Der Ruf des Wiedehopfs -  Magda Weinrother

Der Ruf des Wiedehopfs (eBook)

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2022 | 1. Auflage
Buchschmiede von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99139-640-6 (ISBN)
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Anna, eine promovierte Biologin, kümmert sich in der Umweltprüfung eines Energiekonzerns leidenschaftlich um die Einhaltung der Umweltstandards. Als ein geplanter Windpark, die letzten lokalen Brutplätze des Wiedehopfs zu vernichten droht, unterstützt Anna die Seite der Tierschützer und versucht die Geschäftsleitung umzustimmen. Unverblümt versucht man sie mundtot zu machen. Mehr noch: Im Konzern scheint es Kräfte zu geben, die sie nicht besiegen kann... Ein erbarmungsloser Kampf beginnt...

Geboren 1967 in Wien, wuchs in einer vielfältig begabten und kreativen Familie auf. Lesen war schon früh eine Leidenschaft und bereits in der Schule zeigten sich interessante Ansätze zum kreativen Schreiben. Lange Zeit landeten die eigenen Werke in Tagebüchern und Schreibtischladen, erst nach einem Schreibseminar und durch das durchwegs positive Feedback dort erkannte sie das größere Potential, das in ihren Werken lag.

2

LANGSAM holten das Morgenlicht und die Vogelstimmen Anna aus ihrem tiefen Schlummer, in den sie endlich gefallen war, nachdem Peter und Heidi sie mit vereinten Kräften von den unangenehmen Ereignissen des Abends abgelenkt hatten. Halb im Schlaf überlegte sie, welcher Tag war, und als es ihr einfiel, war sie auf einen Schlag hellwach.

Heute stand der monatliche Jour fixe der Abteilungsleiter auf dem Programm und auch diesmal würde es eine heftige Diskussion über den geplanten Windpark geben. Da man bisher auf keinen gemeinsamen Nenner gekommen war, hatte man sie beauftragt, eine interne Umweltbegutachtung zu erstellen und diese war nicht so ausgefallen, wie gewisse Kollegen es sich vorstellten, das konnte sie jetzt schon sagen. Entsprechend heftig würden die Diskussionen werden.

Anna sprang aus dem Bett und machte sich mit einer beinahe kalten Dusche fit für den Tag. Nachdem sie sich trockengerubbelt hatte, prickelte ihre Haut angenehm frisch. Sie zog sich sorgfältig an. Als die Jüngere von nur zwei weiblichen Angestellten im Führungskreis hatte sie von Anfang an mit heftigem Gegenwind zu kämpfen gehabt, versuchte aber es sportlich zu nehmen.

Der Duft von Kaffee empfing sie in der Küche. Heidi, diese Seele von einem Menschen, schien nie zu schlafen. Als sie die Dose mit einem Snack und Obst auf dem Küchentisch entdeckte, lachte Anna.

„Aber Heidi, ich bin doch keine sieben mehr, dass du mir ein Pausenbrot richten musst.“

„Lass mir doch die Freude, so besteht wenigstens eine kleine Chance, dass du tagsüber etwas zwischen die Zähne bekommst.“

Anna schüttelte den Kopf und legte kurz den Arm um Heidi. „Was würde ich nur ohne dich tun?“

„Verhungern!“, konterte Heidi trocken, aber mit einem Lachen in den Augen. Gemeinsam setzten sie sich zum Küchentisch und genossen ein kurzes Frühstück.

Nach dem Tod der Großmutter hatte Heidi, die langjährige Haushälterin der Großeltern, einen eigenen Bereich im Erdgeschoss bezogen, in dem in früheren Jahren einmal die Praxis von Annas geliebtem Opi, einem Hausarzt mit Leib und Seele, untergebracht gewesen war. Erst versorgte sie den immer schwächer werdenden Großvater, jetzt war sie eine Mischung aus Haushaltshilfe, fürsorglicher Tante und bester Freundin.

Heidi verließ bald nach Anna das Haus, um Dr. Thomas zu treffen. Er hatte andere Termine verschoben, nachdem sie ihm am Morgen kurz von ihrer Beobachtung erzählt hatte. Der Anwalt hörte sich Heidis Bericht schweigend an.

„Anna ist nichts aufgefallen?“

„Nein, sie hatte in letzter Zeit nur immer wieder das Gefühl, beobachtet zu werden, so wie gestern Abend, aber ohne den Beobachter identifizieren zu können.“

Nachdem Anna sich nicht an die Vorkommnisse in ihrer Kindheit erinnerte, konnte man nicht sagen, ob das Auswirkungen ihrer Panikattacken waren, oder ob sie unbewusst etwas spürte. Peter war leider keine Hilfe, vor allem, weil sie ihn nicht völlig ins Vertrauen ziehen wollten.

Dr. Heinrich Thomas versprach, einen verlässlichen Privatdetektiv zu beauftragen. So wie Heidi war auch er seit vielen Jahren mit der Familie verbunden und hatte in der ersten Zeit durch einen Detektiv prüfen lassen, ob die Großeltern und das kleine Mädchen beobachtet wurden, was damals definitiv der Fall gewesen war, aber nach einigen Monaten aufhörte.

INZWISCHEN betrat Anna das Gelände der EWA durch das moderne Portal, das mit dem Firmennamen EnergieWirtschaftAgentur in schlichten Buchstaben überschrieben war.

Im Büro angelangt, sah sie ihre Mails durch, delegierte einige Aufgaben an ihre Mitarbeiter, nahm dann einen Stapel Unterlagen aus einem verschlossenen Aktenschrank und begab sich in den Konferenzraum.

Sie hatte das Dossier selbst geschrieben, ausgedruckt, die Datei sorgfältig verschlüsselt und die Ausdrucke gestern Abend sicher verwahrt.

Nicht, dass sie ihren Mitarbeitern misstraut hätte, aber in der Vergangenheit war sie mehrmals dahintergekommen, dass jemand im Konzern anscheinend auf ihre Systeme Zugriff hatte. Einige Male waren Kollegen in Sitzungen so gut auf ihre Argumente vorbereitet gewesen, dass es kein Zufall sein konnte.

Sie machte sich nichts vor - in einem Energiekonzern war Umweltprüfung nur ein notwendiges Übel und man hatte gedacht, mit der Gründung dieser Abteilung und durch die Vergabe der Leitung an eine Frau gleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Ganz nach dem Motto „seht her, wie umwelt- und frauenfreundlich wir sind“.

Anna praktisch von der Uni weg zu engagieren sollte garantieren, dass der Betrieb durch die neue Abteilung nicht zu sehr „gestört“ wurde, was sie wusste, aber als Idealistin hoffte sie, wenigstens hier und da eine Veränderung bewirken zu können. Außerdem hatte sie immer wieder Freude daran, wenn sie die Silberrücken in der Geschäftsführung ein bisschen ‚gegen den Strich bürsten‘ konnte.

Aber diesmal war es anders, hier ging es nicht um frischen Wind, den sie in die vermoderten Ansichten bringen wollte, in diesem Fall ging es um eine Herzensangelegenheit und sie wusste schon jetzt, dass sie nur wenige Mitglieder des Führungskreises auf ihrer Seite haben würde.

Brutvorkommen des Wiedehopfes am Areal des geplanten Windparks Seestraße verantwortlich: Dr. Anna Schneider, Interne Umweltprüfung

war das Dossier betitelt.

Es gab für jeden Teilnehmer des Meetings eine Fassung, die ähnlich wie bei einem Kupferstich nummeriert war, wie bei heiklen Themen üblich. Bevor die Geschäftsleitung hier keinen Entschluss gefasst hatte, sollte dieses Dossier keinesfalls in die falschen Hände geraten.

Anna überlegte kurz, was sie tun würde, wenn sie kein Gehör fand. Nach ihren Recherchen hätte der Windpark eindeutig negative Auswirkungen auf die Population der stark gefährdeten Vogelart. Würde sie an die Öffentlichkeit gehen, wenn ihre Einwände ignoriert wurden? Ein solches Vorgehen wäre laut Arbeitsvertrag Grund für eine fristlose Kündigung.

Wieder einmal stellte sie sich die Frage, wo ihre Prioritäten lagen. Vor dem Studium hatte sie davon geträumt, auf einer Forschungsstation für gefährdete Tierarten zu arbeiten, aber dieser Traum scheiterte rasch an ihren anscheinend unbezwingbaren Panikattacken. Wie sollte sie an einem Außenposten zurechtkommen, wenn sie schon ein Restaurantbesuch überforderte, wie gestern Abend? Anna straffte ihre Schultern und schob diese Gedanken beiseite. Sie musste sich konzentrieren, jetzt war nicht die richtige Zeit für Gedankenspiele.

Das Thema ‚Interne Umweltverträglichkeitsprüfung Windpark Seestraße‘ stand erst gegen Ende der Tagesordnung auf dem Programm. Natürlich, es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass die Silberrücken gegen Mittag plötzlich sagten, ihr Punkt auf der Agenda müsste leider auf die nächste Sitzung verschoben werden.

Aber heute schien es anders zu sein. Die Langweiler wurden zur Eile angetrieben und endlose Diskussionen um die immer gleichen Themen abgewürgt. Offensichtlich wollte der Vorsitzende rasch zum Ende kommen.

Als Anna sich erhob, um mit ihrer Präsentation zu starten, unternahm Dr. Braun tatsächlich den Versuch, auf den fortgeschrittenen Vormittag zu verweisen und anzumerken, dass man bisher so gut vorangekommen sei und es vielleicht diesmal schaffen könnte, vor Mittag zu den übervollen Schreibtischen zurückzukehren.

Aber der Vorsitzende, Dr. Berger, wischte den Einwand vom Tisch. Er wollte hören, was Anna zu sagen hatte.

Als sie das Dossier verteilte und die Blicke auf den Titel sah, konnte sie sofort erkennen, wer heute ihre Gegner sein würden.

An der Schläfe von Dr. Braun begann eine Ader zu pochen, ein untrügliches Zeichen von Ärger. Kein Wunder, er hatte in den Verhandlungen mit dem Eigentümer des Grundstückes jegliche Bedenken vom Tisch gewischt und sich geweigert, den Pachtvertrag erst zu verhandeln, nachdem die Umweltverträglichkeitsprüfung abgeschlossen war. Dr. Perl vom Controlling erblasste beim Gedanken, schon wieder auf einem wertlosen Stück Land sitzen zu bleiben und Mag. Keil vom Marketing rollte die Augen. Offensichtlich kam ihm schon beim Wort Umwelt die Galle hoch, er hatte früher in einem der Atommeiler gearbeitet, die in den letzten Jahren stillgelegt worden waren.

Anna fasste sich kurz, die Zahlen sprachen für sich und nachdem sie mit dem Satz „Aufgrund der angesprochenen Nachteile für die Population der, auf der roten Liste stark gefährdeter Vogelarten befindlichen Gattung, wird das Land unser Bewilligungsverfahren unter Umständen ablehnen“, endete, explodierte die Luft.

„Was für ein ausgemachter Blödsinn“, bellte Dr. Braun.

„Großartig, ich habe gesagt, wir sollten mit den Verhandlungen warten“, konterte Dr. Perl.

„Wo liegt das Problem, wir kennen doch jeden Stadtrat, immerhin schaffen wir Arbeitsplätze“, und damit bewies Mag....

Erscheint lt. Verlag 11.11.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-99139-640-8 / 3991396408
ISBN-13 978-3-99139-640-6 / 9783991396406
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