Sieben Strandmorde für Kenner: 7 Krimis (eBook)
1000 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-6268-0 (ISBN)
Als wir am nächsten Morgen im Büro von Herrn Jonathan D. Bock, dem Chef unserer Dienststelle in Hamburg saßen, hatten einige von uns Mühe, ein Gähnen zu unterdrücken. Selbst der legendäre Kaffee von Herrn Bocks Sekretärin Mandy half da nur bedingt. Der nächtliche Einsatz steckte uns noch in den Knochen. Und die Art und Weise, wie der Einsatz beendet worden war, konnte keinem von uns gefallen.
»Es scheint, als würden die Auseinandersetzungen im Kokain-Geschäft wieder mit einer Brutalität geführt, die wir lange nicht hatten«, sagte Herr Bock mit ernstem Gesicht.
Außer Roy und mir waren auch die Kollegen Fred Rochow, Oliver 'Ollie' Medina, Stefan Czerwinski, Ludger Mathies und Tobias Kronburg anwesend. Dazu noch ein paar Innendienstler. Wilfried Barkow, der Cheffeuerwerker hatte mit seinen Leuten die Nacht über durchgemacht. Er hatte dicke Ringe unter den Augen. Ich hoffte, dass er und seine Kollegen wenigstens etwas über die Ursache der Detonation herausgefunden hatten.
Max Warter konnte natürlich auch nicht fehlen.
Der Innendienstler hatte die Videoaufzeichnungen ausgewertet, die bei dem Einsatz entstanden waren.
»Diesen Vorteil haben wir diesmal immerhin«, meinte er. »Wir haben hervorragende Aufnahmen dieses Mordanschlags - und darum handelt es sich zweifellos, wie mir Wilfried sicher bestätigen wird!«
Wilfried Barkow nickte.
»Absolut!«
Warter führte uns dann eine bestimmte, entscheidende Stelle aus den Aufnahmen vor. Es handelte sich genau um den Moment, in dem die Detonation die beiden Drogenhändler zerrissen hatte. Warter wandte sich mit einem Ausdruck des Bedauerns an uns.
»Tut mir leid, dass ich euch das nochmal zumuten muss, Kollegen. Aber bedenkt, dass ich mir diese Szene mindestens hundertmal ansehen musste, um zu Erkenntnissen zu kommen. Appetitlich ist das nicht, aber ...«
»Schon gut, Max«, unterbrach ihn Herr Bock mit einem leichten Anflug von Ungeduld.
Max Warter nickte.
»Wenn Sie die Bilder in Zeitlupe sehen, dann wird es deutlich, was ich meine. Ich habe die Aufnahmen mit Wilfried durchgesprochen, und wir sind uns einig.«
»Worin?«, hakte Herr Bock nach.
»Darin, dass Jan Sieweke den Sprengstoff bei sich gehabt haben muss. Sehen Sie ...«
In der Zeitlupe konnten wir verfolgen, wie die Detonation bei Sieweke ihren Anfang nahm. Er blickte an seinen Körper hinab. Sekundenbruchteile später flog sein Bauch mehr oder weniger auseinander. Jedenfalls hatte es den Anschein.
Innerhalb eines Augenaufschlags war dann nichts mehr zu sehen. Nur noch grelles Licht.
Herr Bock runzelte die Stirn.
»Könnte das ein Unfall gewesen sein?«, fragte unser Chef.
»Durchaus«, meinte Warter. »Allerdings sprechen einige Dinge dagegen ...«
»Welche zum Beispiel?«
Warter wandte sich an Wilfried Barkow, unseren Cheffeuerwerker.
Dieser nippte gerade an seinem Kaffeebecher. Er hatte diese anregende Ladung Koffein mit Sicherheit noch viel nötiger als wir. Schließlich hatten wir immerhin ein paar Stunden Schlaf hinter uns, während Barkow die Nacht hatte durcharbeiten müssen.
»Bei dem verwendeten Sprengstoff handelt es sich höchstwahrscheinlich um Sakalit-13«, erklärte Barkow. »Eine Substanz, die sich vor allem für die Verwendung bei elektronischen Zündern, Zeitzündern und dergleichen eignet. Sakalit-13 ist extrem sicher. Dass die Ladung aus Versehen losgegangen ist, würde ich fast kategorisch ausschließen. Wenn ein Unfall vorlag, dann hat es an einer falschen Einstellung des elektronischen Zünder gelegen.«
»Haben Sie darüber schon irgendwelche näheren Erkenntnisse?«, fragte Herr Bock.
Wilfried Barkow schüttelte bedauernd den Kopf.
»Leider nein«, sagte er. »Am Tatort konnten keinerlei Spuren der Zündvorrichtung gefunden werden. Und dass es sich um Sakalit-13-Sprengstoff handelt, wissen wir eigentlich nur durch eine charakteristische Verfärbung der Stichflamme zu Anfang der Detonation. Soll ich das Band noch einmal zurückspulen?«
»Ich glaube, das ist nicht nötig«, entschied Herr Bock. Er wandte sich an Stefan Czerwinski, seinen Stellvertreter. Der flachsblonde Kommissar hatte die Beine übereinander geschlagen. »Lassen Sie Ihre Kontakte, die sie im Untergrund haben, spielen, Stefan. Es muss da doch jemanden geben, der Plonka nicht leiden konnte und ihm deswegen auf die Füße treten wollte.«
»In Ordnung«, nickte Stefan.
»Vielleicht weiß ja auch einer Ihrer Informanten etwas über ein paar Kilo Sakalit-13, die verschwunden sind.«
»Gramm!«, korrigierte Wilfried Barkow. »Von dieser Substanz sind nicht mehr als ein paar Gramm nötig, um eine derartige Detonation zu erzeugen.«
Herr Bock hob respektvoll die Augenbrauen.
»Alle Achtung!«, staunte er. »Wer immer dieses Teufelszeug entwickelt hat, muss einiges auf dem Kasten haben!«
»Die Zeiten, in denen man für die Entwicklung eines neuen Sprengstoffs den Nobelpreis bekommt, sind allerdings wohl vorbei«, warf ich ein. Ich hatte mir die Bemerkung einfach nicht verkneifen können.
Herr Bock nickte nachdenklich.
»Mir kann diese Art von Fortschritt auch gestohlen bleiben, Uwe. Aber vielleicht kommen wir über den Sprengstoff an die Täter. Wenn es sich um eine Neuentwicklung handelt, dann kann es nicht allzu viele Produzenten geben.« Herr Bock wandte sich an Fred Rochow. »Vielleicht könnten Sie das abchecken, Fred. Max braucht erst einmal eine Mütze voll Schlaf.«
»Ich kümmere mich darum«, versprach Fred.
Herr Bock wandte sich jetzt mir und Roy zu.
»Sie kannten von uns allen Jan Sieweke am besten, Roy«, stellte er fest. Roy bestätigte das durch ein Nicken. »Wäre er zu einem Selbstmord fähig gewesen?«
»Sie meinen, er ist mit einer Ladung Sprengstoff um den Bauch an Plonka herangegangen, um ihn in die Luft zu jagen?«
»Inzwischen ist in dieser Hinsicht ja nichts mehr unmöglich.«
Roy atmete tief durch.
»Das halte ich für ziemlich ausgeschlossen.«
»Wieso?«, hakte Herr Bock nach.
»Er hing erstens keinen fanatischen Ideen nach, wenn man davon absieht, dass er davon besessen war, Geld zu scheffeln. Zweitens war er ausgesprochen wehleidig, ein richtiger Hypochonder. Dauernd hat er seine Leute damit genervt. Selbst beim Zahnarzt brauchte er eine Vollnarkose.«
»Aber Sie haben die Bilder gesehen, Roy.«
»Sicher.« Roy zuckte die Achseln. »Das, was ich gesehen habe, kann ich mit dem Mann, den ich kennengelernt habe, nicht zusammenbringen.«
»Sie kennen Jan Siewekes privates Umfeld am besten, Roy. Ich möchte, dass Sie es zusammen mit Uwe durchleuchten.«
»In Ordnung.«
Etwa eine halbe Stunde später saßen Roy und ich in unserem gemeinsamen Dienstzimmer. Der Computerbildschirm flimmerte, und wir blätterten in Dossiers und Computerausdrucken. Einige Dutzend Personen gehörten zum Umfeld Siewekes. Ein Teil davon war in der letzten Nacht verhaftet worden oder umgekommen. Was den Rest anging, mussten wir entscheiden, wo es sich lohnte anzusetzen.
Außerdem lagen uns Verbindungsnachweise und Abhörprotokolle seiner Telefon-, Fax- und E-Mailverbindungen vor. Alles nur harmloses Zeug. Der Deal im Stadtpark war durch einen Boten bestätigt worden, den Plonka geschickt hatte. Und wäre Roy nicht bei Jan Siewekes Leuten erfolgreich eingeschleust gewesen, hätten wir vielleicht nie davon erfahren.
Roy warf schließlich genervt den leeren Kaffeebecher in den Papierkorb.
»Da ist doch nichts dabei!«, meinte er. »Jedenfalls nichts, was uns etwas darüber verraten könnte, wieso Jan sich in die Luft gesprengt hat.«
»Hast du gestern Nacht nicht irgendetwas bemerkt?«, fragte ich.
»Ich saß neben ihm. Es war wie immer. Jan glaubte, dass er einen Migräneanfall kriegt und war ziemlich stinkig, weil er zu nervös war, seine Tabletten aus der Jackentasche zu fingern. Er hat furchtbar herumgeschrien. Aber das war bei Jan nichts Besonderes. Er war für seinen Jähzorn berüchtigt. Da brauchst du dir nur die Abhörprotokolle anzusehen ...«
»Lass die vergangenen Wochen noch mal Revue passieren, Roy! Vielleicht fällt dir im Nachhinein irgendein Detail ein, das uns weiterbringen könnte.«
»Ich war die ganze Zeit in seiner Nähe - zusammen mit ein paar anderen Gorillas, die er angeheuert hatte. Bis auf die zwei oder drei Stunden, in denen er sich den Backenzahn hat ziehen lassen. Mit Vollnarkose.«
Ich sah mir das Verzeichnis der Personen auf, die unter den Telefonkontakten zu finden waren.
»Bei diesem Dr. Vincent Bretzke ...«, stellte ich fest.
»Der hat eine noble Adresse am Stadtpark. Wir mussten vor der Tür stehen und Wache halten.«
»Du Ärmster!«
Roy verzog das Gesicht.
»Lass uns mit Chantal Kadatz anfangen.«
»Wer ist das? Ich finde sie hier nicht auf der...
Erscheint lt. Verlag | 11.9.2022 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
ISBN-10 | 3-7389-6268-9 / 3738962689 |
ISBN-13 | 978-3-7389-6268-0 / 9783738962680 |
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