Flaschenpost aus der Vergangenheit - Die Sommerschwestern (eBook)

Spiegel-Bestseller
Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
288 Seiten
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
978-3-462-31173-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Flaschenpost aus der Vergangenheit - Die Sommerschwestern -  Monika Peetz
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Die Sommerschwestern sind zurück an der holländischen Nordseeküste und dieses Mal geht es um alles. Der dritte und letzte Band der Trilogie um die vier Schwestern lässt keine Wünsche offen und keine Leserin kalt.  Die Zwillinge Amelie und Helen feiern an der holländischen Nordsee in Bergen ihren gemeinsamen Geburtstag, als ein ungebetener Gast ihre Party sprengt: Wie aus dem Nichts taucht ihre Mutter in Bergen auf. Henriette Thalbergs erklärtes Ziel ist es, die hoffnungslos zerstrittene Familie zu vereinen. Ihr Einsatz ist hoch: Es geht um die Verteilung ihres Erbes. Keine der Sommerschwestern ahnt, dass auf dem Meeresboden eine verhängnisvolle Flaschenpost aus der Vergangenheit schlummert, die alles infrage stellt, was sie glaubten, über ihre Mutter und den Tod ihres Vaters in der verhängnisvollen Sturmnacht zu wissen. Das Meer nimmt, und das Meer gibt. Leider im falschen Augenblick.

Monika Peetz studierte Germanistik, Kommunikationswissenschaften und Philosophie in München. Seit 1998 lebt sie als Drehbuchautorin in Deutschland und den Niederlanden. Monika Peetz ist die Autorin der Bestsellerreihe »Die Dienstagsfrauen«. Ihre Romane um die fünf Freundinnen waren SPIEGEL-Bestseller und verkauften sich allein im deutschsprachigen Raum über eine Million Mal. Ihre Bücher erscheinen in 26 Ländern und sind auch im Ausland Bestseller. Bei Kindler Jugendbuch hat sie die Romantrilogie »Herz der Zeit« vorgelegt.

Monika Peetz studierte Germanistik, Kommunikationswissenschaften und Philosophie in München. Seit 1998 lebt sie als Drehbuchautorin in Deutschland und den Niederlanden. Monika Peetz ist die Autorin der Bestsellerreihe »Die Dienstagsfrauen«. Ihre Romane um die fünf Freundinnen waren SPIEGEL-Bestseller und verkauften sich allein im deutschsprachigen Raum über eine Million Mal. Ihre Bücher erscheinen in 26 Ländern und sind auch im Ausland Bestseller. Bei Kindler Jugendbuch hat sie die Romantrilogie »Herz der Zeit« vorgelegt.

1. Eiszeit


Der Winter kam früh. Über Nacht hatte strenger Frost eine Decke zart glänzenden Puderzuckers über Nordholland gelegt und die Dünen in eine Märchenlandschaft verwandelt. Bäume, Sträucher und Gräser hüllten sich in ein schimmerndes Kleid aus winzigen Eiskristallen, auf dem Boden glitzerte kandiertes Herbstlaub. Amelie war extra früh aufgestanden, um das zauberhafte Winteridyll für ihre Follower einzufangen. Seit sie an die Nordsee ins niederländische Bergen gezogen war, teilte sie ihre Tage nicht nur mit Philomena, sondern auch mit einer stetig wachsenden Zahl von Menschen, die ihrem Instagram-Kanal »Sachensuchen mit Amelie« folgten.

Der Ferienort ihrer Kindheit und die Gemeinschaft rund um das Cultuurdorp waren für sie zu einer neuen Heimat geworden, auch wenn das Leben in und mit der Natur oft eine Herausforderung darstellte. Holländer beschwerten sich leidenschaftlich gerne über das Wetter: »Zu heiß, zu kalt, zu nass, zu trocken, zu windig, zu unbeständig …« Doch als das Thermometer unter die magische Null-Grad-Grenze sank, verstummte das Dauerklagen schlagartig. Je niedriger die Temperatur, desto besser die Stimmung.

»Schlittschuhwetter«, jubelte Philomena.

Die anhaltende Kältefront versetzte ganz Holland in kollektive Euphorie. Das kleine Land, das von Entwässerungskanälen, Wasserstraßen und Seen durchzogen war, zelebrierte die stetig dicker werdende Eisdecke als Ereignis von nationaler Wichtigkeit.

Wollt ihr nicht kommen? schrieb Amelie an ihre drei Schwestern. Hier grassiert das Eisfieber.

Ihre Einladung stieß auf taube Ohren. Seit dem letzten Sommer war ihre Familie komplett zerstritten. Die ungeklärten Fragen rund um den Unfall des Vaters vor über zwanzig Jahren hatten Doro, Yella und die Zwillinge Amelie und Helen auseinanderdriften lassen. Jede der Schwestern versuchte auf ihre eigene Weise, sich mit ihrer exzentrischen Mutter zu arrangieren. Henriette Thalberg wehrte sich energisch dagegen, die ganze Wahrheit über den Tod des Vaters preiszugeben. Die Familienlegende wollte, dass ihr Vater in der Sturmnacht trotz grimmigster Wetterumstände ans Meer gefahren war, um einen Blick auf die aufgepeitschte Nordsee zu werfen. Diese Theorie war in sich zusammengebrochen, nachdem sie herausgefunden hatten, dass Johannes Thalberg an dem Abend nicht alleine gewesen war. Er hatte den Weg anscheinend mit einer heimlichen Geliebten angetreten. Bis heute war es ihnen nicht gelungen, die Frau, die ihren Vater in Abwesenheit der Mutter aufgesucht hatte, zu identifizieren.

Die dunklen Geheimnisse aus der Vergangenheit überschatteten die familiären Beziehungen. Yella und Doro beschuldigten sich gegenseitig, über die Sturmnacht gelogen zu haben, während Helen vor allem wütend auf ihre Mutter war, die sich aus unerfindlichen Gründen weigerte, ihre Version der Ereignisse mit den Töchtern zu teilen und den Namen der Unbekannten zu nennen. Doro stand wie immer bedingungslos zu ihrer Mutter und reklamierte so ganz nebenbei schon mal das mütterliche Erbe für sich alleine. Auf Kosten ihrer Schwestern! Kein Wunder, dass sie auf Amelies Einladung kurz angebunden reagierte: Keine Zeit.

Helen war da schon ehrlicher. Mir steht der Sinn nicht nach Familientreffen schrieb sie. Und von Yella erhielt Amelie statt einer Zusage einen Brief, in dem sie alles zusammengefasst hatte, was sie gemeinsam mit Helen über ihren Vater und die Unfallnacht herausgefunden hatte.

Es sollen keine Geheimnisse mehr zwischen uns stehen schrieb sie.

Yella hatte damals ihren Vater Arm in Arm mit der Fremden ertappt, jetzt hatte sie erstmals probiert, das Porträt der Unbekannten zu Papier zu bringen. Die Zeichnung hatte sie allen Schwestern und der Mutter zukommen lassen.

Vielleicht könnt ihr euch mal im Dorf umhören? forderte Yella Amelie und Philomena auf. Jemand muss die Frau doch kennen.

Die Unbekannte mit dem auffällig roten Schopf verfolgte sie in ihre Träume. Nach einer unruhigen Nacht fand Amelie am Morgen zu alter Gelassenheit zurück.

»Es ist für mich nicht wichtig, was diese Frau mit Papa verband«, sagte sie am Frühstücktisch zu Philomena. »Mir geht es nur darum, was mich mit Papa verbindet.«

Welchen Sinn sollte es haben, diese Frau zu finden? Amelie konnte so gut nachvollziehen, dass ihre Mutter nicht an dieser für sie sicher schmerzhaften Geschichte rühren wollte. Sie fand es nicht mal beunruhigend, dass Doro die Familienvilla überschrieben bekommen hatte.

»Ich bin mir sicher, Doro zahlt uns aus, sobald es ihr finanziell besser geht«, meinte sie.

Philomena verschluckte sich fast an ihrem Müsli: »Du bist echt zu nett«, prustete sie.

»Familie ist wichtiger als jedes Geld der Welt«, sagte Amelie. »Seit wann heißt die Maßeinheit von Liebe Euro?«

Energisch setzte sie ihre leere Kaffeetasse auf den Tisch und ging an die Arbeit. Für Amelie bedeutete es die größtmögliche Freiheit, mit wenig auszukommen. In den Wintermonaten vertrieb sie über Instagram Kosmetik, Tee und Gewürzmischungen aus eigener Herstellung. Daneben lebten sie von dem, was Philomena als Taxifahrerin oder Comedian in verschiedenen Klubs erwirtschaftete. Ihre Bedürfnisse waren so bescheiden, dass es ihnen sogar gelang, Geld für ihren großen Traum beiseitezulegen, die betagte Jurte im nächsten Jahr durch ein Tiny House zu ersetzen.

»Interessiert dich nicht, was deine Mutter umtreibt?«, fragte Philomena, während sie ihr beim Verpacken der Bestellungen assistierte.

»Jeder Mensch hat ein Recht auf Geheimnisse«, sagte Amelie leise. »Selbst Mütter.«

 

Das Frostwetter kam wie gerufen. Die äußere Eiszeit lenkte bestens von der Eiszeit in ihrer Familie ab. Amelie ließ sich von der Aufregung anstecken, die ganz Holland erfasste. Wie jedes Jahr konkurrierten unzählige Vereine um die Austragung des allerersten Marathons auf Natureis. In Amsterdam und anderen Grachtenstädten traten umgehend offizielle Fahrverbote auf den Kanälen in Kraft. Kein Schiffsbug sollte der lang ersehnten Eisbildung im Weg stehen. In Nachrichten und Talkshows spekulierten ijsmeester Eismeister, gemeinsam mit Eisschnellläufern und Hobbysportlern zur besten Sendezeit darüber, ob es nach über 25 Jahren wieder einen Elfstedentocht geben könnte, einen legendären Langstreckenwettbewerb im Eisschnelllauf, der sich über 200 Kilometer und 11 friesische Städte zog.

»Seit 1909 hat der Elfstedentocht ganze fünfzehn Mal stattgefunden«, erzählte Philomena. »Das hält keinen Holländer davon ab, Jahr für Jahr endlos darüber zu spekulieren.«

Als Amelies persönliche Wetterfee begrüßte Philomena den Frost wie einen lang erwarteten Freund. Anders als die Offiziellen im Land, die fachkundig ein Loch bohrten und aus der Beschaffenheit des Eises ablasen, wie die Chancen zum Schlittschuhlaufen standen, setzte das kleine Energiebündel auf Körpereinsatz. Unter vollem Risiko testete Philomena nach vier Tagen erstmals die Tragfähigkeit der Eisdecke.

»Es hält«, rief sie begeistert in die Kamera und hüpfte wie ein Flummi auf dem Kanal hinter dem Cultuurdorp herum. Beim vierten Hopser brach sie sang- und klaglos im ächzenden Eis ein.

»Bodenfrust statt Bodenfrost«, kommentierte Amelie trocken.

Philomena lachte am lautesten über ihr Missgeschick: »Schlecht für mich, großartig für Instagram.«

 

Nach ein paar weiteren Frostnächten war es dann wirklich so weit. Amelie zog ihre Unox-Mütze über die Ohren, die sie beim traditionellen Neujahrsschwimmen ergattert hatte, als sie sich todesmutig mit zigtausend anderen in das fünf Grad kalte Wasser der Nordsee geworfen hatte. Die knallorangefarbene Wollmütze mit dem Bommel und dem Bündchen, die in den niederländischen Landesfarben Rot, Weiß, Blau leuchteten, stach als bunter Farbklecks in dem Meer an Grautönen heraus. Vorsichtig wagte sie sich aufs Eis, nur um festzustellen, dass man manche Dinge nie verlernte: Fahrradfahren, Schwimmen und anscheinend auch Schlittschuhlaufen.

 

Die Niederländer stürzten sich begeistert auf das Eis. Halb Holland hatte »ijsvrij«, eisfrei, genommen. Amelie fühlte sich, als wäre sie aus Versehen in eines dieser berühmten Wimmelbilder aus dem 17. Jahrhundert hineingeraten, die das winterliche Eistreiben abbildeten.

Richtig genießen konnte sie die Winterfreuden allerdings nicht. Amelie merkte, dass Yellas Brief gegen ihren Willen in ihr rumorte. Sie konnte nicht verhindern, dass sie die Schlittschuhfahrer auf dem Eis unwillkürlich musterte, um ihr Äußeres insgeheim mit dem gezeichneten Porträt der rothaarigen Frau abzugleichen. Kritisch beäugte sie jeden, der ihr auf dem Eis entgegenkam: die sportlichen Langstreckenläufer, die in hastigem Tempo an ihnen vorüberzogen, ambitionierte Eishockeyspieler, die den Puck in improvisierte Tore stießen, Kinder, die mit Stühlen als Gleichgewichtshilfe über das Eis schlitterten, ein älteres Paar, das gemeinsam Pirouetten drehte. Selbst bei den Imbissbuden, die neben den Kanälen aus dem Boden wuchsen, kontrollierte sie, wer da heiße Erbsensuppe, den klassischen holländischen Kakao Chocomel oder Glühwein an unterkühlte Schlittschuhläufer verkaufte. Es gelang ihr einfach nicht, Yellas Bitte abzuschütteln. Dabei hatte sie längst beschlossen, sich nicht aktiv an der Suche nach der geheimnisvollen Affäre ihres Vaters zu beteiligen. Amelie hatte nicht das geringste Interesse, die alten Verletzungen in ihr neues Leben zu tragen. Sie war so viel mehr als ihre tragische Vergangenheit. Bislang hatten die Fragen und...

Erscheint lt. Verlag 8.5.2024
Reihe/Serie Die Sommerschwestern-Romane
Die Sommerschwestern-Romane
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Bestseller-Autorin • Dienstagsfrauen • Erbe • Erbschaft • Familie • Familien-Drama • Familien-Geheimnis • Familien-Geschichte • Familien-Konflikt • Frauenroman • Freundinnen • Freundinnen-Geschenk • Geschenk für Frauen • leichtlesen • Nordholland • Nordsee • Rivalität • Schwester • Schwesterngeschichte • Sommerlektüre • Sommerschwestern • Sommerschwestern dritter Teil • Strandurlaub • Urlaubsbuch
ISBN-10 3-462-31173-5 / 3462311735
ISBN-13 978-3-462-31173-0 / 9783462311730
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