Die Wahrheit (eBook)

Roman - Nach den SPIEGEL-Bestsellern 'Die Lüge' und 'Die Bosheit' der neue packende Roman vom skandinavischen Meister der subtilen Spannung!
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2023 | 1. Auflage
464 Seiten
Limes (Verlag)
978-3-641-29385-7 (ISBN)

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Die Wahrheit -  Mattias Edvardsson
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Ein Doppelmord, drei Verdächtige und nur eine Wahrheit - der nervenzerreißend spannende Roman von SPIEGEL-Bestsellerautor Mattias Edvardsson.
Bill verliert seine Frau an Krebs und wird nicht nur zum Witwer sondern auch zum alleinerziehenden Vater. Um seine Rechnungen bezahlen zu können, vermietet er ein Zimmer an die Jurastudentin Karla.
Karla arbeitet als Reinigungskraft für Steven und Regina Rytter. Schnell merkt sie, dass mit dem Paar etwas ganz und gar nicht stimmt. Denn warum verlässt die Ehefrau des angesehenen Arztes nie ihr abgedunkeltes Schlafzimmer?
Jennica, die ehemals beste Freundin von Bills verstorbener Frau, steckt mitten in einer Lebenskrise. Als sie Steven über eine Dating-App kennenlernt, scheint sie ihr Glück gefunden zu haben.
Doch dann werden Steven und seine Frau tot in ihrem Haus aufgefunden ...

Sie lieben meisterhaft erzählte skandinavische Spannung? Dann lesen Sie auch die anderen Romane von Mattias Edvardsson.


Mattias Edvardsson lebt mit seiner Frau und den beiden gemeinsamen Töchtern außerhalb von Lund in Skåne, Schweden. Nachdem er lange als Gymnasiallehrer für Schwedisch und Psychologie gearbeitet hat, konzentriert er sich inzwischen ganz auf das Schreiben. Edvardssons Handwerk ist der Grusel im Alltäglichen. Mit seinen Romanen eroberte er auf Anhieb die SPIEGEL-Bestsellerliste und wurde nicht nur von den Leser*innen gefeiert, sondern auch von der Presse hochgelobt.

JENNICA


An den Tischen vor dem Lokal auf dem Stortorget wimmelt es von freitäglich entspannten After-Work-Leuten. Was habe ich mir eigentlich dabei gedacht? Das Risiko, einem bekannten Gesicht zu begegnen, dürfte hundert Prozent betragen.

Das letzte Stück bis zum Restaurant halte ich zwischen den Sonnenschirmen der Bar im Freien nach ihm Ausschau. Eine Sache habe ich nach fünf Jahren auf Tinder gelernt: Die Frage ist nicht, ob er anders aussieht als auf den Fotos, sondern, wie sehr sein Aussehen abweicht.

Auf dem Bürgersteig vor dem Eingang wühle ich in der Handtasche nach meinem Lipgloss, als eine Hand auf meinem Arm landet.

»Jennica? Hallo!«

Seine Fotos waren erstaunlich realitätsnah. Die meisten anderen Siebenundvierzigjährigen haben vermutlich eine Halbglatze und ein Bäuchlein.

Ich bin positiv überrascht.

»Ist es okay, wenn wir drinnen sitzen? Ich habe mir gedacht, es ist dort ruhiger.«

Er lächelt ganz selbstverständlich, und man kann sich ihm nur schwer entziehen.

Zusammen gehen wir durch das sommerlich stickige Restaurant zu einem der hintersten Tische, wo er den Stuhl für mich herauszieht wie ein richtiger Gentleman. Eindeutig anders als der achtundzwanzigjährige IT-Typ, mit dem ich letztes Wochenende verabredet war.

»Tut mir leid, dass ich es sage, aber ich bin wirklich erleichtert.« Er hängt sein Sakko über die Stuhllehne und nimmt mir gegenüber Platz. »Bei Tinder weiß man ja nie so genau. Die Leute bearbeiten die Fotos wie wild.«

»Schön, dass du das sagst. Ich habe genau dasselbe gedacht.«

Er lacht.

»Können wir etwas vereinbaren?«, fragt er und legt seine große behaarte Hand neben das Besteck auf den Tisch. »Wenn du das Gefühl hast, dass ich eine Niete bin, dann stehst du nach der Vorspeise auf und gehst aufs Klo. Ich verspreche, dass ich mich nie wieder melde und kein bisschen enttäuscht sein werde. Oder, na ja, natürlich wäre ich furchtbar enttäuscht, aber ich verspreche, es für mich zu behalten.«

»Dito«, sage ich. »Nach der Vorspeise, während des Essens, wann immer du willst. Einfach aufstehen und gehen. No hard feelings, ich schwöre es.«

Er zwinkert mir zu. Seine Hand bleibt auf dem Tisch liegen.

»Sorry«, sagt er. »Ich habe mich gar nicht vorgestellt. Steven.«

»Jennica.« Ich nicke und kichere albern. »Ich habe gedacht, du würdest mit diesem sexy britischen Akzent reden.«

»Das kann ich natürlich auch«, sagt Steven mit einem starken britischen Akzent. »Meine Mutter kommt aus Schottland. Mein Vater wollte mich Stefan nennen, aber meine Mutter konnte das kaum aussprechen, also ist Steven daraus geworden.«

Was für ein Glück.

»Meine Eltern haben einen ähnlichen Kompromiss geschlossen. Mein Vater wollte mich Jenny nennen, und meine Mutter war für Annica.«

»Wunderbar«, sagt Steven. »Wir sind beide das Ergebnis einer Einigung. Es ist doch schön, wenn Menschen gut miteinander auskommen, oder?«

Ich verkneife mir eine Antwort.

Es gibt in meinem Hinterkopf eine ganze Vorlesung darüber. Wie meine Mutter und viele andere Frauen offenbar beim Finden eines Kompromisses immer den Kürzeren gezogen haben.

Ich lächele und hoffe auf eine bessere Gelegenheit für diesen Vortrag.

»Dann haben wir zumindest eines gemeinsam. Könnte schlimmer sein.«

Steven lacht. Er überfliegt die Speisekarte und entscheidet sich schnell für den Fisch.

»Ich überlege, ob ich das Flank-Steak nehmen soll«, sage ich.

Steven schüttelt den Kopf.

»Ein gutes Flank-Steak bekommt man kaum. Das Fleisch soll dick und gleichzeitig zart sein. Roastbeef und Rinderfilet kriegen die meisten Köche hin. Ich würde nicht das Risiko eingehen, mir in diesem Lokal ein Flank-Steak zu bestellen.«

Ich werfe ihm einen erstaunten Blick zu.

»Natürlich ist das deine Sache«, fährt er fort. »Aber beschwer dich nicht hinterher, dass du an einem zähen Fleischstück herumsäbeln musst. Ich habe dich gewarnt.«

Mir gefällt seine forsche Art. Er sagt, was er denkt. Außerdem scheint er zu wissen, wovon er spricht.

»Dann probiere ich auch den Fisch«, sage ich.

Steven lächelt zufrieden.

»Was den Wein betrifft, was bevorzugst du da?«

Ich zucke mit den Schultern.

»Weißwein? Hochprozentig?«

Er lacht laut. Der Kellner wirft uns einen verwunderten Blick zu.

»Wie wär’s mit einem Pouilly-Fumé?«, schlägt Steven vor.

Klingt nach einer Pferderasse, aber das Essen ist ja schon bestellt.

»Perfekt«, sage ich.

Während der Kellner sich die Bestellung notiert, entsteht ein kurzes Schweigen. Es ist mir so unangenehm, dass ich die erstbeste Frage ausspucke, die in meinem Gehirn landet.

»Und du bist also Arzt?«

Unglaublich bescheuert, denn jetzt wird er erwarten, dass ich im Gegenzug von meiner Arbeit erzähle.

»Kinderarzt«, sagt Steven. »Vor meiner Facharztzeit war ich zwei Jahre in Südafrika bei Ärzte ohne Grenzen. Es war furchtbar, das ganze Leid zu sehen, aber die glücklichen und dankbaren Gesichter der Kinder sind einfach etwas Wunderbares. Da habe ich beschlossen, weiter mit Kindern zu arbeiten.«

»Wie schön«, sage ich wenig originell.

»Erzähl von dir«, entgegnet Steven lächelnd. »Ich bin so neugierig.«

Was soll ich sagen? Er rettet hungernde Kinder in Afrika, während ich tagsüber pro forma studiere, um mich nicht arbeitslos melden zu müssen, und abends am Telefon Wahrsagerin spiele.

»Ich studiere noch«, sage ich und spiele ein bisschen an der Serviette herum. »Im Moment mache ich einen Kurs im Fach Entwicklungszusammenarbeit. Ich habe mir überlegt, dass ich gern im Ausland arbeiten würde, vielleicht in einer Hilfsorganisation oder so, aber ich bin mir nicht mehr so sicher.«

»Interessant«, sagt Steven.

Er hat einen durchdringenden Blick, tiefgründig und hellblau, beinahe transparent.

»Ich will mehr wissen«, sagt er. »Wer bist du? Wer ist der Mensch hinter dem Tinderprofil?«

Ich lache.

»Komm schon«, meint Steven. »Ich bin zu alt für Spielchen und so einen Quatsch.«

»Ich bin ja nicht mal dreißig. Also versuche ich wohl noch immer, herauszufinden, wer ich bin.«

»Das hat nichts mit dem Alter zu tun«, erwidert Steven. »Man hört nie auf, darüber nachzudenken, wer man ist.«

»Vielleicht nicht. Aber im Moment ist es ziemlich offensichtlich, dass ich die Einzige in meinem Umfeld bin, die weder eine Familie hat noch Karriere macht. Man könnte es auch Dreißigerkrise nennen.«

Man kann mir zumindest nicht vorwerfen, mich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zu verkaufen. Kein Wunder, dass meine Karriere im Telemarketing ungefähr so langlebig war wie eine Eintagsfliege.

»Dreißig! Ach, als ich noch so jung war …«, sagt Steven. »Spaß beiseite. Ich weiß noch gut, wie das war. Mit dreißig hatte ich eigentlich keine feste Beziehung. Ich habe meine ganze Zeit mit Studieren und Partys verbracht. Eines Tages hab ich dann gemerkt, dass alle anderen erwachsen und seriös geworden sind. Als hätte ich als Einziger keinen Platz im Leben gefunden. Diese Phase war ziemlich anstrengend.«

»Ganz genau!«

Er versteht mich wirklich. Wir heben die Gläser und prosten uns zu, als der Kellner unseren Fisch bringt.

»Ich habe letzte Woche ein großartiges Buch gelesen«, sagt Steven, ohne sein Glas abzustellen. »Dreihundert Seiten stark, über Aale. Ich dachte, ich hätte nicht das geringste Interesse an Aalen, aber da hatte ich mich ziemlich getäuscht.«

»Das Evangelium der Aale? Das habe ich auch gelesen. Wirklich ein gutes Buch, oder?«

»Unglaublich faszinierend. Ich hatte zwar gehört, dass alle Aale in der Sargassosee geboren werden, aber im Buch steht ja noch viel mehr. Ein verblüffendes Tier!«

»Ja, nicht wahr?«

Ich muss mir beinahe in den Arm kneifen. Ein Mann, der sich beim ersten Date über Bücher unterhalten will? Wann habe ich das zuletzt erlebt?

»Was ist das hier eigentlich für ein Fisch?«

Ich stecke die Gabel in den weißen Fisch auf meinem Teller.

»Seehecht«, sagt Steven.

Ich sehe ihm in die Augen.

»Die sind nicht ganz so geheimnisvoll, oder?«

»Gar nicht«, sagt Steven und schiebt sich einen großen Bissen in den Mund.

Wie in Zeitlupe zermalmen seine breiten Kiefer das Essen. Mein Blick bleibt an ihm hängen.

»Was ist?« Steven lacht und wischt sich die Lippen mit der Stoffserviette ab.

»Nichts.«

Auch ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen.

Aber ich weiß ehrlich gesagt nicht, was los ist.

Als der Seehecht aufgegessen ist, haben wir alles abgehandelt – von der globalen Erwärmung und Greta Thunberg bis zu MeToo und Dylans Nobelpreis. Auch wenn Steven bei vielen Themen feste Meinungen zu haben scheint (die globale Erwärmung muss in erster Linie durch die Vereinten Nationen und China gestoppt werden, MeToo war auf Systemebene dringend nötig, aber Volkstribunale taugen nichts, und obwohl Bob Dylan der beste Rockpoet der Welt ist, sollte der Nobelpreis an richtige Schriftsteller gehen, die richtige Bücher schreiben), lässt er mich immer ausreden und wirkt aufrichtig, als er sagt, dass er durchaus willens sei, seine Ansichten noch einmal zu überdenken.

»Entschuldigst du mich einen Moment?«, fragt er und schiebt seinen Stuhl nach...

Erscheint lt. Verlag 1.3.2023
Übersetzer Annika Krummacher
Sprache deutsch
Original-Titel En Familjetragedi
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 2023 • Affäre • Der unschuldige Mörder • Die Bosheit • Die Lüge • Doppelmord • eBooks • Familie • Krimi • Kriminalromane • Krimi neuerscheinung 2023 • Krimis • Lund • Netflix Buch zur Serie Die Lüge • Netflix Serie Die Lüge 2023 • Neuerscheinung • Online Dating • psychologische Spannung • Psychothriller • Schweden • Schwedenkrimi • Skandinavische Krimis • skandinavische Spannung • Spiegel Bestsellerautor • Thriller
ISBN-10 3-641-29385-5 / 3641293855
ISBN-13 978-3-641-29385-7 / 9783641293857
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