Café Engel (eBook)
543 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7517-4201-6 (ISBN)
Der neue Band der Bestseller-Saga um das Traditionscafé!
Wiesbaden, 1961. Nachdem Hilde Koch das Café ihrer Familie liebevoll modernisiert hat und es nun mit großer Hingabe leitet, macht ihr völlig unerwartet ihr Bruder Wilhelm die Geschäftsführung streitig. Sein Lebenstraum von einer Karriere beim Film ist gescheitert, während seine Frau Karin als Schauspielerin große Erfolge feiert. Auch auf dem Weinberg von Hildes Ehemann Jean-Jaques steht es nicht zum Besten. Zur Hilfe eilt ihm ausgerechnet der unstete Mischa, der auf dem Weingut nicht nur eine Aufgabe findet, sondern auch unverhofftes Liebesglück. Als in Wiesbaden plötzlich ein böses Gerücht die Runde macht, müssen sie alle um die Existenz ihres Café Engel fürchten ...
Die mitreißende Geschichte einer Caféhaus-Dynastie im Wandel des 20. Jahrhunderts - Band 4 der SPIEGEL-Bestseller-Serie
Marie Lamballe wuchs in einer Theaterfamilie auf - beide Eltern waren Schauspieler am Wiesbadener Staatstheater. Sie studierte Literatur und Sprachen und begann schon kurz nach dem Studium mit dem Schreiben von zunächst Kurzgeschichten, später Theaterstücken, Drehbüchern und Romanen. Inzwischen lebt sie als freie Autorin in der Nähe von Frankfurt am Main und hat unter verschiedenen Pseudonymen zahlreiche Romane - darunter mehrere Bestseller - veröffentlicht.
Marie Lamballe wuchs in einer Theaterfamilie auf - beide Eltern waren Schauspieler am Wiesbadener Staatstheater. Sie studierte Literatur und Sprachen und begann schon kurz nach dem Studium mit dem Schreiben von zunächst Kurzgeschichten, später Theaterstücken, Drehbüchern und Romanen. Inzwischen lebt sie als freie Autorin in der Nähe von Frankfurt am Main und hat unter verschiedenen Pseudonymen zahlreiche Romane - darunter mehrere Bestseller - veröffentlicht.
Wiesbaden, im Sommer 1961
HILDE
Ein Sonntag im August. Brütende Hitze liegt wie eine unsichtbare Glocke über der Stadt Wiesbaden. Nur wenige Autos befahren die Wilhelmstraße, die Spaziergänger bewegen sich gemächlich voran, man bevorzugt die Straßenseite längs des Warmen Damms, wo man unter dichten Platanenreihen angenehmen Schatten findet. Die Straßencafés auf der anderen Seite haben die Markisen tief heruntergezogen, um ihre Gäste vor Sonne und Straßenstaub zu schützen. Trotz der Hitze sind am Nachmittag alle Stühle besetzt, man genießt Kaffee und Kuchen, erfrischt sich mit »Bluna«, »Sinalco« und »Coca-Cola eisgekühlt« oder gönnt sich ein kleines Eis mit Sahne: Vanille, Schokolade und Erdbeer sind im Angebot. Die Damen tragen helle Sommerkleider, die Herren erlauben sich kurzärmelige Oberhemden unter dem Jackett. Die Anzugjacke wird trotz der Hitze nicht abgelegt – hemdsärmelig läuft man nicht über die Wilhelmstraße, das gehört sich einfach nicht.
Das Café Engel behauptet sich beharrlich gegen die überall in der Stadt aufblühenden neuen Cafés und Konditoreien. Vor allem das Café Blum gleich nebenan ist eine Herausforderung: Sie sind dreimal so groß, servieren im ersten Stock bis zum späten Abend anspruchsvolle Menüs, auch Tanzabende, Hochzeitsfeiern und andere Veranstaltungen finden dort Platz. Dafür punktet das Café Engel mit seinen exquisiten Torten, dem ausgezeichneten Kaffee und der familiären Atmosphäre. Die kleinen, aber leckeren Tellergerichte finden mittags bei den Büroangestellten viel Anklang, werden aber auch noch am Abend von den Sängern und Schauspielern des Staatstheaters gern geordert. Weil man nach der Vorstellung gemeinsam mit den Kollegen noch eine Kleinigkeit essen möchte und sich dazu eine Flasche »Engelströpfchen« genehmigt. Der Riesling stammt vom Weinberg des Herrn Perrier, dem Ehemann der Chefin, und gilt allgemein als Geheimtipp.
Nur die Stammgäste wissen, dass der heutige Sonntag für die Familie Koch ein ganz besonderer ist. Vater Heinz Koch sitzt am Stammtisch gleich bei der Kuchentheke, trinkt seinen Kaffee und unterhält sich mit lieben Gästen, die sich zahlreich bei ihm niederlassen und sogar Blumengebinde und kleine Geschenke mitbringen. Hilde hat in weiser Voraussicht alle Blumenvasen der Familie im Nebenraum deponiert, auch die Schwägerin Swetlana, die heute gemeinsam mit Luisa kellnert, hat etliche Gefäße mitgebracht.
»Was für schreckliche Pötte«, sagt Mutter Else kopfschüttelnd, als sie mit Hilde allein ist.
Hilde findet das Genörgel ihrer Mutter unpassend und zuckt die Schultern. »Über Geschmack lässt sich nicht streiten, Mama.«
Mutter Else zieht abschätzend die Augenbrauen in die Höhe und nimmt zwei der Vasen, um sie schon einmal mit Wasser zu füllen.
Hilde wird jetzt ungeduldig. »Was läufst du eigentlich dauernd durch die Gegend, Mama?«, meint sie gereizt. »An einem Tag wie heute solltest du drüben am Stammtisch an Papas Seite sitzen. Die Leute haben schon nach dir gefragt.«
»Du liebe Güte«, sagt Mutter Else abwehrend. »Da herumzusitzen und mich beweihräuchern zu lassen – das ist nichts für mich. Und überhaupt – muss man ein solches Theater um diese Sache machen? Schließlich ist das etwas ganz Normales.«
»Na, hör einmal, Mama!«, empört sich Hilde. »Wir geben uns solche Mühe, diesen Tag für euch beide so schön wie möglich zu gestalten. Freust du dich denn gar nicht darüber?«
»Ach, Hildchen …«, ruft Else beklommen. »So hab ich das doch nicht gemeint. Natürlich freue ich mich.«
Sie streichelt Hilde hastig die Wange, dann eilt sie, ungeachtet der töchterlichen Ermahnung, mit den beiden Vasen davon. Vier Buketts und mehrere Topfpflanzen schmücken schon den Nebenraum, und wie es ausschaut, werden es wohl noch einige mehr werden.
Hilde tut einen ärgerlichen Seufzer. Was ist in letzter Zeit nur mit Mama los? Ständig ist sie unzufrieden, meckert an allem herum, kann nicht still sitzen und muss überall ihre Nase hineinstecken. Dabei könnte sie sich doch endlich von der mühseligen Arbeit ausruhen und die Sorgen um das Café der jüngeren Generation überlassen. Alles ist bestens geregelt – Mama kann mit gutem Gewissen die Hände in den Schoß legen und es sich auf ihre alten Tage gemütlich machen. So, wie es Papa schon seit Jahren tut, und es bekommt ihm ausgezeichnet.
Aber nein – schon am frühen Morgen hat es Ärger gegeben. In strahlender Laune ist Papa zum Frühstück im Café erschienen, seinen besten Anzug hat er angelegt und den seidenen Schlips umgebunden, den Julia ihm letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt hat. Weil Mama schon wieder in der Küche gesteckt hat, wo sie eigentlich nichts mehr zu suchen hat, musste er ein Weilchen auf sie warten. Als sie dann aber erschien, ist er zärtlich lächelnd und mit ausgebreiteten Armen auf sie zugegangen.
»Meine liebe, gute Else!«, hat er schwungvoll angesetzt. »Heute ist unser Ehrentag. Vierzig Jahre vollkommenes Glück!«
Daraufhin hat Mama den Mund verzogen und gemeint: »Na ja …«
Papas Schwung war daraufhin etwas beeinträchtigt.
»Was meinst du mit ›Na ja‹, meine Liebe?«
»So, wie ich es sage, Heinz. Gewiss, es waren schöne Jahre dabei …«
»Für mich waren es nur schöne Jahre, Else. Eines schöner als das andere. Und dafür will ich dir heute danken, mein Schatz!«
Er hat Mama in die Arme genommen und auf beide Wangen geküsst. Das hat sie sich gerade noch gefallen lassen. Als er aber versucht hat, sie zur Feier ihrer vierzigjährigen Ehe auch auf den Mund zu küssen, hat sie den Kopf weggedreht und gemeint: »Du liebe Güte, Heinz, lass das doch! Die Leute auf der Straße können uns sehen!«
Da hat Papa sie losgelassen und sich kopfschüttelnd auf seinen Platz gesetzt. Ganz betroffen ist er gewesen; Hilde hat es im Herzen wehgetan.
»Was ist denn schon dabei, Mama?«, hat sie gemeint. »Schließlich seid ihr beide verheiratet.«
»Misch du dich da nicht ein, Hilde!«
Weil in diesem Moment Swetlana und Luisa durch die Drehtür ins Café gekommen sind, ist die Diskussion nicht weitergeführt worden. Die beiden haben sich gleich auf das »Jubelpaar« gestürzt, es gab Umarmungen und Küsschen, Swetlana hat ein teures Parfüm für Mama und einen neuen Seidenschlips für Papa gekauft, Luisa hat ein Körbchen mit frisch gepflückten Erdbeeren aus dem Garten und einen selbst gebundenen Blumenstrauß mitgebracht. Außerdem hat sie angekündigt, dass es heute Abend zu Ehren der Jubilare eine musikalische Überraschung geben wird. Da war Mama gerührt, hat sich aufs Herzlichste bedankt und gleich von den Erdbeeren genascht.
»Ach, so ein Garten ist doch etwas Schönes«, hat sie geseufzt. »Das Obst und Gemüse schmeckt halt am besten frisch geerntet, nicht wahr? Deine Erdbeeren sind ein Gedicht, Luisa!«
»Ja, da hat du recht, Tante Else«, hat Luise lächelnd geantwortet. »Wir sind sehr froh, einen Garten beim Haus zu haben.«
Von der vielen Arbeit, die der Garten mit sich bringt, sagt sie nichts. Hilde macht sich oft Gedanken um Luisa, die meist abgehetzt und mit rissigen Händen zum Dienst im Café Engel erscheint. Wie es aussieht, ist die Ärmste völlig überlastet und hat außerdem eine Menge Sorgen. Aber wenn Hilde fragt, wie es bei ihnen so geht, meint Luisa immer: »Wie soll es schon gehen? Die Kinder sind gesund, und Fritz geht ganz in seiner Musik auf. Das ist die Hauptsache, nicht wahr?«
Nachdem Swetlana und Luisa sich mit Spitzenschürze und Häubchen in zwei Serviererinnen verwandelt hatten, ist es zu Hildes Erleichterung am Stammtisch versöhnlich zugegangen. Papa hat seinen Kaffee getrunken und die frisch gebackenen Sonntagsbrötchen genossen, die der Konditor Richy wieder einmal rechtzeitig gezaubert hat. Mama hat sich die gute Himbeermarmelade gegönnt, die ebenfalls aus Luisas Garten stammt. Gesprochen haben die beiden allerdings nur wenig miteinander; Papa macht ab und an eine freundliche Bemerkung, die Mama mit einem wohlwollenden Kopfnicken kommentiert.
Gegen zehn, als sie draußen die ersten Gäste bedient haben, ist Sofia Künzel aus ihrer Dachwohnung heruntergekommen, um zu gratulieren und danach ihr Frühstück einzunehmen. Die Künzel wohnt seit ewigen Zeiten oben im Haus. Früher ist sie Opernsängerin im Staatstheater gewesen, jetzt ist sie schon an die siebzig, gibt aber immer noch Klavierunterricht im Konservatorium und ist bei ihren Schülern sehr beliebt. Auch ihre Leidenschaft für auffällige Kleidung und grelle Farben hat sie nicht aufgegeben. Heute erscheint sie mit einem lilafarbenen Tuch, das sie als Turban um den Kopf gebunden hat, dazu trägt sie ein weinrotes Kleid und grüne Riemchensandalen.
»Vierzig Jahre!«, ruft sie durch das Café, dass man es bis auf die Straße hören kann. »Und dann auch noch in Liebe und Eintracht! Wie ich euch beide bewundere. Wo ich selber es nur auf drei Jahre Ehe gebracht und den Kerl dann in die Wüste geschickt habe!«
Die Künzel schafft es, sogar Mama zum Lachen zu bringen. Schließlich kennt man sich schon lange Jahre, hat harte Kriegszeiten miteinander durchgemacht und immer zusammengehalten. Es wird von dem lieben Addi geredet, den alle noch im Herzen tragen, von den Eintöpfen, die Mama Else von den wenigen Lebensmitteln für alle gekocht hat, von der Zeit, als die Künzel in der Ami-Bar Klavier gespielt hat und immer mal ein paar leckere Konserven mitbringen konnte. Hilde ist erleichtert, jetzt kommt die Sache in Schwung. Heitere Nostalgie ist angesagt, Mama schwatzt eifrig mit, Papa erzählt seine Lieblingsanekdoten. Als dann schließlich noch Hildes...
Erscheint lt. Verlag | 30.6.2023 |
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Reihe/Serie | Café-Engel-Saga | Café-Engel-Saga |
Verlagsort | Köln |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Backen • Eifersucht • Familiendynastie • Familiensaga • Film • Konditorei • Konkurrenz • Kuchen • Liebe • Nachkriegszeit • Rheingau • Saga • Schauspiel • Sechzigerjahre • Serie • Theater • Torten • Wein • Wiesbaden • Winzer • Wirtschaftswunder |
ISBN-10 | 3-7517-4201-8 / 3751742018 |
ISBN-13 | 978-3-7517-4201-6 / 9783751742016 |
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