Sagenhaftes - Alte Sagen neu erzählt Band 1 (eBook)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
200 Seiten
Papierfresserchens MTM-Verlag
978-3-99051-101-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Sagenhaftes - Alte Sagen neu erzählt Band 1 -  Martina Meier
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Geschichten von verwunschenen Orten, von Riesen, von zauberhaften Kräften oder Göttern auf dem Olymp - unsere neue Buchreihe 'Sagenhaftes - Alte Sagen neu erzählt' entführt ihre Leserinnen und Leser in magische Welten, bei denen man sich immer wieder fragt: 'Ist das tatsächlich so geschehen?' Wie viel Wahrheit in den von unseren Autorinnen und Autoren zusammengetragenen Sagen und Legenden tatsächlich steckt, wissen wir natürlich nicht. Wir hoffen aber, dass alle, die dieses Buch zur Hand nehmen, ebenso viel Freude an den poetischen, modernen, klassischen Erzählungen haben werden wie wir. Tauchen Sie also mit uns ein in die Welt der Nibelungen, besuchen Sie die Bürger Bambergs im Mittelalter, erklimmen Sie den Olymp oder leiden Sie mit den unglücklichen Paaren, die nicht zueinanderfinden können, weil es das Schicksal verhindert.

Herausgeberin Martina Meier studierte Literaturwissenschaft, Publizistik und Politik in Münster und Mainz; Magister Artium. Die Erfolgsautorin und versierte Journalistin initiierte 2004 das Papierfresserchen-Projekt und gründete 2006 das Redaktions- und Literaturbüro MTM und 2007 gemeinsam mit ihrem Mann Papierfresserchens MTM-Verlag. Im September 2014 folgte die Gründung des Herzsprung-Verlags, 2021 gründete sie CAT creativ.

Herausgeberin Martina Meier studierte Literaturwissenschaft, Publizistik und Politik in Münster und Mainz; Magister Artium. Die Erfolgsautorin und versierte Journalistin initiierte 2004 das Papierfresserchen-Projekt und gründete 2006 das Redaktions- und Literaturbüro MTM und 2007 gemeinsam mit ihrem Mann Papierfresserchens MTM-Verlag. Im September 2014 folgte die Gründung des Herzsprung-Verlags, 2021 gründete sie CAT creativ.

*

Die weiße Frau vom Bodensee


Eine Sage vom Bodensee

Aurelia ließ ihre Hand durch das Wasser fahren. Ihr Vater steuerte das kleine Fischerboot über den Bodensee, das Segel fing den Wind ein und sorgte für flotte Fahrt. Aurelias Finger glitten in das kühle Nass und mit der nächsten Welle wieder hinaus. Sie fühlte den See, für sie besaß er eine Seele, war ein lebendiges Wesen.

Den anderen Arm hatte sie auf den Rand des Bootes gelegt, das Kinn ruhte auf dem Unterarm und ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie hatte an diesem Tag Johann gesehen auf dem See. Ach, sie liebte den einfachen, abenteuerlichen Fischer aus Meersburg. Er war halt vom anderen Ufer des Sees, von der anderen Seite. Aber durch ihre Hilfe auf dem Fischerboot ihres Vaters lernte Aurelia ihren Johann kennen und lieben. Natürlich nur im Geheimen. So eine Verbindung hätte ihr Vater nie gebilligt. Trotzdem hegte sie die Hoffnung, dass sie ihre Liebe irgendwann doch ausleben dürften. Eine Hoffnung, die noch am selben Abend zerschlagen werden würde.

„Ich werde diesen Trottel nie und nimmer heiraten“, schrie sie. Mit hochrotem Kopf starrte sie ihre Eltern an. „Ich kenne ihn nicht, ich will ihn nicht kennenlernen. Ich hasse ihn.“

Armin schaute seine Frau an und blickte dann zu Boden, den Blickkontakt mit seiner Tochter Aurelia hielt er nicht aus. Diese schnaubte schließlich und stürmte aus der kargen Küche, dem einzigen, geheizten Raum der Fischerhütte. Hätten sie 1000 Jahre später gelebt, hätte er wahrscheinlich geseufzt und resigniert Teenager gedacht. Aber sie lebten nun halt in tiefer Vergangenheit unter der knüppelharten Herrschaft der Habsburger und der arme Fischer kämpfte nicht nur mit den viel zu hohen Abgaben an die Herrscher, sondern auch noch mit der Halsstarrigkeit seiner Tochter. Früher, als er noch jung war, hatten die Kinder einfach gemacht, was die Eltern gesagt hatten. Aber heute war das ganz anders. Armin schüttelte verzweifelt den Kopf. Er musste seine Tochter in die Habsburgerfamilie einheiraten, jetzt, wo sich die Gelegenheit bot. Der junge Adalbert, die ach so hochwohlgeborene Rotzgöre des Vogts, hatte Avancen gemacht. Sehr zum Missfallen der jungen Burschen aus dem Dorf. Denn Aurelia war das hübscheste Mädchen am Nordwestufer des Bodensees. Miese Verräter wurden sie gescholten und Abtrünnige. Aber was sollte er tun? Die Fischbestände im See waren zurückgegangen und wenn er einen guten Fang einholte, formte der Herzog links schon eine hohle Hand und rechts eine Faust. Und die Familie war Armin näher als die tratschenden Dorfbewohner, also hatte er dem Pakt mit dem Teufel zugesagt und der Heirat seiner Aurelia mit diesem Adalbert zugestimmt. Das würde sie von den Steuern befreien und ihnen als Familie noch allerhand weitere Vorteile bringen.

Armin trat von einem Fuß auf den andern, blickte seine Frau an und entschloss sich dann doch, seiner Tochter zu folgen. Doch Anita hielt ihn am Arm fest und schüttelte den Kopf. Sie spürte, wie sich seine Muskeln entspannten und sein Schultern sanken.

„Gib ihr etwas Zeit“, hauchte sie mit gebrochener Stimme und schluckte ein Schluchzen hinunter. Wie hatten sie sich auch nur so entscheiden können. Ihre geliebte Tochter diesem Adalbert, diesem Habsburger anzuvertrauen. Diesem Fremdling, einem Eindringling in diesen friedlichen, heimischen Hügeln. Doch es ging nicht anders. Es war nicht mehr wie früher, als man noch gut leben konnte von Felchen, Brachsen und Saiblingen. Der Vogt verlangten immer mehr und genau einer dieser Blutsauger sollte nun die Rettung bringen. Die Ironie des Schicksals hätte nicht härter zuschlagen können. Natürlich war es Armin gewesen, der die Idee hatte. Und Anita hatte keine Ahnung, wie sie das Ganze hätte abwenden können, schließlich wusste sie um die missliche Lage und es gab einfach keine Alternative.

Bald waren alle Vorbereitungen getroffen, der Vogt hatte für die Hochzeit seinen Burghof oberhalb des Bodensees festlich geschmückt, Blumen, Tücher, wehende Fahnen. Aurelia stand an eine Säule gelehnt und starrte hinaus auf das spiegelglatte Wasser des Sees. Sehnsuchtsvoll Richtung Meersburg, Richtung Johann. Ihr weisses Kleid flatterte rein und unschuldig in der kühlen Brise, der Schleier lang und wild. Hinter ihr wuselten die Bediensteten herum, um noch an den letzten Details zu schleifen. Sie drehte sich um und sah, wie die edlen Gäste eintrafen, sich in unehrlichen Höflichkeiten ergaben und sich schier überschlugen, um sich beim Vogt einzuschleimen. Sie erkannte ihren Vater und ihre Mutter, abseits, am Rande des Parks. Sie passten in die Szene wie zwei gerupfte Hühner in ein Pfauengehege. Und über dem Geschehen zogen große, dunkle Wolken auf.

Auf der anderen Seite des Sees lehnte Johann an einer ähnlichen Säule und blickte über den See, ob er nicht ein Zeichen der Hoffnung, ein Zeichen Aurelias ausmachen könnte. Das Wissen um ihre Vermählung zerriss ihm das Herz. Er hieb mit seiner Faust auf die steinerne Säule ein und diese platzte an den Knöcheln auf. Der Blutfleck glich einem düsteren Zeichen und Johann starrte ihn an, nur kurz, ein paar Sekunden. Dann hob er seinen Blick zu den dunklen Wolken, die über der Burg des Vogtes thronten, verstand und hastete davon. Er musste zu seinem Boot, raus auf den See, ihr entgegen.

Dann kam der Moment, vor dem Aurelia sich so gefürchtet hatte. Sie musste sich in einer Kammer der Burg bereit machen für die Trauung, die Verbindung mit diesem Ekel. Sie hatte ihn erst einmal gesehen, aber das hatte gereicht. Dunkles, fettiges Haar, als Krone eines pickligen Gesichts, aufgepfropft auf einen hageren Körper, getragen von zwei dürren Stelzen. Adalbert. Sie blickte durch die Luke und da stand er, vor dem Altar. Er grübelte mit seinem Zeigefinger in der Nase und wartete wohl auf sie.

Dann erblickte Aurelia ihre Mutter, Tränen liefen ihr über die geröteten Wangen, ihr Vater hatte seinen Blick gesenkt. Aurelia schluchzte und fixierte die beiden. Eine Wärme erfüllte sie. Ihre Eltern sahen so klein und verloren aus, sie liebte sie dermaßen. Dann hob ihr Vater den Kopf, blickte ihr genau in die Augen und nickte ihr kaum merklich zu. Dabei lächelte er sanft. Aurelia lächelte zurück. Gleich darauf wandte sie sich plötzlich ab und floh. Floh aus der Burg, aus dem Park, aus diesem vorbestimmten, unglückseligen Leben. Sie stolperte hastig die Treppen hinunter zum See. Hinter sich hörte sie das wilde Gerangel der Gesellschaft, die ihr Verschwinden wohl unterdessen bemerkt hatte. Doch sie drehte sich nicht um.

Am See angekommen, suchte sie mit wachem Blick das Ufer ab, eine Strähne wild im Gesicht. Lachte los. Sie rannte dem Quai entlang, bis sie das kleine, altbekannte Fischerboot ihres Vaters entdeckte. Ohne zu zögern, schob sie es in den See und sprang geschickt an Bord. Sie hisste das kleine Segel und blickte nach oben. Wachsende Wolkentürme verdunkelten den Himmel und Aurelia richtete das Segel aus.

Hinter ihr am Ufer versammelten sich die Soldaten und bestiegen die bewaffneten Schiffe des Vogtes. Diese hatten größere Segel und schnittigere Rümpfe, sie würden Aurelia wohl bald eingeholt haben. Aber das kümmerte sie wenig. Sollten sie kommen. Sie reckte ihre Stirn stolz in den Wind und schaute dem anderen Ufer, Meersburg entgegen. Da erblickte sie, ein paar Hundert Ellen vor ihr, ein kleines, weißes Segel, das einsam dem unbarmherzigen Winde trotzte. Es hob sich winzig leuchtend vom dunklen Wasser ab, sie erkannte es sofort. Es war Johann. Sie strahlte, während die Schiffe des Vogts sie langsam überholten.

Nur noch ein paar Minuten, dann würde sie in Johanns Arme sinken und alles andere wäre egal. Dann rammte sie das erste Schiff des Vogts. Das schnellste Boot der Verfolger steuerte hart Backbord und schnitt ihr den Weg ab, während ein zweites Aurelia von Steuerbord gerammt hatte. Sie versuchte ihrerseits, nach Backbord auszuweichen und das Boot neigte sich bedrohlich auf die Steuerbordseite. Donner grollte und Blitze zuckten über die Hügel hinter Meersburg, Wasser schwappte schluckweise über den tief geneigten Bootsrand. Sie suchte nach einem Fluchtweg – und dann erblickte sie Johann. Er war unterdessen so nahe, dass sie seinen sorgenvollen Blick erkennen konnte. In dem Moment, als sich auch von Backbord ein Boot näherte, zögerte sie nicht mehr.

Sie riss den Steuerbalken nach Backbord und rannte nach vorn zum Bug und stürzte sich in die tobenden Fluten des Sees. Laut schrie sie dabei den Namen ihres Geliebten in die Nacht und für einen göttlichen Moment wehte das weiße Kleid über den Wellen, ihr Schleier löste sich aus Aurelias Haar und zuckte einem Blitz gleich durch die Luft. Dann wurde sie vom schwarzen Wasser verschluckt.

Johann war selbst zum Bug seines Bootes gestürzt, als er gesehen hatte, wie sich seine Liebste in den See warf. Ohne zu überlegen, schrie er seinerseits ihren Namen in den Wind und folgte ihr in die Fluten. Die Soldaten schauten sich mit fragenden Gesichtern an und versuchten, die beiden im dunklen Wasser zu erkennen.

Tatsächlich schimmerte Aurelias Kleid wie ein Geist durch die Wellen. Auch Johann konnten sie auf einmal ausmachen, knapp unter der Wasseroberfläche. Beide waren sie wie von einem schwachen Glühen erhellt und die Soldaten beobachteten staunend, wie sich beide unter Wasser umarmten. Alles wirkte unnatürlich langsam, irgendwie unwirklich, schwebend. Die beiden Liebenden fanden sich, schwammen sich in die Arme. Dann glitten sie unter Wasser weg, Richtung Seemitte und lösten sich schließlich unter den Blicken der verblüfften Verfolger auf, wurden eins mit dem...

Erscheint lt. Verlag 13.11.2022
Reihe/Serie Sagenhaftes - Alte Sagen neu erzählt
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Märchen / Sagen
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Heldensagen • historische Erzählungen • Legenden • Märchen • Nibelungen • Olymp • Poesie • regionale Sagen • Sagen • Sagenhaft
ISBN-10 3-99051-101-7 / 3990511017
ISBN-13 978-3-99051-101-5 / 9783990511015
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