John Sinclair 2315 (eBook)

Die Visionäre

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Aufl. 2022
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-4002-9 (ISBN)

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John Sinclair 2315 - Ian Rolf Hill
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Die Bezeichnungen, die ihnen von der Gesellschaft im Laufe der Zeit verliehen worden waren, waren Legion. Eigenbrötler, Sonderlinge, Freaks. Und das waren noch die freundlicheren Titulierungen.
Sie selbst kümmerte es nicht, was der gemeine Pöbel über sie dachte. Seit Menschengedenken wurden Genies wie sie verspottet, verachtet, ausgegrenzt oder sogar als Ketzer verfolgt und getötet. Viele von ihnen waren Einzelgänger, die im Verborgenen forschten. Wohl wissend, dass die Allgemeinheit den Dienst, den sie der Menschheit erwiesen, mit ihrem primitiven Verstand niemals würde erfassen können. Und so blieben sie Ausgestoßene.
Bis einige von ihnen erkannten, dass sie gemeinsam stärker waren. So schlossen sie sich zusammen. Gründeten ein globales Netzwerk. Eine einflussreiche Organisation, die sich zum Ziel gesetzt hatte, die Welt aus den Angeln zu heben.
Und sie gaben sich einen neuen Namen. Eine Bezeichnung, die ihrer Bestimmung gerecht wurde: VISIONÄRE ...


Die Visionäre

(Teil 1 von 2)

von Ian Rolf Hill

Die Bezeichnungen, die ihnen von der Gesellschaft im Laufe der Zeit verliehen worden waren, waren Legion. Eigenbrötler, Sonderlinge, Freaks. Und das waren noch die freundlicheren Titulierungen.

Sie selbst kümmerte es nicht, was der gemeine Pöbel über sie dachte. Seit Menschengedenken wurden Genies wie sie verspottet, verachtet, ausgegrenzt oder sogar als Ketzer verfolgt und getötet. Viele von ihnen waren Einzelgänger, die im Verborgenen forschten. Wohl wissend, dass die Allgemeinheit den Dienst, den sie der Menschheit erwiesen, mit ihrem primitiven Verstand niemals würde erfassen können. Und so blieben sie Ausgestoßene.

Bis einige von ihnen erkannten, dass sie gemeinsam stärker waren. So schlossen sie sich zusammen. Gründeten ein globales Netzwerk. Eine einflussreiche Organisation, die sich zum Ziel gesetzt hatte, die Welt aus den Angeln zu heben.

Und sie gaben sich einen neuen Namen. Eine Bezeichnung, die ihrer Bestimmung gerecht wurde: VISIONÄRE ...

Die Treffen fanden im Geheimen statt.

Obwohl es so gut wie unmöglich war, sie zu unterwandern, verzichteten die VISIONÄRE auf persönliche Zusammenkünfte. Konferenzen wurden stets virtuell, in eigens abgeschotteten Chatrooms des Darknet abgehalten, deren Server in Moldawien, Russland und Dubai standen. Fiel einer aus, übernahm der Nächste.

Eine Teilnahme war keineswegs Pflicht. Eine Führungsspitze gab es nicht. Alles wurde demokratisch entschieden. Zumindest offiziell. Die Wahrheit war jedoch, dass nicht jede Stimme dasselbe Gewicht hatte. Wer von den Visionären rekrutiert wurde, der musste auch eine gewisse finanzielle Rücklage besitzen und sich Stimmanteile erkaufen. Einfacher ausgedrückt: Je mehr Geld ein Visionär mit in die Organisation brachte, desto größer sein Einfluss.

Doktor Cybill Ashton fand dieses System nur gerecht. Und das nicht nur deshalb, weil sie zu den vermögendsten Mitgliedern gehörte. Immerhin ging es bei den Konferenzen in erster Linie, um die Verteilung von Geldern.

Manchmal reichte es eben nicht aus, alleine, still und heimlich, in seinem Kämmerlein zu experimentieren. Bisweilen wurden auch finanzielle Ressourcen benötigt. Wie und wo diese am effektivsten investiert wurden, darüber entschieden die Visionäre in den virtuellen Konferenzen. Doch egal, wie zahlungskräftig er oder sie sein mochte, stimmberechtigt war man nur bei Anwesenheit.

Daher war man gut beraten, an diesen Terminen teilzunehmen. Ansonsten konnte es leicht passieren, dass der eigene Anteil für Projekte verbraten wurde, die das Mitglied bestenfalls als Zeitverschwendung erachtete.

Und davon hatte Dr. Cybill Ashton nun wahrlich schon einige kommen und gehen sehen. Das beknackteste Projekt war mit Abstand das eines durchgeknallten Neulings gewesen, der es für eine gute Idee gehalten hatte, Menschen mit amputierten Gliedmaßen die Arme und Beine von Untoten anzunähen. Wahlweise ausgestattet mit diversen Sinnesorganen.

Cybill erinnerte sich daran, dass dieser Emporkömmling den Arm seiner Frau durch den eines Zombies ersetzt hatte, inklusive dessen Augen, die der Trottel in den Unterarm eingesetzt hatte.

Was für ein Blödsinn.

Für sie war das der erste Hinweis auf die geistige Retardierung ihres Gründers, Nikolai Kunasjanow, gewesen. Böse Zungen behaupteten, das war bereits der Fall, als er sich dieses alberne Pseudonym verpasst hatte: Frank N. Stone.

Nun war Dr. Satanos zwar nicht wesentlich origineller, aber den Spitznamen hatte er sich zumindest nicht selbst gegeben, sondern die abergläubischen Bewohner eines kleinen Dorfes, die er mit ferngesteuerten Leichen terrorisiert hatte.

All dies lag zum Glück lange hinter ihnen, und auch die Visionäre waren mit der Zeit gegangen. Es gab sicherlich einige ewig Gestrige, die sich die guten alten Zeiten zurückwünschten, in denen sie auf einem verfallenen Schloss an einsamen Wanderern herumschnippeln konnten und die größte Gefahr in der Dummheit grenzdebiler, meist buckliger, Gehilfen bestanden hatte.

Dr. Cybill Ashton gehörte mit Sicherheit nicht zu dieser Kategorie. Sie bevorzugte Mitarbeiter, die begriffen, worum es ging, sobald sie ihnen etwas erklärte. Und die ihr zur Not auch den Gnadenschuss geben würden, sollte sie jemals so einen Schwachsinn verzapfen wie das hagere Bleichgesicht, das seit gefühlt einer Stunde selbstverliebt vor sich hin schwadronierte, wobei es sich sage und schreibe dreihundertvierundfünfzig Mal nervös über die Lippen leckte.

Dreihundertvierundfünfzig Mal! Cybill hatte mitgezählt.

»... beabsichtige ich, das Präparat in die Trinkwasserversorgung zu geben, um ...«

Ein herzhaftes Gähnen unterdrückend warf sie einen Blick auf die Uhr und stellte überrascht (und auch ein wenig frustriert) fest, dass statt der angenommenen Stunde gerade einmal sechzehn Minuten verstrichen waren.

Das bedeutete, dass der Knabe sich im Schnitt zweiundzwanzig Mal pro Minute über die Lippen leckte. Also spätestens alle drei Sekunden. Cybill fragte sich, ob sie einen Rechenfehler gemacht hatte. Es erschien ihr doch höchst unwahrscheinlich, dass er mit diesem Tick überhaupt einen gerade Satz hervorbrachte.

»Langweile ich Sie, Madame Monster?«

Sie fühlte sich ertappt und verdrehte genervt die Augen. Madame Monster.

Ja, dieser blödsinnige Name war auf ihrem Mist gewachsen. Kreativität war noch nie ihre Stärke gewesen. Aber sie sah ein, dass er notwendig war. Ein Grund für den Erfolg ihrer Organisation bestand darin, dass die Mitglieder anonym blieben. Zumindest die meisten. Die alteingesessenen Mitglieder kannten sich in der Regel, obwohl viele von ihnen nicht mehr am Leben waren.

Hätte es ein Hauptquartier gegeben, eine richtige Basis, vorzugsweise in einer Burg oder einem Schloss, hätte in der Eingangshalle bestimmt eine Galerie mit den Porträts der prominentesten Visionäre gehangen. An erster Stelle natürlich von Dr. Satanos, sorry, Frank N. Stone und Dr. Tod. Aber auch von dem Monster-Macher, dem Horror-Hirn und selbstverständlich dem Zombie-Doc.

Meine Fresse, dachte Cybill.

Bevor sie auf die ohnehin rein rhetorisch gemeinte Frage antwortete, stieß sie ein larmoyantes Seufzen aus. »Ist das eine Fangfrage?«

In der folgenden Sekunde wurde nicht nur Cybill Zeuge wie aus einem Bleich- ein Rotgesicht wurde. Prompt leckte es sich gleich drei, nein, viermal hintereinander die Lippen.

»Keine Ahnung, ob ich das jetzt alles richtig verstanden habe«, fuhr sie fort. »Aber Sie wollen ein Serum entwickeln, das die Aktivitäten der Großhirnrinde und des Kleinhirns unterdrückt und die Amygdala triggert?«

»Das limbische System. Ich werde den Reset-Knopf bei den Menschen drücken und sie wieder in jene wilde, triebgesteuerte Bestien verwandeln, die sie im Grunde ihres Wesens noch immer sind.«

Cybill verbiss sich die Frage, wofür sich eigentlich der Lippenlecker hielt und massierte sich mit Daumen und Zeigefinger die Nasenwurzel. »Das limbische System allein auf die Steuerung des Triebverhaltens zu reduzieren ist veraltet, verehrter Kollege. Sie beziehen sich anscheinend auf das Stamm- beziehungsweise Zwischenhirn, das sogenannte Reptiliengehirn.«

Das Wort war ihr kaum über die Lippen gekommen, da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Jetzt wusste sie, woran sie die manische Leckerei erinnerte: an das Züngeln eines Reptils. Ob der Knabe ein verkappter Reptiloide war? Der starre Blick würde jedenfalls bestens zu dieser Theorie passen.

»Ja, ja, ja«, geiferte er. »Zur phänotypischen Veränderung wollte ich gerade kommen.«

Cybill stutzte. »Sie haben nicht ernsthaft vor, die Menschen in Echsen zu verwandeln?«

»Hätten Sie mir zugehört, verehrte Kollegin, dann wüssten Sie, dass es mir gelungen ist, die Probe eines einzigartigen Organismus sicherzustellen, der vor einiger Zeit in der Kanalisation von London für Aufsehen gesorgt hat. Und nicht nur dort. Da Sie offenbar anderweitig beschäftigt waren, wiederhole ich gerne, was ...

»Das wird nicht nötig sein«, unterbrach Cybill den Kerl rasch, was zur Folge hatte, dass sich das Gesicht, das eben erst wieder seine gewohnte Blässe zurückerlangt hatte, schlagartig erneut rot anlief.

Eindeutig Chamäleon, beschloss Cybill. »Ich habe auch so begriffen, was Sie vorhaben: Sie wollen die Menschheit in die gottverdammte Kreidezeit zurückbefördern.«

»Mitnichten. Anscheinend verkennen Sie den humanitären Sinn meiner Forschung.«

Jetzt geht das wieder los, dachte Cybill. Nicht nur selbstverliebt, sondern auch größenwahnsinnig. Ganz schlechte Kombi.

Von dieser Sorte hatte sie wahrlich genug kommen und gehen sehen, um sich nicht eine Sekunde länger damit auseinandersetzen zu wollen.

»Was ich verkenne, ist Ihr gesunder Menschenverstand. Und ich sage: Nein!«

Zack, und schon wurde das Chamäleon wieder kreideweiß. »Wie ...? Was ...? Das ... das können Sie gar nicht entscheiden.«

»Meine Anteile belaufen sich auf einundzwanzig Prozent, damit hat meine Stimme das...

Erscheint lt. Verlag 22.11.2022
Reihe/Serie John Sinclair
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • Academy • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horrorthriller • Horror-Thriller • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony Ballard • Tony-Ballard • Top • Walking Dead
ISBN-10 3-7517-4002-3 / 3751740023
ISBN-13 978-3-7517-4002-9 / 9783751740029
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