Die UFO-Akten 28 (eBook)
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-4070-8 (ISBN)
In Las Vegas wird in einem Casino ein grünlich leuchtender Mann gesehen, der offenbar durch Wände gehen und Einfluss auf die Spielautomaten ausüben kann. Nur wenige Casinobesucher bekommen ihn aus der Nähe zu Gesicht. Doch genauso plötzlich, wie der Leuchtende aufgetaucht ist, verschwindet er auch wieder. Gleichzeitig erscheinen drei UFOs über dem Strip.
Besteht zwischen diesen Ereignissen womöglich ein Zusammenhang? Um dem Phänomen auf den Grund zu gehen, werden Cliff Conroy und Judy Davenport von Senator Campbell in Marsch gesetzt. Bereits die Anreise nach Nevada erweist sich als gefährlich: Jemand verübt einen Mordanschlag auf die beiden Bundesmarshals! Doch das ist erst der Anfang eines Abenteuers, das sie mehr als einmal in Lebensgefahr bringt ...
Earl Warren
Der leuchtende Mann
Flamingo Hotel
Las Vegas, Nevada, 25. September 2022, 15:45 Uhr
Im hoteleigenen Casino fütterte die verwitwete und zweifach geschiedene Mrs. Oprah C. Turner unermüdlich die Spielautomaten. Ihren geröteten Wangen und dem fokussierten Blick konnte man deutlich die Konzentration ansehen, mit der sie sich ihrer Passion widmete. Immerzu warf sie neue Münzen ein und betätigte die Hebel. Fast schien es so, als wollte sie die bunten Glitzerkästen hypnotisieren.
Bis sie selbst unter einen hypnotischen Bann zu fallen schien – denn plötzlich hielt die alte Dame inne und wandte sich wie unter Zwang um. Ihre Miene zeigte panischen Schrecken, und in ihren Pupillen spiegelte sich ein grünlicher Schimmer ...
Im Vergleich zum Mandala Bay mit seinen 4.766 Zimmern und vielen Casinosälen war das Flamingo gut tausend Zimmer kleiner. Doch es hatte sein eigenes Flair und galt als altehrwürdig für die Begriffe der Superlativ-Spielerstadt Las Vegas. Bugsy Siegel, First-Class-Mafioso, Schönling und Playboy seines Zeichens hatte die Glücksspielindustrie in Las Vegas gleich nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Boden gestampft.
Das Flamingo war sein erstes Projekt gewesen. Seit Bugsy sich eine Kugel durchs Auge und sämtliche Hirnwindungen einfing, war das Gebäude mehrfach um- und ausgebaut, aber auch restauriert worden.
Mrs. Turner interessierte die Historie der Luxusimmobilie wenig. Sie war eine große, hagere Frau von achtundsechzig Jahren, die sie nie zugab. Mehrfach geliftet, die Haut solariumgedörrt und -gebräunt, modisch und schrill gekleidet, mit silbergrau-lila getönten Haaren.
An ihren krallenartigen Fingern glitzerten etliche große Ringe. Sie trug überhaupt sehr viel Schmuck. Ihre Leidenschaft galt dem Glücksspiel. Besonders im Flamingo war sie eine bekannte Erscheinung und gehörte schon zum Inventar.
Sie brachte täglich im Schnitt sechs bis acht Stunden hauptsächlich bei den Automaten zu. Das Geld, das sie bei zwei Scheidungen und als Erbschaft aus ihren Ehemännern herausgeholt hatte, versuchte sie in die Automatenrachen zu stopfen.
Auch jetzt spielte sie an drei Automaten gleichzeitig. Einer davon war ans Megabucks-System angeschlossen, also mit über einhundertfünfzig Casinos in Nevada digital verknüpft. Das ermöglichte riesige Gewinne – in Millionenhöhe. Neununddreißig Millionen Dollar war der bisher erzielte Höchstgewinn gewesen – mit drei Dollar Einsatz.
Jeweils drei Dollar einzuwerfen, damit hielt sich die geizige und zugleich spielsüchtige Witwe zurück. Die beiden anderen Automaten, die sie spielte, hatten Einsätze von fünfzig und fünfundzwanzig Cent. Dafür rappelte es dort tatsächlich und es kamen Münzen heraus, wenn man gewann. Auf dieses konservative Erlebnis wollte Mrs. Turner nicht verzichten. Es törnte sie an.
Sie warf also ihre Münzen ein und betätigte die Hebel der Slot Machines. So wie sie spielte, hätte sie eine Sehnenscheidenentzündung oder einen Tennisarm befürchten müssen. Bisher war das zum Glück noch nicht der Fall gewesen. Es ratterte, blinkte und rasselte. Bis jetzt hatte sie nur sehr bescheiden gewonnen, doch zumindest keine hohen Verluste erzielt.
Wie viele Spieler träumte sie vom Megabucks-Jackpot. Er fiel zwar tatsächlich mal an, doch äußerst selten. Im Prinzip fraßen die Slot Machines mehr als sie auszahlten. Die Menge machte es.
Allerdings gab es unglaubliche Zufälle und Kapriolen des Glücks.
Ein gewisser Elmer Sherwin, ein Weltkriegsveteran, hatte 1998 im zarten Alter von sechsundsiebzig Jahren im Mirage Casino satte 4,6 Millionen Dollar gewonnen. Und 2005 noch einmal 21 Millionen Dollar eingesackt, als er an den Ort seines Triumphes zurückkehrte. Da war er zweiundneunzig gewesen. Einen Großteil des Geldes spendete er den Opfern des Hurrikans Katrina – mitnehmen konnte er nichts.
Solche Legenden wurden erzählt.
An diesem Nachmittag, bei sehr flauem Betrieb, hielt sich außer Mrs. Turner nur eine einzige weitere Person, eine Spielerin, in der glitzernden Halle auf, in der die Spielautomaten ein eigenes Leben zu führen schienen. Die beiden Frauen begegneten sich öfter, sie teilten die gleiche Leidenschaft. Doch sie hatten nie auch nur ein einziges Wort miteinander gewechselt, stattdessen nickten sie sich bloß zu, wenn sie sich sahen.
Sie waren Schwestern, Vertraute – unterschiedlicher Herkunft, mit verschiedenen Namen, aber wesensgleich.
Oprah Turner bediente virtuos ihre Automaten. Dass es nur eine bestimmte Auszahlungsquote gab und die Maschine mathematisch gesehen immer mehr einbehielt als sie auszahlte, konnte ihr niemand glaubhaft machen. Sie vertraute fest auf ein Glück, das schon längst mechanisiert und computergesteuert war.
Plötzlich bemerkte sie eine Bewegung neben sich. Sie dachte zuerst, einer vom Aufsichtspersonal des Casinos würde ihr über die Schulter sehen.
Dann sah sie das grüne Leuchten. Irritiert drehte sie sich um und glaubte ihren Augen nicht zu trauen. Da stand nämlich ein grün leuchtender Mann.
Er hatte eine normale Größe, war etwa einssiebzig groß und schlank. Was für eine Kleidung er trug, registrierte die Witwe nicht. Das grüne Leuchten brachte sie völlig aus dem Konzept. Sie zwinkerte, kniff die Augen zusammen – die Erscheinung blieb.
Mit ernstem Gesichtsausdruck betrachtete der leuchtende Mann die hagere Witwe mit der großen Handtasche, in der sie ihre Münzgewinne wegtrug, wenn sie welche hatte.
Der Leuchtende lächelte. Er öffnete den Mund und bewegte die Lippen, doch es kam kein Ton heraus.
Mrs. Turner nahm einiges an Tabletten und Vitaminpräparaten ein. Uppers und Downers, um die jeweilige Stimmung zu heben oder zu senken. Sie fragte sich nun, ob sie vielleicht eine falsche Pille erwischt hatte – LSD? Jedenfalls war so ein grünlich Leuchtender nicht normal.
»Was soll das?«, fragte sie streng. Angst hatte sie nicht direkt, dafür war sie zu egozentrisch. Aber unerwartete Ereignisse jagten auch ihr hin und wieder einen Schrecken ein. So wie jetzt. »Gehören Sie zum Casinopersonal? Soll das ein Gag sein?«
Der leuchtende Mann schwieg.
»Ist das ein Zaubertrick? Handelt es sich hierbei um eine Showeinlage von David Copperfield oder den Ehrlich Brothers? Werde ich jetzt gefilmt? Ist etwa die Versteckte Kamera vor Ort?«
Wieder erhielt sie keine Antwort.
»Sir, ich rede mit Ihnen! Geben Sie sich zu erkennen! Sonst...« Sie griff in die Handtasche und holte eine kleine Spraydose hervor. »Wissen Sie, was das ist? Tränengasspray. Soll ich Ihnen eine Ladung verpassen? Ich fühle mich nämlich bedroht von Ihnen.«
Der Leuchtende gab immer noch keinen Ton von sich. Er bewegte nur abwehrend den Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand horizontal hin und her. Lass das, bedeutete es.
Er zeigte auf die Automaten, an denen Mrs. Turner spielte, nickte dann und bewegte wieder die Lippen.
Mrs. Turner hatte als sie noch jung gewesen war, vor ihrer ersten Ehe, als Synchronsprecherin gearbeitet. Dabei musste sie von den Lippen derer ablesen, die sie synchronisierte, um die Aussprache zu koordinieren. Alles hatte sie nicht verlernt.
Jackpot, las sie von den Lippen des Leuchtenden ab. Und: Super Bowl.
Das genügte. Die hagere Witwe mit dem geierartigen Gesicht erstarrte. Ein Schauder durchzuckte sie. Sie staunte. Der Jackpot, die Serie, der Hauptgewinn, wenn sich der Automat seine Münzenseele aus dem Leib spuckte? Allerdings war das kein Megabucks mit digitaler Vernetzung. Im Vergleich zu den hohen Gewinnen dort also marginal.
Sie spitzte die Lippen über den nikotingelben Zähnen.
»Gib mir den Megabucks!«, verlangte sie.
Raffgierig und entschlossen war sie immer gewesen.
Der Leuchtende machte eine verneinende Geste.
Mrs. Turner bedrohte ihn mit dem Tränengasspray.
»Den Megabucks – oder ...«
Der leuchtende Mann ging einfach weiter, schwebte fort. Er glitt lautlos über den Boden und beachtete sie nicht mehr.
Sie schaute ihm nach. Konnte das sein? Kanten und Metall gingen durch dessen Körper hindurch. Hinter diesen fügte er sich wieder zusammen. Was war das? Ein Hologramm? Träumte sie, hatte sie eine Halluzination?
Mrs. Turner hätte die Erscheinung gerne verfolgt, aus purer Neugierde, um mehr zu erfahren. Doch sie wollte ihre Automaten nicht im Stich lassen. Verblüfft stellte sie fest, dass die drei Spielautomaten allesamt stillgestanden hatten. Jetzt setzten sich die Walzen wieder in Bewegung. Die Laufzeit war kurz.
Der Leuchtende entschwand aus dem Blickfeld der völlig verblüfften Witwe.
Dann geschah es. Die beiden Spielautomaten, die sie mit Fünfzig- und Fünfundzwanzig-Cent-Münzen gefüttert hatte, zeigten beide drei gleiche Symbole an. Mit goldenen Kronen – zweimal der Jackpot. Hauptgewinn, die Serie. Mit einem Jauchzer stürzte sich Oprah Turner auf die Automaten. Sie hebelte immer wieder.
»Jackpot!«, jubelte sie.
Dann fiel ihr auf, dass es nicht der Megabucks...
Erscheint lt. Verlag | 18.10.2022 |
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Reihe/Serie | Die UFO-AKTEN |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
Schlagworte | Akte X, Mulder, Scully, Aliens, Unbekannte Flug Objekte, Mystery, Timothy Stahl, Wolfgang Hohlbein • Science Fiction Romane |
ISBN-10 | 3-7517-4070-8 / 3751740708 |
ISBN-13 | 978-3-7517-4070-8 / 9783751740708 |
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