Das Erbe der Bildhauerin (eBook)

Die bewegende Geschichte einer Familie in Schlesien

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
356 Seiten
beHEARTBEAT (Verlag)
978-3-7517-3766-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Erbe der Bildhauerin -  Katja Segin
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Die talentierte Bildhauerin Branca stößt im Nachlass ihrer Oma auf ein lange gehütetes Geheimnis: Ihre Urgroßmutter Anna hat ein Tagebuch hinterlassen, in dem sich Hinweise auf etwas Wertvolles in ihrer ehemaligen Heimat finden. Diesen kostbaren Besitz hat Anna in Schlesien vergraben, bevor sie nach dem Zweiten Weltkrieg von dort vertrieben wurde. Warum hat sie ihn versteckt?
Branca ist fest entschlossen, das Geheimnis aufzudecken und reist in Annas einstige Heimat, ins heutige Polen. Dort begegnet sie dem gutaussehenden Polizisten Paul, der jedoch auch in diesen Fall verstrickt zu sein scheint. Doch Anna hatte mehr Geheimnisse als auf den ersten Blick ersichtlich - und je näher sie dem Schatz kommen, desto mehr stoßen sie auf Widerstand ...
Alle Romane der Familiengeheimnis-Reihe sind in sich abgeschlossen und können unabhängig voneinander gelesen werden.
eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.



<p><strong>Katja Segin</strong> liebt Geheimnisse aller Art. Besonders gern verfasst sie deswegen geheimnisvoll-dramatische Familiengeschichten, in denen es auch ruhig ein bisschen romantisch werden darf. Dafür durchforstet sie regelmäßig alte Fotoalben und sucht nach Inspiration ... Privat lebt sie ganz ohne Drama mit ihrem Mann und zwei Schildkröten in der Altstadt von Paderborn. Geheimnissen krimineller Art kommt sie unter dem Pseudonym Mina Giers auf die Spur.</p> <p><br></p> <p><br></p>

Zwei


Branca hockte inmitten unzähliger Stapel Geschirr. Kein Service war noch vollständig. »Wir sollten nicht damit rechnen, hierfür besonders viel Geld zu bekommen.«

Mit ihrem Handy machte sie ein Bild von dem Dekor und notierte den Bestand auf einem Block. Hier fünf Tassen, sechs Untertassen, aber nur drei Teller. Bei dem nächsten acht Teller, aber nur fünf Tassen. Jedes Design war auf seine eigene Art altmodisch.

Regen prasselte ans Fenster und schuf genau die richtige Atmosphäre für diese Art Tätigkeit.

Ihre Mutter rollte an den Esstisch und begutachtete ein Paket verschnörkelter Serviettenringe. »Die hier habe ich immer gemocht.«

»Dann behalt sie doch.«

»Ich weiß nicht.« Sie legte sie zurück in den Karton. »Vermutlich würde ich sie nie benutzen. Und ich will nicht, dass du irgendwann noch mal durch die gleichen Sachen gehen musst, wenn es bei mir so weit ist.«

Branca blickte vom Boden hoch. Mama sah auf ein altes Gemälde, doch es machte nicht den Eindruck, als ob sie es wahrnähme. Ihr Blick schien direkt hindurchzugehen.

»Fällt es dir sehr schwer?«

Ein Schauer lief über Mamas Körper. »Was? Ach so. Nein, wie gesagt, ich brauche die ganzen Sachen ja nicht.«

»Das meinte ich nicht, Mam.«

Der Rollstuhl drehte sich in ihre Richtung. »Es geht, Liebes. Ich hatte fast sechs Monate Zeit, um Abschied zu nehmen. Am Anfang war es schwer. Als sie aus der Wohnung musste. Jetzt nicht mehr so sehr.«

Die Stimme ihres Vaters ertönte aus dem Schlafzimmer. »Bea? Was ist mit diesem Ungetüm von Pelzmantel? Verkaufen? Spenden?«

Ihre Mutter sah sie an, und Branca schüttelte den Kopf. »Danke, nein. Auf den Shitstorm hab ich keine Lust. Wenn man so etwas im Internet verkauft, wird man hingestellt, als wäre man ein Psychopath. Auch wenn man dazuschreibt, dass es aus einem Nachlass stammt.«

»Ach, wirklich? Ist doch besser, als wenn die Leute einen neuen Pelz kaufen würden.«

»Tja.«

»Rüdiger? Der Pelz wird gespendet«, rief ihre Mutter.

»Und die Bettdecken?«

Mama seufzte und rollte zur Tür. »Dein Vater braucht mich wohl mehr als du.«

»Ja, das dachte ich schon, als ich ausgezogen bin.«

Brancas Mundwinkel hoben sich ein klein wenig. Sie zog sich den Stapel Zeitungspapier heran und begann, Teller darin einzuwickeln und in Kartons zu verstauen. Wenn sie sich hier so umsah, wären sie niemals innerhalb eines Monats fertig. Doch das hieße, dass ihre Eltern noch einen Monat Miete zahlen müssten. Sie sollte sich besser ranhalten.

Sie öffnete das Fenster, um frische Luft hereinzulassen. Für diese Arbeit brauchte ihr Gehirn Sauerstoff. Auf allen vieren krabbelte sie wieder zu dem Vitrinenschrank, in dem ihre Oma das Geschirr aufbewahrt hatte. Als Nächstes sollte sie wohl Sektgläser katalogisieren. Oder erst Servierplatten? Wer um alles in der Welt brauchte so viele Servierplatten, und warum klebte bei fast allen ein Namensschild auf der Unterseite? Vorsichtig zog sie den ganzen Stapel hervor. Darunter befand sich eine flache Pappschachtel mit Deckel. Sie zeigte das Logo eines Geschirrherstellers. Vermutlich noch mehr Platten.

Es klingelte an der Tür.

»Ich rolle schon«, rief ihre Mutter.

Branca fotografierte die erste Platte, dann die zweite. Vielleicht sollte sie die Dinger ausmessen, für die Beschreibung. Irgendwo hatte sie ein Maßband gesehen.

Sie hörte, wie die Wohnungstür geöffnet wurde. Eine Frauenstimme drang in die Wohnung. »… schon gelesen?«

Papier raschelte, dann rief Mama: »Ach, das gibt’s ja gar nicht! Rüdiger, komm, das musst du dir ansehen!« Im nächsten Moment kam sie zurück ins Esszimmer, eine ältere Frau im Schlepptau. Es war die Nachbarin, die Branca schon auf der Beerdigung aufgefallen war. Sie nickten einander zu.

»Guten Morgen. Ich hab also richtig gehört, dass hier die letzten Tage jemand herumgekramt hat. Die Wände sind ja so dünn.« Die Frau sah sich um, und die Fältchen um ihre Augen vertieften sich. »Da haben Sie aber noch einiges vor.«

»Wollen Sie sich ein Andenken aussuchen?«, fragte Branca. »Wie wär’s mit einer Servierplatte?«

Die Frau lachte auf. »Ich glaube, im Wohnzimmerschrank hat Elisa auch noch welche.« Ihr Blick wurde wehmütig.

»O nein. Sagen Sie doch so etwas nicht.«

»Jetzt guckt doch mal, was Frau Gruber entdeckt hat«, sagte ihre Mutter und breitete die Zeitung aus, die auf ihrem Schoß lag. Es war die Ausgabe vom Vortag. »Rüdiger, komm schon her.«

Papa betrat den Raum, ein hautfarbenes Unterkleid über die Schulter geworfen. Er nickte Frau Gruber zu. »Hallo. Was gibt’s denn?«

»Einen Artikel über meine Mutter. Passt auf:« Mama räusperte sich. »Nach langer Krankheit musste die Gemeinschaft der Vertriebenen unseres kleinen Ortes Abschied nehmen von Elisa Bogner. Sie war die Tochter von Alfred Winkler und seiner Frau Anna, geb. Ludwig, und eins der ersten Kinder, das nach der Vertreibung in der neuen Heimat geboren wurde. Zeit ihres Lebens hat sie sich im Frauenverein der Vertriebenen engagiert und zahlreiche Treffen und Zusammenführungen organisiert.« Ihre Mutter ließ die Zeitung sinken. »Ich wusste überhaupt nicht, dass die so einen Nachruf planen.« Ihre Augen glänzten.

»Und ich wusste nicht, dass Omi so engagiert war.«

»Oh, Ihre Großmutter war eine echte Stütze der Gemeinschaft. Und das, obwohl sie selbst ja gar nicht in Schlesien geboren wurde. Ich glaube, sie hat es stellvertretend für ihre Mutter Anna getan, weil die es nicht mehr konnte.«

Branca nickte, ohne zu wissen, wovon die Frau redete. Erst jetzt wurde ihr klar, dass sie überhaupt nichts über die Geschichte ihrer Familie wusste. Schlesien? Vertriebene? Omi hatte das sicher mal erwähnt, allerdings hatte sie nie so richtig zugehört.

Jetzt ist es zu spät.

Frau Gruber wandte sich zum Gehen. »Ich will nicht länger stören. Wenn Sie wollen, lege ich Ihnen alte Zeitungen vor die Tür, als Einwickelpapier. Und den Artikel behalten Sie bitte auch.« An der Tür drehte sie sich noch einmal um. »Sie wird mir fehlen, die Elisa. Es war immer lustig mit ihr. Jetzt ist bald niemand mehr übrig.« Dann verschwand sie durch die Tür.

»Entschuldigt mich einen Moment«, murmelte Mama und rollte ins Bad. Zum Glück war es geräumig, und sie konnte sich ohne Hilfe darin bewegen. Obwohl Branca bezweifelte, dass sie zur Toilette musste.

»Was meinte Frau Gruber damit, dass Oma sich wegen ihrer Mutter so engagiert hat? Kanntest du sie?«

Papa setzte sich auf einen Stuhl und strich mit den Händen über die Tischdecke. »Anna? Nein, ich kannte sie nicht. Niemand kannte sie. Ich meine, Elisas Vater, der Alfred, der kannte sie natürlich schon, aber er hat nie über sie geredet. Sie starb bei Elisas Geburt. Deshalb hat deine Oma immer geglaubt, sie müsse sie ersetzen. Als wäre sie schuld an ihrem Tod oder so.«

»Omi ist ohne Mutter aufgewachsen?« Das hatte sie ebenfalls nicht gewusst, doch es erklärte einige ihrer Verhaltensweisen. »Wie furchtbar. Und warum hat Uropa nie über seine Frau geredet?«

»Ich weiß nicht genau. Er starb, kurz nachdem ich Bea kennengelernt habe. Die paar Male, die ich ihn getroffen habe, wirkte er immer sehr traurig. Wahrscheinlich konnte er ihren Tod einfach nicht verkraften. Ich meine, stell dir das mal vor, du überlebst den Krieg, dann wirst du aus deiner Heimat verjagt, musst in einem völlig fremden Dorf Fuß fassen, und nachdem du all das bewältigt hast, stirbt deine Frau.«

»Schrecklich.« Wie diese Anna wohl ausgesehen hatte? Sie sollte nach Fotos Ausschau halten. Im Wohnzimmer hatte sie einige Alben gesehen, die würde sie sich gleich heute Abend vornehmen. Omas Fernseher war ohnehin so winzig, dass ihr die Augen schmerzten.

Die Klospülung rauschte, und Branca bückte sich und angelte nach der Pappschachtel. Sie war auf einen gewichtigen Inhalt gefasst gewesen, doch der Karton war viel leichter als erwartet. Servierplatten waren das nicht.

Sie stellte die Schachtel auf den Tisch und hob den Deckel. Ein in Leder gebundenes Buch lag darin.

»Was ist das denn? Hat Omi Tagebuch geführt?« Der Einband war fleckig und die Seitenränder vergilbt. Ein muffiger Geruch ging davon aus.

Ihr Vater erhob sich. »Nicht, dass ich wüsste.« Er stellte sich hinter sie und sah ihr über die Schulter. »Schlag es mal auf, Liebes.«

Branca tat es. Auf der ersten Seite stand in verblasster Druckschrift Anna Ludwig und darunter Rogelwitz, 1941.

»Anna Ludwig, das ist doch Omis Mutter gewesen, oder nicht? Ihr Mädchenname.«

Ihr Vater nickte, sie fühlte, wie sein Kinn dabei über ihr Haar strich. »Und Rogelwitz ist der Ort in Schlesien, wo sie früher gewohnt hat. Vor der Vertreibung. Keine Ahnung, wie der jetzt heißt.«

»Wie der jetzt heißt?«

»Na ja, das ist ja jetzt in Polen, da kann er einen ganz anderen Namen haben. Aber ist schon witzig, dass deine Uroma uns nun zum zweiten Mal in so kurzer Zeit unterkommt. Mal abwarten, was wir noch von ihr entdecken.«

Solange es kein wertvoller Schmuck war, brachte es Branca allerdings leider nicht voran. Sie blätterte weiter, doch die Seiten waren allesamt mit einer völlig unleserlichen Schrift bedeckt. »Was ist das denn für eine Sauklaue?«

Papa beugte sich weiter vor und lachte leise. »Das ist Sütterlin, Liebes. Eine alte deutsche Schrift. Als ich klein war, hab ich das noch in der Schule gelernt, im dritten Schuljahr oder so. Aber nicht, um es zu schreiben, sondern nur, damit wir wissen, wie die Buchstaben aussehen. Hab ich ewig nicht mehr vor Augen gehabt.«

»Du kannst das lesen?«

Er schüttelte den...

Erscheint lt. Verlag 16.12.2022
Reihe/Serie Die schönsten Familiengeheimnis-Romane
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Ahnen • Beziehung • Bildhauer • Carolin Rath • Deutschland • Familie • Familiengeheimnis • Familiengeheimnis-Romane • Geheimnis • Krieg • Kunst • Liebe • Lucinda Riley • Marmor • Polen • Schlesien • Skulptur • Ton • Vertreibung • Zweiter Weltkrieg • zwei Zeitebenen
ISBN-10 3-7517-3766-9 / 3751737669
ISBN-13 978-3-7517-3766-1 / 9783751737661
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