Die Wikingerin (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
464 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-3207-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Wikingerin -  Helga Glaesener
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Solvejg - die Wikingerin auf der Flucht.

Solvejg ist eine junge Wikingerin. Ihr Vater, König Harald Schönhaar, glaubt, von seiner toten Frau verzaubert worden zu sein, und gibt seiner Tochter die Schuld daran. Solvejg muss fliehen. In Männerkleidern heuert sie bei fremden Wikingern an, die auf einen Raubzug nach Irland wollen. Doch die Norweger werden besiegt, und sie wird eingekerkert - zusammen mit Dhoire, einem Druiden, der sich mit Magie und Mathematik befasst und der sie in einer Nacht verführt. Schwanger gelingt Solvejg die Flucht ins Reich der Franken, aber sie hat mächtige Verfolger: Dhoire, der fürchtet, sie könnte hinter seine Geheimnisse der Magie gekommen sein - und ein Mann namens Einar Schlangenauge. Der Wikinger hat von König Harald einen mörderischen Auftrag bekommen. Er soll ihm den Kopf seiner Tochter bringen ... 

Ein großes historisches Abenteuer: eine junge Frau und ihre Flucht durch halb Europa. Für Fans von 'Game of Thrones' und 'Vikings'.



Helga Glaesener hat ursprünglich Mathematik und Informatik studiert, bevor sie sich entschloss, freie Autorin zu werden. Gleich ihr erster Roman »Die Safranhändlerin« wurde ein Bestseller. Im Aufbau Taschenbuch ist ihr Roman »Das Erbe der Päpstin« lieferbar. Helga Glaesener lebt in Oldenburg.

1. Kapitel


Angst ist das Gift, das die Schwachen tötet.

Dieser Satz, den ihr Vater wohl öfter als jeden anderen gesprochen hatte, summte in Solvejgs Kopf wie ein Schwarm zorniger Wespen. Er beunruhigte sie, er stach wie ein Stachel.

Sie saß am Rand einer Klippe und starrte auf die Glomma hinab, die sich unter ihr als breites, unregelmäßiges Band durch die raue Landschaft grub. Der Fluss sprudelte vor den Felsen, Schaumkronen tanzten, aus den Fluten sprangen Hechte, und als ihr Blick weiterschweifte, entdeckte sie eine braun gefiederte Eiderente, die am gegenüberliegenden Ufer gerade ein Nest im Schilf baute. Solvejg liebte ihre norwegische Heimat. So viel Majestät und Schönheit!

Aber daneben diese Grausamkeit, dachte sie. An einem der vergangenen Tage hatte Bjalki, einer der Samen, bei denen sie und ihr Vater seit einigen Jahren lebten, die Schädel aufständischer Bauern an einen Zaun genagelt. Als sie ihrem Vater erzählte, wie sie diesen Anblick hasste, hatte er gemeint, dass die Erschlagenen wie Schafe geflohen seien, als sie merkten, dass ihre Gegner in der Überzahl waren. Ihr Schicksal war also gerecht gewesen. Angst ist das Gift, das die Schwachen tötet.

Bedrückt starrte Solvejg zu der Ente, die ihr Nest verlassen hatte und sich jetzt von der Strömung flusswärts treiben ließ. In ihrem klobigen Schnabel zappelte ein Fisch. Sie schien zufrieden zu sein. Was sie nicht bemerkte, war der Habicht, der über ihr kreiste und sie gierig beäugte. Es war reines Glück, dass der Raubvogel kurz darauf eine Wildgans erspähte, die ihm eine noch lohnendere Beute zu sein schien. Glück natürlich nur für sie, nicht für die Gans, die verängstigt in den Klauen des Habichts flatterte, während er sie zu seinem Nest trug. Einer frisst den anderen, und wen es trifft, hängt oft genug vom Zufall ab, dachte Solvejg. Allerdings nur bei den Tieren. Nicht bei Menschen.

Ihre Gedanken kehrten zu ihrem Vater zurück, zu König Harald. Er war nie ein milder Mann gewesen. Seit sie denken konnte, hatte er Kriege geführt und ihr auch einmal erklärt, warum das nötig sei. »Ich will das Reich einen«, hatte er gesagt. »Ich will ihm Gesetze und eine Ordnung geben und aus ihm ein strahlendes Reich machen, ähnlich wie die der Dänen und Schweden. Aber das geht nicht mit freundlichen Worten. Widerstand muss gebrochen werden. Viele müssen leiden und sterben. Das ist notwendig, damit unser Volk am Ende Ruhm und Reichtum erlangt.«

Solvejg hatte gesehen, wie seine Männer ihm erst zögernd und dann immer begeisterter gefolgt waren, und sie war Zeugin gewesen, als er seine Gefangenen nach dem Sieg bei Hafrsfjord in Avaldsnes von hungrigen Ebern zerreißen ließ, weil sie sich nicht unterwerfen wollten. Der Stolz auf ihren Vater hatte sich plötzlich in … etwas Hässliches verwandelt, für das sie kein Wort gefunden hatte. Und doch hatte sie ihn weiter geliebt, und zwar wegen der Zärtlichkeit, mit der er sie selbst behandelte. Er hatte sie bereits als kleines Kind mit in die Wälder mitgenommen, um ihr die Verstecke der Hasen und Füchse zu zeigen. Er hatte sie auf den Knien geschaukelt und ihr zugeflüstert, dass sie der Juwel seines Herzens sei. Er hatte sie mit Geschenken überschüttet, und später hatte er ihr gar das Kämpfen mit dem Schwert und der Streitaxt beigebracht, als wäre sie ein Junge, obwohl das bei vielen seiner Leute Verwunderung und Missfallen auslöste. Sie war sein kostbarster Schatz gewesen.

Aber seit einigen Tagen – und das war der Grund, warum Solvejg hier saß und grübelte – hatte sich das geändert. Wenn er sie sah, brauste er auf; wenn sie etwas tat, das ihm missfiel, schrie er sie an. Und gestern hatte er ihr gar eine Ohrfeige versetzt. Vor aller Augen. Solvejg meinte, den Schmerz immer noch an der Wange und im Herzen zu fühlen.

Natürlich war ihr klar, was die Ursache für sein Verhalten war. Snøfrid! Voller Hass und Furcht dachte sie an das Weib, das ihr Vater vor drei Jahren zur Frau genommen hatte. Seine Männer hatten ihn gewarnt, als er zu den Samen aufbrach, denn sie waren als Magier und Hexer verschrien. Aber genau das hatte Harald sich zunutze machen wollen: Er hatte Solvejg mit einem der Söhne des Samenkönigs Svasi verheiraten wollen, damit sie ihm einen Magier gebar, der ihm zu weiteren militärischen Erfolgen verhelfen konnte. Doch dann hatte er Snøfrid erblickt und sein Vorhaben vergessen. Er war dem Weib auf der Stelle verfallen, und als Svasi sie nicht ohne Heirat in sein Bett lassen wollte, hatte er sie noch am selben Tag zum Eheweib genommen.

Seine Männer hatten das mit Furcht beobachtet – sie führten seine blinde Liebe auf einen Zauber zurück, den Snøfrids Vater auf ihn ausgeübt haben musste. Ihre Sorge steigerte sich, als Harald auch nach der Hochzeit keine Anstalten machte, in die Heimat zurückzurückzukehren. Er verlor sein Interesse an Eroberungen, an der Stärkung seiner Macht – eigentlich an allem bis auf die Hexe, die …

Solvejg zuckte zusammen. Einige Vögel, die auf einem Holunderstrauch gezwitschert hatten, flatterten auf und retteten sich in die Kronen nahe stehender Bäume. Sie blickte sich argwöhnisch um – und lächelte erleichtert, als sie Thjodoff erblickte, den Sänger ihres Vaters, der offenbar nach ihr gesucht hatte. Zielstrebig erklomm er die Steigung zur Klippe.

»Was ist?«, fragte sie, als er sie erreicht hatte. Und konnte es sich bereits denken.

Snøfrid war vor einigen Wochen verstorben. Das hätte Solvejg vielleicht als Glück betrachtet, doch danach hatte sich der Wahn ihres Vaters noch gesteigert. Er hatte die Tote über Wochen in seinem Bett liegen lassen und behauptet, dass es ihr gut gehe. Und nicht nur das – sie mussten, von Grauen erfüllt, mit ansehen, wie er die Leiche herzte und küsste, und es ging sogar das Gerücht, dass er mit ihr verkehrte.

Arnor, einer seiner engsten Vertrauten, hatte es schließlich gewagt, ihm ins Gewissen zu reden. Die Tote stank ja mittlerweile bereits. Aber Harald hatte ihn nach den ersten Sätzen mit der bloßen Faust erschlagen. Und seitdem hatte niemand mehr gewagt, Snøfrids Tod in seiner Gegenwart zu erwähnen.

Thjodoff ließ sich neben Solvejg im Gras nieder. »Es wird schwierig«, murmelte er.

»Was ist los?«, wiederholte sie ihre Frage.

»Harald hat es begriffen.«

Überrascht hielt Solvejg den Atem an. »Wie ist das geschehen?«

»Er hatte einer der Sklavinnen befohlen, die Hexe zu waschen und neu einzukleiden, und als er sie nackt sah, die Zeichen der Verwesung, roch er plötzlich auch ihr stinkendes Fleisch … Da ist der Zauber von ihm gewichen. Er weiß nun, dass er wochenlang neben einer Toten gelegen hat.«

»Wird dann alles wieder gut? Können wir nach Hause zurückkehren?«

Der Skalde war nicht mehr jung. Das Leben hatte Furchen in sein Gesicht gegraben, die sich jetzt schmerzlich verzogen. »Ich fürchte, dass er jemanden suchen wird, den er für sein Unglück strafen kann.«

Solvejg nickte, ohne zu verstehen, was er meinte.

»Dein Vater ist ein guter Mann, Solvejg. Er ist tapfer, aufrichtig und treu. Aber wenn ein Mensch begreift, dass eine schwere Schuld auf ihm lastet – sucht er dann nicht jemanden, dem er einen Teil davon aufbürden kann, um sich selbst zu reinigen? Vielleicht sogar einen Menschen, der ihm etwas bedeutet?«

Solvejg starrte Thjodoff an. Als ihr dämmerte, was er andeuten wollte, begann sie zu lachen. Harald sollte ihr, seiner geliebten Tochter, etwas antun, weil ihm klar geworden war, dass ihn eine Hexe verzaubert hatte? Sie dachte erneut an die Stunden ihrer Kindheit, wie sie sich abends auf den mit Fellen gepolsterten Bänken an ihn gekuschelt und seinem dunklen Lachen gelauscht hatte, das seine Brust zum Beben brachte. Seine Liebe zu ihr mochte unter dem Fluch der Zauberin eine Weile in den Hintergrund gerückt sein. Aber erloschen? »Er würde mir niemals etwas antun!«

»Das meinte ich auch nicht. Nur … Vorhin, als er aus der Schlafkammer kam, hat er Halvdan zu Boden geschlagen.«

»Was?« Ihr jüngerer Bruder, den sie seiner dunklen Haare wegen den Schwarzen nannten, hatte Vater ebenfalls nach Oppland begleitet hatte. Auch ihn hatte Harald seitdem rauer behandelt, und Solvejg wusste, dass es ihm ebenfalls zu schaffen machte. »Wie hat...

Erscheint lt. Verlag 18.4.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Abenteuer • Abenteuerroman • Das Erbe der Päpstin • Druide • Game of Thrones • Harald Schönhaar • Irland • Magie • Mittelalter • Norwegen • Paris • Ragnar Lodhbrok • Reise • Sigurd Schlangenauge • Skandinavien • Solveig • Vernunft • Vikings • Wikinger
ISBN-10 3-8412-3207-8 / 3841232078
ISBN-13 978-3-8412-3207-6 / 9783841232076
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