Schwestern des Sturms (eBook)

Roman - Der New-York-Times-Bestseller
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
384 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-27599-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schwestern des Sturms -  Chanel Cleeton
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Wenn der Sturm aufzieht
Florida 1935: Am Labor Day Weekend kreuzen sich in Key West die Wege dreier junger Frauen. Helen ist Kellnerin in einem Café und erwartet ihr erstes Kind, doch ihr Mann ist ein alkoholsüchtiger Schläger. Mirta ist auf dem Weg in die Flitterwochen mit einem Mann, den sie nur geheiratet hat, weil er ihre Familie beschützen kann. Elizabeth ist auf der Suche nach ihrem Halbbruder, der sich in einem der Veteranencamps hier aufhalten soll. Mit seiner Hilfe will sie ihrer Verlobung mit einem New Yorker Kriminellen entkommen. Als ein mächtiger Hurrikan die Inseln erreicht, werden die Leben der drei Frauen mit ungeahnter Wucht durcheinandergewirbelt. Und plötzlich ist nichts mehr so, wie es mal war ...

Chanel Cleetons Familie stammt ursprünglich aus Kuba. Sie selbst wuchs in Florida auf, bevor sie für das Studium der Internationalen Beziehungen nach England ging. An der Londoner School of Economics & Political Science machte sie schließlich ihren Masterabschluss in Internationaler Politik.

1


Samstag, 31. August 1935
Helen


Ich habe mir den Tod meines Mannes tausendmal vorgestellt. Die Szene beginnt immer auf dem Boot. Die Wellen wogen, und der Wind weht. Er stürzt über Bord und ins Meer, das Wasser reißt ihn fort. Sein Kopf tanzt in einem Mahlstrom aus Türkis und Blau. Das Boot schwankt hin und her, mitten im Ozean, ohne eine Menschenseele in der Nähe, die ihm zu Hilfe eilen könnte.

Manchmal überfällt mich das Bild bei der täglichen Hausarbeit, beim Wäscheaufhängen. Die weißen Laken flattern in der Brise, der Geruch von Lauge liegt in der Luft. Mitunter lasse ich mich darauf ein, und meine Gedanken tragen mich fort. Ich träume vor mich hin, während ich den Fisch brate, den Tom fängt, wenn er mit der Helen hinausfährt. Mit dem Schiff, mit dem ich zwei Dinge gemeinsam habe: den Namen und die Tatsache, dass unsere besten Tage längst hinter uns liegen.

Hin und wieder kommen die Bilder im Schlaf über mich. Ich werde wach. Meine scharfen und unregelmäßigen Atemzüge vermischen sich mit dem Schnarchen meines Mannes, der neben mir schläft. Sein behaarter Arm liegt über meiner Taille, sein Atem fühlt sich heiß an auf meinem Nacken, der Geruch von Gin sickert aus seinen Poren.

Heute habe ich wieder davon geträumt, und als ich aufwache, hält mich kein Arm fest. Der Platz neben mir ist leer. Die Matratze weist eine Vertiefung auf, dort, wo der Körper meines Mannes lag.

Wie konnte ich nur verschlafen?

Ich ziehe mich schnell an, erledige meine Morgenrituale im Badezimmer. Sehe ich hübsch aus? Bin ich nicht zu sehr herausgeputzt? Der Verlauf unseres Tages hängt von diesem frühen Morgen ab, lange vor Sonnenaufgang, bevor Tom aufs Meer hinausfährt.

Wenn Tom glücklich ist und das Wetter gut, wenn er reichlich Fisch fängt und ich tue, was ich soll, wird es ein passabler Tag. Wenn Tom nicht glücklich ist …

Eine Welle von Übelkeit überfällt mich. Schmerz pulsiert in meinem Bauch, setzt sich im unteren Rücken fest. Ich muss mich an der Wand des Schlafzimmers abstützen. Das Baby tritt, und ich schiebe meine Hand nach unten, um die Bewegung abzufangen.

In den letzten Wochen ist das Baby aktiver geworden. Es rollt herum und schlägt um sich, strebt mit Macht in die Welt hinaus. Der Geburtstermin rückt näher.

Die Übelkeit lässt nach. Ich richte mich wieder auf. Der Schmerz vergeht so schnell, wie er gekommen ist.

Rasch gehe ich vom Schlafzimmer in den Wohnbereich unseres Häuschens. Tom sitzt am Tisch in einer Ecke des offenen Raums, der als Küche, Wohn- und Esszimmer dient.

Als Tom mich nach unserer Hochzeit vor neun Jahren zum ersten Mal hierherbrachte, erschien mir das Haus als der perfekte Ort, um unser gemeinsames Leben zu beginnen. Als das Zuhause, in dem unsere Familie wachsen würde.

Ich schrubbte jeden Zentimeter, bis alles glänzte, und durchkämmte die Strände, während Tom auf See war. Dort fand ich alle möglichen interessanten Dinge, die von Bootsfahrern und Schmugglern über Bord geworfen worden waren. Daraus machte ich Möbel, denn kaufen konnten wir uns keine. Der Esstisch, hinter dem Toms Gestalt aufragt, war einst eine Kiste, die wahrscheinlich geschmuggelte Flaschen enthalten hatte, und stammte aus Zeiten, in denen Alkohol illegal war.

Früher putzte ich voller Stolz, rackerte für unsere Zukunft. Heute sehe ich bloß noch den Verlust von allem, was hätte sein können. Das Haus, in das ich so viele Träume gesteckt habe, ist nur ein weiteres Versprechen, das unerfüllt blieb.

Dielenbretter fehlen, außen blättert Farbe ab. Schädlinge und Ungeziefer drängen in unseren Lebensraum, nisten sich in sämtlichen Ecken und Spalten ein. Die Nähe zum Wasser ist das Einzige, was man schön nennen könnte. Nicht einmal fünfzehn Meter sind es dorthin.

Toms Boot ist in der Bucht nebenan festgemacht. Wenn er auf See ist, wirkt das Haus gemütlich. Die Mangroven um uns herum schützen uns vor der Außenwelt. Wenn Tom zu Hause ist, fühlt es sich an, als packten mich ein Paar Hände am Hals.

»Ein Sturm zieht auf«, brummt er mit dem Rücken zu mir.

Durch das zusätzliche Gewicht des Babys sind meine Schritte schwerer als gewöhnlich. Sie kündigen meine Anwesenheit an, bevor ich bereit bin, ihm gegenüberzutreten. Sein Stuhl steht so, dass er aus dem Fenster auf das Meer blicken kann. Für einen Fischer ist das Wetter das Wichtigste.

»Ein Unwetter auf den Bahamas«, fügt er hinzu. In seiner Stimme schwingt Schläfrigkeit mit und ein unmöglich zu beschreibender Unterton, der sich im Laufe unserer Ehejahre entwickelt hat. »Ist bald da.«

Es war Toms Liebe zum Meer, die mich zuerst an ihm faszinierte. Die Art und Weise, wie das Wasser an seiner Haut klebte. Der schwache Geschmack von Salz auf seinen Lippen, wenn er sich einen Kuss stibitzte. Der Wind in seinem Haar. Das Gefühl des Abenteuers, wenn er mit seinem Boot hinausfuhr. Ich war jung. Erst fünfzehn, als wir uns kennenlernten, und sechzehn, als wir heirateten. Ich fühlte mich von Dingen angezogen, die mir damals harmlos erschienen. Von seinen großen Händen, den Muskeln und Sehnen seiner gebräunten Unterarme, den breiten Schultern aus Zeiten, in denen er Kisten fragwürdiger Herkunft geschleppt hatte. Ich hielt ihn für einen Mann, der mich beschützen würde. Ein weiteres gebrochenes Versprechen.

»Wird das Wetter schlimm?«, frage ich.

Hier unten, in dieser Ecke der Welt, erleben wir ständig schwere Stürme. Zum Glück gab es in letzter Zeit keine extremen Unwetter, doch ich erinnere mich an einen bösen Hurrikan auf Key West. Damals war ich noch ein Kind gewesen. Zwar ist niemand gestorben, aber der Wind blies das Haus meiner Eltern um. Das Wasser drohte es zu verschlingen. Ich hatte schreckliche Angst.

»Niemand glaubt, dass es richtig schlimm wird«, antwortet Tom. »Im Radio sagte einer vom Wetterdienst, dass das Unwetter uns verschonen wird.«

»Fährst du raus?« Ich bemühe mich sehr, halbwegs fröhlich zu klingen. Ihn nicht mit der Frage zu bedrängen, wohin er gehen oder was er tun wird, habe ich inzwischen gelernt. In Zeiten wie diesen tut ein Mann alles Mögliche, um Essen auf den Tisch zu bringen.

Tom grunzt. Das heißt Ja.

Ich gehe zur Arbeitsplatte und achte darauf, dass mein Körper nicht in seiner Reichweite ist. Meine Hüfte berührt einen der Knöpfe am Herd. Mein Fuß streift den Kühlschrank.

In einem beengten Häuschen, in einer beengten Ehe, lernt man, den Raum um sich herum als eine Art Puffer zu nutzen, sich geschmeidig und flexibel zu verhalten und sich dem Willen eines anderen zu beugen.

Doch mein Körper hat sich verändert. Mein Bauch ist aufgebläht, meine Gliedmaßen bewegen sich schwerfällig. Ich musste die Kunst neu erlernen, so wenig Raum wie möglich einzunehmen – für mich und das Baby. Man kann nicht flink sein, wenn man das Gewicht eines anderen mit sich trägt.

Ich stelle Tom sein Frühstück hin.

Er umklammert mein Handgelenk und übt genau das richtige Maß an Druck aus, dass ich zusammenzucke, aber nicht genug, dass ich zu Boden stürze. Der Zustand unserer Beziehung zeigt sich nicht nur im äußerlichen Zustand des Hauses. Auch ich trage Spuren.

»Warum willst du wissen, ob ich rausfahre?«, herrscht er mich an.

»Ich … ich mache mir Sorgen. Wenn das Wetter schlecht wird, ist das gefährlich.«

Er festigt seinen Griff, seine Fingernägel graben sich in meine Haut. »Glaubst du etwa, ich kenne mich mit dem Meer nicht aus? Ich habe schon als Kind in diesen Gewässern gefischt.«

Mein Handgelenk pocht. Als der Schmerz über mich hereinbricht, rollt eine Hitzewelle über mich hinweg. Meine Knie knicken unter dem Gewicht meines Bauches und dem Druck seiner Finger ein.

Ich greife mit meiner freien Hand nach der Tischkante. »Ich weiß. Es ist das Baby. Es kommt bald. Ich bin nur nervös. Tut mir leid …«

Sobald der Schmerz in mir aufsteigt, finde ich nicht die richtigen Worte und plappere unsinnige Dinge daher. Hauptsache, er lässt mich … uns … los. Ich will verhindern, dass es eskaliert, dass Schlimmeres dabei herauskommt als Blutergüsse an meinem Handgelenk.

Tom murmelt: »Frauen.« Dann entlässt er mich aus seinem Griff.

Mein Handgelenk schmerzt.

Er lenkt seine Aufmerksamkeit auf das Essen, das ich für ihn zubereitet habe. Energisch schaufelt er die Pfannkuchen aus Maisgrütze in sich hinein, der Zorn ist für einen Moment vergessen.

Während er isst, gehe ich meiner morgendlichen Routine nach und räume die Küche auf. Ich schlüpfe in einen Tagtraum hinein wie in ein abgetragenes Kleid.

Auf einmal reißen mich Geräusche heraus. Seine Gabel kratzt über den Teller, der Stuhl rutscht über den Boden, seine schweren Schritte stapfen in Richtung Tür, und dann bin ich wieder allein in dem Häuschen auf Stelzen.

***

Ich gehe von unserem Haus zu dem Restaurant, in dem ich als Kellnerin arbeite, meine Füße beschreiten den vertrauten sandigen Weg. Unterwegs komme ich an langen Reihen von Männern vorbei, die versuchen, Arbeit für den Tag zu ergattern. Ich habe das Glück, dass ich meinen Job bei Ruby behalten konnte, obwohl die Depression andauert und die Menschen kaum Arbeit finden, gerade die Frauen. Aber Ruby ist ein loyaler Mensch, und sie hat in guten wie in schlechten Zeiten zu mir gehalten.

Als »südlichste Stadt« der Vereinigten Staaten liegt Key West auf der gleichnamigen Insel, dem allerletzten Zipfel Land. Weiter kann man nicht gehen, sonst steht man im Wasser. Die besondere geographische Situation lockt alle...

Erscheint lt. Verlag 12.4.2023
Reihe/Serie Die Kuba-Saga
Übersetzer Stefanie Fahrner
Sprache deutsch
Original-Titel The Last Train to Key West
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte 2023 • Bücher für den Strand • Bücher für den Urlaub • eBooks • Familiensaga • Frauenromane • Frauenschicksal • Historische Liebesromane • Historische Romane • Hurrikan • Key West • Kuba • Liebesroman • Liebesromane • Mafia • Neuerscheinung • New-York-Times-Bestseller • Reese Witherspoon • Sommerbücher • Urlaubslektüre • Veteranen
ISBN-10 3-641-27599-7 / 3641275997
ISBN-13 978-3-641-27599-0 / 9783641275990
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