Eorin die Magierin 10: Wenn die magische Kraft dich leitet (eBook)
150 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-6464-6 (ISBN)
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Zwei Tage lang schlief ich wie eine Tote. So zumindest kam es mir vor, doch Katja berichtete, dass ich mich immer wieder unruhig hin und her gewälzt hatte. Trotzdem fühlte ich mich erfrischt und ausgeruht. Jetzt wollte ich eigentlich weitermachen, ich wollte Lamorak von seinem Block befreien und dann mich Haldor zum Duell stellen. Wenn der Kopf des Ordens nicht mehr existierte, würde mit dem Rest sicher leichter fertig werden zu sein.
Eine logische Überlegung, so dachte ich und überlegte mir einen Plan. Doch am Abend dieses Tages empfing ich einen Impuls von Darras. Es war verrückt, Kontakt aufzunehmen, wenn man es in der Bruderschaft bemerkte, war es ein leichtes, unseren genauen Standort einzupeilen, was bis jetzt noch niemandem gelungen war.
Aber es musste wichtig sein, wenn Darras alle Vorsichtsmaßnahmen außer Acht ließ.
„ Was ist passiert? Hast du Alina von deiner Ansicht überzeugt?“, fragte ich.
„ Leider nicht ganz. Sie hat eigene Ansichten.“
„ Und um mir das zu sagen, nimmst du Kontakt auf?“
„ Nein. Du solltest wissen, dass ich dich nicht in Gefahr bringe, wenn ich es vermeiden kann. Nach deinem Hilferuf habe ich sondiert, aber du hast es geschafft Lamorak zu befreien, ja?“
„ Richtig. Aber ich kann hier noch nicht aufhören. Es sind zu viele, die sich noch in den Händen des Ordens befinden.“
„ Das schaffst du nicht allein, Eorin“, gab er ernst zu bedenken. „Komm erst zurück und hilf mir. Dann werden wir uns gemeinsam darum kümmern.“
„ Was ist los bei dir?“, fragte ich alarmiert. Er schwieg einen Moment, und ich spürte, dass er sich abschirmte. Warum?
„ Alina hat sich meinem Zugriff entzogen“, kam es dann zögernd.
„ Und? Wo ist sie hin?““
„ In die Zaubergilde.“
„ Aber Feloris wird sie doch nicht aufnehmen! Darras, was ist da los? Warum soll ich dir helfen? Willst du gegen deine Mutter antreten? Feloris hat doch nicht...?“
„ Nein, hat sie nicht. Alina hat sie überrumpelt, aber nicht getötet. Sie ist in meiner Nähe.“
„ In der Gemeinschaft?“, fragte ich fassungslos.
Zum ersten Mal spürte ich so etwas wie ein amüsiertes Lachen. „Nein, natürlich nicht. Aber es wäre besser, du würdest jetzt kommen und mir helfen.“
Ich überlegte, und die Entscheidung war nicht einfach. Aber dann fasste ich einen folgenschweren Entschluss.
„ Ich bleibe hier“, gab ich stur bekannt. „Hier sind Menschen in Gefahr, teilweise sind es noch Kinder. Bitte, Darras, sei mir nicht böse, aber Alina kann warten.“
„ Glaubst du, dass das klug ist?“ Ich fühlte seinen unterdrückten Zorn, er war ganz und gar nicht mit meiner Entscheidung einverstanden.
„ Ich weiß es nicht“, gab ich zu. „Aber ich halte dies hier für wichtiger, weil hier eine unmittelbare Bedrohung besteht. Auch du solltest vielleicht besser hier sein.“
„ Das solltest du vielleicht mir überlassen.“ Da sprach der Obere. Irgendetwas war da noch, was er mir jetzt nicht mitteilen wollte. Nun, es war relativ einfach für einen anderen, uns jetzt zuzuhören, ohne dass wir es feststellen konnten. Unter Umständen konnte es für ihn gefährlich werden. Aber war es das nicht auch schon für mich? Da konnte er das Risiko doch auch eingehen.
„ Wenn du nicht kommen willst, dann bleib da“, erklärte ich also ziemlich patzig.
„ Schwester Eorin“, kam es wie Donnergrollen, und meine Nackenhärchen stellten sich auf. Eine Gänsehaut entstand auf meinen Armen.
„ Ja, Herr!“
„ Ich wünsche, dass du dich sofort auf den Weg zu mir machst. Ich benötige deine Hilfe.“
Eigentlich hätte ich die rituelle Formel entgegen müssen: Ich höre und gehorche. Aber das wollte ich nicht.
„ Ich kann nicht“, gab ich stattdessen zurück.
„ Du verweigerst den Gehorsam?“, kam es verblüfft. „Du bist keine Novizin mehr, der ich einen solchen Fehler nachsehen kann.“
„ Ich bin auch keine kleine Lernpriesterin mehr, die demütig auf deine Befehle wartet. Ich habe gelernt, Situationen selbst einzuschätzen und zu entscheiden. Dazu kommt, dass du es doch warst, der mich hergeschickt hat. Ich kann nicht kommen.“
„ Ich brauche dich hier“, kam es knallhart zurück.
„ Das kann schon sein, ich bräuchte dich auch.“
„ Noch einmal, Schwester. Ich erteile dir hiermit einen Befehl. Als Oberer der Gemeinschaft ordne ich an, dass du sofort zurückkehrst. Die Entscheidung über die Prioritäten wirst du mir überlassen.“
Ich fiel in einen seelischen Zweispalt. Es war nicht das erste Mal, dass ich den Gehorsam verweigerte. Aber es war das erste Mal, dass ich spürte, wie tödlich ernst es ihm war. Doch ich wollte mich durchsetzen. Schon einmal hatte ich die Rettung von Kindern für wichtiger gehalten als einen Befehl von ihm.
Aber jetzt hatten wir andere Grundvoraussetzungen, ich war keine Lernpriesterin mehr, wie er schon festgestellt hatte. Und wenn er einen ganz eindeutigen Befehl erteilte und sogar wiederholte, hatte ich zu gehorchen. Es sei denn, ich läge auf dem Totenbett.
„ Bitte, Herr, versteh mich doch“, bat ich.
„ Ich verstehe fast alles, Schwester“, gab er zynisch zurück. „Aber Gehorsamsverweigerung gehört nicht dazu. Du hast eine letzte Chance. Jetzt sofort! Andernfalls werde ich dich wie jeden anderen Priester behandeln. Und du wirst es bitter bereuen.“
„ Bitte, Darras!“, flehte ich. Dass mir die Tränen die Wangen herunterliefen, spürte ich gar nicht. Meine Sinne waren ganz auf meinen Oberen gerichtet. Er musste meine Gefühle, mein flehentliches Bitten doch spüren.
Aber alles, was ich empfing, war unbeugsame Härte. Er würde auf seinem Befehl bestehen, und ich musste dagegen verstoßen - und die Konsequenzen tragen.
Warum sagte er mir nicht, was wirklich los war? Dann konnte auch ich Prioritäten setzen. Obwohl - aus einem nichtigen Grund würde er mich nicht mir solcher Dringlichkeit zurückrufen.
„ Bitte, ich kann jetzt nicht weg. Zwinge mich nicht dazu, deinen Befehl zu ignorieren. Nimm ihn zurück, bitte!“
„ Dein Verhalten, Schwester, spricht allen Regeln Hohn. Du wirst zurückkehren und dich demütig dem Urteil und der Gnade der Ältesten wie auch der deines Oberen unterwerfen. Es kann keine Entschuldigung mehr geben, nachdem du einen Befehl dreimal abgelehnt hast.“
„ Warum bist du so förmlich, wir haben bisher schon so viel durchgemacht. Was habe ich getan, dass du all das beiseiteschiebst?“, fragte ich verzweifelt.
„ Ich habe dich erst gebeten, Schwester. Du hast es für richtig gehalten, deinen eigenen Interessen über die Gemeinschaft zu stellen.“
Das war nicht der Darras, den ich kannte. Es musste etwas vorgefallen sein, was ich hier und jetzt nicht feststellen konnte.
„ Bitte, Herr, gib mir zwei Tage“, bat ich jetzt demütig. „Ich werde in zwei Tagen bei dir sein und mich deinem Urteil unterwerfen.“
War das etwa Erleichterung, die ich da spürte? Wenn ich doch nur mehr wüsste.
„ Ich nehme dies als ein Versprechen, Schwester, und ich werde es zu berücksichtigen wissen.“
„ Bitte, wünsch mir Glück“, bat ich noch.
Der Anflug unserer sonstigen Vertrautheit brach durch, und ich fühlte eine Unmenge an Empfindungen. Befand er sich denn so sehr in der Klemme? Was tat ich dann noch hier?
„ Zwei Tage, Eorin. Viel Glück.“
...
Erscheint lt. Verlag | 3.10.2022 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
ISBN-10 | 3-7389-6464-9 / 3738964649 |
ISBN-13 | 978-3-7389-6464-6 / 9783738964646 |
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