Zornige Flut (eBook)

Sylt-Krimi

(Autor)

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2023 | 1. Auflage
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7517-4251-1 (ISBN)

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Zornige Flut -  Sabine Weiß
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Sein oder nicht sein? Ein neuer Fall bringt Liv Lammers an ihre Grenzen


Nach einem nächtlichen Brand in ihrem Haus ist Kriminalkommissarin Liv Lammers gerade erst in den Dienst zurückgekehrt, als sie nach Sylt gerufen wird. Ausgerechnet einer ihrer Kollegen hat in einer Fastenklinik bei Archsum einen menschlichen Schädel gefunden. Die Verletzungsspuren sprechen für einen gewaltsamen Tod, doch es erscheint nahezu unmöglich, den Schädel einem Vermisstenfall zuzuordnen. Oder handelt es sich bei dem Opfer etwa um eine bekannte Sylter Galeristin, die sich seit Monaten nicht bei ihren Freunden gemeldet hat? Noch während sie und ihre Kollegen von der Flensburger Mordkommission ermitteln, entgeht Liv einem erneuten Unfall nur knapp. Ein furchtbarer Verdacht kommt auf: Versucht jemand, die Aufklärung des Falls zu verhindern? Oder hat es jemand auf Livs Leben abgesehen?


Hochspannung auf Deutschlands beliebtester Insel - Liv Lammers ermittelt in ihrem 7. Fall auf Sylt



<p><strong>Sabine Weiß</strong>, Jahrgang 1968, arbeitete nach ihrem Germanistik- und Geschichtsstudium als Journalistin. Seit 2007 veröffentlicht sie erfolgreich Historische Romane, seit 2017 zusätzlich Krimis. Um an den Schauplätzen zu recherchieren, reist sie im Camper auf den Spuren ihrer Figuren durch Europa. Wenn sie nicht unterwegs ist, lebt Sabine Weiß mit ihrem Mann und ihrem Sohn in der Nähe von Hamburg. </p>

1


Sylt, Archsum, 12. Oktober, 23:05 Uhr


Ein Knurren durchschnitt die Nacht. Er zuckte zusammen, krümmte sich. Neben ihm jaulte es. Stöhnend stemmte er sich hoch. Mit einem erschrockenen Kläffen wachte auch Pinky auf. Sein Hund hatte geträumt, wieder einmal.

»Sch!«, zischte KP, wie Karlpeter Botersen-Evers sich selbst nannte. »Du weißt doch, was der Fastengockel über ungezogene Hunde gesagt hat!«

Der Terrier zuckte mit den Ohren, legte den Kopf dann schief – ein Anblick, der ihn, den gefürchteten Chef der Kriminaltechnik der Polizeidirektion Flensburg, sonst immer zum Schmelzen brachte. Heute aber war seine Laune auf dem Tiefpunkt. Dabei hatte er gedacht, es könnte nicht noch schlimmer werden. Doch es kam schlimmer. Jeden Tag aufs Neue. Wenn er morgens Dr. Daniel Xanthen, den Leiter der Fastenklinik mit dem perlweißen Lächeln, den gezupften Augenbrauen und der durchtrainierten Figur, traf, würde er jedes Mal am liebsten verduften. Wie mitleidig der Doktor ihn ansah, wenn er vor ihm herumstolzierte! Ganz nach dem Motto: Bei Ihnen ist ohnehin Hopfen und Malz verloren.

Mühsam kam KP auf die Füße. Seine Knie waren weich wie Pudding, ihm war schwummrig, und er fröstelte. Er presste die Hand in seine Magenkuhle. Was für eine Schnapsidee, in einer Fastenklinik einzuchecken – und das ausgerechnet auf einer Insel, auf der man noch im kleinsten Kaff ausgezeichnet speisen konnte! Sterneköche, deftige Hausmannskost, köstliche Kuchen. Bei dem Gedanken an die Sylter Gastronomie lief ihm das Wasser im Mund zusammen. Immerhin hatte er eine Klinik gefunden, in der man Hunde duldete. Eine Trennung hätte Pinky nicht verkraftet, und wenn er ehrlich war, hing er genauso an ihr, und das nicht erst, seit seine Frau auf ihre Freiheit und ihre Form von Selbstverwirklichung bestand, die ihn oft genug ausschloss.

KP wankte zum Schrank, öffnete jede Schublade und jedes Fach, dann zerrte er seine Reisetasche unter dem Bett hervor und wühlte auch in dieser. Nichts! Nicht einmal ein Schokoriegel, eine verloren gegangene Nuss oder ein winziger Pfefferminzdrops. Er hielt das einfach nicht mehr aus! Immer nur Wasser, Säfte und dünne Brühen. Und dafür investierte er wertvolle Urlaubstage! Das Wellness- und Sportprogramm war ohnehin unerträglich. Fastenwandern nannten sie das – Fastenschwafeln wohl eher. Stundenlang musste er bei eisigem Wind die Lebensbeichten der anderen ertragen. Angeblich beschleunigten das Wandern und das maritime Aerosol den Entgiftungsprozess.

Doch er hatte keine Wahl. Er musste die Fastenkur durchstehen. Sein Hausarzt hatte ihm den Ernst der Lage unmissverständlich klargemacht. Außerdem fand Claudia ihn zu dick. So ging es nicht weiter. Er musste abspecken, und das schaffte er nicht, wenn ihn wieder einmal ein Fall in die Überstunden und zum Süßigkeitenregal des Supermarkts trieb.

KP stürzte ein Glas Wasser hinunter. Ekelhafte Plörre. Jetzt eine kühle Berliner Weiße oder wenigstens ein Eistee …

Pinky beobachtete ihn aufmerksam. »Immerhin musst du nicht hungern«, murmelte KP. Beinahe sehnsüchtig dachte er an die gut gefüllten Fressnäpfe der Vierbeiner, schüttelte gleich darauf entsetzt den Kopf – so weit war es schon gekommen! Er warf sich auf das Bett, das unter seinem Gewicht ächzte, und kniff die Augen zu. Mühsam versuchte er es mit einer Atemtechnik, die ihnen die Yogalehrerin beigebracht hatte. War jetzt Dampfatmung, Seufzeratmung oder Walzeratmung angesagt?

Das flaue Gefühl in seinem Bauch verstärkte sich. Wieder störte Magengrummeln die Stille. Kein Auge würde er zumachen, nicht so. Er hatte noch nie hungrig einschlafen können. Irgendwo in dieser bescheuerten Klinik musste es doch etwas geben, was ihn ein wenig sättigen und endlich schlafen lassen würde.

KP wandte sich seinem Jack Russell zu. »Ich bin gleich wieder da. Du musst hierbleiben, sei schön still.« Pinkys Augen glänzten im Zwielicht wie Murmeln. Leise fiepte sie. KPs Entschlossenheit geriet ins Wanken. »Nein, das geht nicht! Hunde, die sich nicht benehmen, werden nach Hause geschickt!« Herrchen ebenso, setzte er in Gedanken hinzu, da war der Fastengockel entschieden gewesen. Pinky tapste zur Tür. »Na gut, aber keinen Mucks, verstehst du!«

Leise die Tür geöffnet, auf den Flur gespäht, der nur von einem Nachtlicht erhellt wurde. Die anderen Gäste schienen zu schlafen, genau wie der Fastengockel. Das hoffte er zumindest. Nicht auszudenken, wenn ihn jemand ertappte. Auf Zehenspitzen lief er den Gang hinunter. Auf einmal kam KP sich sehr albern vor. Gut, dass keiner seiner Kollegen von dieser Reise wusste!

Auch jetzt, in der Nacht, war nicht zu übersehen, dass die Fastenklinik hypermodern war, sehr stylisch, und nur aus Fenstern zu bestehen schien. Sogar die Sauna war mit bodentiefen Glasflächen ausgestattet, damit man über die Wiesen bis zum Deich blicken konnte. Allerdings fühlte KP sich dadurch auch immer beobachtet. Anders als die meisten seiner Leidensgenossen hatte er es auch noch nicht über sich gebracht, nach dem Saunagang nackt im Garten abzukühlen.

KP hielt inne, lauschte. An den Wänden hingen abstrakte Gemälde mit geisterhaften Gestalten. Immer waren nur einzelne Teile von Gesicht oder Körper zu erkennen, was ihm missfiel. Als Kriminaltechniker liebte er Klarheit und Ordnung, wenn er sich privat auch manchmal gehen ließ. Vorsichtig schlich er weiter. Im Speisesaal – schon die Bezeichnung war ein Hohn! – waren alle Schränke leer. Die Küche war abgesperrt. Natürlich könnte er seine Dietrich-Sammlung aus seinem Koffer holen und das Türschloss knacken, aber ein bisschen übertrieben kam ihm das schon vor.

Verstohlen sah er sich um. Wo waren die Vorratsräume? So etwas musste es doch für das Personal, das Fastenbrechen und selbst zur Zubereitung der dünnen Suppen geben! Im Aufenthaltsraum herrschte beinahe buddhistische Kargheit. Der einzige Blickfang war das große Aquarium im Raumteiler. Er blieb stehen. Der Anblick der eleganten Segelflosser, der geselligen Neonsalmler und der fleißigen Algenfresser beruhigten ihn. Begleitet vom leisen Summen des Aquariums untersuchte er den Raum genauso sorgfältig wie sonst einen Tatort. Nichts.

KPs Oberschenkelmuskeln zitterten. Vielleicht hätte er sich für FdH entscheiden sollen oder die Weight Watchers – radikales Fasten wie hier war einfach nichts für ihn. Sein Blick blieb an den Schranktüren des Raumteilers hängen, die er bislang übersehen hatte. Er beugte sich hinunter, öffnete sie – plötzlich wurde ihm schwarz vor Augen. Taumelnd sank KP gegen den Schrank, der unter seiner Berührung erbebte, suchte Halt. Er ließ sich auf das Laminat sinken, bis sein Kreislauf sich beruhigt hatte. Im Sitzen durchwühlte er die Schrankfächer. Endlich, eine Dose! Er zuckte zurück – nur muffiges Fischfutter. Er stemmte sich hoch, schloss die Schranktüren wieder. Die Vorratskammer musste sich auf der anderen Seite des Aufenthaltsraums befinden.

Ein Geräusch ließ ihn aufmerken. Auch Pinky war erstarrt, hatte eine Pfote vom Boden gehoben und musterte ihn aufmerksam. Sie war eben ein Jagdhund. KP legte den Finger auf die Lippen. Wie peinlich wäre es, wenn ihn jemand hier entdecken würde! Was plätscherte da? Abgelenkt lauschte er. Pinky knurrte, tänzelte. Irritiert bemerkte KP, dass sich ihre Pfotenabdrücke auf dem Boden abzeichneten. Da musste etwas nass sein. Er sah genauer hin. Das Aquarium verlor Wasser! Vermutlich hatten die Dichtungen gelitten, als er dagegengewankt war. Das konnte doch nicht wahr sein!

KP ruckelte an dem Becken, in der Hoffnung, es so wieder richten zu können. Das Plätschern wurde lauter, Wasser tropfte auf seine Füße. Er fluchte. So viel zu seiner geheimen Suche! Das Becken ließ sich so schnell nicht kitten, das war klar. Er musste die Fische retten. Hatte er nicht irgendwo Eimer gesehen? Licht an! Jetzt war es egal, wenn er Lärm machte. Handtücher auf die Wasserlache. Kescher, er brauchte einen Kescher! Pinky kläffte.

»Was ist denn hier los?« Die Schlafbrille auf die Stirn geschoben, in Seidenhosen und oberkörperfrei – Dieses Sixpack! Angeber! – stürzte der Leiter der Fastenklinik herein. Ausnahmsweise war das penetrante Lächeln aus seinem Gesicht gewischt. »Was soll der Lärm? Was treiben Sie …«

KP drückte ihm eine Vase in die Hand. »Fassen Sie lieber mit an, statt dumme Fragen zu stellen!«

»Was erlauben Sie …«

In diesem Augenblick sprang knackend die Frontscheibe. Gleich darauf zerbarst das Aquarium, und Hunderte Liter Wasser ergossen sich in den Aufenthaltsraum. Algen spülten aus dem Raumteiler, Steine und sonstige Dekoration polterten herunter, Fische zappelten auf dem Boden. Pinky kläffte, Xanthen schrie auf, andere Gäste kamen schlaftrunken hereingestolpert. Hektisch versuchten sie, die zuckenden Fische zu retten, schöpften sie mit den Händen in Kannen, Gläser und Schalen. KP schwitzte, keuchte, der Stress machte seine Brust eng. Sein Arzt hatte recht, er war fett und außer Form. Schließlich hielt er um Atem ringend inne, stützte die Handflächen auf die Knie. Er musste abreisen, und zwar so bald wie möglich!

»Herr Botersen-Evers – Sie sind mir eine Erklärung schuldig! Und bringen Sie gefälligst Ihren Hund zur Ruhe!« Dr. Xanthens Augen funkelten zornig. Er schien gar nicht zu...

Erscheint lt. Verlag 31.3.2023
Reihe/Serie Liv Lammers
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Aquarium • Archsum • Fastenklinik • Galerie • Gesichtsrekonstruktion • Inselkrimi • Krimi • Kriminalroman • Krimis • Künstlermilieu • Küstenkrimi • Liv Lammers • Nordseekrimi • Polizeikrimi • spannend • Sylt • weibliche Ermittlerin • Weichteilrekonstruktion
ISBN-10 3-7517-4251-4 / 3751742514
ISBN-13 978-3-7517-4251-1 / 9783751742511
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