Lady Jane ermittelt -  Maureen O&  apos;  Kelly

Lady Jane ermittelt (eBook)

Tod im Sattel
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2022 | 1. Auflage
216 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7568-3474-7 (ISBN)
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Lady Jane Selpram untersucht gemeinsam mit Colonel McRae das geheimnisvolle Verschwinden von Lord Edmond Worthington und seiner Ehefrau, Lady Margaret. Diese, sowie Happy Day, das Pferd von Lady Margaret, sind nach einer Hausparty spurlos verschwunden. Die Ermittlungen von Lady Jane unter den Party-TeilnehmerInnen decken einige Geheimnisse auf. Fast jede und jeder könnte ein Motiv für das Verschwinden von Lord und Lady Worthington gehabt haben, sogar die Verschwundenen selbst...

Maureen O'Kelly (bürgerlicher Name: Brigitte Welcker) Autorin, Schauspielerin, Sängerin, Werkübersetzerin, u.v.m. Aber auch Leiterin und Mitarbeiterin im künstlerischen Betriebsbüro von Theatern in mehreren Ländern. Vielsprachig: DE, HU, FR, GB Gründerin und Obfrau des gemeinnützigen Vereins KUNST-OHNE-BARRIEREN ZVR: 824472000. Seit 2010 wegen eines Rückenmarkinfarktes querschnittgelähmt.

Samstagfrüh - ein reiterloses Pferd


Seit den vorhergehend beschriebenen Ereignissen war einige Zeit vergangen.

 

Es war der erste Samstag im Oktober - ein wunderbarer, ruhiger, sonniger Herbstmorgen im und um Northaw Great Wood. Die Sonne hatte bereits ein paar leichte Nebelfelder, welche über den feuchten Wiesen und kleinen Bächen gehangen hatten, aufgelöst, die Erde strahlte noch eine Ahnung von Wärme des vergangenen Sommers aus.

Auf einer Lichtung graste ein Sprung Rehe, Eichkätzchen brachten ihren pro-Kopf Winter-Vorrat von bis zu zehntausend Nüssen in ihre Verstecke ein, hier und da schlich sich ein heimkehrender Fuchs – der eine zufrieden und gesättigt, ein anderer vielleicht noch immer hungrig - durch das Unterholz. Langsam erwachte auch die Vogelwelt zum Leben und suchte ihre bevorzugten Futterplätze - an welchen bunte Beeren wuchsen, oder anderes Futter auf sie wartete - auf.

 

Auf einem schmalen Reitpfad unter lichten Hainbuchen bewegten sich im langsamen, entspannten Schritt, an langen Zügeln, zwei Pferde mit ihren Reitern.

 

Auf einem eleganten Rappen, einem Vollblut-Wallach, tiefschwarz, ohne das geringste weiße Haar, der auf den Namen Sinclair hörte, saß Lady Jane Selpram. Ihr Begleiter, Colonel Marcus McRae, 16th Laird Kinfalcon, ritt seinen Vollblut-Fuchshengst Aladin dessen einziges Abzeichen in einem kleinen, weißen Stern auf der Stirn seines edlen Kopfes bestand.

 

Lady Jane saß in einem für England ungewöhnlichen, traditionellen portugiesischen Sattel schwarzer Farbe mit hohem Hinterzwiesel (Rückenlehne), hohem Vorderzwiesel und Kasten-Steigbügeln.

 

Der Colonel ritt in einem englischen Armee-Sattel aus braunem Leder. Steigbügel an Steigbügel gingen die Pferde ihren Weg, während die beiden Reiter sich leise, der Stimmung der Stunde und des sie umgebenden, morgendlichen Waldes angepasst, unterhielten.

 

„Meine Teuerste“ sagte gerade Colonel McRae, sich an Lady Jane wendend „ich freue mich sehr, dass Sie nach der erfolgreichen Lösung des Rätsels der verschwundenen Diamanten von Levi Reubenstein Zeit gefunden haben, ein paar Tage auf Falconridge zu verbringen.“

 

„Die Freude ist ganz meinerseits“ antwortete Lady Jane aufrichtig. Nach einem gelösten Fall benötige ich immer eine gewisse Zeit der Entspannung und diese finde ich am besten auf dem Rücken meines Pferdes, in der Natur, gemeinsam mit Ihnen, lieber Freund.“

Der Colonel schaute bewundernd auf die neben ihm reitende Gestalt.

Er sah eine junge Frau von Mitte-Ende Dreißig, mit guter Figur, sehr schlanken Beinen und einem aristokratisch-intelligenten Gesicht.

Dieses war auf Grund ihrer herausragenden Leistungen als Detektivin international bekannt: leicht oval, etwas gebräunt vom häufigen Aufenthalt an der frischen Luft, eine hohe Stirn, dichte, braune, schön geschwungene Brauen unter welchen große, grüne Augen mit fast schwarzen, langen Wimpern von hoher Beobachtungsgabe zeugten. Eine vielleicht etwas zu schmale Nase, kleine, unter den schweren Locken tizianroten Haares verborgene Ohren, ein breiter Mund mit sensuellen Lippen, ein energisches Kinn und ein langer Hals waren die weiteren Merkmale dieses interessanten Gesichts.

 

Sie trug eine korrekte, schwarze Reitjacke über einer weißen Bluse, schwarze Reithosen und ebenso schwarze, geschnürte Stiefeletten aus bestem Leder. Gegen die Kühle des Morgens hatte sie sich einen weichen Kaschmir-Schal in dezenten Farben um den Hals gewunden. Auf Reitkappe und Handschuhe hatte sie verzichtet, jedoch hielt sie eine lange Reitgerte lose in der Hand.

 

Colonel Marcus McRae war auch 16th Laird Kinfalcon, mit großen Besitzungen in den schottischen Highlands, welche er jedoch nur selten besuchte. Sein Regiment waren die Second Dragoons His (später: Her) Majesty Royal Scots Greys, außerdem war er seit El Alamein II Träger des Victoria Cross.

Ein hochgewachsener, gutaussehender und sportlicher Mann im besten Alter, seine – selbst für einen Ex-Militär – eigentlich etwas zu lang getragenen, leicht gewellten, braunen Haare waren noch ohne den leisesten Schimmer von Grau, sein glattrasiertes, faltenloses, längliches Gesicht wurde geprägt von großen, dunklen Augen unter fast schwarzen, dichten Brauen, er besaß eine römische Nase, kleinen Ohren und einem sensiblen Mund. Seine letzte Attacke hatte er im 2. Weltkrieg geritten, danach war er, nachdem er sich von einer ziemlich schweren Verwundung erholt hatte, für eine Zeit lang zu Garde- und Repräsentationsaufgaben abkommandiert worden. Der Tod seines Onkels, des 15. Earls, hatte ihn zum Oberhaupt seines Clans gemacht und so hatte er seinen ehrenvollen Abschied von seinem Regiment genommen.

 

Bekleidet war er an diesem Tag – wie es die Regulation zuließ - mit einer hellbraunen Felduniform-Hose und einer gleichfarbigen, langen Uniform-Jacke, darunter trug er ein helles Hemd. Seine Füße steckten in schwarzen, handgearbeiteten Lederstiefeletten, welche von der Hose fast verborgen wurden, auf seinem Kopf saß eine Uniformmütze mit der traditionellen, für das Regiment typischen, goldenen Zickzack-Linie. Er trug dünne Handschuhe aus Hirschleder.

 

„Es ist mir eine Ehre, dies von Ihnen zu hören, meine Teuerste“ bedankte er sich. Es folgte ein kurzes, freundschaftliches Schweigen. Die beiden war zu lange zu gut befreundet, um den Zwang zu spüren, eine Konversation um jeden Preis aufrecht erhalten zu müssen.

 

Sie kamen auf eine ebene, gerade Strecke, welche sich für eine Meile und mehr durch den Wald zog. Ein kurzer Blick zwischen ihnen genügte – sie nahmen die Zügel auf und setzten ihre Pferde in Trab, der aber schnell in einen leichten Galopp überging. In den beiden Vollblütern kam rasch der Wettbewerbsgedanke auf, die Reiter erlaubten es ihnen gerne. So flogen beide Pferde die letzte halbe Meile fast im Renntempo dahin, bis sie, eine imaginäre Ziellinie Kopf an Kopf überquerend, zu gleicher Zeit gezügelt wurden.

 

„Herrlich!“ rief Lady Jane etwas atemlos, aber mit einem glücklichen Lächeln im Gesicht aus und der Colonel nickte zustimmend. „Ausgezeichnet! Ein toller Ritt, meine Teuerste! Ein ‚totes‘ Rennen – und das sogar trotz Ihres riesigen Handicaps!“

 

„Das hat hier nichts zu bedeuten“ meinte Lady Jane, als beide Pferde wieder nebeneinander am langen Zügel im Schritt gehend, verschnauften. Sie waren nun auf einem Reitpfad angelangt, welcher sich durch dichteren Wald schlängelte – eine Abkürzung zum nächsten Weg, welcher sie wieder heimwärts, Richtung Falconridge bringen sollte.

 

„Darf ich Sie fragen, liebe Freundin, wie es Ihnen gelungen ist, den Fall Reubenstein aufzuklären?“ fragte der Colonel. „Ich selbst konnte Ihnen dabei ja leider nicht behilflich sein, da ich zu der Zeit im Ausland war – und die Presse schrieb bekanntlich nur, dass es Chief-Inspector Cleek vom New Scotland Yard zu verdanken sei, dass die Diamanten an ihren rechtmäßigen Eigentümer zurückgegeben werden konnten.“

 

Lady Jane lächelte vielsagend vor sich hin. „Fast alle Diamanten“ stellte sie geheimnisvoll fest. „Lieber Colonel, auch ich habe es bedauert, dass Sie nicht an der Lösung des Falles mitwirken konnten. Dass Chief-Inspector Cleek die Lorbeeren erhielt, ist eine abgemachte Sache zwischen ihm und mir. Man darf ahnen, dass ich meine Hand im Spiel hatte, doch nur als außenstehende, von New Scotland Yard hinzugezogene ‚Beraterin‘.“

 

„Was Ihrem Ruf als Meisterdetektivin jedoch keinen Abbruch tut“ erwiderte der Colonel trocken.

 

„Das mag so sein, lieber Colonel“ antwortete Lady Jane. „Auf jeden Fall war es die Anstrengung wert, mich allein um diesen Fall zu kümmern. Es war zwar eher eine Routinesache…“

 

„Für eine ‚Routinesache‘ wie Sie es nennen, meine Teuerste, hätte sich der ‚Yard‘ niemals an Sie gewendet“ unterbrach sie Colonel McRae und blickte ihr tief in die Augen.

 

Lady Jane nickte zustimmend, dann sagte sie nach einer kurzen Pause „Sie haben recht, lieber Freund – und doch auch Unrecht. Die bloße Tatsache, dass die Diamanten entwendet wurden, hätte den Chief-Inspector natürlich nicht dazu bringen können, mich einzuschalten.“

 

„Warum hat er es dann für nötig gehalten?“ wollte der Colonel wissen.

 

„Weil es mehrere Theorien dafür gab anzunehmen, dass der Diebstahl nur ein – nennen wir es einmal ‚Beiprodukt‘ – anderer krimineller Taten gewesen sein könnte. Die diskrete Ermittlung dieser Theorien wurde mir anvertraut.“

 

„War eine dieser Theorien davon der Schlüssel zur Lösung des Falles?“ fragte Colonel McRae interessiert.

 

„So viel kann ich zugeben, lieber Freund, dass das Ergebnis für alle Seiten – natürlich außer der Seite der Täter - zufriedenstellend war. Alles andere muss ich leider auch Ihnen gegenüber verschweigen, da es sich um streng geheime Staatsangelegenheiten handelt“ antwortete Lady Jane.

 

Der Colonel wollte darauf etwas erwidern, kam aber nicht mehr dazu, denn plötzlich ruckten die Köpfe ihrer Pferde nach oben, zwei Ohrenpaare spitzten sich nach vorne und Lady Jane rief aus „Colonel, schauen Sie, kommt da nicht ein reiterloses Pferd?“

 

Sie hatten auf ihrem Heimweg einen Abschnitt im Wald erreicht, dessen eine Seite von größeren Wiesen gesäumt war, und in welchen mehrere Wege aus verschiedenen Richtungen...

Erscheint lt. Verlag 1.11.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-7568-3474-3 / 3756834743
ISBN-13 978-3-7568-3474-7 / 9783756834747
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