Die Zitadelle (eBook)

Die bewegende Geschichte eines Arztes. Seine Träume, seine Liebe, seine Triumphe - und seine schwerste Prüfung ... | National Book Award | Neu bearbeitet

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
540 Seiten
Sefa Verlag
978-3-945090-98-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Zitadelle -  A.J. Cronin
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Einer der großen Romane der Weltliteratur, jetzt in neuer Bearbeitung. Ausgezeichnet mit dem National Book Award. Großbritannien in den 1920er Jahren. Frisch approbiert und voller Idealismus tritt Dr. Andrew Manson seine erste Stelle als Hilfsarzt in einem walisischen Bergwerksstädtchen an. Der Realitätsschock lässt nicht lange auf sich warten: Die Bevölkerung ist arm und unwissend, und unter seinen Kollegen sind Gleichgültigkeit, Inkompetenz und Korruption endemisch. Verbissen stürzt sich Manson in den Kampf für eine bessere Patientenversorgung und eine wissenschaftlich fundierte Medizin, beflügelt und unterstützt von der Liebe seines Lebens, der Dorfschullehrerin Christine. Nach vielen Rückschlägen, ständigen Anfeindungen und vergeblichen Neuanfängen geht sein Vorrat an Idealismus jedoch immer mehr zur Neige. Mit der Übersiedelung nach London tut sich eine neue Welt auf. Er gerät an Kollegen, die wissen, wie man sich mit wenig Aufwand die Taschen füllt, an betuchte (aber nicht unbedingt kranke) Patienten - und wird bald zum gefeierten Society-Doc. Erst ein schwerer Schicksalsschlag bringt ihm wieder die verlorenen Ideale seiner Anfangszeit in Erinnerung ... Einer der meistgelesenen Romane des 20. Jahrhunderts in neu bearbeiteter Übersetzung, mit Annotationen der medizinischen Fachausdrücke und (medizin)historischen Zusammenhänge

Archibald Joseph Cronin, geboren 1896 in Cardoss, Schottland, kommt aus einfachen Verhältnissen. Die Parallelen zwischen seiner Biografie und der seines Romanhelden Doktor Manson sind nicht zu übersehen: Nach der Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg absolvierte Cronin sein Medizinstudium mit Auszeichnung. Er arbeitete als Arzt in einer Nervenheilanstalt, als Schiffsarzt, als Armenarzt im Bergbaugebiet von Wales, und schließlich als Modearzt der besseren Gesellschaft in London. 1930 begann er zu schreiben und wurde zu einem der meistgelesenen und wirkmächtigsten Schriftsteller des zwanzigsten Jahrhunderts. Er starb 1981 in Montreux in der Schweiz.

Archibald Joseph Cronin, geboren 1896 in Cardoss, Schottland, kommt aus einfachen Verhältnissen.  Die Parallelen zwischen seiner Biografie und der seines Romanhelden Doktor Manson sind nicht zu übersehen: Nach der Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg absolvierte Cronin sein Medizinstudium mit Auszeichnung. Er arbeitete als Arzt in einer Nervenheilanstalt, als Schiffsarzt, als Armenarzt im Bergbaugebiet von Wales, und schließlich als Modearzt der besseren Gesellschaft in London.  1930 begann er zu schreiben und wurde zu einem der meistgelesenen und wirkmächtigsten Schriftsteller des zwanzigsten Jahrhunderts. Er starb 1981 in Montreux in der Schweiz.

1


An einem Spätnachmittag im Oktober des Jahres 1924 blickte ein schäbig gekleideter junger Mann mit gespannter Aufmerksamkeit durch das Fenster eines Abteils dritter Klasse in dem fast leeren Zug, der sich von Swansea das Penowelltal hinaufarbeitete. Den ganzen Tag war Manson vom Norden her schon auf der Fahrt, war in Carlisle und Shrewsbury umgestiegen, aber auf der Endstrecke seiner mühseligen Reise nach Südwales wurde er von einer immer stärkeren Erregung erfasst. Er sollte nämlich in dieser fremdartigen, hässlichen Gegend seine erste Stelle als Arzt antreten.

Draußen ging ein schwerer Regen zwischen den Bergen nieder, die sich zu beiden Seiten der eingleisigen Bahnlinie erhoben. Die Gipfel waren in grauer Himmelswüste verborgen, die Hänge aber fielen, verunstaltet von großen Schutthalden der Erzbergwerke, schwarz und öde ab. Ein paar schmutzige Schafe streunten darauf umher und suchten vergeblich nach Gras. Kein Busch, kein grüner Fleck war zu sehen. Die Bäume sahen im Zwielicht des scheidenden Tages wie dürre, kümmerliche Gespenster aus. An einer Biegung der Strecke blitzte der rote Schein einer Gießerei auf. Er beleuchtete einige Dutzend Arbeiter, die, nackt bis zum Gürtel, mit gestrafftem Rücken ihre Arme zum Schlag erhoben hatten. Obwohl das Bild durch den aufragenden Förderturm eines Bergwerks rasch dem Blick entzogen wurde, hinterließ es doch einen Eindruck von geballter, lebhafter Kraft. Manson holte tief Atem. Er spürte, wie auch ihn plötzlich ein Kraftgefühl durchflutete, eine überwältigende Zuversicht auf die Erfüllung seiner Hoffnungen und Zukunftsaussichten.

Das Dunkel war hereingebrochen und verstärkte noch den Eindruck der Fremdartigkeit und Verlassenheit der Landschaft, als nach einer halben Stunde der Zug in Drineffy einlief. Endlich war Manson am Ziel. Er nahm seinen Koffer, sprang aus dem Zug und schritt rasch den Bahnsteig entlang, eifrig Umschau haltend, ob man ihn abholen würde. Beim Ausgang wartete unter einer im Wind schwankenden Lampe ein gelbgesichtiger alter Mann mit eckigem Hut und einem nachthemdartigen Wettermantel. Mit scheelen Blicken musterte er Manson, und seine Stimme klang widerwillig, als er endlich sagte: „Sind Sie der neue Hilfsarzt für Doktor Page?“

„Gewiss. Mein Name ist Manson. Andrew Manson.“

„Schön. Meiner ist Thomas. Den alten Thomas nennt man mich gewöhnlich, hol's der Teufel. Ich hab das Gig[1] hier. Steigen Sie ein – wenn Sie nicht schwimmen wollen.“

Manson warf seinen Koffer hinauf und kletterte auf das zerschrammte, von einem hochbeinigen, knochigen Rappen gezogene Gig. Thomas folgte ihm, ergriff die Zügel und wandte sich an das Pferd. „Hüh, Taffy, los!“, sagte er.

Sie fuhren weg, durch die Stadt, die – so sehr Andrew sich auch bemühte, ihre Umrisse wahrzunehmen – im klatschenden Regen nichts anderes erkennen ließ als ein undeutliches Gewirr niedriger grauer Häuser, die zu Füßen hoher, überall aufragender Berge aneinandergereiht waren. Mehrere Minuten sprach der alte Kutscher kein Wort, sondern warf unter der triefenden Hutkrempe hervor seinem Fahrgast unablässig geringschätzige Bli-cke zu. Er glich in keiner Weise dem schmucken Kutscher eines erfolgreichen Arztes, im Gegenteil, er sah verhutzelt und schlampig aus und gab fortwährend einen durchdringenden Stallgeruch von sich. Schließlich sagte er:

„Haben wohl eben erst Ihren Doktor gemacht?“

Andrew nickte.

„Ich hab’s ja gewusst.“ Der alte Thomas spuckte aus. Die Freude über seinen Scharfsinn machte ihn etwas gesprächiger. „Der letzte Hilfsarzt ist vor zehn Tagen fort. Die meisten halten es nicht lang aus.“

„Warum?“ Trotz seiner Nervosität lächelte Andrew.

„Einmal ist die Arbeit zu schwer, vermute ich.“

„Und weiter?“

„Das werden Sie schon noch herausbekommen.“ Einen Augenblick später hob Thomas, wie ein Fremdenführer, der auf eine prächtige Kathedrale weist, die Peitsche und zeigte damit auf das Ende einer Häuserzeile, wo aus einer kleinen erleuchteten Tür eine Dampfwolke drang. „Sehen Sie dort! Da sind meine Alte und mein kleines Heim. Sie wird wahrscheinlich waschen.“ Ein flüchtiges Grinsen zuckte über seine lange Oberlippe. „Vermutlich werden Sie bald recht froh sein, dass Sie das wissen.“

Hier endete die Hauptstraße; sie bogen in einen kurzen, holprigen Seitenweg ein, schaukelten über ein Stück unbefestigten Grund und bogen in den schmalen Zufahrtsweg zu einem Haus ein, das abseits von den benachbarten Häuserreihen hinter einer verkümmerten Esche lag. Am Tor stand der Name Bryngover. „Wir sind da“, sagte Thomas und hielt den Gaul an.

Andrew stieg ab. Im nächsten Augenblick, während er sich noch mit Überlegungen quälte, wie er sich beim Eintreten verhalten sollte, wurde die Haustür aufgerissen und schon befand er sich in der erleuchteten Halle, wo ihn eine lächelnde, große, hagere Frau von etwa fünfzig Jahren mit ruhigen Gesichtszügen und klaren blauen Augen herzlich begrüßte.

„Na also! Na also! Sie sind gewiss der Doktor Manson. Treten Sie nur ein, bitte, treten Sie ein! Ich bin die Schwester vom Doktor, Miss Page. Hoffentlich war Ihnen die Reise nicht zu anstrengend. Ich freue mich wirklich, Sie bei uns zu sehen. Ich bin noch immer fast außer mir, seit dieser grässliche Kerl, den wir hatten, fort ist. Das war ein Schlaumeier, wie ich noch keinen gesehen habe, das kann ich Ihnen sagen. Den hätten Sie mal sehen sollen. Oh! Aber jetzt Schwamm darüber! Jetzt ist ja alles in Ordnung, wo Sie da sind. Kommen Sie gleich mit! Ich will Ihnen Ihr Zimmer, in dem Sie logieren werden, persönlich zeigen.“

Andrews Zimmer im Obergeschoss war ein kleiner, getünchter Raum mit einem Messingbett, einer gelb polierten Kommode und einem Bambustischchen, auf dem Waschschüssel und Krug standen. Während Miss Page mit ihren hellen blauen Augen Andrews Gesicht musterte, sah er sich in dem Raum um und sagte dann mit ängstlicher Höflichkeit:

„Das sieht sehr behaglich aus, Miss Page.“

„Gewiss. Sie haben recht.“ Sie lächelte und klopfte ihm mütterlich auf die Schulter. „Es wird Ihnen hier bestimmt ganz prächtig gefallen. Tun Sie das Ihre, dann will ich das Meine tun. Schöner kann man es doch nicht sagen, nicht wahr? Jetzt kommen Sie aber augenblicklich mit mir und lassen sich dem Doktor vorstellen!“ Sie hielt inne; ihr Blick forschte noch immer in dem seinen und sie bemühte sich um einen ungezwungenen Tonfall. „Ich weiß nicht, ob ich es in meinem Brief erwähnt habe, aber eigentlich – ist der Doktor seit einiger Zeit nicht ganz gesund.“

Andrew sah sie mit jäher Überraschung an.

„Oh, es ist nichts Besonderes“, fuhr sie rasch fort, ehe er sprechen konnte. „Er ist seit ein paar Wochen bettlägerig. Aber er wird bald wieder auf dem Damm sein. Machen Sie keine große Sache daraus!“

Verblüfft folgte ihr Andrew zum Ende des Korridors, wo sie eine Tür aufstieß und munter rief:

„Edward – das ist Doktor Manson, unser neuer Hilfsarzt! Er will dir guten Tag sagen.“

Während Andrew in den Raum trat, ein längliches, nachlässig eingerichtetes Schlafzimmer mit fest zugezogenen Chenillevorhängen und einem kleinen Feuer im Kamin, drehte sich Edward Page im Bett langsam um, was ihn anscheinend große Mühe kostete. Er war ein großer, knochiger Mann von vielleicht sechzig Jahren, mit scharf eingegrabenen Zügen und müden, fiebrigen Augen. Sein ganzer Gesichtsausdruck war geprägt von Leid und einer Art müder Geduld. Dazu kam noch etwas: Im Licht der Petroleumlampe, das aufs Kissen fiel, gewahrte man, dass die eine Gesichtshälfte starr und ausdruckslos war. Auch die linke Körperseite war gelähmt und die linke Hand, die auf der Steppdecke lag, war zusammengekrampft zu einem glänzenden Kegel. Als Andrew diese Symptome eines schweren und allem Anschein nach schon länger zurückliegenden Schlaganfalls bemerkte, wurde ihm mit einem Mal recht unbehaglich zumute. Verlegenes Schweigen herrschte.

„Hoffentlich wird's Ihnen bei uns gefallen“, sagte Doktor Page endlich. Er sprach langsam und mit Mühe und verschliff ein wenig die Worte miteinander. „Hoffentlich wird Ihnen die Arbeit nicht zu viel. Sie sind noch sehr jung.“

„Ich bin vierundzwanzig, Doktor“, erwiderte Andrew unbeholfen. „Ich weiß, dass dies meine erste Stellung ist, ich weiß das alles – aber ich scheue die Arbeit nicht.“

„Na also“, sagte Miss Page lächelnd, „ich hab dir's doch gesagt, Edward – mit dem Nächsten werden wir Glück haben.“

Eine fast noch starrere Regungslosigkeit verbreitete sich über Pages Gesicht. Er blickte Andrew an. Dann schien sein Interesse zu verblassen. Mit müder Stimme sagte er:

„Hoffentlich bleiben Sie.“

„Du lieber Gott!“, rief Miss Page. „Was das wieder für eine Redensart ist!“ Lächelnd und gleichsam entschuldigend wandte sie sich an Andrew. „Er spricht ja nur so, weil er heute ein bisschen schlecht beisammen ist. Aber bald wird er wieder obenauf und ganz gesund sein! Nicht wahr, mein Lieber?“ Sie beugte sich über ihren Bruder und küsste ihn liebevoll. „Na also! Ich schicke dir durch Annie das Abendbrot, sobald wir gegessen haben.“

Page gab keine Antwort. Der versteinerte Ausdruck der einen Gesichtshälfte ließ seinen Mund verzerrt aussehen. Die gesunde Hand tapste nach dem Buch, das auf dem Nachttischchen lag. Andrew sah den Titel: „Die wilden Vögel Europas.“ Noch bevor der Gelähmte zu lesen anfing, hatte er begriffen, dass er entlassen war. Als sich Andrew zum Abendessen hinab begab, waren seine Gedanken in quälendem Aufruhr. Er hatte sich um diese Hilfsarztstelle aufgrund einer Anzeige beworben, die...

Erscheint lt. Verlag 7.10.2022
Überarbeitung Dr. Kirsten Bödeker
Übersetzer Richard Hoffmann
Verlagsort Lübeck
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Arzt • Arztberuf • ärztliches Berufsethos Ethos • Arztroman • Berufsethos • Doktor Manson • Geburtstags-geschenk Arzt • Gesundheitswesen • Hausarzt • House of God • Klassiker • Krankenhaus Klinik • Medizin • Medizinstudent • National Book Award • Weltliteratur
ISBN-10 3-945090-98-9 / 3945090989
ISBN-13 978-3-945090-98-5 / 9783945090985
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