Der Knochensplitterpalast (eBook)

Die Tochter
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
544 Seiten
Penhaligon (Verlag)
978-3-641-27038-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Knochensplitterpalast -  Andrea Stewart
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Ein böser Kaiser erweckt Monster zum Leben, um sein Reich zu knechten - und seine eigene Tochter wird ihn aufhalten ... Die große High Fantasy-Saga aus den USA!
Lin ist die Tochter des Kaisers und Erbin des Phönixreiches. Ihr tyrannischer Vater jedoch versklavt seine Untertanen und erschafft schreckliche Monster - mithilfe der geheimnisvollen Knochensplittermagie. Doch die Gabe, diese zu wirken, hat Lin durch eine Krankheit verloren, und seitdem versucht ihr Vater, sie als Thronfolgerin zu entmachten. Gefangen in einem Palast voller Geheimnisse und verschlossener Türen will Lin heimlich die Knochensplittermagie wiedererlernen - um ihren grausamen Vater und seine entsetzlichen Kreationen zu stoppen. Doch als die Revolution die Tore ihres Palastes erreicht, muss Lin entscheiden, ob sie ihr Geburtsrecht einfordert - oder ihr Volk rettet.

Der Auftakt zur fesselnden High Fantasy-Reihe, in der eine starke Frau über Sieg oder Niederlage eines Reiches entscheiden muss.

Alle Bände der Reihe:
1. Der Knochensplitterpalast - Die Tochter
2. Der Knochensplitterpalast - Der Kaiser
3. Der Knochensplitterpalast - Der Krieg

Andrea Stewart ist die Tochter von Einwanderern und wuchs an verschiedenen Orten in den Vereinigten Staaten auf. Ihre Eltern legten großen Wert auf Wissenschaft und Bildung, so dass sie ihre Kindheit mit Star Trek und alten Büchern aus der Bibliothek verbrachte. Als ihr (zugegebenermaßen ehrgeiziger) Traum, eine Drachentöterin zu werden, nicht in Erfüllung ging, wandte sie sich stattdessen dem Schreiben von Büchern zu. Heute lebt sie im sonnigen Kalifornien, wo sie nicht nur schreibt, sondern auch Katzen hütet, Vögel beobachtet und sich in jedes Abenteuer stürzt, das ihr in den Weg kommt.

Kapitel 1


Lin


Kaiserinsel


Vater sagte mir, ich sei kaputt.

Er drückte seine Enttäuschung zwar nicht mit Worten aus, aber ich erkannte sie in seinen zusammengekniffenen Augen, an der Art, wie er seine ohnehin hohlen Wangen einsaugte, und auch daran, wie sich sein linker Mundwinkel halb vom Bart verdeckt ein klein wenig nach unten verzog.

Er hatte mir beigebracht, die Gedanken anderer Menschen an ihren Gesichtern abzulesen. Und er wusste, dass ich wusste, was in ihm vorging. Also bedeutete es für uns beide so viel, als hätte er es laut ausgesprochen.

Die Frage hatte gelautet: »Mit wem bist du in deiner Kindheit am engsten befreundet gewesen?«

Meine Antwort: »Ich weiß es nicht.«

Ich konnte so schnell laufen, wie ein Spatz flog, und ebenso geschickt mit einem Abakus rechnen wie die besten Buchhalter des Reiches. Außerdem war ich in der Lage, innerhalb der Zeitspanne, die eine Tasse Tee zum Ziehen benötigte, sämtliche bekannten Inseln aufzuzählen. Aber ich erinnerte mich nicht an die Zeit vor der Krankheit. Manchmal glaubte ich, sie würde mir nie mehr einfallen und dass das Mädchen von damals für immer verloren war.

Vaters Stuhl knarzte, als er das Gewicht verlagerte und langsam den Atem ausstieß. Er klopfte mit einem Messingschlüssel auf die Tischplatte. »Wie kann ich dir meine Geheimnisse anvertrauen und dich zu meiner Nachfolgerin bestimmen, wenn du nicht mal weißt, wer du bist?«

Ich wusste ganz genau, wer ich war. Ich war Lin, die Tochter des Kaisers. Innerlich schrie ich diese Worte, aber sie kamen mir nicht über die Lippen. Im Gegensatz zu meinem Vater verbarg ich meine Gedanken hinter einer nichtssagenden Miene. Manchmal mochte er es, wenn ich ihm die Stirn bot, aber nicht in diesem Fall, nicht, wenn es um meine Vergangenheit ging.

Ich gab mir alle Mühe, nicht den Schlüssel anzustarren. »Stell mir noch eine Frage«, sagte ich.

Die salzige Meeresbrise, die an den Fensterläden rüttelte, roch nach Seegras und fermentiertem Fisch. Als sie mir über den Nacken strich, musste ich ein Schaudern unterdrücken. Ich hielt Vaters Blick stand und hoffte, dass er die Angst in meinen Augen nicht bemerkte und stattdessen nur meine stählerne Entschlossenheit wahrnahm. Denn es lag nicht nur der Geruch von Fischbottichen, sondern unverkennbar auch Rebellion in der Luft. Ich würde sie abwenden können, wenn ich die Möglichkeit dazu hätte. Wenn er mich nur ließe.

Klopf.

»Na dann«, sagte Vater. Die hinter ihm aufragenden Teakholzsäulen rahmten sein verwittertes Gesicht ein, sodass er eher wie ein Unheil verkündendes Porträtbild als wie ein lebendiger Mensch aussah. »Du hast Angst vor Seeschlangen. Wieso?«

»Ich bin als Kind mal von einer gebissen worden«, erwiderte ich.

Ich hielt bewusst nicht den Atem an, während er mein Gesicht musterte. Dann merkte ich, dass ich die Finger verschränkte, und nahm die Hände wieder auseinander. Es war, als wäre ich ein Berg und er schlüge das Gestein um die Pfahlwurzeln des Wolkenwacholders weg, um meinen weißen kalkhaltigen Kern zu finden.

Und schließlich entdeckte er ihn.

»Lüg mich nicht an, Mädchen«, knurrte er. »Hör auf zu raten. Du magst zwar mein eigen Fleisch und Blut sein, aber das macht dich noch nicht zwangsläufig zu meiner Erbin. Schließlich kann ich auch meinen Ziehsohn zum Thronfolger ernennen.«

Leider konnte ich mich nicht daran erinnern, ob mir dieser Mann jemals über die Haare gestrichen und einen Kuss auf die Stirn gegeben hatte. Hatte er mich geliebt, als ich noch ganz – und nicht kaputt – gewesen war? Wie gern hätte ich jemanden gehabt, den ich danach hätte fragen können, jemanden, der mir Antworten gegeben hätte. »Vergib mir.« Ich beugte den Kopf. Dabei fielen mir meine schwarzen Haare wie ein Vorhang über die Augen, und ich warf einen verstohlenen Blick auf den Schlüssel.

Die meisten Türen im Palast waren zugesperrt. Vater hinkte von einem Raum zum nächsten und wirkte mit seiner Knochensplittermagie Wunder. Und diese Magie brauchte ich, wenn ich regieren wollte. Bislang hatte ich sechs Schlüssel errungen. Der Ziehsohn meines Vaters, Bayan, besaß sieben. Manchmal fühlte sich mein ganzes Leben wie eine einzige Prüfung an.

»Na schön«, sagte Vater und ließ sich auf seinen Stuhl zurücksinken. »Du darfst gehen.«

Ich erhob mich, doch dann zögerte ich. »Wann wirst du mich in deiner Knochenmagie unterweisen?« Ohne seine Antwort abzuwarten, fuhr ich fort: »Du sagst zwar, dass du Bayan zum Thronfolger bestimmen kannst, aber bisher hast du es noch nicht getan. Ich bin also nach wie vor deine Erbin, und ich muss wissen, wie du die Konstrukte kontrollierst. Ich bin dreiundzwanzig, und du …« Ich hielt inne, da ich nicht wusste, wie alt er war. Er hatte Altersflecken auf den Handrücken, und seine Haare waren stahlgrau. Ich hatte keine Ahnung, wie lange er noch zu leben haben mochte. Doch ich stellte mir vor, wie er sterben und mich unwissend zurücklassen würde. Unfähig, das Kaiserreich vor den Alanga zu beschützen, und ohne Erinnerungen an einen Vater, dem etwas an mir lag.

Er hustete gedämpft in seinen Ärmel. Sein Blick zuckte zu dem Schlüssel hinüber, und seine Stimme wurde weich. »Sobald du wieder eine vollständige Person bist.«

Ich verstand ihn nicht, erkannte aber die Schwachstelle. »Bitte«, sagte ich. »Was ist, wenn ich nie wieder vollständig sein werde?«

Er sah mich an, und sein trauriger Blick nagte wie ein Zahn an meinem Herzen. Meine Erinnerungen reichten fünf Jahre zurück. Davor war alles ein einziger Nebel. Ich hatte etwas Kostbares verloren. Wenn ich doch bloß wüsste, was es gewesen war. »Vater, ich …«

Es klopfte an der Tür, und er wurde wieder so kalt wie ein Stein.

Ich verfluchte Bayan, als er unaufgefordert mit hängenden Schultern hereingeschlichen kam. Wäre er jemand anders gewesen, ich hätte seinen Gang für zögerlich gehalten, tatsächlich wirkte er jedoch wie eine jagende Katze. Er trug eine Lederschürze über seiner Tunika, seine Hände waren blutverschmiert. »Ich bin mit dem Umbau fertig«, sagte er. »Ihr wolltet, dass ich sofort zu Euch komme, nachdem ich alles erledigt hätte.«

Hinter Bayan trippelte ein Konstrukt herein. Seine kleinen Hufe klickten auf dem Boden. Abgesehen von seinem geringelten Affenschwanz und den langen Fangzähnen sah es wie ein Reh aus. Aus den Schultern ragten ihm zwei kleine Flügel. Das Fell um sie herum war blutig.

Vater drehte sich auf dem Stuhl herum und legte dem Geschöpf eine Hand auf den Rücken. Es sah ihn mit großen feuchten Augen an.

»Schlampig«, urteilte Vater. »Wie viele Splitter hast du verwendet, um ihm den Folgebefehl einzupflanzen?«

»Zwei«, antwortete Bayan. »Einen, um es dazu zu bringen, dass es mir folgt, und einen zweiten, mit dem ich es wieder anhalte.«

»Es sollte aber nur einer sein«, sagte Vater. »Solange du es ihm nicht verbietest, folgt dir das Konstrukt überallhin. Der dazu nötige Befehl steht in dem ersten Buch, das ich dir gegeben habe.« Er hob einen der Flügel an und zog daran. Als er ihn wieder losließ, sank er langsam auf die Flanke des Wesens zurück. »Deine Konstruktion ist allerdings exzellent.«

Bayan sah zur Seite, und ich schaute ihm in die Augen. Keiner von uns beiden wollte den Blick abwenden. Das war ein ständiger Wettkampf. Seine Augen wirkten schwärzer als meine, sein Lächeln betonte den Schwung seiner Lippen. Er war wohl hübscher, als ich es je sein würde, doch ich hielt mich für die Klügere von uns beiden, und das war schließlich das Einzige, was wirklich zählte. Anstatt seine Gefühle zu verbergen, trug Bayan seine Verachtung für mich so deutlich vor sich her, wie ein Kind seine Lieblingsmuschel herumzeigen würde.

»Versuch es noch einmal mit einem neuen Konstrukt«, sagte Vater.

Bayan schlug die Augen nieder. Sieh mal an, dieses kleine Kräftemessen hatte ich also gewonnen.

Vater griff in die Kreatur hinein. Ich hielt den Atem an. Das hatte ich ihn erst zweimal tun sehen. Zumindest erinnerte ich mich nur an zwei Male. Das Wesen blinzelte lediglich ruhig, während Vaters Faust bis zum Handgelenk in ihm verschwand. Dann zog er die Hand wieder heraus, und das Konstrukt erstarrte, als wäre es zu einer Statue geworden.

Vater hielt zwei kleine Knochensplitter. An seinen Fingern klebte kein Blut. Er ließ die Knochen in Bayans Hand fallen. »Geht jetzt, beide.«

Ich war schneller an der Tür als Bayan. Vermutlich erhoffte er sich mehr als nur harsche Worte. Ich dagegen war an Vaters Kritik gewöhnt und hatte außerdem noch etwas vor. Draußen im Korridor hielt ich Bayan die Tür auf, damit er sie nicht mit seinen blutigen Händen anfassen musste. Vater achtete sehr auf Sauberkeit.

Während Bayan an mir vorüberging, sah er mich an. Der Luftzug, den er erzeugte, roch nach Kupfer und Weihrauch. Er war nur der Sohn eines kleinen Inselgouverneurs und konnte sich glücklich schätzen, dass Vater ihn überhaupt entdeckt und zu sich genommen hatte. Bayan hatte die Krankheit mitgebracht, irgendein exotisches Leiden, das im Zentrum des Reiches unbekannt war. Man hatte mir gesagt, ich sei kurz nach seiner Ankunft daran erkrankt und nicht lange nach ihm wieder genesen. Aber Bayan hatte nicht so viele Erinnerungen verloren wie ich und einen Teil seines Gedächtnisses auch schon wiedergefunden.

Sobald er um die Ecke gebogen war, wirbelte ich herum und rannte zum Ende des Korridors. Als ich die Fensterläden entriegelte, konnte ich gerade noch verhindern, dass sie an die Wand krachten. Die Ziegeldächer sahen wie Berghänge aus....

Erscheint lt. Verlag 12.4.2023
Reihe/Serie Drowning Empire
Übersetzer Urban Hofstetter
Sprache deutsch
Original-Titel Bone Shard Daughter
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte 2023 • Alix E. Harrow • All Age Neuerscheinungen 2023 • Alle Age • Asia Fantasy • Asian Fantasy • Bone Shard Daughter • crescent city • Das Reich der Asche • diverse fantasy • Drowning Empire • eBooks • epische Fantasy • Fantasy • fantasybooktok • Fantasy für Erwachsene • Fantasy Neuerscheinung 2023 • Fantasy-Trilogie • forced proximity • High Fantasy • Iron Widow • Kevin Hearne • Magie • Monster • Neuerscheinung • Pageturner • Pageturner USA • Realm Breaker • Sarah J. Maas • starke Heldin • tyrannischer Herrscher • Vater-Tochter-Beziehung • Victoria Aveyard
ISBN-10 3-641-27038-3 / 3641270383
ISBN-13 978-3-641-27038-4 / 9783641270384
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 4,4 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich