Der notarielle Rufmord -  K. Alois Schneider

Der notarielle Rufmord (eBook)

Erlebte Ziviljustiz Österreichs
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
168 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7568-4629-0 (ISBN)
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Deutsche lieben Österreich, vor allem die Berge, die Natur, die Kultur. Auch die Küche. Österreich, die Republik, liebt die Deutschen, vor allem ihr Geld. Astrid, der das Buch gewidmet ist, wurde 1941in Dornbirn, im vorarlbergischen Österreich, geboren. Als er sie 1984 heiratete, glaubte er, Österreich zu kennen. Dass der »Rechtsstaat« Österreich und seine Ziviljustiz nicht mit Deutschland vergleichbar sind, das merkte er erst später. Am deutlichsten 2019, als beide, Astrid und ihre Schwester, starben. Astrid war eine großartige Frau, eine gebildete Frau von Format. Die meiste Zeit ihres Lebens war sie nicht in Österreich, sondern in Frankreich, England und Deutschland. Gleichwohl wurde sie wider Willen Opfer einer rechtsstaatlich fragwürdigen österreichischen Zivilgerichtsbarkeit. In einem Rechtssystem, wie es sich diejenigen, die Österreich lieben und verklären, dort Urlaub verbringen oder Wohnsitz nehmen, nicht vorstellen können. Österreich braucht keine Strafjustiz, um jemanden hinzurichten, das schaffen auch die Zivilgerichte und ihnen zurechenbare Institutionen.

K. Alois Schneider, Dipl.-Kfm., 1936 in München geboren. Verbrachte die Kriegsjahre bis 1945 in Berlin. Studierte Wirtschaftswissenschaften an der Joh. Wolfgang von Goethe Universität in Frankfurt am Main bei Fritz Neumark, Carlo Schmid, Theodor W. Adorno, Erich Loitlsberger aus Österreich, dem damaligen Dekan der Fakultät, u.a. Berufliche Tätigkeit in amerikanischer big five Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. In Führungsposition bei einem französischen Lebensmittel-Multi. Absolvent der 1971 von Giscard d'Estaing eröffneten Kaderschule CEDEP/INSEAD für Führungskräfte multinationaler Konzerne in Fontainebleau. Zwanzig Jahre freiberuflicher Unternehmensberater für Strategie und Unternehmensplanung. Lebt in München und am Bodensee.

II.


1.


Noch einmal ist es Winter geworden, am 2. April 2022. Im Garten hat alles schon so schön geblüht, nun ist alles erfroren. Wie immer, wenn die Magnolien blühen, kommt ein Kälteeinbruch. Wieder hat Astrid der Schnee zugedeckt. Sie ist nun schon über zweieinhalb Jahre tot. 1939 waren die Eltern zusammen mit der kleinen Inge nach Vorarlberg gekommen. Da war Astrid noch gar nicht geboren. Jetzt sind die beiden Schwestern im gleichen Jahr gestorben. 2019, nach genau 80 Jahren bleibt nichts mehr von der Familie übrig. Außer negative Erfahrungen mit der österreichischen Zivilgerichtsbarkeit, die nur der Befriedigung ihrer Bediensteten und der freiberuflich tätigen Anwälte und Notare dient, nicht aber der Bevölkerung, für die sie da sein sollte. Eine Justiz die von sich behauptet:

"Eine gute und verlässlich funktionierende Justiz ist so etwas wie die Visitenkarte eines Rechtsstaats. Die Justizbehörden und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen für die Wahrung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden in Österreich. Durch die hohe Qualität ihrer Arbeit verdient sich die Justiz das große Vertrauen, das die Bevölkerung in sie setzt. Dieses Vertrauen ist ein unverzichtbares Fundament für Freiheit, Sicherheit und Recht."

Er muss jedesmal lachen, wenn er das liest. Dass mit dieser Ziviljustiz kein Staat zu machen ist, zeigen ihm die Fälle Am Schauplatz-Gericht seit den 1990er Jahren im österreichischen Fernsehen. Bürger wenden sich hilfesuchend an die Fernsehformate. Zwei aktuelle Beispiele vom April 2022: Ein Notarsubstitut verfasst missverständlich anstatt eines Testaments, das jederzeit geändert werden kann, eine unabänderliche Schenkung auf den Todesfall. Mit dem Ergebnis, dass ein alter Herr im Rollstuhl sein Vermögen nicht mehr seinem Sohn, einem Rechtsanwalt im Ausland, mit dem vorübergehend ein Dissens bestand, zukommen lassen kann. Abänderungsklagen blieben ergebnislos. Oder wenn im Mietrechtsgesetz bei zwei Wohnungen im Haus keine, bei einer weiteren vorhandenen Gartennotwohnung eine Mietpreisbeschränkung für alle drei Wohnungen greift. Prozessansatzpunkt für eine ehemalige langjährige Mieterin, rückwirkend von der Vermieterin Mietminderung in Höhe von sechzigtausend Euro zu erstreiten und damit vor Gericht durchzukommen. Mit Österreichern, die solchen Rechtsordnungen ausgesetzt sind, hat er Mitleid.

2.


Astrid hatte bei dem Substituten im Notariat am 3. April 2019 angerufen. Sie wollte wissen, warum sie nicht zeitnah vom Tod der Schwester verständigt wurde, sie erst durch Zufall von der Cousine aus Rostock davon erfahren musste. Ihr wurde erklärt, dass sie schon wussten, dass sie die Schwester der Verstorbenen sei. Und sie wäre schon noch angeschrieben worden. Sie müsse dann erklären, ob sie einen Erbanspruch stellen wolle. Wenn ja, müsste sie einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens beauftragen. Sinngemäß „Wollen Sie eher einen ruhigen oder scharfen Anwalt?“ Sie notierte sich auf einem Blatt ein paar Namen, die er nannte. Danach meinte sie zu ihm „ich hätte ihn am liebsten gefragt, ob er Provision bekomme“. Hatte das dann doch gelassen. Der hatte zugesagt, ihr das Testament von 1988 und den von ihm besorgten aktuellen Grundbuchauszug per Mail-Anhang zu schicken. Er erwähnte auch, dass da noch ein Testament registriert sei, von 1989, aber das hätten sie noch nicht.

Fünf Tage später, am 8.April, kam per E-Mail folgende Nachricht an:

„Sehr geehrte Frau Schneider-Erben, beigeschlossen überlasse ich Ihnen in der im Betreff genannten Verlassenschaft wie besprochen das Testament vom 18.04.1988 zu Ihrer geschätzten Kenntnisnahme und weiteren Verwendung. Hinsichtlich des Testamentes vom 13.10.1989 muss ich Ihnen aber leider mitteilen, dass dieses vom Verwahrer Rechtsanwalt Dr. B... G... nicht mehr aufgefunden werden kann und liegt diesem auch keine Kopie dieses Testaments vor.“

Überrascht, fast ungläubig, lasen sie den Namen des Anwalts. Hatte Inge im Testament von 1989 ihr von der Mutter erwünschtes Testament von 1988 widerrufen? Hatte sie erkannt, dass es ein Fehler war, dass es Unrecht war, was sie gemacht hat? Wie konnte es bei so einem Vorarlberger "Staranwalt" in Verstoß geraten? Es war der, der jahrelang die verstorbene Mutter vertreten hat und Astrid dann von ihrem Tod 1995 unterrichtet hatte. "Die machen es sich aber einfach", sagte er. Er hatte bis dahin mit Astrids Cousine die Kommunikation aufrecht gehalten, über E-Mail, das ging am schnellsten. Hatte ihr die Kopie des Testaments von 1988 weitergeschickt, die das Notariat ihm zugeleitet hatte. Christel hatte angekündigt, dass sie von Rostock zu einem Termin mit dem Notars-Substituten nach Ostern kommen müsse. Er hatte mit dem Notariat den Termin ausgemacht und sich bereit erklärt, sie hinzufahren. Astrid hatte sich gefreut, Christel wiederzusehen und zu sich eingeladen. Man sei in München und wenn sie wolle, könnte man sie nachmittags am Bahnhof abholen und im Wagen mitnehmen, denn mit dem Zug sei es wegen zahlreicher Schienenersatzverkehre derzeit recht schwierig. Die Cousine hatte noch geschrieben „Liebe Astrid, lieber Kurt, vielen Dank für Deine Bemühungen und das Angebot, dass du mich hinfährst. Herzliche Grüße Christel.“

Dass Christel die Begünstigte aus dem Testament von 1988 war, das hatte Astrid akzeptiert, akzeptieren müssen, dafür konnte die Cousine nichts. Das war ihr nicht anzulasten. Sie hatte ihr noch geschrieben: "In unserem allerersten Telefonat, in dem Du mir vom Ableben meiner Schwester berichtet hast, und ganz überrascht warst, und Du mir das Haus noch zum Kauf angeboten hast, kamen wir überein, dass eine anständige und faire Regelung zwischen uns beiden letzten Cousinen aus der Familie Dworschak getroffen wird. Deine Zustimmung war deutlich."

Dazu kam nichts mehr. Statt dessen eine E-Mail, die in ihrer Diktion anders war: „Liebe Astrid, lieber Kurt, soeben habe ich mit der Verwaltung des Krankenhauses Hohenems gesprochen und vereinbart, dass ich am 24. bis 17.00 Uhr auf dem Weg zu euch dort Inges Nachlass abhole. Ist das möglich? Herzliche Grüße Christel.“

Er wurde stutzig. Wie stellt sich diese Frau das vor? Nachmittags von München nach Hohenems und zurück nach Lindau, eine Vereinbarung „bis 17 Uhr“. Die kennt die Landkarte nicht. Und kurz angebunden „ist das möglich?“ Er hatte das Gefühl, auf einmal Chauffeur zu sein, dieser Kommandoton. Jetzt wollte er wissen, wer ist diese Frau eigentlich? Sie wussten beide nur, dass sie schon zu DDR-Zeiten eine Schule geleitet haben soll. Er wurde schnell an zahlreichen Stellen fündig: "Fast zwei Jahrzehnte hat Christel Zipprich-Mohrenweiser das Ausbildungszentrum für Gesundheitsfachberufe des Universitätsklinikums Magdeburg geleitet. Am 22. Dezember 2010 verabschiedete sie sich nun von den Mitarbeitern des Lehrerkollegiums und von den technischen Kräften des Ausbildungszentrums in ihren wohlverdienten Ruhestand.“… „35 Jahre in der Ausbildung des beruflichen Nachwuchses am Uniklinikum….Mehr als 10.000 Absolventen ausgebildet.“

„Das konnte man nur sein, wenn man in der DDR stramm linientreu war“, waren sie sich einig. Das wirft ein völlig neues Licht auf die Cousine. Jetzt erinnerte sich Astrid, dass Christel sich zu ihrer eigenen Situation nie offen geäußert hat. Man hielt sie in der DDR immer für bedürftig, nicht wissend, dass es ihr im Grunde genommen an nichts gefehlt haben mag, die Versorgungspäckchen dorthin seitens der Tante nicht viel bedeuteten. Nicht umsonst hatte die Tante sich darüber geärgert, dass sie sich nie bedankt hat. Sie schrieb das der DDR-Zensur zu. Er kann heute gut verstehen, dass sie Astrid gegenüber so überrascht war, das Haus in Dornbirn zu erben. Es ist ihr buchstäblich, auch durch die österreichische Zivilgerichtsbarkeit, unverhofft in den Schoß gefallen. In ihrem mitfühlenden Brief zu Anfang des Jahres hatte Astrid noch gefragt, "Was machen eigentlich Deine beiden erwachsenen Kinder?" Dass die Tochter Antje eine promovierte Frauenärztin ist, in der DDR das Privileg hatte zu studieren, das hat Astrid zu Lebzeiten nicht erfahren.

Die letzte E-Mail der Cousine beantwortete er mit Sarkasmus: „Jawoll, Frau Direktor! Ist möglich, Frau Direktor! In Hohenems gibt es einen Flugplatz. Ihr stets Ergebenster.“ Danach kam nichts mehr.

Mit normalem Postbrief an den Notar vom 22.4.2019 meldete Astrid im Hinblick auf das verlorene Testament von 1989 jetzt Zweifel an der Gültigkeit des älteren Testaments von 1988 an und kündigte vorsorglich eine bedingte Erbannahme an. Es ging ihr jetzt ums Prinzip, um die Gesamtumstände. Darin hatte sie den Notar unmissverständlich aufgefordert "Bitte stellen Sie sicher, dass Hohenems keine Schlüssel an Frau Zipprich-Mohrenweiser aushändigt, mit denen sie mein früheres Elternhaus allein betreten könnte."

Umsonst, die bekam die...

Erscheint lt. Verlag 31.8.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
ISBN-10 3-7568-4629-6 / 3756846296
ISBN-13 978-3-7568-4629-0 / 9783756846290
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