30 Gute Horror-Geschichten (eBook)
600 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-6587-2 (ISBN)
Das Wesen materialisierte in der großen Eingangshalle von Jean Riquessas Villa auf dem Noble Hill in San Francisco. Wie eine Festung war diese Villa abgeschottet, umgeben von einer zwei Meter hohen Mauer, auf die noch ein gusseisernes Gitter aufgesetzt war. Im Garten patrouillierten Tag und Nacht beinahe zwanzig Leibwächter mit Maschinenpistolen und mannscharfen Hunden, die sich in insgesamt vier Schichten ablösten. Eine kleine Privatarmee hielt Jean Riquessa unter Waffen, alle ihm persönlich verpflichtet. Mit vielen von ihnen war Mister Riquessa weitläufig verwandt. Leute also, denen er absolut trauen konnte.
Aber gegen diesen Gegner hatten sie keine Chance, denn er griff hinter ihrer Verteidigungslinie an.
Ra-Sana faltete seine Lederschwingen zusammen.
Ra-Sana – das war der Name dieses Dämons der Dämmerung.
Ein mächtiger Zauber der Dämonenjünger machte es möglich, dass er sich für kurze et auf der Erde aufhielt. Sein Erscheinen hatte gewaltige Erschütterungen im Dimensionsgefüge ausgelöst.
Aber das war denen, die ihn beschworen hatten, gleichgültig.
Ra-Sana blickte sich um.
Sog die Luft ein. Es machte fast den Eindruck, als ob er Witterung aufnehmen wollte. In Wahrheit aktivierte er seine übersinnlichen mentalen Fühler. Er wusste, dass der Mann, den er umbringen sollte, hier irgendwo zu finden war. Ein abtrünniger Dämonenjünger. Und jetzt gierte Ra-Sana nach der Seele dieses Mannes. Nach Riquessas Seele, dessen Bild die Dämonenjünger durch magische Rituale in sein Bewusstsein eingepflanzt hatte, so dass es dem Dämon ständig vor Augen stand.
Ra-Sana nahm Riquessas mentale Spur auf, nahm die ersten Stufen der Freitreppe, die hinauf ins Obergeschoss führte. Die Treppe ächzte. Für ein so großes Gewicht war sie nicht konstruiert.
Oben auf dem Absatz erschien ein Leibwächter, angelockt durch den Krach.
Er schrie etwas auf Französisch.
Sein Gesicht verlor jegliche Fassung, wurde zu einer Maske blanken Entsetzens.
Er riss einen 45er Magnum aus dem Schulterholster unter seinem Jackett hervor und drückte kurz entschlossen ab.
Der Schuss traf das Monstrum mitten in der Brust. Der zweite Schuss brannte sich dicht daneben in die Haut des Dämons. Dieser brüllte auf.
Eine Flüssigkeit quoll aus den Wunden heraus, tropfte auf die Treppe.
Blut.
Oder das, was stattdessen in den Adern dieses Ungeheuers floss.
Ein dritter Schuss traf Ra-Sana im Auge.
Der Dämon schnellte jetzt mit einer Behändigkeit, die man diesem Koloss kaum zutraute, die Treppe hinauf. Fünf bis sechs Stufen nahm er mit einem einzigen Schritt. Dann hatte er den Leibwächter erreicht, packte ihn mit seinen gewaltigen Pranken. Ein Schrei gellte. Der Dämon schleuderte den Leibwächter wie eine Puppe durch die Eingangshalle. Der Körper klatschte gegen die Wand, fiel dann zu Boden und kam dort schwer auf. Regungslos blieb er liegen.
Der Dämon hielt einen kurzen Moment lang inne.
Die Wunden, die durch die Kugeln verursacht worden waren, schlossen sich langsam. Er verfügte über eine sehr große Regenerationsfähigkeit. Mit den primitiven Waffen der Erdbewohner konnte man ihm kaum etwas anhaben. Und was die Magie anging, so hatten die Bewohner dieses Planeten das geringe Wissen, dass sie einst darüber erworben hatten, größtenteils wieder vergessen.
Der Dämon setzte seinen Weg fort.
Er wusste genau, wo er sein Opfer finden konnte.
Die mentale Spur verriet es ihm. Ihr folgte er. Mit einem wuchtigen Tritt seines gewaltigen Fußes öffnete er die Tür eines Schlafzimmers.
Der dicke Mann, der in dem großen Bett lag, saß jetzt kerzengerade darin.
Jean Riquessa.
Sein feistes Gesicht wirkte verzerrt.
Die schöne Eurasierin an seiner Seite schnellte nun ebenfalls hoch, schrie laut auf. Sie stürzte aus dem Bett, drückte sich in die äußerste Ecke des Raumes.
Der Dämon beachtete sie nicht weiter.
Sein Ziel war Jean Riquessa.
Ehe der dicke Pate von Chinatown und ehemalige Anhänger der Dämonenjünger auch nur die geringste Reaktion zeigen konnte, war der Dämon schon über ihm, packte den Koloss, der in seinen Händen nichts weiter, als eine schlaffe Puppe zu sein schien.
Der Dämon öffnete sein Maul.
Jean Riquessa schrie.
Er schrie noch, als sein Kopf im Schlund des Dämons verschwand. Ra-Sana biss zu, riss dem Chinesen den Schädel von den Schultern. Das Blut spritzte bis zur Decke.
Hirnmasse tropfte von der Tapete.
Ein schmatzendes Geräusch entstand dabei.
Der Dämon spürte, wie die Seele des großen Bosses entwich...
Und er saugte ihre mentale Energie in sich auf, stieß dabei einen grunzenden Laut aus.
Die groteske Parodie auf das Schnurren einer Katze.
Ja, das tat gut...
*
Es war Nacht, als Corcoran sich daran machte, Rico DiGiorgio zu töten.
Das Gelände, auf dem der DiGiorgio-Landsitz stand, war weiträumig abgeriegelt. Es gab verschiedene Barrieren. Bei der ersten handelte sich um einen zwei Meter hohen Maschendrahtzaun, der fest im Boden verankert war. Corcoran verwandelte sich in einen Schatten. Er zerriss den Zaun, stieg durch das Loch und lief über die freie, deckungslose Ebene, die sich daran anschloss.
Hunde bellten.
Die Wächter blickten sich verwirrt um.
Scheinwerfer kreisten.
Gut, dass diese Leute ihren Hunden nicht voll vertrauen!, dachte Corcoran. Denn die Nasen der Vierbeiner konnte man nicht täuschen. Auch durch die Verschmelzung mit der Finsternis nicht.
Alarm wurde ausgelöst. Ziemlich bald hatten die DiGiorgio-Leute das Loch im Zaun entdeckt.
Ihnen war jetzt klar, dass jemand im Gelände war.
Was sie nicht wussten war, dass sie diesen Gegner nicht sehen konnten.
Corcoran erreichte die nächste Barriere. Die Security Guards, die überall herumpatrouillierten, blickten durch ihn regelrecht hindurch.
Ein Schatten in der Nacht, dazu war Corcoran jetzt geworden.
Die zweite Barriere bestand aus einer Mauer.
Corcoran nahm nicht das Tor. Es war gusseisern und verschlossen.
Corcoran nahm Anlauf, zog sich an der Mauer empor, stieg mit Leichtigkeit darüber. Er sprang auf der anderen Seite hinunter, spurtete durch die Grünanlagen, die den Bungalow umgaben, der das Zentrum dieses Landsitzes bildete.
Als Corcoran näher herangekommen war, sah er auf der Terrasse Rico DiGiorgio in Begleitung mehrerer Bodyguards.
Außerdem war da noch eine gedrungene Gestalt. Die Gartenbeleuchtung ließ Corcoran die graue, von Warzen nur so übersäte Haut sehen.
Und das Augeninnere war schwarz!
Vollkommen schwarz.
Ein Besessener!, dachte er.
Ein Mensch, der unter direkter Dämonenherrschaft steht!
Auch die außerweltlichen Verbündeten werden es nicht schaffen, dich zu retten, DiGiorgio!, ging es Corcoran durch den Kopf. Du bist verloren, DiGiorgio! Rettungslos...
DiGiorgio hatte eine Schlüsselposition bei den Dämonenjünger. Deren Ziel es war, den Dämonen der Dämmerung die Herrschaft über die Erde zu geben.
Daher hatte der Orden vom Weißen Licht seinen besten Mann hier her geschickt, um DiGiorgio auszuschalten.
Zu töten, um genau zu sein.
*
„Nichts zu sehen!“, murmelte DiGiorgio. Die Beleuchtung war jetzt überall angeschaltet worden. Es war so hell wie am Tag. Im Hintergrund war das Meeresrauschen zu hören.
Einer der Gorillas lauschte an seinem Walkie-Talkie.
„Boss, es ist nirgends jemand zu finden! Wahrscheinlich ist der Kerl, der das versucht hat, wieder getürmt, als er merkte, dass der Alarm ausgelöst wurde!“
„Möglich!“, murmelte DiGiorgio.
Er schien dem Braten nicht zu trauen.
Riquessa, sein Todfeind war über den Jordan geschickt worden. Aber noch lauerte irgendwo da draußen ein Killer namens Corcoran, den seine Feinde vom Orden des Weißen Lichts auf ihn angesetzt hatten. Es gab Spione unter den Dämonenjüngern. So wie Riquessa. Aber der hatte seine Quittung bekommen. Umgekehrt gab es aber auch Spione der Dämonenjünger bei den Ordensbrüdern vom Weißen Licht. Und daher wusste DiGiorgio ziemlich gut Bescheid.
DiGiorgio konnte sich einfach nicht vorstellen, dass dieser Hitman namens Corcoran seinen Plan aufgab, DiGiorgio zu töten.
„Es ist Corcoran“, sagte DiGiorgio halblaut vor sich hin. „Ich habe das im Gefühl... Auch wenn es wie eine fixe Idee klingt. Aber ich glaube, dass er hier in der Nähe ist.“
„Unsere Leute hätten ihn entdeckt!“, war der Gorilla mit dem Walkie-Talkie überzeugt.
Ein gnomenhafter Mann namens Green meldete sich jetzt zu Wort. Er hatte bis jetzt geschwiegen.
„Es hängt davon ab, welche Machtmittel Corcoran zur Verfügung stehen!“, meinte er. Seine tiefliegenden Augen flackerten unruhig. Die Nasenflügel bebten.
Er murmelte einige Beschwörungsformeln vor sich hin.
Silben, die für einen menschlichen Zuhörer keinerlei Sinn ergaben. Ein...
Erscheint lt. Verlag | 25.10.2022 |
---|---|
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Literatur ► Krimi / Thriller / Horror | |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
ISBN-10 | 3-7389-6587-4 / 3738965874 |
ISBN-13 | 978-3-7389-6587-2 / 9783738965872 |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 1,3 MB
Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopierschutz. Eine Weitergabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persönlichen Nutzung erwerben.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich