Der Kult - Sein Griff hält dich gefangen (eBook)

Thriller
eBook Download: EPUB
2023
544 Seiten
Blanvalet Taschenbuch Verlag
978-3-641-29116-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Kult - Sein Griff hält dich gefangen - Mariette Lindstein
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Ein Zwillingspaar im erbitterten Kampf gegen einen gefährlichen Kult - nach »Die Sekte« endlich Nachschub von Schwedens Thrillerkönigin Mariette Lindstein!
Alex und Dani Brisell sind eineiige Zwillinge und unzertrennlich, seit ihre Eltern sie im Teenageralter im Stich gelassen haben. Als sie 22 sind, verschwindet Dani am Mittsommerabend spurlos. Monatelang gibt es kein Lebenszeichen von ihr. Die Menschen in ihrem Umfeld versuchen Alex davon zu überzeugen, endlich weiterzumachen und zu vergessen, was passiert ist. Doch sie hat nur ein Ziel: Sie muss ihre Schwester finden! Dann geschehen in ihrem Leben weitere mysteriöse Dinge, die Alex langsam an ihrem Verstand zweifeln lassen. Alles deutet darauf hin, dass ein unberechenbarer Kult Dani als Sklavin in seinen Fängen hält, und Alex fürchtet, dass sie selbst die Nächste ist, die verschwinden wird ...

Alle Bände der Bestsellerreihe aus Schweden:

Der Kult - Sein Griff hält dich gefangen

Der Kult - Sein Wort ist dein Gesetz

Lust auf mehr? Lesen Sie außerdem »Die Sekte« von Mariette Lindstein.

Mariette Lindstein war fünfundzwanzig Jahre lang Mitglied bei Scientology. Sie arbeitete unter anderem im Hauptquartier der Kirche in Los Angeles, bis sie die Gemeinschaft 2004 verließ. Heute ist sie mit dem Autor und Künstler Dan Koon verheiratet. Die beiden leben mit ihren drei Hunden in einem Wald außerhalb von Halmstad. Ihr erster Roman »Die Sekte - Es gibt kein Entkommen« wurde in Schweden mit dem Crimetime Specsavers Award für das beste Debüt ausgezeichnet und für den CWA Dagger Award 2019 nominiert. Aktuell wird ihre Reihe für das Fernsehen verfilmt. Neben dem Schreiben hält Mariette Vorträge über die Gefahren von Sekten.

1


Erst als ich begriffen hatte, dass wirklich alle die Hoffnung aufgegeben hatten, brach meine Welt zusammen.

Anfangs habe ich mich noch hartnäckig geweigert, das Schlimmste anzunehmen, und sämtliche Fakten, die ich im Internet gelesen habe, verdrängt.

Die ersten achtundvierzig Stunden sind die wichtigsten. Personen, die gekidnappt werden, werden zumeist zwischen dem ersten und dem dritten Tag getötet. Die Täter sind häufig innerhalb der Familie oder im Freundeskreis des Opfers zu finden.

Natürlich war das alles beängstigend, doch es zog mir nicht den Boden unter den Füßen weg. Ich war von der Vorstellung, dass wir Dani wiederfinden würden, geradezu besessen. Davon, dass sie eines Tages wieder auftauchen würde … mit irgendeiner Erklärung. Denn eine Erklärung musste es ja geben. Bei allem, was sie tat, verfolgte sie immer eine Absicht. In ihrem Leben gab es keine Zufälle. Sie würde plötzlich vor meiner Tür stehen und erklären, dass sie eine Zeit lang hatte verschwinden müssen – dass der Druck der Prüfungen einfach zu groß geworden war. Aber es waren nur noch wenige Tage bis zu unserem dreiundzwanzigsten Geburtstag. Es wirkte so grausam, so unwirklich, dass sie gerade zu diesem Zeitpunkt verschwinden sollte.

Dann aber, als sie verschollen blieb, begann ich zu glauben, dass eigentlich ich diejenige hätte sein sollen, die man hatte kidnappen wollen. Ich hatte mich selbst dermaßen in diesen Gedanken hineingesteigert, dass ich nachts wach lag und in die Dunkelheit flüsterte. Komm und hol mich. Bring Dani zurück. Du kannst mich haben, Hauptsache, du lässt sie frei. Ach, guter Gott, lass sie doch frei! Ich lag da auf meiner Bettdecke wie ein Opferlamm und flüsterte mich heiser. Manchmal hörte ich ein Rascheln von den Büschen draußen vor dem Fenster. Einmal sah ich auch den Schatten eines Mannes, wie er über den Rasen verschwand. Ich war überzeugt davon, dass der Täter draußen im Dunkeln lauerte, vielleicht auch schon in Danis Bett schlief und mich finden würde. Aber ihr Duft, der noch immer überall hing – in ihrem Kissen, dem Betttuch und in der Luft –, ließ mich nicht los, und Nacht für Nacht weinte ich mich in den Schlaf.

Als wir an diesem Abend zum Strand gegangen waren, hatte sie die Handtasche im Sommerhaus zurückgelassen. Immer wieder rief ich sie an und ließ es klingeln, bis ihre Mailbox übernahm. Einfach nur, um ihre Stimme zu hören. Und dann sah ich sie ganz deutlich vor mir stehen, das war wie ein Faustschlag in den Magen. Nirgendwo wurde ich die Gedanken an sie wieder los.

Wir, Alexandra und Daniella, waren zu Alex und Dani geworden, noch bevor wir zu sprechen lernten. Und ich bin froh, dass wir nicht auf solche Namen wie »Mondschein« oder »Raureif« getauft wurden. Zu unseren Eltern hätte das nämlich gepasst.

Als kleine Kinder sahen Dani und ich uns ganz ähnlich, so wie alle eineiigen Zwillinge. Aber unterschiedliche Charaktere hatten wir schon damals. Dani war ein braves Kind und gehorchte. Ich war ein Wildfang. Meine Mutter hat einmal gesagt, dass Danis erstes Wort »Danke« gewesen sei und meines »Nein«. So waren wir.

In der Teenagerzeit kamen unsere verschiedenen Persönlichkeiten noch deutlicher zum Vorschein – damals nämlich, als wir unsere Eltern verloren.

In den meisten Familien, in denen Kinder ihre Eltern verlieren, sind es tragische Umstände, die dazu führen. Ein schrecklicher Unfall, vielleicht auch Misshandlungen, Krebs oder eine andere schreckliche Krankheit.

Unsere Eltern allerdings haben uns verlassen, um in einer Sekte zu leben.

Wir haben ihre religiösen Ideen nie richtig ernst genommen, dieses Gefasel von einer Lehre, die zum ewigen Leben führen soll. Andachten, Handauflegen, New-Age-Gruppen, das Erstellen von Horoskopen und Séancen, all das haben wir in unserem Wohnzimmer erlebt. Urlaubsreisen an spirituelle Orte. Ihre manisch verzerrten Augen, wenn sie von Reinkarnation sprachen und von Erlebnissen außerhalb der eigenen Körperhülle. Alles war so absurd, man wusste nicht, was man glauben sollte. Eine Verrücktheit löste die nächste ab, die noch abgefahrener war, wir haben uns nie dafür interessiert. Wären unsere Eltern nur Mitglieder einer Freikirche gewesen, hätten wir uns ihnen vermutlich angeschlossen. Doch sie waren viel zu gierig, um bei einer einzigen Lehre zu bleiben, sie waren ständig auf der Jagd nach neuen Antworten auf das Mysterium des Lebens. Hör niemals auf, nach dem Sinn des Lebens zu suchen. Das Lieblingsmotto meiner Mutter. Es wurde zu ihrem Mantra.

Wir dachten erst, dass das alles nur eine Art Zeitvertreib für sie war. Ein Hobby, dem sie ihre Freizeit widmeten, so wie andere Eltern Golf spielten oder Kochkurse besuchten.

Und in unserer Kindheit hat es auch schöne Erlebnisse gegeben. Dank ihrer Frömmigkeit behandelten unsere Eltern uns zärtlich und wie eigenständige Individuen. Sie stritten fast nie. Und sie zwangen uns auch nicht, etwas zu tun, das wir nicht selber wollten.

Aber als sie eines Tages nach Hause kamen und uns von Ammata Kumar erzählten, habe ich gleich gemerkt, dass es diesmal ernst wurde. Am Blick meiner Mutter hatte sich etwas verändert. Sie hat uns gar nicht mehr wahrgenommen. Ihr Bewusstsein hatte sich bereits von unserer kleinen Welt entfernt. Mein Vater machte ein ganz feierliches Gesicht, wie er da saß, in der Ecke, und Mama das Wort überließ.

Dani und ich, wir waren fünfzehn. Die darauf folgenden Monate waren die schlimmsten unseres Lebens. Unsere Eltern versuchten, uns zu überreden, alle Beziehungen abzubrechen, mit ihnen nach Indien zu gehen und uns der Sekte in ihrem Hauptquartier in der Nähe von Neu Delhi anzuschließen. Dani und ich lehnten das jedoch konsequent ab. Für uns war es der völlig falsche Zeitpunkt. Wir befanden uns in der Pubertät, wurden von starken Gefühlen hin und her gerissen. Freunde und die erste Liebe waren Grund genug, in Schweden bleiben zu wollen. Ich widersprach besonders lautstark. Ich würde mit Sicherheit nicht auf die andere Seite der Erdkugel ziehen – in so ein Loch. Bis zur letzten Minute stritten wir furchtbar miteinander.

Zwei Tage nach unserem sechzehnten Geburtstag verschwanden unsere Eltern. Auf dem Küchentisch hinterließen sie uns einen Brief. Ich habe zwar nicht mehr alles im Kopf, was sie geschrieben haben, aber die Quintessenz war, dass sie ein paar Monate fort sein würden, um nach der Lehre von Ammata Kumar zu leben, und dass sich unsere Tante Anita um uns kümmern würde. Es sollte eine Probezeit sein. Wenn es ihnen dort nicht gefiel, konnten sie jederzeit wieder zurückkehren. Logo, dachte ich.

Bei Ammata Kumar durfte man seine Angehörigen nur anrufen, wenn man in Not war. In den ersten Monaten bestand der Kontakt zu unseren Eltern ausschließlich aus handgeschriebenen Bekehrerbriefen, auf die wir nie eine Antwort schrieben. Am Ende postete ich auf Facebook einen wütenden Kommentar, in dem ich unter anderem erklärte, dass unsere Eltern einer Gehirnwäsche unterzogen worden seien. Meine Freunde teilten den Beitrag unzählige Male, und der Post ging viral. Daraufhin nahm ein Vertreter von Ammata Kumar sofort Kontakt zu mir auf und wies mich an, den Beitrag unverzüglich zu löschen und eine öffentliche Entschuldigung an meine Eltern zu formulieren. Ich weigerte mich entschlossen, das zu tun, Dani ebenso.

Ein paar Wochen später erhielten wir einen weiteren handgeschriebenen Brief meiner Eltern. Diesmal hatte sich ihr Tonfall komplett verändert. Da wir nun Feinde von Ammata Kumar seien, hätten sie beschlossen, den Kontakt zu uns abzubrechen.

Und dann wurde unser Leben ganz schrecklich und auch furchtbar traurig. Dani und ich weinten viel und lebten nur noch in den Erinnerungen an unsere Eltern. Sie hatten bei ihrer Abreise bloß ein paar Koffer mitgenommen, daher befanden sich viele ihrer Alltagsgegenstände weiterhin im Haus. Mutters Bürste, die noch voller Haare war. Und Vaters ausgewaschener Morgenmantel mit dem Peace-Zeichen auf dem Rücken. Regalweise Heilkräuter und Vitamine, Cremes und Salben, die nach Mutters Händen dufteten. Wir sahen uns der Reihe nach ihre Sachen an, nahmen sie in die Hand und hielten sie uns unter die Nase.

»Es ist, als wären sie immer noch da«, flüsterte Dani.

»Sind sie aber nicht«, sagte ich. »Und sie werden auch nicht wieder heimkommen. Wir müssen uns an den Gedanken gewöhnen.«

In unserem Viertel hatte es viel Gerede gegeben, als unsere Eltern verschwunden waren. Im Laden hörte ich einmal, wie sich ein paar Frauen darüber unterhielten. Ob sie gar nicht gemerkt hatten, dass ich da in der Schlange stand, nur ein paar Meter hinter ihnen? Natürlich hatten sie die ganze Zeit schon geahnt, dass an unserer Familie etwas faul war.

Dani und ich hatten uns ein Spiel ausgedacht. Wir stellten uns einander gegenüber und taten so, als wären wir jeweils das Spiegelbild der anderen. Das war ein Gefühl, als ob man sich selber sah. Aber eines Tages funktionierte es nicht mehr. Die Gesichtszüge passten zwar noch – unsere langen hellblonden Mähnen, die vollen Lippen, der dezente Überbiss. Die schmalen Nasen, die ein kleines bisschen zu lang waren. Die Sommersprossen von der Nasenwurzel bis über die Wangenknochen. Doch Danis Augen waren nicht mehr meine. Sie wirkte jetzt mehr in sich gekehrt, hatte sich irgendwie entfernt.

Das war der Moment, als mir klar wurde, dass wir anfingen, uns zu verändern.

Mit einem Mal hatten wir unterschiedliche Interessen. Dani entschied sich, Medizin zu studieren. Ich entwickelte einen etwas ungesunden Appetit auf Jungs und Klamotten. Aber im Grunde spielte es keine Rolle. Wenn Dani von ihrem Studium erzählte und...

Erscheint lt. Verlag 1.5.2023
Reihe/Serie Der Kult
Die Kult-Reihe
Die Kult-Reihe
Übersetzer Stefanie Werner
Sprache deutsch
Original-Titel Vit krypta
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 2023 • die sekte • eBooks • Entführung • Geschwisterliebe • Jagd • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Kult • Mord • Mordserie • Neuerscheinung • Nr. 1 Bestseller Schweden • Okkultismus • Ordensgemeinschaft • Schweden • Schwedenkrimi • Scientology • Skandinavien • Spannungsliteratur • Spannungsroman • spurlos verschwunden • Starke Frauen • Taschenbuch Neuerscheinung 2023 • Thriller • Thrillerreihe • Zwillinge • Zwillingsschwestern
ISBN-10 3-641-29116-X / 364129116X
ISBN-13 978-3-641-29116-7 / 9783641291167
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