Tod im Stroh (eBook)
224 Seiten
HarperCollins eBook (Verlag)
978-3-7499-0557-7 (ISBN)
Ein Geheimnis kommt selten allein!
Mia will die Zelte in der Stadt abbrechen und im Haus ihrer Großmutter mitten im Schwarzwald neu beginnen. Dass sie allerdings gleich am ersten Abend ihres neuen Lebens gemeinsam mit ihrer besten Freundin Chrissi bei Nacht und Nebel einen völlig verwahrlosten struppigen Esel klaut und anschließend in ihrer Scheune über eine Leiche stolpert, gehört natürlich nicht zum Plan. Was soll sie jetzt tun? Auf keinen Fall kann sie als Eseldiebin die Polizei rufen, und so beschließen Mia und Chrissi, es selbst in die Hand zu nehmen und auf eigene Faust herauszufinden, wer der Tote ist und warum er ausgerechnet in ihrer Scheune gestorben ist.
<p>Susanne Oswald ist Bestsellerautorin - ihr Traum wurde wahr. Die gebürtige Freiburgerin liebt das Meer. Gemeinsam mit ihrem Mann am Strand spazieren zu gehen und den Abend vor dem Kamin mit Strickzeug auf dem Schoß ausklingen zu lassen, ist für sie das Schönste. Mit dem Kopf ist sie fast immer bei ihren Heldinnen und Helden, und es macht sie glücklich, ihre Fantasie Wirklichkeit und Buchstaben zu Geschichten werden zu lassen.</p>
Eins
Mia Sonne @MiasWelt
Drei Pudeldamen hintereinander – für heute bin ich gepudelt! #Tiersalon Elvira
Schnell tippte ich auf »Twittern« und ließ das Smartphone in meiner Hosentasche verschwinden. Elvira war eine tolle Chefin mit einem großen Herzen und absolut null Verständnis für Handys und den ganzen neumodischen Kram. Twitter bezeichnete sie als Seelenpornografie. Wohingegen sie mit den aufgeblasenen Möpsen ihrer Kundinnen keine Probleme hatte – und ich spreche nicht von den Hunden! Das gehörte für mich viel eher in die Kategorie Pornodingsda. Diese Frauen gaben ihre gesammelten Minderwertigkeitskomplexe in der Öffentlichkeit preis und trugen sie in Form ihrer Silikonkissen vor sich her. Garniert mit glitzernden Klunkern. Und alles nur, um von ihren Mädchen vernaschenden Ehemännern abzulenken.
Dann doch lieber twittern.
Elvira hatte einfach keine Ahnung. Für mich war das mein Fenster zur Welt. Den ganzen Tag stand ich im Salon, frisierte Hunde, Katzen und neulich sogar einen Papagei, und draußen tobte das Leben. Die Bertoldstraße leuchtete, eingetaucht in die ersten warmen Strahlen der Frühlingssonne. Es war Ende März, und das Schaulaufen der Frühjahrskollektion hatte begonnen. Von Punk bis Lady war alles dabei. Jeder, der irgendwie konnte, schlenderte, bummelte und tankte Kraft im Sonnenlicht. Okay. Fast jeder. Nils lag bestimmt noch in den Federn, er hatte heute erst nachmittags Vorlesung.
Mir wäre alles lieber gewesen als Frau Blage mit ihrer vierbeinigen Plage, einer äußerst unerzogenen Yorkshireterrier-Dame, die als Nächstes auf dem Programm stand. Und dazu gehörte unweigerlich: »Kindchen, seien Sie vorsichtig, Mimi ist ja so empfindsam« oder »Was meinen Sie? Sollen wir lieber das pinkfarbene Jäckchen oder das in Rosé zum Empfang anziehen? Was wohl besser zu meinem Abendkleid passt?«
Eins von Mimis Kleidchen hatte den Wert meiner gesamten Sommergarderobe. Nicht dass ich neidisch wäre. Lieber in Lumpen gekleidet, als dieser Frau, der Inkarnation von Doofheit, ausgesetzt zu sein. Bei der hatte der Zuwachs an finanziellen Mitteln zu einem im Verhältnis dazu exponentiell ansteigenden Verlust von Gehirnzellen geführt. Hätte ich nur solche Neureichen als Kunden, müsste ich den Job wechseln. Dabei liebte ich meine Arbeit.
Diese Stelle anzunehmen, war die beste Entscheidung meines bisherigen Lebens gewesen. Abgesehen von dem Entschluss, der blöden Tanja am Tag unserer Einschulung die Lakritzschnecken aus der Schultüte zu klauen, auch wenn das damals zwei Wochen Pumucklverbot für mich bedeutet hatte. Zum Glück hatte Oma die Folgen für mich angeschaut und mir dann erzählt, was der kleine Kobold wieder alles angestellt hatte.
Oma. Sie hat mich immer verstanden. Auch wenn der Rest der Familie wieder mal kopfstand, weil Mia »nie den geraden Weg wählte«, wie Mama es gern ausdrückte. Pfff! Dabei waren meine Wege so krumm nun auch wieder nicht. Ich wollte nun mal weder Karriere machen und steinreich werden, noch war ich bereit, mir zumindest einen gut betuchten Mann zu suchen.
Ich wollte einen Job, der mir Spaß machte, und Zeit, das Leben zu genießen. Ich wollte spazieren gehen, meine Zehen ins Wasser eines Baches halten oder barfuß über eine Wiese springen. Mein Herz hüpfte vor Glück, wenn sich eine Fellnase vertrauensvoll an mich drückte. Und wenn sich ein Pflänzchen, das ich gesät hatte, der Sonne entgegenreckte, dann erfüllte mich das mit tiefer Zufriedenheit. Zum absoluten Unverständnis meiner Mutter. Nur Oma hatte in solchen Momenten wissend genickt und sich mit mir gefreut. Immer.
Oma hatte mir auch das Stricken beigebracht. Durch sie habe ich die Liebe zu schöner Wolle entdeckt.
Mein Leben war wie Wellenreiten an einem Tag mit lauem Wind. Weicheisurfen. Ich liebte diese Beschaulichkeit. Keine drohende Gefahr, die nächste Monsterwelle bezwingen zu müssen. Kein unnötiger Nervenkitzel. Kein unkalkulierbares Risiko. Ich hatte alles, was ich brauchte. Einen angenehmen Job bei dem angesagtesten Tiersalon der Stadt. Einen liebevollen Freund, mit dem ich lachen, kuscheln, aber auch nächtelang reden konnte, Wolle und Stricknadeln. Das wunderbare Pünktchen, die freche kleine Mischlingshündin, die mein Ein und Alles war. Und wenn mir doch mal nach einer deftigen Welle war, dann gab es da noch Chrissi, meine beste Freundin seit dem Kindergarten. Neben ihr kam ich mir manchmal beinahe langweilig vor, denn bei ihr war immer etwas los.
Obwohl ich mein Leben genoss, war ich für meine Mutter eine Enttäuschung. Beinahe dreißig und noch immer nicht unter der Haube. Verglichen mit meinem ach so tollen Bruder Lukas, der ein Einserabi hingelegt hatte und nun Jura studierte, war ich der Loser der Familie, egal wie krumm oder gerade meine Wege waren. Nur eine mehr oder weniger gute Mittlere Reife konnte ich vorweisen. Und dann hatte ich mich nicht einmal breitschlagen lassen, wenigstens eine Lehre zur Bürokauffrau zu machen. Oder Krankenschwester. Da hätte ich mir nach Meinung meiner Mutter wenigstens einen Arzt an Land ziehen können. Stattdessen war ich, gemeinsam mit Chrissi, Tierpflegerin im Schwarzwaldzoo geworden und Mamas Naserümpfen zum Trotz sehr glücklich beim Ställeausmisten.
Gerade als meine Familie sich mit ihrem (und meinem) Schicksal abgefunden und anderen Themen zugewandt hatte, war Elviras Angebot gekommen. Ich griff zu, ohne lange zu überlegen. Alle waren entsetzt. Tierfriseurin! Das war ja noch schlimmer als Tierpflegerin.
Nur Oma fand es genauso cool wie ich.
Sie fehlte mir sehr. Drei Monate war sie jetzt schon tot, und erst letzte Woche hatte ich mich überwinden können, ihr Haus, das jetzt meins war, einem Makler zur Vermittlung zu übergeben. Herr Bronkovich versprach mir, er würde schnell einen Käufer für das Schmuckstück finden. Leider. Fast hätte ich mir gewünscht, dass er sagen würde, es wäre unmöglich, so ein Haus an den Mann zu bringen. Ein idiotischer Wunsch, das war mir klar.
Das Gebäude war zwar alt, aber super in Schuss und die Lage für Schwarzwälder Verhältnisse Spitzenklasse. Einsam gelegen und doch nicht weit weg vom Leben. Oder dem, was man im Schwarzwald so »Leben« nennen konnte.
Aber was sollte ich mit einem Haus in St. Gregorius? Da war der Schwarzwald ziemlich schwarz, und jeden Tag etwa achtzig Kilometer zur Arbeit fahren? Nein danke!
Die Alternative wäre gewesen, schon wieder eine neue Stelle zu suchen, und dieser Gedanke war auch nicht prickelnd. Die Wahrscheinlichkeit, es noch einmal so gut zu erwischen wie bei Elvira, ging gegen null. Noch dazu war es bei ihr im Salon kein Problem, Pünktchen mit zur Arbeit zu nehmen. Dieses Privileg löste alle Hundesitterprobleme, die mich früher beinahe in den Wahnsinn getrieben hatten. Ein rundum toller Job also. Eigentlich.
Nur wenn es daran ging, Pudellöckchen rosa zu färben, kam ich an meine Grenzen. Frau Blage mit ihrer Mimi war jenseits allen guten Geschmacks. Ich musste nur an das aufgedonnerte Schrapnell denken, dann kringelten sich gleich meine Fußnägel. Der Gedanke an meine Fußnägel brachte mich wieder zu Nils zurück. Er war der wichtigste Grund, weshalb ich nicht von hier wegwollte. Es wäre herrlich, jetzt mit ihm im Bett zu liegen. Die Vorstellung, wie er an meinen Zehen knabberte, brachte mich wohlig zum Erschauern. Er hatte da so eine ganz bestimmte Technik, die mich verrückt machte.
Beinahe hätte ich laut geseufzt.
»Frau Blage hat angerufen. Mimi ist unpässlich«, riss mich Elvira aus meinen Träumereien.
Den Jubelschrei konnte ich gerade noch unterdrücken, bevor er mir über die Lippen hüpfte. Bei so was kannte meine Chefin kein Pardon. Kunden waren immer und jederzeit mit Respekt zu behandeln. Von wegen mal so richtig gepflegt ablästern, wie ich es mit Chrissi manchmal zelebrierte.
Artig legte ich die Stirn in Sorgenfalten. »Hoffentlich nichts Ernstes«, sagte ich und rang das Grinsen nieder, das sich mit aller Macht in meinem Gesicht einnisten wollte.
»Wie man’s nimmt. Sie hat wohl zu viele Pralinen genascht«, meinte Elvira und unterzog ihre silberne Designerarmbanduhr einer eingehenden Betrachtung. »Wenn du willst, kannst du jetzt schon Mittagspause machen.«
Sag ich doch: tolle Chefin!
»Hast du gehört, Pünktchen?«, rief ich in Richtung Hundekorb.
Mein Schätzchen öffnete nur ein Auge, wackelte mit seinem linken abgeknickten Ohr und wollte weiterschlafen.
»Nichts da, du Murmeltier! Hoch mit dir, wir haben Pause.« Mit einem Satz war ich im Hinterzimmer, schnappte meine Handtasche und Pünktchens Leine. Jetzt hatte es auch meine Hündin kapiert. Ihr blieb keine Zeit, sich ausgiebig zu strecken und die schwarzen Flecken auf ihrem weißen Fell zu sortieren. Ich ließ den Karabiner am Halsband einschnappen und stürmte Richtung Tür.
Im Vorbeihuschen warf ich einen Blick in den Spiegel und wuschelte meine Locken auf. Der kleine Rotstich im Brünett machte sich wirklich gut, besser als die blonden Strähnchen, die ich jahrelang getragen hatte. Wenn ich schnell genug wäre, könnte ich Nils überraschen. Vorspeise Mia, Hauptgang Döner von unserem Lieblingstürken und Nachtisch noch mal Mia.
Schon drei Minuten später gab ich Ali ein Zeichen, das so viel hieß wie »Wie immer!« – obwohl ich als Letzte den Laden betreten hatte. Er wusste, dass ich immer in Eile war, und als Stammkundin gab es eine klitzekleine Vorzugsbehandlung. Mein schlechtes Gewissen zwickte zwar ein bisschen, aber ich wäre eine Idiotin, wenn ich ein schnelles Essen einer falschen Moral opfern würde. Ein guter Mensch – aber...
Erscheint lt. Verlag | 21.2.2023 |
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Sprache | deutsch |
Original-Titel | Tod im Stroh |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | Cosy Crime • Cozy Crime • Esel • Frauenunterhaltung • Freundschaft • Hundesalon • Kleiner Strickladen • Krimi • Liebe • Neuanfang • Schwarzwald • Schwarzwaldkrimi • Tierpension • Tot |
ISBN-10 | 3-7499-0557-6 / 3749905576 |
ISBN-13 | 978-3-7499-0557-7 / 9783749905577 |
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