Wenn nichts bleibt außer Schmerz (eBook)

(Autor)

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2023 | 1. Auflage
290 Seiten
tolino media (Verlag)
978-3-7546-7986-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wenn nichts bleibt außer Schmerz -  Dania Dicken
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Zwei kleine Kinder und ihre schwangere Mutter sind tot. Tatverdächtig: Der Familienvater, der mit einem blutigen Messer in der Hand aufgewacht ist, sich jedoch an nichts erinnert.
Als die Hiobsbotschaft Gregory in England erreicht, glaubt er fest an die Unschuld seines deutschen Cousins. Um ihm zu helfen, tut er etwas, das er zuvor selbst nie für möglich gehalten hätte: Er bittet Andrea, noch einmal als Profilerin aktiv zu werden.
Ihrem Mann zuliebe versucht Andrea, die deutsche Polizei bei den Ermittlungen zu unterstützen. Dabei stößt sie in ungeahnte Abgründe vor und gerät schließlich selbst in tödliche Gefahr ...
Neuauflage des unter dem Titel 'Am Ende der Schmerz' erschienenen Thrillers von be.thrilled (2017)

Dania Dicken, Jahrgang 1985, schreibt seit der Kindheit. Die nahe Köln lebende Autorin hat Psychologie und Informatik studiert und als Online-Redakteurin gearbeitet. Mit den Grundlagen aus dem Psychologiestudium schreibt sie Psychothriller zum Thema Profiling. Bei Bastei Lübbe hat sie die Profiler-Reihe und "Profiling Murder" veröffentlicht, im Eigenverlag erscheinen "Die Seele des Bösen" und ihre Fantasyromane. Die Thriller-Reihe um FBI-Profilerin Libby Whitman ist ihr neuestes Projekt.

Dania Dicken, Jahrgang 1985, schreibt seit der Kindheit. Die nahe Köln lebende Autorin hat Psychologie und Informatik studiert und als Online-Redakteurin gearbeitet. Mit den Grundlagen aus dem Psychologiestudium schreibt sie Psychothriller zum Thema Profiling. Bei Bastei Lübbe hat sie die Profiler-Reihe und "Profiling Murder" veröffentlicht, im Eigenverlag erscheinen "Die Seele des Bösen" und ihre Fantasyromane. Die Thriller-Reihe um FBI-Profilerin Libby Whitman ist ihr neuestes Projekt.

Dienstag, 8. September


 

Es gibt Dinge, die bleiben.

Fähigkeiten wie Schwimmen oder Fahrradfahren. Einmal erlernt, bleiben sie.

Aber auch Narben bleiben. Narben am Körper, auf der Haut. Und dasselbe gilt für Narben auf der Seele. Auch die bleiben.

Der Tag, an dem Andreas bisheriges Leben endete, war einer der ersten sonnigen Frühlingstage gewesen. Ein Tag, an dem sie die Kraft hatte, einem Mädchen zu helfen, dem man nicht nur die Kindheit, sondern das Recht auf ein eigenes Leben geraubt hatte. Jahrelang hatte sie die Kraft und den Mut besessen, dem Schrecken zu begegnen, den die menschliche Psyche hervorbringen konnte. So wie bei dem Mädchen, das noch als Kind von Männern als Sklavin gehalten worden war und in das tiefste, dunkelste Loch geblickt hatte, das man sich denken konnte. Nicht einmal das hatte sie abgeschreckt, obwohl sie diesem Schicksal selbst nur knapp entronnen war.

Doch seit Andrea Katies Entführern selbst begegnet war, hatte sie keine Kraft mehr, um in die Abgründe der menschlichen Seele zu blicken. Dieses eine Mal hatte sie kein Glück gehabt. Sie hatte ihren schlimmsten Alptraum durchlebt und obwohl sie aufgewacht war, war er nicht vergessen. Es hatte ihn gegeben. Er war real.

Das wusste sie auch anderthalb Jahre später noch. Denn sie spürte es an jedem Tag, an dem sie ihre Arbeit an der Universität verrichtete. Dort sprach sie über das Profiling, ohne es selbst noch durchzuführen. Es war nur noch Theorie. Passivität. Mit jedem Tag, den sie dort in ihrem Büro verbrachte, sehnte sie sich nach ihrem alten bei der Polizei. Sehnte sich nach dem Beruf, der ihr alles bedeutet hatte. Aber sie hatte sich zu schwach gefühlt, um ihn noch auszuüben. Zu versehrt.

Sie zog die Schultern hoch und richtete ihre Gedanken wieder auf Julie, zumindest für einen Moment. Die kleine Hand fest um den Bleistift geschlossen, saß sie vornübergebeugt über ihrem Heft und grübelte über ihrer Rechenaufgabe. Sie hatte sich sehr verändert in der Zeit, in der sie zum Schulkind herangewachsen war. Inzwischen hatte sie keine kleinen krausen Locken mehr, sondern sanftere, weichere Wellen – vermutlich, weil ihr Haar inzwischen mehr als schulterlang war. Sie mochte es so. Für ihr Alter war sie verhältnismäßig klein und hatte den Babyspeck verloren, so dass sie inzwischen eher drahtig wirkte. Andreas aufgeweckte, hübsche Tochter. Sie war sehr stolz auf Julie.

Gregory hatte verstanden, dass Andrea keine weiteren Kinder mehr wollte. Sie fürchtete, dem nicht gerecht zu werden. Sie brauchte doch ihren Beruf, der sie daran erinnerte, dass sie manches sehr gut konnte.

Daneben hatte Julie all ihre Liebe. Wie sollte Andrea ihr noch gerecht werden, wenn sie diese Liebe mit einem weiteren Kind teilen musste? Greg hatte ihr daran zwar klargemacht, dass sie zu sehr auf ihre Tochter fixiert war, aber das konnte und wollte Andrea nicht ändern. Noch nicht. Sie verlor Julie noch früh genug an die Welt – und würde fürchten müssen, dass sie das hässliche Gesicht dieser Welt kennenlernte, das Andrea bereits begegnet war. Vor sieben Jahren zum ersten Mal.

Aber vor sieben Jahren war ihr auch Gregory begegnet. Der Mensch, bei dem sie sich am sichersten und wohlsten fühlte. Er sah ihr alles nach, unterstützte sie, hatte meistens Verständnis und zeigte ihr immer seine Liebe. All das war ihm hoch anzurechnen, denn sie wusste, es war oft auch schwierig, mit ihr zusammen zu sein.

Besonders seit diesem einen Tag.

Andrea wusste nicht, was sie ohne Greg getan hätte. In ihr war das starke Gefühl, ohne ihn nicht leben zu können, und vielleicht stimmte das sogar. Dieses Gefühl war so intensiv, dass er nicht befürchten musste, ihre Liebe zu ihm hätte gelitten, seit sie ein Kind hatten. Ihre Liebe für Julie hatte die für Gregory nicht verdrängt. Nichts auf der Welt war Andrea so wichtig wie die beiden. Sie entschädigten sie.

Für vieles. Aber nicht für alles.

Mit einer Frage riss Julie sie aus ihren Gedanken. Während Andrea versuchte, sie ihr zu beantworten, dachte sie daran, wie stark Julies Akzent inzwischen war, wenn sie Deutsch sprach. Das war anders als bei ihrem Vater. Andrea genehmigte sich einen kurzen Blick auf die Uhr, um zu sehen, wann er nach Hause kam. Er fehlte ihr in jedem Augenblick, in dem sie getrennt waren. Seine Ruhe, die immer auf sie abfärbte; die Art und Weise, in der er sowohl Julie als auch ihr seine ungeteilte Aufmerksamkeit schenkte. Bei ihm fühlte man sich angenommen.

„Ich habe keine Lust mehr“, postulierte Julie knatschig und verzog die Lippen. „Kann ich nicht erst etwas spielen?“

„Wie viel hast du denn noch?“, fragte Andrea.

„Das da.“ Sie zeigte auf einen kleinen Aufgabenblock.

„Und für Englisch?“

„Ein Blatt.“

Noch rang Andrea mit sich. „Wenn wir uns darauf einigen können, dass alles bis zum Abendessen fertig ist, kannst du jetzt auch noch ein bisschen spielen.“

Julie strahlte und drückte ihrer Mutter einen Kuss auf die Wange. Lächelnd schaute Andrea ihr nach, als sie in den Garten lief. Draußen war so schönes Wetter, dass sie Julies Wunsch verstehen konnte, nicht den ganzen Nachmittag drinnen mit den Hausaufgaben zu verbringen. Sie hatten einen verregneten Sommer gehabt, aber dafür war der Herbst golden. So golden wie vor sieben Jahren, als sich alles für sie entscheidend verändert hatte.

Sie schob den Gedanken beiseite und ging in den Flur, um von der Kommode die Akte zu holen, die sie zuvor dort hingelegt hatte. Ein Detective Inspector aus Devon hatte ihr Kopien der Akte eines Mordfalls geschickt, an dem er gerade zu verzweifeln drohte. Auch wenn Andrea es offiziell nie zugegeben hätte, half sie immer noch manchmal mit einem Kurzprofil bei Ermittlungen, die ins Stocken geraten waren. Joshua leitete die Akten aus London an sie weiter, ohne je ein Wort darüber zu verlieren. Anfangs hatte Andrea geglaubt, er tat es, um sie für sein Team zurückzugewinnen. Aber dann war ihr klargeworden, dass er es ihr zum Gefallen tat.

Sie setzte sich mit der Akte aufs Sofa und schlug sie auf. Sexualmord an einer jungen Friseurin. Man hatte DNA-Spuren gefunden, wusste aber nicht, wie man zu einer sinnvollen Eingrenzung für einen Massengentest gelangen sollte. Der Freund des Opfers hatte freiwillig eine Speichelprobe abgegeben und war bereits entlastet worden. Weitere Verdächtige gab es nicht.

Das war ein Punkt, den Andrea von vornherein in Zweifel zog. Bei den meisten Sexualverbrechen kannten sich Täter und Opfer. Das glaubte sie auch hier, denn die junge Frau war in ihrer Wohnung vergewaltigt und getötet worden. Einbruchsspuren gab es nicht, man hatte die Leiche zugedeckt gefunden. Andrea war sicher, dass die junge Frau ihren Mörder gekannt hatte. Vielleicht eine Internetbekanntschaft?

Sie schrieb all ihre Gedanken auf, um nichts zu vergessen. Schließlich war sie so vertieft, dass sie fast überhört hätte, wie die Haustür ins Schloss fiel. Die Schlüssel klimperten am Schlüsselbrett, Stoff raschelte. Augenblicke später erschien Gregory im Wohnzimmer.

„Hey“, sagte sie lächelnd und legte die Akte auf den Tisch. „Da bist du ja schon.“

„Ja, ich war pünktlich an der Reihe“, erwiderte er, kam zu ihr und küsste sie zur Begrüßung. Irritiert blickte sie zu ihm auf, doch dann fiel es ihr wieder ein. Er hatte einen Arzttermin gehabt, im Kalender war er eingetragen. Nur hatten sie nicht mehr darüber gesprochen.

„Und, was meint er?“, fragte sie.

„Dasselbe wie du. Zuviel Stress.“ Achselzuckend wandte Greg sich ab und ging in die Küche.

„Was schlägt er vor?“

„Das Übliche. Weniger arbeiten, Urlaub nehmen, Ausgleich, mehr Schlaf. Als ich ihm sagte, dass da eins der Probleme liegt, hat er mir etwas gegen die Schlafstörungen aufgeschrieben“, kam es aus der Küche zurück. Andrea hörte, wie der Kühlschrank geöffnet wurde.

„Daddy?“ Julie steckte ihren Lockenschopf durch die Tür und fegte Richtung Küche, als sie erst einmal festgestellt hatte, dass Greg tatsächlich da war.

„Sweetie”, sagte er. Obwohl Andrea es nicht sehen konnte, wusste sie, dass er Julie zur Begrüßung umarmte. Die beiden hatten ein bestimmtes Ritual.

„Come, play with me!“, forderte Julie wie üblich auf Englisch.

„Maybe later. I‘m tired“, erwiderte Greg. Julie brummte enttäuscht und trottete mit Schmollmund zurück in den Garten. Andrea grinste. Gregory erschien mit einem Glas Saft in der Hand in der Tür und lehnte sich an den Türrahmen. Er sah tatsächlich erschöpft aus. Schon seit einigen Wochen wirkte er immer wieder abgeschlagen, saß abends ohne Energie auf dem Sofa und schlief beim Fernsehen ein, lag dafür aber nachts wach. Als Andrea ihn darauf angesprochen hatte, hatte er es mit dem Stress auf der Arbeit begründet. Es waren Stellen abgebaut, die Arbeit auf die verbliebenen Mitarbeiter verteilt und Umstrukturierungen vorgenommen worden. Da Gregory allerdings nichts mehr hasste als Überstunden, arbeitete er wie besessen, um pünktlich fertig zu werden.

Die Folgen gefielen Andrea nicht. Über Psychosomatik musste er ihr nichts erklären, damit kannte sie sich aus leidvoller Erfahrung hervorragend aus. Schwierig war nur, dass er gern seine Probleme mit sich selbst ausmachte – und außerdem war er sowieso nie krank, so wie die meisten Männer. Sie hatte ihn ziemlich lang überreden müssen, bis er sich endlich einen Arzttermin hatte geben lassen. Die Blutabnahme war jedoch ohne Ergebnis geblieben.

„Aber sonst ist alles in Ordnung?“, fragte Andrea. Ihre Blicke begegneten sich.

„Alles gut“, sagte er knapp und nahm noch einen Schluck.

„Du musst nicht den Helden spielen, das weißt...

Erscheint lt. Verlag 18.8.2023
Reihe/Serie Profiler-Reihe
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Eifersucht • Ermittler • Familienmord • Krimi • Persönlichkeitsstörung • Profiler • Psychothriller • Soziopath • Spannung • Stalking
ISBN-10 3-7546-7986-4 / 3754679864
ISBN-13 978-3-7546-7986-9 / 9783754679869
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