten im Taunus gelegen. Lampions würden in den alten Bäumen hängen, und ganz bestimmt würde es Champagner geben.

Allein das Ambiente war schon so verheißungsvoll. Aber am meisten hatte sich Eva darauf gefreut, ihr Kostüm vorführen zu dürfen. Wochenlang hatte sie überlegt, Entwürfe gezeichnet und sie wieder verworfen, in jeder freien Minute bei ihrer Arbeit hatte sie davon geträumt. In der Mittagspause war sie oft durch die Geschäfte in der Münchner Innenstadt geschlendert und hatte nach den passenden Stoffen gesucht.

Eva konnte nicht widerstehen. Mit einem dicken Kloß im Hals stand sie auf, trat an den Kleiderschrank und nahm das Kostüm heraus. Sehnsüchtig strich sie darüber. Die dunkelrote Seide des Oberteils mit den Puffärmeln und der breiten Schärpe fühlte sich angenehm kühl unter ihren zartgliedrigen Händen an und der weiße, rot getupfte Musselin des bodenlangen Rocks federleicht. Für die Stoffe hatte sie einen halben Monatslohn aufwenden müssen, und das Kostüm zu schneidern hatte sie, obwohl sie wirklich gut nähen konnte, an ihre Grenzen gebracht. Doch es war wunderschön geworden.

Als Eva das Kostüm wieder in den Schrank hängte und die Tür schloss, schossen ihr Tränen der Enttäuschung in die Augen. Sie hatte schon öfter Kleider für sich entworfen, aber nie hatte sie das so glücklich gemacht, wie dieses Kostüm zu zeichnen und zu nähen. Sie verstand selbst nicht, warum es so war.

Die Stimmen ihrer Zwillingsschwestern draußen auf dem Flur schreckten Eva auf, und sie blinzelte die Tränen energisch weg. Die beiden sollten nicht sehen, dass sie geweint hatte. Gleich darauf stürmten sie in ihr Zimmer. Sie wussten nichts von der Auseinandersetzung Evas mit dem Vater. Als es geschah, spielten sie fröhlich im Garten des Hotels.

»Eva, Eva, komm mit …« Franzi fasste sie an der Hand und Lilly baute sich aufgeregt vor ihr auf. »Papa und Mama sind schon im Saal. Gleich wird die Krönung der Kwehn im Fernsehen gezeigt. Wir wollen das doch alle zusammen sehen.« Die Achtjährige hatte sich die korrekte Aussprache von Queen nicht gemerkt. Eva musste unwillkürlich lächeln.

Über ihrem Ärger und ihrer Enttäuschung hatte sie völlig vergessen, dass das Hotel einen der teuren neuen Fernsehapparate besaß. So genossen die Gäste das Privileg, die Übertragung der Krönungszeremonie zeitgleich mitverfolgen zu können. Das war nur im Nordwesten Deutschlands und in einem Teil von Hessen möglich, was mit der Reichweite von irgendwelchen Funkwellen zusammenhing. Ihr Vater hatte es erklärt, aber Eva hatte sich die Gründe nicht gemerkt. Sie hatte sich auf das epochale Ereignis und auf beeindruckende Bilder gefreut. Durch den Streit mit ihrem Vater war ihr jede Lust vergangen.

»Ich hab’s mir anders überlegt.« Sie zuckte mit den Schultern. »Die Zeremonie interessiert mich überhaupt nicht. Ich lese lieber was.«

»Aber Eva …« Die Gesichter der kleinen Schwestern spiegelten maßlose Enttäuschung.

»Du hast uns doch versprochen, für unsere Papierpuppen ein Königinnenkleid zu malen«, protestierte Franzi.

»Ja, das hast du!«, bekräftigte Lilly, um ihren Mund zuckte es weinerlich.

Eva wollte erwidern, dass sie so ein festliches Kleid auch malen konnte, ohne die Krönung im Fernsehen verfolgt zu haben. Aber dann bremste sie sich. Sie hatte die Zeremonie wirklich sehen wollen. Sollte sie sich auch dieses Vergnügen von ihrem Vater verderben lassen? Nein, das würde sie nicht.

»Gut, ich komme mit«, gab sie nach.

»Und nach der Krönung malst du uns das Kleid?« Franzi sah sie erwartungsvoll an.

»Das kann ich noch nicht versprechen.« Eva zauste ihr zärtlich durchs Haar. »Vielleicht mache ich es auch erst morgen.« Sie musste ihrer Cousine unbedingt einen Brief schreiben, dass sie nicht kommen konnte, und ihr das Herz ausschütten.

Franzi gab sich mit dieser Antwort zufrieden, und die beiden Schwestern rannten vor Eva her, den Flur entlang und dann die Treppe hinunter. An der Tür des Saals blieb Eva stehen. Fünfzig Menschen hatten sich dort bestimmt schon versammelt. Auf dem Podium an der Stirnseite stand der Fernsehapparat. Er hatte Ähnlichkeit mit einer Kommode, in die eine Art Scheibe eingelassen war, der Bildschirm.

Von den hinteren Tischen konnte man gewiss nicht viel sehen. Ihr Vater hatte für sie alle einen direkt vor dem Fernseher ergattert. Ob im Restaurant, Kino oder Theater, er bekam eigentlich immer die besten Plätze. Auch wenn Eva nie so recht verstand, wie er das schaffte. Vielleicht, weil er einfach der felsenfesten Überzeugung war, dass ihm das zustand.

Für einige Augenblicke betrachtete Eva ihre Familie aus der Ferne, wie Fremde. Ihre Eltern waren das, was man ein »schönes Paar« nannte. Ihr Vater, Axel Vordemfelde, legte die Arme um ihre kleinen Schwestern, sagte etwas zu ihnen, und die beiden strahlten ihn an. Mit Mitte vierzig war er immer noch ein attraktiver Mann, er hatte ein ausdrucksvolles Gesicht, das man mit seinem kräftigen Kinn und den markanten Wangenknochen ein paar Jahre zuvor noch als »nordisch« bezeichnet hätte. Nur war er dunkelhaarig und nicht blond. Das Haar ihrer Mutter Annemie, ihren richtigen Namen Annemarie verwendete kaum jemand, schimmerte dagegen hell. Fast zehn Jahre jünger als Evas Vater, war sie zierlich und schlank, und ihr schönes Gesicht mit den großen blauen Augen erinnerte Eva wieder einmal an eine Elfe.

Lilly sah ihr sehr ähnlich, während Franzi und sie selbst mehr ihrem Vater glichen. Nur die blauen Augen hatte Eva von der Mutter geerbt. Trotz ihres zarten Aussehens hatte sich ihre Mutter im Krieg und in den schwierigen Jahren danach behauptet. Als Hilfskrankenschwester, Köchin und selbst als Straßenbahnschaffnerin hatte sie geschuftet, um ihre Töchter und sich durchzubringen. Und das, obwohl sie aus einer großbürgerlichen Familie stammte und nie für ihren Lebensunterhalt hatte arbeiten müssen. Wenn Eva ihre Mutter Mutter beim Hamstern ins Münchner Umland begleitet hatte, hatte sie mit den Bauern hart um jede Kartoffel und jedes Stück Brot gefeilscht. Damals war sie so mutig und stark. Eva war stolz auf ihre Mutter gewesen.

Seit ihr Vater vor drei Jahren aus der russischen Kriegsgefangenschaft nach Hause zurückgekehrt war, hatte die Mutter ihre Selbstständigkeit jedoch wieder verloren – fast wie ein Schmetterling, der sich in eine Raupe zurückverwandelt hatte. Sie sah zu ihrem Gatten auf und beugte sich selbstverständlich seinem Willen, so wie Eva es auch bei vielen Müttern ihrer Freundinnen beobachtet hatte. Ob das auch einmal ihr Schicksal sein würde, sich als Ehefrau ganz aufzugeben? Der Gedanke erschreckte Eva.

Ein Kellner trat an ihren Tisch, und Axel Vordemfelde gab seine Bestellung auf. Ihre Mutter bemerkte Eva und winkte ihr zu. War ihr Gesichtsausdruck ein wenig schuldbewusst, weil sie sie vorhin überhaupt nicht unterstützt hatte? Eva schluckte ihren Groll hinunter, trotz allem liebte sie ihre Mutter sehr.

Oben auf dem Podium machte sich der Hotelbesitzer an dem...

Erscheint lt. Verlag 1.6.2023
Reihe/Serie Die Fernsehschwestern
Die Fernsehschwestern
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte 2023 • Anne Gesthuysen • Aufbruch • Carmen Korn • Deutsche Geschichte • eBooks • Emanzipation • Familiensaga • Fernsehfrauen • Frauenromane • Fünfzigerjahre • Gisa Pauly • Große Gefühle • Historische Romane • Liebesromane • München • neue Bücher 2023 • Neuerscheinung • Romane für Frauen • Sissi • Starke Frauen • Stephanie Schuster • Wirtschaftswunder
ISBN-10 3-641-29020-1 / 3641290201
ISBN-13 978-3-641-29020-7 / 9783641290207
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