Unsere Hälfte des Himmels (eBook)

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2022 | 1. Auflage
414 Seiten
tolino media (Verlag)
978-3-7546-7213-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Unsere Hälfte des Himmels -  Christiane Lind
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»Nichts kommt dem Fliegen gleich. Aber wie sollte ihre Mutter das verstehen, die bisher noch nie den Himmel erobert hatte?« 1935 träumen die Freundinnen Amelie und Johanna davon, ihr Leben nach ihren Vorstellungen zu führen. Und zwar als Fliegerinnen - ein verwegener Wunsch in einer Zeit, in der Frauen an Heim und Herd gedrängt werden. Doch gemeinsam sind die Freundinnen stark, bis sich eine von ihnen verliebt, was die andere ihr nicht verzeihen kann ... 1971 fällt Amelie nach einem Autounfall ins Koma. Lieselotte, ihre Tochter, reist sofort zu ihr nach Frankfurt am Main. Aus der Sorge um die Mutter entwickelt sich eine Reise in deren Vergangenheit und die Suche nach einer selbstbestimmten Zukunft. Ein großer Schicksals-Roman über ungelebte Träume, Frauen-Freundschaften und die Faszination des Segelfliegens. Neuveröffentlichung des unter dem Pseudonym Clarissa Linden veröffentlichten Romans. Leserinnenstimmen ..., dass mir dieses Buch nachhaltig im Gedächtnis bleiben wird und ab sofort zu meinen Lieblingsbüchern gehört. Das war mal wieder ein Roman, der mich richtig beeindruckt hat. Dies ist eines der schönsten Bücher, die ich je gelesen habe. Mich konnte das Buch vollends überzeugen, ich fand es unglaublich gut erzählt, spannend und interessant. Romantisch, wehmütig und ehrlich. Ich habe das Buch innerhalb kürzester Zeit gelesen, es hat mich emotional sehr stark berührt. Ein tolles Buch, das beide Zeiten detailreich beschreibt und in die man sich mühelos hineinversetzen kann. Für mich ein Lesehighlight, mit dem ich abenteurliche, unterhaltsame und spannende Lesestunden verbracht habe. Ein Roman, der mich berührt und auch stellenweise sehr traurig gemacht hat.

Christiane Lind hat sich immer schon Geschichten ausgedacht, die sie nur selten zu Papier brachte. Erst zur Jahrtausendwende erinnerte sie sich daran und ist seitdem dem Schreibvirus verfallen. Inzwischen hat sie unter Pseudonym bei den Verlagen Rowohlt, Thienemann, Droemer und Aufbau veröffentlicht. Seit 2016 ist sie Selbstverlegerin, um ihre Geschichten so zu erzählen, wie sie es sich wünscht. Beim Schreiben begibt sich Christiane am liebsten auf die Spur von Familien und deren Geheimnissen.

Christiane Lind hat sich immer schon Geschichten ausgedacht, die sie nur selten zu Papier brachte. Erst zur Jahrtausendwende erinnerte sie sich daran und ist seitdem dem Schreibvirus verfallen. Inzwischen hat sie unter Pseudonym bei den Verlagen Rowohlt, Thienemann, Droemer und Aufbau veröffentlicht. Seit 2016 ist sie Selbstverlegerin, um ihre Geschichten so zu erzählen, wie sie es sich wünscht. Beim Schreiben begibt sich Christiane am liebsten auf die Spur von Familien und deren Geheimnissen.

Kapitel 1

Kassel, 1971

»Bringst mir ein Bier?«

Am liebsten möchte Lieselotte ihm sagen, dass er sich sein Getränk gefälligst selbst holen kann. Schließlich hat Eduard nichts anderes zu tun, als vor dem Fernseher zu sitzen und darauf zu warten, dass die Tagesschau beginnt. Aber in seiner Welt ist es unvorstellbar, dass ein Mann sich sein Bier holt, wenn er eine Ehefrau hat, die ihn bedienen kann. Vielleicht haben die Frauen ja Recht, die fordern, dass ihnen die Hälfte der Welt gehören soll. Die Frauen, die auf die Straße gehen, um Rechte einzufordern. »Emanzenpack«, nennt Eduard die Demonstrantinnen und gerät in Wut, wenn die Tagesschau mal wieder über sie berichtet.

»Gleich«, antwortet Lieselotte, während sie die Teller zusammenstellt. Sie wirft die Pelle der »Ahle Worschd« in den Mülleimer. Die luftgetrocknete Mettwurst gehört für Eduard zu einem Abendessen einfach dazu. Wehe, wenn Lieselotte vergisst, Bauernbrot oder saure Gurken zu kaufen, die unverzichtbaren Beilagen zur »Ahle Worschd« sind. Als Lokalpatriot trinkt Eduard auch nur Martini-Bier der Brauerei Kropf in der Kölnischen Straße oder der Herkules-Brauerei in der Hafenstraße.

Andere Ehemänner helfen zumindest bei der Hausarbeit mit. Eduard hingegen meint, dass er genug leistet, wenn er das Geld nach Hause bringt. Früher hat er wenigstens ab und zu gesagt, dass ihm das Essen geschmeckt hat. Jetzt essen sie schweigend. Eduard schaufelt alles in sich hinein, als würde er gar nichts schmecken. Zu Beginn ihrer Ehe hat sich Lieselotte noch bemüht, ihn mit neuen Gerichten zu überraschen – Liebe geht schließlich durch den Magen. Aber da ihm nie etwas so gut mundete wie bei seiner Mutter, hat sie es aufgegeben, ihn zu verwöhnen. Wie sie auch vieles andere aufgegeben hat. Nur weil sie eine falsche Entscheidung getroffen hat.

Soll das alles gewesen sein?, fragt sich Lieselotte, während sie noch etwas »Pril« ins Spülwasser gibt. Mechanisch säubert sie die Teller, spült nach und stapelt das Geschirr auf der Spüle. Soll ihr Alltag immer und ewig so weitergehen? Kochen, putzen, fernsehen, kochen, putzen, fernsehen – während draußen das Leben tobt. Erst gestern stand wieder etwas in der Zeitung über die frechen Frauen, die mit wilden Aktionen ihr Recht einfordern. In Frankfurt haben sie ein Go-in im Dom veranstaltet – ein Riesenskandal. In ihrer Heimatstadt, die sie für Eduard und Kassel aufgegeben hatte.

Ob sie sich an den Aktionen der Frauen beteiligt hätte, wenn sie noch in Frankfurt lebte, hat Lieselotte sich gefragt. Wohl nicht, muss sie sich eingestehen. Den Mut hat sie nicht, das weiß sie nur zu gut. Sie ist einfach zu brav, um sich mehr als das zu wünschen, was sie hat. Nein, das stimmt nicht. Wünschen tut sie sich mehr, aber sie wagt es nicht, die Wünsche in die Tat umzusetzen.

»Lieselotte, der Tatort fängt gleich an. Wo bleibt mein Bier?«

Der Tatort. Viel lieber würde Lieselotte den Film im Zweiten sehen, aber bei ihnen zu Hause entscheidet Eduard, welche Sendung im Fernsehen eingeschaltet wird. Eduards Stimme klingt vorwurfsvoll, weil er auf sein Bier warten muss. Wenn er so gelaunt bleibt, wird es ein langer Sonntagabend. Lieselotte trocknet ihre Hände am Geschirrtuch, öffnet den Kühlschrank und holt eine Flasche Bier heraus. Sie sucht ein Glas und den Flaschenöffner, arrangiert alles auf einem Tablett. Dann öffnet sie eine Tüte mit Salzbrezeln, die sie auf einer Schale anrichtet. Ihre Hand greift nach der sonnengelben Verpackung der »Treets«, die sie so gerne nascht. Dann aber hält Lieselotte inne. Erst gestern hat Eduard zu ihr gesagt, dass sie mehr auf sich achten solle. »Twiggy bist du auf keinen Fall.«

Als ob er ein Adonis wäre. Früher sah Eduard gut aus – das haben Lieselottes Kolleginnen jedenfalls gesagt. Ihr ist das nicht so wichtig gewesen, aber nachdem Erika damals gemeint hat, dass Eduard sie an Hellmut Lange erinnere, einen Kommissar der Stahlnetz-Reihe, hat Lieselotte sich die Serie einmal angesehen. Wie der Schauspieler hat auch kantige Gesichtszüge, ein eckiges Kinn und dunkle Haare und Augen. Eduard versucht alles, diese Ähnlichkeit zu betonen, indem er seine Haare so frisiert wie der Schauspieler. Außerdem schaut er jede Serie und jeden Film, in denen Hellmut Lange mitspielt. Inzwischen allerdings machen sich Bier und »Ahle Worschd« bemerkbar und schlagen sich auf seinen Hüften nieder. Rund ist er geworden in den sechs Jahren ihrer Ehe. Rund, aber nicht gemütlich, sondern kühl und lieblos.

Warum nur findet sie nicht die Kraft, ihn zu verlassen? Stattdessen bringt sie ihm das Tablett und bemüht sich um ein Lächeln. Die Mühe hätte sie sich sparen können, weil ihr Ehemann nur Blicke für das Bier und den Fernseher hat.

»Hier, dein Bier. Und ein bisschen was zu knabbern.«

Eduard brummt nur etwas als Antwort. Er schaut Lieselotte gar nicht an, sondern greift nach dem Bier, öffnet die Flasche und gießt die Flüssigkeit in das geschwungene Glas. Der bittere Geruch lässt Lieselotte die Nase rümpfen. Hoffentlich kommt er heute nicht auf die Idee, mit ihr schlafen zu wollen. Seinen Bieratem könnte sie nicht ertragen. Aber sie würde es überstehen, so wie jedes Mal.

Ein Bericht der Tagesschau weckt ihre Aufmerksamkeit. In ganz Deutschland demonstrieren Frauen gegen den Paragraphen 218.

»Wir haben abgetrieben.« Erst hat Lieselotte die ganze Aufregung um das Stern-Titelbild nicht verstanden, aber neugierig war sie doch und hat sich die Zeitschrift gekauft. Die 374 Frauen, die sich dort zu einem Schwangerschaftsabbruch bekannten, gaben damit zu, gegen ein Gesetz verstoßen zu haben. Nun müssen sie mit Konsequenzen rechnen. Ob sie so mutig gewesen wäre?, überlegt Lieselotte. Sie kann nicht einmal sagen, ob sie es falsch oder richtig findet, was diese Frauen gemacht haben. Beide Seiten in dieser Debatte bringen gute Argumente ins Spiel. Schade, dass sie keinen Kontakt mehr zu ihren früheren Kolleginnen gehalten hat, mit denen hätte sie gerne über die Aktion geredet. Was Eduard davon hält, das hat er deutlich gesagt.

»In den Knast gehören die alle.« Zweifel scheint Eduard nicht zu kennen. Auch jetzt schimpft er wieder.

Als die unverwechselbare Titelmelodie des Tatort beginnt, holt Lieselotte sich den Nähkorb. Sie sucht sich die Socken heraus, die sie während des Krimis stopfen will. So haben ihre Hände etwas zu tun, während ihre Gedanken wandern. Was ist nur los mit ihr? Warum ist sie so unzufrieden? Eduard ist zwar nicht mehr so liebevoll wie vor sieben Jahren, als er um sie geworben hat, aber er ist ein guter Mann. Verdient ordentlich Geld, geht nicht fremd und beschwert sich nicht, dass sie keine Kinder haben. Obwohl er nicht ahnt, dass es Lieselottes Entscheidung war. Vielleicht würde ein Kind ihnen ja helfen. Jemand, den Lieselotte umsorgen, dem sie ihre Liebe schenken kann. Ein Haustier hat Eduard abgelehnt, weil es zu viel Schmutz macht und er keine Lust hat, sich darum zu kümmern. Das hat er jedenfalls gesagt. Lieselotte jedoch hegt den Verdacht, dass Eduard nicht bereit ist, ihre Aufmerksamkeit zu teilen, auch wenn er sie nicht mehr liebt. Falls er sie überhaupt je geliebt hat. Während auf dem Schwarzweißfernseher der Krimi seinen Lauf nimmt, kämpft Lieselotte gegen Tränen an. Sie blinzelt und kann die Socke durch den Tränenschleier kaum noch erkennen. Reiß dich zusammen. Wenn Eduard mitbekommt, wie nah du am Wasser gebaut hast, dann …

»Hol mir noch ein Bier.« Nicht einmal das Wörtchen »bitte« kann er sich noch abringen. Wie konnte sie nur auf die Idee kommen, dass ihr Ehemann erkennen würde, wie unglücklich sie ist.

Ohne etwas zu sagen, steht Lieselotte auf, geht in die Küche und kehrt mit eine Flasche Bier zurück. Kein Wort des Dankes bekommt sie von ihrem Mann zu hören, viel zu sehr ist Eduard auf den Tatort konzentriert. Gerade als Kommissar Finke aus Kiel und sein Assistent Jessner einen Verdächtigen befragen, klingelt das Telefon.

»Eine Unverschämtheit«, grummelt Eduard, während er sich aus dem ledernen Fernsehsessel hievt. »Wer ruft nur mitten im Tatort an?«

Ich könnte an den Apparat gehen, denkt Lieselotte, weil ihr der Krimi egal ist, aber das würde Eduard niemals zulassen.

»Du kannst es klingeln lassen. Wenn es wichtig ist, rufen sie noch einmal an«, schlägt sie stattdessen vor.

»Das Geräusch raubt einem die Ruhe.« Eduard erhebt sich. Nach einem vorwurfsvollen Blick auf Lieselotte, als könnte die etwas für den vorwitzigen Anrufer, geht er ans Telefon.

»Frank!«, blafft er in den Hörer, damit sein Gegenüber zu spüren bekommt, wie unverschämt es ist, sonntagabends um diese Uhrzeit zu stören.

Dann schweigt er.

»Ja, das ist die Mutter meiner Frau.«

Etwas in seinem Tonfall lässt Lieselotte aufhorchen. Sie legt die Socke aus der Hand, streicht sie glatt und steht dann auf. Ihr Herz schlägt schneller. Ihre Mutter ruft nie an. Außerdem haben sie doch erst heute Nachmittag miteinander telefoniert. So wie jeden Sonntag.

»Ja, gut. Auf Wiederhören.« Eduard legt den Hörer vorsichtig auf, als könnte jede hastige Bewegung das Telefon zerbrechen. Er ist blass geworden. So kennt Lieselotte ihn nicht. Angst greift nach ihr. Ihre Kehle fühlt sich trocken an. Sie räuspert sich.

»Ist etwas mit Mutter?« Eduard weicht ihrem fragenden Blick aus. Lieselotte stolpert und greift sich mit der Hand ans Herz. »Sag doch etwas, Eduard. Bitte.«

»Lieselotte.« Noch immer schaut Eduard zu Boden, als könnte...

Erscheint lt. Verlag 29.7.2022
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte Familie • Familiengeheimnis • Familiengeheimnisroman • Fliegerinnen • Frauenfreundschaft • Frauenroman • Freundinnen • historisch • Nationalsozialismus • Saga • Schicksalsroman
ISBN-10 3-7546-7213-4 / 3754672134
ISBN-13 978-3-7546-7213-6 / 9783754672136
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