Etage 13 - Es gibt kein Entkommen, und deine Zeit läuft ab (eBook)
480 Seiten
Blanvalet (Verlag)
978-3-641-29690-2 (ISBN)
Kate Harding erhält das Jobangebot ihres Lebens. Nach dem Tod ihres Mannes vor fünfzehn Monaten ist das ihre Chance auf einen Neubeginn. Doch das vermeintliche Vorstellungsgespräch entwickelt sich zu einem Albtraum. Eingesperrt in einem Glaskastenbüro in einem leeren Bürogebäude, ist Kate allein mit ihrem Kidnapper. Einem gefährlichen Mann, der Informationen über ihre Vergangenheit will. Informationen, die sie ihm nicht geben kann. Doch er schreckt vor nichts zurück, um diese von Kate zu bekommen ...
Nervenzerreißende Spannung aus UK! Verpassen Sie auch nicht den packenden SPIEGEL-Bestseller »Das Ferienhaus« von C.M. Ewan.
C. M. Ewan wurde 1976 in Taunton geboren und hat an der Universität von Nottingham Amerikanische und Kanadische Literatur und später Jura studiert. Nach elf Jahren auf der Isle of Man ist er mit seiner Frau, seiner Tochter und seinem Hund nach Somerset zurückgekehrt, wo er sich ganz dem Schreiben widmet. Mit »Das Ferienhaus«, seinem ersten Roman bei Blanvalet, hat er gleich die SPIEGEL-Bestsellerliste erklommen und zahlreiche Fans gewonnen.
3
Freitag, 17:06 Uhr
Ich war schon fast bei der Sitzgruppe angekommen, als eine Frau hinter einer hohen Pflanze neben mir hervortrat und mich am Arm festhielt. »Denken Sie ja nicht, ich mache das für alle meine Kundinnen«, flüsterte sie mir ins Ohr.
»Maggie?«
»Setzen Sie sich hin. Lächeln Sie. Lassen Sie uns einfach so tun, als wären Sie nicht zu spät und als würde ich mich nicht furchtbar darüber aufregen. Sie haben ungefähr zehn verpasste Anrufe.«
»Was machen Sie denn hier?«
»Meine Arbeit.« Maggie drückte mich in eins der Sofas, setzte sich dann neben mich und stellte ihre Handtasche auf dem Schoß ab. Ihre Handtasche war groß und ohne Schnickschnack, ganz wie Maggie selbst. Sie hatte einen erdbeerblonden Haarschopf und scharf und intelligent blickende grüne Augen. Ihr olivgrüner Hosenanzug war an Brust und Hüften weit geschnitten. Darunter trug sie eine tief ausgeschnittene weiße Bluse. »Es ist Freitagabend, Kate. Ich war in der Gegend.«
»Ihr Büro ist in Dulwich.«
»Na, dann schütze ich eben meine Investition. Sie wissen hoffentlich, dass ich einen Bonus kriege, wenn Sie diese Stelle bekommen?«
Ich musterte sie. In unseren wiederholten Zoom-Calls in den vergangenen zwei Wochen hatte ich Maggie nur auf ein paar Jahre älter als mich selbst geschätzt, auf Mitte, Ende dreißig. Jetzt zeigten mir die feinen Fältchen um Augen und Mund allerdings, dass sie schon weit über vierzig war.
»Haben Sie gedacht, ich tauche hier nicht auf?«, fragte ich sie.
»Das sollte ich wohl besser gar nicht beantworten. Übrigens sehen Sie toll aus.«
Zweifelnd sah ich an mir hinab. Noch immer befürchtete ich, dass mein Outfit für eine Firma wie Edge zu formell und bieder wirken würde. Ich hatte mich für einen schwarzen Bleistiftrock und ein passendes Jackett entschieden, das ich über einer roten Seidenbluse trug, die deutlich mehr gekostet hatte, als mein Budget erlaubte. Heute Morgen war ich als Allererstes bei meinem Friseur gewesen, nichts Aufregendes, ich hatte nur ein wenig nachschneiden lassen, den Look vervollständigen. Wenn man näher hinsah, konnte man allerdings die dunklen Ringe unter meinen Augen und die eingefallenen Wangen erkennen. Ich konnte von Glück sagen, dass ich in den vier Jahren bei einer Fluglinie, wo ich vor meinem Wechsel in die PR-Branche gearbeitet hatte, alle möglichen Make-up-Tricks gelernt hatte.
»Maggie, der Wachmann hat mir gerade gesagt, dass Edge den ganzen Tag über Vorstellungsgespräche geführt hat.«
»Warum machen Sie sich deshalb Sorgen? Sie sind die Einzige, die sie wirklich wollen. Vertrauen Sie mir. Mehr als genug Bewerberinnen haben Erfahrung in der Öffentlichkeitsarbeit, aber niemand hat außerdem noch Ihren Hintergrund in der Reisebranche.«
»Wie viele Kandidaten haben Sie denn hergeschickt?«
»Nur Sie.«
Ich blickte sie skeptisch an.
»Ehrlich.« Sie ergriff meine Finger mit ihrer fleischigen Hand. »Kate, wie oft muss ich Ihnen noch sagen, dass diese Stelle perfekt auf Sie passt und umgekehrt? Ich hätte Sie nicht ausgewählt, wenn ich das nicht glauben würde. Nicht nachdem Sie oft genug versucht haben, uns beide aus der Sache rauszuquatschen.«
Dass sie so fest an mich zu glauben schien, erzeugte in mir ein wohlig-warmes Gefühl, obwohl auch die Zweifel wieder aufstiegen. Mir kam es seltsam vor, dass jemand, mit dem ich bisher nur telefoniert oder online kommuniziert hatte, für mein Leben in so kurzer Zeit solch eine Bedeutung gewonnen hatte. Als Maggie sich vor etwas über zwei Wochen bei mir gemeldet hatte, war sie hartnäckig geblieben, sogar als ich ihr (immer weniger überzeugend) mitgeteilt hatte, dass ich nicht auf Jobsuche sei. Ich bin nicht sicher, ob das mehr über Maggies Durchsetzungskraft aussagte oder mehr darüber, was für eine Einzelgängerin ich inzwischen war. Insgeheim war mir klar, dass ich, hätte sie sich nicht an mich gewandt und mir gesagt, dass ich mein Talent bei Simple verschwendete, wahrscheinlich in dem unglücklichen Trott weitergemacht hätte, in dem ich mich seit Monaten befand.
»Atmen Sie durch«, wies sie mich an. »Entspannen Sie sich. Sehen Sie sich eine Sekunde mit mir hier um. Habe ich Ihnen nicht gesagt, dass diese Firma unglaublich ist?«
Gemeinsam blickten wir uns in der Halle um, lauschten dem sanften Plätschern des Wasserfalls hinter uns.
Und sie hatte recht. Das hier war unglaublich. 55 Ludgate Hill – im Volksmund als The Mirror bekannt – war Londons neuestes Wahrzeichen. Es hatte achtunddreißig Stockwerke und überragte damit die benachbarte St.-Paul’s-Kathedrale um ein Vielfaches, obwohl sein auffälligstes Merkmal die vollständig silbrig verspiegelte Glasfassade war. Von außen konnte niemand sehen, was in den oberen Stockwerken des Gebäudes vor sich ging, aber von meiner Online-Recherche her wusste ich, dass man von dort aus einen atemberaubenden Blick über die Themse und weit darüber hinaus hatte.
The Mirror war erst im Februar offiziell eröffnet worden, aber es gab bereits Gerüchte, dass die Firma hinter dem Projekt kurz vor dem Bankrott stand. Die Bauarbeiten hatten noch vor der weltweiten Covid-Pandemie begonnen, und jetzt, da das Gebäude fertiggestellt war, hatte sich die Geschäftswelt komplett verändert. Immer mehr Menschen arbeiteten von zu Hause aus, was bedeutete, dass immer weniger Firmen nach Büroflächen in Toplage in der City suchten. Das Penthouse-Restaurant hatte die Aufmerksamkeit der Presse erregt, weil der berühmte Koch es nach wie vor nicht für das Publikum geöffnet hatte, außerdem wurde gemunkelt, dass mehrere Stockwerke nicht vermietet waren und leer standen. Das passte zu dem, was ich hier in der Halle sah. Zwar gab es hier Leute, aber längst nicht so viele wie vorgesehen.
Das kam mir seltsam vor. Vielleicht zählte ich zu einer Minderheit, aber ich hatte keinerlei Interesse daran, von zu Hause zu arbeiten, und zwar nicht nur, weil meine Einzimmerwohnung in Balham deprimierend war. Einer der attraktivsten Punkte an Maggies Angebot, bei Edge zu arbeiten, war für mich die Ablenkung, die mir ein geschäftiges Büro bieten würde. Meine Psychotherapeutin hatte mir gesagt, es sei für mich an der Zeit, mich wieder nach draußen zu wagen, Risiken einzugehen, mich selbst das Fürchten zu lehren.
Auftrag erfüllt, dachte ich bei mir.
»Es tut mir immer noch leid wegen Simon und Rebecca«, vertraute ich Maggie an. »Sie waren wirklich gut zu mir.«
»Und das verstehe ich auch. Aber was Sie jetzt tun, ist richtig, Kate. Und das wissen Sie auch.«
Ich blickte auf meine Hände hinab und war mir da nicht so sicher. Simon und Rebecca waren ein Paar und die Besitzer von Simple PR. Ich war die einzige Angestellte. Und ich glaube, sie hatten mich mehr aus Sympathie denn aus Bedarf eingestellt. Sie hatten unglaublich viel Geduld mit mir gehabt, während ich neues Vertrauen gefasst hatte – mich langsam wieder in die Arbeitswelt vortastete –, und hatten mir immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Ich hatte bis jetzt noch nicht den Mut aufgebracht, ihnen zu gestehen, dass ich mich auf eine andere Stelle bewarb.
»Kate, hören Sie mir zu. Auf Ihrer jetzigen Stelle ist es für Sie bequem, und das hat ja auch seine Vorteile. Aber Sie sind ein Star. Das wissen Sie, und ich weiß es ebenfalls. Edge sind die Besten in der Branche. Sie gehören dorthin.«
Ich rang mir ein schwaches Lächeln ab. »Haben Sie das geübt?«
»Ein bisschen. Hat es funktioniert?«
Ich machte ein unbestimmtes Geräusch, der Knoten aus Schuld in meiner Brust machte es mir noch immer schwer zuzugeben – sogar mir selbst gegenüber –, dass es mich sehr reizte, für Edge zu arbeiten. Edge hatte luxuriöse Büros in London, New York und Sydney. Sie vertraten die berühmtesten Klienten und Marken im Unterhaltungsbereich, im Sport und in der Wirtschaft. Es wurde sogar über einige sehr reiche Klienten gemunkelt, über die sie nicht offen sprachen.
Wie der Name der Firma schon sagte, war Edge für große Kampagnen bekannt: hip und außerordentlich innovativ. Das war die Art greller Kampagnen, über die Simon und Rebecca die Nase gerümpft hätten, denn bei Simple taten wir immer genau das, was Simon und Rebecca schon immer getan hatten – wir zielten auf die traditionellen Medien und auf ein älteres Publikum.
Wie Maggie gesagt hatte, dort war es bequem. Und mit bequem, das wusste ich, meinte sie eigentlich »langweilig«.
Ich nickte und war drauf und dran, mich bei ihr für ihr Kommen zu bedanken und mich zu einer Demonstration von Selbstvertrauen durchzuringen, die sie glauben machen sollte, dass ihr Vertrauen in mich gerechtfertigt war, als das Telefon in meiner Handtasche klingelte.
»Sekunde.«
»Na toll.« Maggie warf in gespielter Verzweiflung die Hände in die Höhe. »Jetzt schaut sie auf ihr Telefon.«
Ich öffnete meine Handtasche und zog das iPhone heraus. Auf dem Sperrbildschirm war eine kurze Textnachricht zu sehen.
Zeig’s ihnen, Schwesterherz. Du wirst sie umhauen. Garantiert.
»Mein Bruder«, erklärte ich. »Er wünscht mir viel Glück.«
Schon als ich das sagte, schoss mir ein gereizter Gedanke durch den Kopf. Mark sollte mir schreiben. Warum kann Mark mir nicht schreiben? Aber fast im selben Augenblick, in dem dieser Gedanke auftauchte, zwang ich ihn sofort wieder nieder. Ich konnte es mir gerade nicht leisten, so an meinen Mann zu denken. Das würde mir nicht helfen. Und ich wusste, ich sollte dankbar dafür sein, dass mein Bruder in...
Erscheint lt. Verlag | 1.2.2023 |
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Übersetzer | Bernd Stratthaus |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | The Interview |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | 2023 • Auftragskiller • Büro • der Plan • Der Tausch • eBooks • Ferienhaus • Flugbegleiterin • Flugzeugabsturz • Flugzeugkatastrophe • Gift-Skandal • Interview • job interview • Julie Clark • krimi london • locked room • London • Lucy Foley • Neuerscheinung • Neuerscheinung 2023 • Neuerscheinungen Taschenbuch 2023 • Pageturner • PR-Agentur • Prozess • Psychothriller • Skandal • Spannende Unterhaltung • Spannung • Spannungsroman • SPIEGEL-Bestsellerautor • Thriller • Verhör • Verhörtechnik • Verschwörung • Vertuschung • Vorstellungsgespräch |
ISBN-10 | 3-641-29690-0 / 3641296900 |
ISBN-13 | 978-3-641-29690-2 / 9783641296902 |
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