Orontius und Mafalda (eBook)

auf mystischen Reisen

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
370 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7562-0073-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Orontius und Mafalda -  Bea Eschen
Systemvoraussetzungen
8,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Erstes Buch: Orontius, der Gaukler Gottes Im späten Mittelalter wächst Orontius in einer Bauernfamilie als einziger Sohn in Armut auf. Nach dem plötzlichen Tod seiner Mutter vertraut ihn sein Vater dem fahrenden Gaukler Eberlein an, um ihn vor Hunger und Not zu schützen. Einzige Bedingung: Eberlein und seine Truppe bringen Orontius zu seinem 15. Geburtstag in ein Kloster nach Siegen. Für den Jungen beginnt eine abenteuerreiche Zeit. Im Kloster lernt Orontius das Leben der Franziskaner kennen und wird Mönch. Während dieser Zeit begegnet er Gregorius von Metz, mit dem ihn danach eine tiefe Freundschaft verbindet. Jedoch zweifelt er an der Aufrichtigkeit des Vaters Guardian. Nach über zwei Jahrzehnten verlässt Orontius das Kloster, um seinen Vater aufzusuchen. Dort stellt er fest, dass sich alles verändert hat. Fortan lernt er das Leben in all seiner Brutalität, aber auch in seiner Schönheit kennen. Zweites Buch: Mafalda, Tochter des Gauklers Die siebzehnjährige Mafalda, dritte Tochter des Gauklers Orontius, findet bei einem Besuch in ihrem Geburtsort Flecken im Jahre 1551 eine antike Münze in den Ruinen einer Kapelle, in der die Heilige Katharina gefeiert wurde. Die Münze zeigt ein Kopfprofil, das ihrem bis auf jede Einzelheit ähnelt. Voller Neugierde, wer die Frau aus der fernen Vergangenheit war, macht sie sich mit einem Kindheitsfreund auf den Weg nach Ägypten ins Katharinenkloster. Eine spannende Reise beginnt, gespickt mit historischen Ereignissen, Liebe, und Mafaldas spirituellen Erkenntnissen auf der Suche nach ihrer Identität.

Bea Eschen ist gebürtige Deutsche und lebt seit 1983 im Ausland. Zur Zeit ist Bea in Sydney, Australien, zu Hause.

Kapitel Zwei


Am nächsten Tag weckte mich das Knarren der großen Holzräder der Arche auf. Verwirrt öffnete ich nur für einen kurzen Augenblick die Augen, bis mir klar wurde, wo ich mich befand. Am Abend hatte ich mich erschöpft in den Schweinsleder-Mantel meines Vaters eingewickelt und so lange daran geschnuppert, bis ich endlich einschlief. Eberlein hatte recht gehabt, denn ich genoss das leichte Geschaukel in meiner Hängematte und fühlte mich wie ein Baby, das in den Schlaf gewogen wurde. Tatsächlich musste ich wieder eingeschlafen sein, denn als ich das nächste Mal aufwachte und aus der kleinen Luke hinaussah, stand die Sonne hoch am Himmel und die Arche hatte angehalten. Ich pinkelte in den Nachttopf und zog mich schnell an. Eberlein öffnete die Tür.

„Ach, hatte ich doch richtig gehört. Hast du gut geschlafen?“

„Sehr gut, danke“, sagte ich.

„Ich denke, du zeigst uns heute mal dein Kunststück!“, sagte Eberlein.

„Meinst du auf dem Seil balancieren?“, fragte ich.

„Und den Doppelsalto rückwärts“, fügte Eberlein hinzu.

„Klar, mach ich gerne!“

Er drückte mir eine Scheibe Brot mit Wurst und einen Becher gefüllt mit Milch in die Hand. „Danke“, sagte ich wieder.

„Du brauchst dich nicht jedes Mal zu bedanken. Du gehörst jetzt zu meiner Truppe.“

„Danke“, sagte ich schelmisch, wobei er mir freundschaftlich in die Nase kniff.

Selten hatte ich zwei Tage hintereinander so viel gegessen und nach einem ausgiebigen Schlaf in der gemütlichen Hängematte rannte ich voller Energie los. Ich erblickte einen großen Baum, dessen belaubte Äste eng um den Stamm herum gewachsen waren. Aber eigentlich konzentrierte ich mich nur auf einen Teil dieses Baumes — einen blattlosen und waagerechten Zweig, der seitlich gewachsen war und bizarr gegen die weißen Herbstwolken weit aus der Krone herausragte. Unwillkürlich lief ich um den dicken Stamm herum und suchte nach einer Möglichkeit, hochzuklettern. Dabei trat ich auf etwas Hartes — Samen! Teilweise waren die Kapseln durch ihren Aufprall aufgespalten und die nussbraunen, glänzenden Kastanien lugten durch ihre Schale hindurch. Im Geiste sah ich sie als Augen, die mich anschauten und mir etwas mitteilen wollten. Daraufhin schwirrte mir eine Idee, die noch nicht ausgereift, aber schon entschieden war, in meinem Kopf herum. Hastig las ich ein paar Samen auf und pellte die Früchte aus ihrer stacheligen Schale heraus.

Als sich meine Hosentaschen unter der Menge mehrerer Kastanien ausbeulten, nahm ich mein ursprüngliches Streben wieder auf. Ich musste einen Ast finden, an dem ich mich hochziehen konnte. In Höhe meiner Hüfte entdeckte ich eine Stelle, an der die Baumrinde aufgeplatzt war und sich teilweise vom Stamm gelöst hatte. Genau das, was ich brauchte, um hineinzutreten und mich dann an dem untersten Geäst hochzuziehen. Unter meinem Gewicht strafften sich meine Armmuskeln so heftig, dass sie mir wehtaten, aber das war mir in meinem Drang, den kahlen Zweig zu erreichen, egal.

Die Schweißperlen tropften mir von der Stirn, als ich endlich oben ankam. Kauernd zwischen Zweig und Stamm schätzte ich die Strecke ab, um zum Ende zu gelangen. Ich sah nach unten. Mittlerweile hatte sich meine Truppe und ein paar andere Menschen, weiß der Geier, wer sie waren, unter dem Kastanienbaum versammelt. Ich vermutete, sie erwarteten ein Schauspiel irgendeiner Art, das ich ihnen geben wollte, aber ich mir immer noch nicht im Klaren war, wie es aussehen sollte. Ich entdeckte Hildegard, die etwas abseits stand und mir zuwinkte. Trotz meiner Höhe sah ich ihre stechend blauen Augen vor Erregung funkeln. Ich winkte ihr zurück, stand auf und begann, über den Ast zu gehen. Dabei sah ich, wie ich es vorher schon einmal getan hatte, in den Himmel. Sicheren Schrittes setzte ich Fuß vor Fuß, währendem ich einen leichten Rückenwind spürte.

Jedoch hatte ich zu diesem Zeitpunkt etwas ganz anderes im Sinn, als nur zu balancieren. Ich hatte es nicht umsonst vermieden, eine Balancierstange zu suchen, und hatte mich bis jetzt mit meinen ausgestreckten Armen im Gleichgewicht gehalten. Als ich am Ende des Zweiges angekommen war, senkte ich langsam meine Arme, stellte mich breitbeinig hin und fasste in meine Hosentaschen.

In diesem Moment trug ein leichter Aufwind aufgeregte Stimmen zu mir hoch. Jemand rief mir etwas zu, das ich nicht verstand. Fast hätte ich nach unten geschaut, jedoch ließ mich mein Überlebenswille meine Augen gen Himmel halten. Ich dachte an nichts anderes als an das, was ich vorhatte und zog langsam die Kastanien aus meinen Hosentaschen. Erst jonglierte ich mit zwei Kastanien. Das wurde mir nach einer kurzen Zeit zu langweilig, woraufhin ich mehrere so manövrierte, dass ich eine nach der anderen in Sekundenschnelle werfen und auffangen konnte. Das Spiel erinnerte mich an einen aufgescheuchten Bienenschwarm und ich lachte vor mich hin.

„Komm ‘runter!“, hörte ich jemanden wie aus weiter Ferne rufen. Es war, als würde ich gerade aus einer Trance erwachen. Ich ließ die Kastanien fallen, streckte meine Arme aus und begab mich auf den Rückweg — zurück zum Stamm. Endlich konnte ich wieder nach unten schauen. Erst jetzt hörte ich den Applaus der Menge, die zu mir aufschaute und Bravo rief. Ich fühlte mich keineswegs wie ein Held, sondern einfach nur gut.

Eine seltsame Wärme durchströmte mich. Diese Kunststücke machten mich glücklich, füllten mich mit innerer Zufriedenheit und waren ein Teil von mir geworden. Ein Teil, den ich ausleben musste! Mein Vater musste es gewusst haben und hatte mit seiner Entscheidung für meine Zukunft zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Wie stolz ich plötzlich auf ihn war! Ich erblickte Hannes Harnischer, wie er seinen umgedrehten Hut unter die Nase eines jeden Zuschauers hielt und sich dabei jedes Mal tief verbeugte. Auch Margrede und Gertrudt schienen die Situation auszunutzen und schwangen ihre Hüften mit heraushängenden Brüsten auf die rhythmischen Töne des Tamburins.

Langsam kletterte ich hinab. Eberlein stand mit offenen Armen da und fing mich unten auf. „Das hatte ich so nicht gemeint. Du hast uns in Angst und Schrecken versetzt!“

„Ich hatte es nicht geplant. Es kam einfach so aus dem Nichts“, antwortete ich und zuckte unschuldig mit den Schultern.

„Das, was du Nichts nennst, nenne ich künstlerischen Impuls“, sagte Gottfried, der an mich herantrat und seinen Arm um mich legte, als wenn er mich beruhigen wollte. Etwas unbehaglich über seine Nähe löste ich mich aus seiner Umarmung.

„Ich könnte es nicht, wenn es geplant wäre.“

„Das denke ich auch“, stimmte er mir zu.

Die Menge scharte sich um mich herum und ich verbeugte mich. Dabei fiel mir auf, dass ich immer noch die von meiner Mutter gestrickten Wollsocken trug. Ich hatte mir vorgenommen, sie nur nachts zu tragen, um sie zu schonen, aber es war zu spät. Die Wolle hatte sich an einer Stelle so verzogen, dass sich ein kleines Loch gebildet hatte. Irritiert sah ich auf. In meinem Geist sah ich das verschleierte, faltige Gesicht meiner verstorbenen Mutter aufkommen — wie sie mich liebevoll anlächelte und dann wieder verschwand.

„Alles klar?“, fragte Gottfried und zog mich aus der Menge heraus.

„Ich muss irgendwo hängengeblieben sein“, sagte ich und zeigte auf das Loch in meinem Strumpf.

„Laurin kann stopfen“, sagte Gottfried.

„Gut“, sagte ich erleichtert. Damit war für mich die Sache erledigt und obwohl ich kurz davor noch fast über das Loch geweint hätte, vergaß ich die Angelegenheit schneller, als dass ich es gewollt hätte. Ich kann mich nicht dafür entschuldigen, dass es eine Folge meiner jugendlichen Unachtsamkeit war, denn heute ist das Loch in dem alten Strumpf immer noch da. Es hat sich zwischenzeitlich stark vergrößert und ich habe es immer noch nicht geschafft, es entweder selbst zu stopfen oder stopfen zu lassen. Es ist weder ein Zeichen dafür, dass ich meine Mutter nicht geliebt hätte oder dass meine Erinnerung an sie verblasst wäre. In diesem Falle beschuldige ich mich der Schlampigkeit, die ich in meinem weiteren Leben öfters an mir feststellen musste. Das plötzliche Erscheinen meiner Mutter blieb mir jedoch noch eine lange Zeit im Gedächtnis. War es vielleicht das Zeichen einer verspäteten Trauer?

Ich liebte die Abende. Nachdem wir uns auf einem geeigneten Platz niedergelassen hatten, versammelten wir uns ums Lagerfeuer und aßen, spielten, musizierten und übten Tricks. Hildegards kleine Hand schlich sich oft und unerwartet in die meine. Ein zärtliches Gefühl der Wärme überkam mich und ich streichelte ihr über den Kopf. Dann sah sie zu mir auf und fragte, ob ich mit ihr spielen wollte. Auch wenn ich es nicht immer tat, so blieb sie für den Rest des Abends meine ständige Begleiterin. Kurz vor Mitternacht brachte ich sie dann zu ihrem Wagen. Ihrer Mutter schien es egal zu sein, wo sie war und was sie tat, was mich jedes Mal aufs Neue störte.

Normalerweise verschlief ich das Frühstück und erwachte aus einem tiefen Schlaf, wenn wir bereits unterwegs waren. Ich fand einen Teller mit Hirsebrei, Käse und Eiern in einer dafür hergerichteten Ecke, wo Eberlein immer einen guten Vorrat an Lebensmitteln lagerte. Jedes Teil war mit Klammern, Draht und komplizierten Konstruktionen gesichert. Die Teller, Töpfe, Kannen...

Erscheint lt. Verlag 26.9.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte Christentum • Historischer Roman • Mystisch • Osmanisches Reich • Spätmittelalter
ISBN-10 3-7562-0073-6 / 3756200736
ISBN-13 978-3-7562-0073-3 / 9783756200733
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 756 KB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Die Geschichte eines Weltzentrums der Medizin von 1710 bis zur …

von Gerhard Jaeckel; Günter Grau

eBook Download (2021)
Lehmanns (Verlag)
14,99