Wo der Seewind flüstert. Die St.-Peter-Ording-Saga (eBook)

(Autor)

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2023 | 1. Auflage
320 Seiten
HarperCollins eBook (Verlag)
978-3-7499-0577-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wo der Seewind flüstert. Die St.-Peter-Ording-Saga - Tanja Janz
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Die große St.-Peter-Ording-Saga von Bestsellerautorin Tanja Janz

1959: Sabine träumt nach dem Abschluss der Frauenfachschule davon, den Sommer am Gardasee zu verbringen. Doch familiäre Pflichten führen sie zu ihrer Tante nach Nordfriesland. Ihre Eltern bestehen darauf, dass Sabine ihr in St. Peter-Ording hilft. Obwohl sie von italienischem Flair und weiter Welt geträumt hat, lernt Sabine bald den Zauber Nordfrieslands und des Strandcafés in Ording zu schätzen. Auch der junge Tom lässt sie hier ihr Fernweh schnell vergessen. Doch Sabine muss sich erneut den Wünschen ihrer Eltern beugen und St. Peter-Ording verlassen. Findet sie dennoch einen Weg für eine Zukunft in St. Peter-Ording mit Tom?



Tanja Janz wollte schon als Kind Bücher schreiben und malte ihre ersten Geschichten auf ein Blatt Papier. Heute ist sie Schriftstellerin und lebt mit ihrer Familie und zwei Katzen im Ruhrgebiet. Neben der Schreiberei und der Liebe zum heimischen Fußballverein schwärmt sie für St. Peter-Ording, den einzigartigen Ort an der Nordseeküste.

KAPITEL 2


Juni 1959, auf der Dorfstraße in Sankt Peter

Ebba Freese hatte es eilig. Sie trat gehörig in die Pedale ihres Diamant-Sportrads. Dabei hielt sie den Oberkörper tief über den Lenker gebeugt, um dem Wind so wenig Widerstand wie möglich zu bieten, der in kräftigen Böen von vorne kam und ihr Regentropfen ins Gesicht trieb. Über zwei Wochen hatte sich schönstes Frühsommerwetter über Sankt Peter gehalten und den Anschein erweckt, die Bilderbuchtage könnten nie zu Ende gehen. Doch am frühen Morgen hatte es erst leise über der See gegrollt, am Horizont hatte sich ein grauer Streif gebildet. Die grauen Wolken und das immer lauter werdende Grollen waren schließlich aufs Festland gezogen und hielten sich nun schon seit Stunden. Sehr zum Leidwesen derjenigen, die sich in dem Heilbad erholen wollten, einen Spaziergang zum Leuchtturm geplant hatten oder bis zu den Knien in der noch recht kühlen Nordsee hatten waten wollen. Für Ebba Freese war es ebenfalls ärgerlich. Das ungemütliche Wetter hielt die Gäste auf ihren Zimmern und führte dazu, dass sie nicht wie gewohnt ungestört Ordnung schaffen, Zimmer vorbereiten oder ihrer täglichen Routine nachgehen konnte. Besonders die Schuberts, ein Ehepaar aus Stuttgart, hatten sie mit unnötigen Fragen aufgehalten.

»Wie lange dauert denn der Regen voraussichtlich?«, hatte Herr Schubert gefragt.

»Das Wetter ist in Sankt Peter wechselhaft. Es kann sein, dass mittags wieder die Sonne vom blauen Himmel lacht«, hatte Ebba Freese zur Antwort gegeben.

Frau Schubert hatte daraufhin mürrisch den Mund verzogen. Doch was hätte sie ihren Gästen anderes sagen sollen? Hellsehen konnte sie schließlich nicht, und ein Wetterfrosch war sie schon gar nicht. »Machen Sie sich keine Sorgen. Es wird nicht tagelang regnen, höchstens ein paar Stunden«, hatte sie versöhnlich hinzugefügt.

Daraufhin hatte Frau Schubert nicht mehr ganz so verdrießlich dreingeschaut und angemerkt, dass sie bis dahin in ihrer Illustrierten lesen wollte.

Sobald die Schuberts wieder auf ihr Zimmer gegangen waren, hatte Ebba sich eine Jacke übergezogen, den Einkaufskorb geschnappt und sich wenig später auf ihr Fahrrad geschwungen. Trotz ihrer dreiundsechzig Jahre fühlte sie sich noch ziemlich rüstig, was sie auf die tägliche Bewegung an der guten Nordseeluft schob. Immerhin war das der Grund, weswegen die meisten Leute nach Sankt Peter kamen: Reizklima wurde es im Fachjargon genannt.

Sie war schon spät dran und musste sich beeilen, wenn sie noch vor der Mittagspause im Kolonialwarenladen einkaufen wollte. Für den Nachmittag hatten sich neue Gäste aus Bayern angekündigt. Damit waren alle drei Fremdenzimmer belegt. Sie selbst war in den Schuppen im Garten gezogen. Zugegeben, es war eine notdürftige Behausung, in der bloß ein schmales Eisenbett mit einer durchgelegenen Matratze und eine Kommode Platz gefunden hatten. In der warmen Jahreszeit ließ es sich dort jedoch einigermaßen gut aushalten. Für den September, wenn die Nächte kühler wurden und der Wind durch alle möglichen Ritzen pfiff, musste Ebba sich etwas einfallen lassen. Seit dem Tod ihres Mannes war das Geld noch knapper als ohnehin. Deshalb hatte sie dringend Einnahmen benötigt und begonnen, Gäste aufzunehmen.

Die Küche in ihrem Haus konnte sie weiternutzen, da sie ihren Gästen Essen anbot. Das Wohnzimmer hatte sie in einen Speisesaal umfunktioniert, in dem sie morgens das Frühstück servierte. Brot, gute Butter und selbst gemachte Marmelade gab es und dazu wahlweise eine Tasse Bohnenkaffee oder Tee. Manchmal bekam sie auch ein paar frische Eier von einem Nachbarn, der hinter dem Haus ein paar Hühner hielt.

Um vier Minuten vor zwölf bremste Ebba vor dem Laden von Boy Jöns. Sie stellte das Rad neben dem Haus ab und hastete zur Eingangstür. Ein helles Glöckchen erklang, als sie den Laden betrat. Frau Jöns erfasste bei einer Kundin die Einkäufe auf einer Registrierkasse. Mit vier Fingern drückte sie geschickt auf die Knöpfe und drehte zum Schluss die Kurbel an der Seite. Die Kundin schob einen Geldschein über die Theke und packte ihre Einkäufe in einen Korb. Danach ging sie zur Ladentür.

»Moin, Frau Freese«, begrüßte Frau Jöns sie nun freundlich. Sie kannte alle Kunden beim Namen und wusste stets, wer sich für welche Waren interessierte. »Kommen Sie wegen dem bestellten Kaffee?«

Ebba lächelte. »So ist es. Zwei Pakete Kaffee, bitte. Wenn das so weitergeht, beehre ich Sie demnächst mehrmals in der Woche. Jeder möchte nur noch Jacobs Kaffee trinken, als wären andere Sorten kein richtiger Bohnenkaffee.«

Frau Jöns lachte auf. »Jaja, Jacobs Kaffee … wunderbar«, zitierte sie den Werbespruch der Bremer Rösterei. Sie nahm zwei Päckchen Bohnenkaffee aus einem Regal und stellte sie vor Ebba auf den Verkaufstresen. »Die Beliebtheit des Kaffees scheint mit der Reklame in den Tageszeitungen mit Großmutter Sophie zusammenzuhängen. Kürzlich erzählte mir eine Kundin, dass es sogar eine Reklame im Radio und im Fernsehen gibt.«

Ebba zuckte die Schulter. »Zum Radiohören komme ich im Moment kaum. Und Fernsehen … Ich wäre schon froh, wenn wir endlich fließendes Wasser hätten und ich nicht ständig zum Brunnen laufen müsste.«

»Darauf warten wir doch alle sehnsüchtig.« Frau Jöns nickte verständnisvoll und tippte den Preis in die Kasse ein. »Das macht dann neunzehn Mark und siebzig Pfennige.«

Nachdem Ebba bezahlt hatte, verstaute sie den Kaffee in ihrem Einkaufskorb. »Eine schöne Mittagspause für Sie«, wünschte sie der Ladeninhaberin noch, bevor diese hinter ihr die Tür abschloss und das Schild umdrehte, sodass von außen das Wort Geschlossen zu lesen war.

Zufrieden ging Ebba zu ihrem Fahrrad und fuhr den Weg wieder zurück. Nun musste sie sich sputen, wenn die Zimmer für die neuen Gäste noch rechtzeitig fertig werden sollten.

Auf halber Strecke blickte sie sich um. Ihr war, als hätte jemand ihren Namen gerufen. Tatsächlich. Vor einer reetgedeckten Kate auf der gegenüberliegenden Seite stand Knut Wehrich und winkte ihr hektisch zu.

»Ebba!«

Sie überquerte die Straße und kam neben ihm zum Stehen. »Moin!«

»Moin! Gut, dass ich dich gerade heute sehe. Am Nachmittag hätte ich dir sonst einen Besuch abgestattet. Es gibt nämlich gute Nachrichten.« Als Leiter der Peilfunkstelle in Sankt Peter erreichten ihn Neuigkeiten meist zuerst.

Ebba zog die Augenbrauen hoch. »So? Was sollen das denn für Nachrichten sein?«

»Ein ehemaliger Funkerkollege möchte mit seiner Frau und den drei Kindern eine Woche an der Nordsee Urlaub machen«, erklärte Knut Wehrich. »Natürlich am liebsten in Sankt Peter. Und da habe ich gleich an dich gedacht und ihm gesagt, dass du Fremdenzimmer mit Frühstück vermietest.«

»Wann will er denn mit seiner Familie kommen?«, fragte Ebba und knöpfte sich die Jacke bei der Gelegenheit weiter zu.

»Übermorgen.«

»Ausgeschlossen.« Sie schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid. Übermorgen habe ich keinen Platz. Schon gar nicht für fünf Personen! Ein Hotel bin ich ja längst noch nicht. Meine drei Zimmer sind in den nächsten sechs Wochen bis aufs letzte Bett belegt. Weißt du, wo ich deshalb gerade wohne? Im Schuppen.«

Knut kratzte sich am Kopf. »Oha. Dann gibt es nun ein Problem. Ich habe meinem ehemaligen Kollegen nämlich schon zugesagt, weil du mal meintest, dass du die Einnahmen von Übernachtungen gut gebrauchen kannst.«

Tadelnd schnalzte Ebba mit der Zunge. »Das stimmt ja auch. Aber im Moment kann ich keine Unterkunft anbieten. So leid es mir tut. Du musst deinem Bekannten absagen.«

Eine Böe fegte ums Haus und zerzauste Knuts graues Haar. »Das geht nicht mehr. Nach unserem Gespräch wollte er gleich zum Bahnhof und die Fahrkarten kaufen. Bestimmt hat er sie längst.« Er wirkte ratlos. »Hast du denn wirklich keine Möglichkeit?«

»Nein«, erwiderte Ebba entschieden. »Du hättest mich vorher fragen können.«

Er nickte. »Hätte ich. Zur Not muss ich die Familie beherbergen.«

»In eurem kleinen Haus?« Sie blickte skeptisch auf das Gebäude. »Ihr habt doch bloß die zwei Wohnräume im Erdgeschoss. Bei mir gibt’s wenigstens eine weitere Etage.«

Darauf senkte er den Blick. »Ich kann die Familie doch nicht im Stich lassen.«

»Kannst du nicht«, stimmte sie ihm zu. Dann fiel ihr etwas ein … »Vielleicht weiß ich jemanden, den ich fragen könnte.«

»Wirklich?«, fragte Knut erwartungsfroh.

»Vielleicht. Freu dich nicht zu früh! Ich werde fragen und dir dann Bescheid geben«, dämpfte sie seine Hoffnung.

»Gut. Dann warte ich auf deine Rückmeldung. Danke, Ebba!«

»Da nicht für!« Sie stellte wieder den Fuß aufs Pedal. »Jetzt muss ich aber wirklich weiter.«

Eigentlich wollte Ebba auf direktem Weg zurück zu ihrem Haus im Amselweg fahren. Die Zeit drängte, und es regnete wieder etwas kräftiger. Doch der Gedanke an die Familie von Knuts ehemaligem Kollegen ließ ihr keine Ruhe. Die Leute konnten unmöglich eine weite und teure Zugfahrt auf sich nehmen und dann in Sankt Peter ohne Unterkunft dastehen. Was würde das denn für einen Eindruck machen? Kurz entschlossen bog sie in den Heideweg ein. Dort standen vier Nissenhütten. In einer von ihnen lebte ihre Freundin Grete Schröder allein mit zwei Töchtern, seit der Mann im Krieg verschollen war. Sie schlug sich mehr schlecht als recht mit Gelegenheitsarbeiten durch und konnte jeden Pfennig gebrauchen, soviel wusste Ebba.

Als sie vor der Wellblechhütte mit halbrundem Dach hielt, war aus dem...

Erscheint lt. Verlag 21.3.2023
Reihe/Serie St.-Peter-Ording-Saga
St.-Peter-Ording-Saga
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 20.-21. Jahrhundert • 50er Jahre • 60er Jahre • Café • Deutsche Geschichte • Deutschland • Familiensaga • Farbschnitt • Frauenroman • Frauenschicksal • Gastronomie • Gefühle • Hotel • Liebe • Liebesroman • Nordfriesland • Nordseeküste • Romantik • Schicksal • Spiegel-Bestellerautorin • SPO • Starke Frauen • St. Peter-Ording • Strandcafé • Urlaubslektüre
ISBN-10 3-7499-0577-0 / 3749905770
ISBN-13 978-3-7499-0577-5 / 9783749905775
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