Die Liebe im Konjunktiv -  Elfi Fesl

Die Liebe im Konjunktiv (eBook)

(Autor)

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2022 | 1. Auflage
330 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7568-9436-9 (ISBN)
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Es berührt mich, dass du mir diese Zeilen schickst. Ich halte nichts für undenkbar. Ich muss gestehen, dass... Nein, das schreibe ich jetzt nicht, Angie. Es ist besser, wenn wir uns nicht verlieben. Wer weiß schon immer, was besser ist? Schreib es nicht, ich schreibe es auch nicht, was nicht ausgesprochen wurde, ist auch nicht real. Vielleicht meint man manchmal, man wäre verliebt, wenn man die Bereitschaft hat, sich zu verlieben, weil man gern einen Partner hätte. Der Wunsch als Vater des Verliebens. Die berührende Geschichte über eine leidenschaftliche Liebe in den mittleren Jahren, die wie ein Tsunami über Angie und Charly hereinbricht. philosophisch - poetisch - prickelnd

Elfi Fesl, Mutter eines erwachsenen Sohnes, liebt Kino, Theater, Konzerte, Bücher, Sprachen und Reisen. Sie ist ausgebildete Realschullehrerin und hat 2018 ihre Masterprüfung im literarischen Übersetzen aus dem Englischen abgelegt. Ihr Erzähltalent hat die Absolventin eines mehrjährigen Fernstudiums an der Axel Andersson Akademie, Schule des Schreibens, Hamburg, und Teilnehmerin an der VHS-Veranstaltung "Erzählwerkstatt Landshut" unter Leitung von Autorin Barbara Krohn erstmals mit dem im September 2020 erschienenen Kurzgeschichtenband "Sehnsuchtswort Liebe" unter Beweis gestellt.

2011


Mai 2011

An ihrem siebten „Unabhängigkeitstag“ war sie immer noch keinen Schritt weiter. Immer noch studierte sie jeden Samstag die Bekanntschaftsanzeigen, aber die Hoffnung, dass sich daraus eine beständige Partnerschaft, „ebs Gscheids“, wie sie zu sagen pflegte, ergeben könnte, hatte sie mittlerweile so gut wie aufgegeben.

Und wiederum wäre sie nicht Angie gewesen, wenn sie nicht einen Plan B gehabt hätte: Eines Tages schnappte sie sich das Telefon und wählte die 1347590. Es war schon einige Wochen her, dass Bärbl sich das letzte Mal bei ihr gemeldet hatte. „Hallo, ich bin`s!“ „Mensch Angie! Wie geht’s dir denn?“ „Na ja, geht so. Und dir?“ Ihre Freundin überschlug sich fast in Lobeshymnen auf ihren Partner, mit dem sie nun ein knappes halbes Jahr zusammen war. „Und was tut sich bei dir an der Männerfront?“ „Genau deshalb rufe ich an. Du warst doch damals in Augsburg. Wo genau ist das und wie heißt das? Und du bist mit dem Zug hingefahren?“ Interessiert notierte sie sich die relevanten Details. André würde den übernächsten Samstag bei seinem Vater verbringen, dann hatte sie freie Bahn für ihren Ausflug … Eigentlich glaubte sie nicht so recht an die Wirksamkeit dieses Unterfangens, aber Bärbl war felsenfest überzeugt davon, dass sie ihren Freund, der schon zwei Wochen „danach“ aus heiterem Himmel in ihrem Leben aufgetaucht war, nur diesem Ausflug zu verdanken hatte. Wer weiß? Den Versuch war es wert – schaden konnte es zumindest nicht.

Juni 2011

Der wolkige Himmel klarte auf, als sie mit ihren beiden Freundinnen Marion und Chrissie – beides langjährige Singles wie sie selbst – in Augsburg aus dem Zug stieg. Fast schien es, als wolle er seinen Segen zu ihrer Wallfahrt geben. Angie hatte endgültig genug von ihrem „Ewiggrüßenden-Murmeltier-Dasein“, von dem Gefangensein in ihren alten Mustern, die sie einerseits schützend wie ein Moskitonetz umhüllten und ihr Sicherheit spendeten, ihr andererseits aber auch die Luft zum Atmen nahmen und sie von den Abenteuern des Lebens fernhielten. Es sollte sich endlich, endlich einmal etwas Grundlegendes ändern. Sie musste heraus aus diesem Funktionsmodus, wollte sich wieder spüren, Lebendigkeit tanken, in Zweisamkeit schwelgen, tiefe Gefühle erleben. Da sie nicht wusste, wie sie dies sonst anstellen sollte, hatte sie sich nun für diesen Weg entschieden. Was sie sich eigentlich erhoffte, wie die Hilfe von Maria konkret aussehen sollte, der man nachsagte, sie könne dabei helfen, einen Lebenspartner zu finden oder Partnerschaftsprobleme zu lösen, wusste sie nicht. Dementsprechend wollte sie ihre Bitte unspezifisch vortragen: Sie würde Maria schlicht und einfach um eine erfüllende Beziehung ersuchen.

Plaudernd marschierten die drei jungen Frauen zügigen Schrittes Richtung Gotteshaus. Vor der Kirchentür hielten sie kurz inne, um sich zu sammeln. Der Innenraum präsentierte sich unerwartet unspektakulär. Es war nahezu gespenstisch ruhig. Die Menschen, die außer ihnen den Weg hierher gefunden hatten, waren an einer Hand abzuzählen: eine schwarz gekleidete ältere Frau mit einem kleinen Mädchen mit blonden Zöpfen an der Hand, eine mittelalterliche Klosterschwester – die wohl nicht ganz aus dem gleichen Grund hier sein mochte wie sie selbst – und ein jüngerer Mann in Jeans und Turnschuhen, der einen Ehering trug. Ja, auch Verheiratete hatten hin und wieder Beziehungsprobleme. Als langjährig Alleinlebende neigte sie oft dazu, dies zu vergessen. Die Freundinnen nahmen sich je ein Marienbildchen, das sie zu Hause daran erinnern sollte, täglich das hinten aufgeführte Gebet zu sprechen, zündeten jeweils eine Kerze an und zwängten sich getrennt voneinander in die engen, harten Kirchenbänkchen. Angie versenkte sich in die Betrachtung des beeindruckenden Gemäldes wenige Meter vor ihr: Maria, die, von Engeln umgeben, auf einer Mondsichel stand, Knoten in einem langen, weißen Band löste und mit dem Fuß auf eine Schlange trat.

Das große Wow-Erlebnis blieb zwar aus, aber dennoch fühlte sie sich erleichtert und befreit, als sie wieder ins Freie trat. Inzwischen hatte das zögerliche Lächeln der Sonne einem breiten Lachen Platz gemacht – den weltlichen Genüssen in Form eines knackigen Sommersalates und einer erfrischenden Apfelschorle unter einem großen Sonnenschirm bei einem gemütlichen Ratsch über Gott und die Welt bzw. Männer und Frauen und einem anschließenden Stadtbummel vor der Heimfahrt stand nichts mehr im Wege.

Als sie zu Hause ihre Schuhe abstreifte und das Radio einschaltete, kam sie genau recht zu den 19 Uhr Nachrichten. Sie bereitete sich eine ordentliche Portion Spargel mit winzigen Kartoffeln zu und verspeiste das Ganze genüsslich in ihrem Schaukelstuhl auf der Loggia. Anschließend nahm sie das Marienbild aus dem Rucksack und platzierte es behutsam auf dem Bücherstapel neben ihrem Bett. Ihr Handy hatte sie nicht mehr angemacht und sie hatte auch nicht vor, das heute noch zu tun. Bärbl hatte ihr auf den Anrufbeantworter gesprochen und gefragt, wie es gewesen sei: „Es hilft ganz sicher. Schon in zwei Wochen könnte dein Leben komplett auf den Kopf gestellt sein!“ Sie selbst war nicht so siegesgewiss, aber doch neugierig, was das Leben in nächster Zeit an Überraschungen für sie bereithalten würde.

Seit ihrem Ausflug waren mittlerweile etliche Wochen vergangen. Anfangs hatte Bärbl mehrmals die Woche nachgefragt, ob sich bei ihr schon „etwas tue“. Mit der Zeit waren ihre Anrufe immer seltener geworden, ihr Zuspruch am Ende der Telefonate immer weniger optimistisch. Sie selbst mochte schon gar nichts mehr über das besagte Thema hören. Gerade eben hatte sie das Marienbildchen in die hinterste Ecke ihrer Schreibtischschublade gepfeffert, als das Telefon läutete – Bärbl.

„Du, es tut mir wirklich leid, aber ich habe gerade null Zeit. Ich muss mich für den Elternsprechtag fertig machen. In einer Viertelstunde muss ich los. Und überhaupt will ich von Maria und Männern in Zukunft nichts mehr hören. Das ist doch alles Humbug, das habe ich mir gleich gedacht.“ Als sie den Hörer ihres Festnetztelefons mit Karacho auf die Gabel knallte, tat die Freundin ihr fast ein wenig leid, aber sie hatte keine Zeit mehr, sich bei ihr zu entschuldigen. Jetzt hatten erst einmal die Mutterpflichten Vorrang. Sie hatte wahrlich andere Sorgen als Männer. An diesem Quatsch war jedenfalls nichts dran, wenn sie es auch noch so sehr gehofft hatte.

Der Schulgong riss sie unsanft aus ihren Gedanken. Sie sah auf ihre Armbanduhr: zwanzig Minuten vor fünf. Müde stieg sie die alte Steintreppe hinauf. Glücklicherweise war Tim Fröhlich der vorletzte auf ihrer Liste. Englisch und Sport. HR 32. Da hinten musste es sein. Herr Fröhlich. Sie konnte sich daran erinnern, dass sie ihren Sohn gefragt hatte, ob sein neuer Sportlehrer, der nach der plötzlichen Erkrankung von Herrn Widmann die Klasse übernommen hatte, wirklich so fröhlich sei. „Der ist super. Immer gut drauf und so humorvoll, aber auch streng, wenn es sein muss“, war sein Kommentar gewesen.

Pünktlich um dreiviertel ging die Tür auf. „Der Näch … Angela?“ „Charly? Aber … Ich möchte zu Tim Fröhlich.“ „Das bin ich“, lachte Charly/Tim. „Komm rein, setz dich!“ „Aber wieso?“, fragte sie, immer noch ganz verdattert. „Wieso ich Fröhlich heiße? Das Privileg der Heirat. So einen Namen konnte ich mir doch nicht entgehen lassen! Eine Frau Müller oder Huber hätte ich sicher nicht geheiratet.“ „Dein Glück, dass du nicht Meyer gesagt hast!“, konterte sie schlagfertig in Anspielung an ihren Mädchennamen. Jetzt dämmerte es ihr schön langsam. Charly hieß eigentlich Tim Schwarz, aber alle hatten ihn bei seinem Spitznamen Charly genannt. Sie sah ihn von der Seite an. Seine wunderschönen blondgelockten Haare waren bestimmt zwanzig Zentimeter kürzer als früher, aber immer noch fast schulterlang, und mittlerweile von grauen Strähnen durchsetzt. Das Gesicht war voller geworden, wenn man jedoch aufmerksam hinsah, konnte man die Züge von damals erkennen. Sein – schon in Schulzeit und Studium etwas rauer und manchmal ans Verletzende grenzender – Charme jedenfalls war ungebrochen, genau wie die Anziehung, die er vor Jahrzehnten auf sie ausgeübt hatte. Das aber hatte sie sich damals nicht eingestanden und sie tat es auch heute nicht.

Die für sie vorgesehenen fünf Minuten reichten selbst bei Zugabe von weiteren drei nur dazu aus, die wichtigsten Eckdaten ihrer beider Leben abzuklopfen, obwohl sie den eigentlichen Zweck ihres Zusammentreffens, den Sportunterricht, komplett ausklammerten. „Hat André noch Geschwister?“ „Nein, ich habe keine weiteren Kinder. Ich bin seit ein paar Jahren geschieden.“ „Geschieden“, murmelte er. „Ja, du etwa auch?“ Seine Antwort: „Nein, ich stehe zu meinen Fehlern.“ Das war Charly, wie er leibte und...

Erscheint lt. Verlag 9.11.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 3-7568-9436-3 / 3756894363
ISBN-13 978-3-7568-9436-9 / 9783756894369
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