Der Clowncode -  Gert Hausleitner

Der Clowncode (eBook)

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2022 | 1. Auflage
myMorawa von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99139-020-6 (ISBN)
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Der frisch verwitwete Sprachwissenschaftler und Uni-Professor Helmfried Held nimmt sich eine Auszeit und kehrt in seine Heimatstadt zurück. Mit dem Kauf einer alten Villa am Stadtrand von Graz stolpert er in eine zusehends mysteriöser werdende Familiengeschichte, rund um eine jüdische Unternehmerdynastie aus der Vorkriegszeit. Hauptmotivation für diesen Kauf sind seine romantisch-verklärten Jugenderinnerungen an die 1980 so unerwartet weggezogene Rebecca Wittmann, die in dieser Villa aufwuchs. Während er versucht, den Aufenthaltsort dieser entschwundenen Rebecca zu ermitteln, stößt er auf einen geheimnisvollen Code. Man bekommt nach unspektakulärem Beginn eine immer schneller wechselnde Perspektive auf das Geschehen. An einem gewissen Punkt seiner Recherchen muss sich die Hauptfigur in der für ihn immer bedrohlicher werdenden Atmosphäre fragen, welchen Personen aus seinem Umfeld er noch trauen kann.

Der Autor, wurde in Klagenfurt geboren. Nach seiner Ausbildung zum Graveur einige Jahre als Kirchenrestaurator tätig, während er nebenbei am Abendgymnasium maturierte. Nach einigen Semestern Geschichte und Philosophie in Graz hat sich der Autor schließlich für das Lehramtsstudium entschieden. Seit Ende der Achtziger befindet er sich wieder in Kärnten, wo er als Pädagoge an einer Schule mit musikalischem Schwerpunkt tätig ist. 2017 verfasste er ein Kindermusical, das mehrfach mit Schülern aus drei verschiedenen Schultypen aufgeführt wurde. Offenbar hat er in dieser Zeit die Liebe zum Schreiben entdeckt und 2019 - 2021 diesen Kriminalroman mit historischem Hintergrund verfasst.

Eine überraschende Entdeckung

(Oktober 2013)

Ein gesegneter Schlaf ist für Held schon seit vielen Jahren nichts Selbstverständliches. Nach Leas Tod gab es Zeiten, in denen ohne dieses Barbiturat überhaupt nichts mehr ging. Glücklicherweise hat sich dieser Zustand so weit gebessert, dass Schlaflosigkeit für ihn heute nur noch vorübergehend ein Thema ist. Ob es einzelne Mondphasen sind, die ihm einen gesunden Schlaf verwehren, weiß er nach so langer Zeit immer noch nicht. Bis auf die Gestalt, die Held wieder in einer seiner schlaflosen Nächte nahe dem Pavillon zu sehen glaubte, verlaufen die Tage bis zum nächsten Donnerstagtraining ereignislos.

Der Taekwondo-Kurs läuft ab wie immer. Ziemlich erschöpft, aber nach einer Dusche wieder etwas erfrischt, findet er auf seinem iPhone eine Nachricht. Er habe sich nach diesem anstrengenden Training ein Abendessen im Feinspätzle verdient, einem beliebten Speiserestaurant nur ein paar Straßen vom Trainingscenter entfernt. Er solle sich beeilen, das Essen werde langsam kalt. Wenn ihn seine Trainerin mit dieser Nachricht überraschen wollte, so ist es ihr zweifellos gelungen.

Kurze Zeit später öffnet er die Tür und befindet sich in einem gepflegten Restaurant. Einen noblen Laden hat seine Trainerin da ausgesucht, das muss er ihr zugestehen. Laura, in einen schwarzen Rock und eine schicke Bluse gehüllt, winkt ihm von einem Tisch aus zu. Held bietet sich ein ungewohnter Anblick, sie einmal nicht in ihrer Berufskleidung, im Trainingsoverall, oder Jeans zu sehen. Während er sich mit seinem Alltagsoutfit ein wenig unpassend gekleidet an mehreren Tischen vorbei einen Weg zu ihrem Tisch bahnt, muss er still zugeben: „Laura in diesem schwarzen Rock und den dazu passenden Ohrgehängen: Wow! Sie sieht darin einfach umwerfend aus!“

Bei gutem Essen und Wein ist die Atmosphäre gleich um einiges entspannter als noch vergangene Woche in dieser Sportbar. Selbst das durchwegs männliche Personal in eleganter Livree übergeht Helds Bekleidungsfauxpas mit Nachsicht.

Held, dem der Wein aus dem nicht weit entfernten steirischen Hügelland südlich seiner Heimatstadt besonders schmeckt, fühlt sich in Lauras Gesellschaft pudelwohl. Nach dem dritten Gang und mehreren Gläschen fischt er kurz entschlossen nach seinem iPhone und präsentiert Laura jenes Foto, das er seiner Cousine bis zum heutigen Tag vorenthalten hat – er selbst, flankiert von den beiden Damen, aufgenommen beim Gartenfest an jenem Sommernachmittag des 1. August 1980. Am Beginn etwas zögerlich, erzählt er Laura vom damaligen Partybesuch.

In seinen Erinnerungen deutet er unter anderem auch vorsichtig an, die Gastgeberin später etwas näher kennengelernt zu haben. Auf Lauras beharrliches Drängen hin und mit dank südsteirischem vergorenem Traubensaft gelockerter Zunge gibt er schließlich sein romantisches Abenteuer zum Besten.

Laura, die ihm während der ganzen Zeit aufmerksam zugehört hat, beugt sich im Anschluss weit über den Tisch dicht an sein Ohr und flüstert: „Wo haben Sie ihre Leiche versteckt, Mr. Held?“

Dann lässt sie sich mit einer lässigen Bewegung wieder in ihren Stuhl zurückfallen, während ihre dunklen, unergründlichen Augen ihn förmlich durchdringen. Sekunden später lassen ihre Gesichtszüge den Anflug eines spöttischen Lächelns erkennen, um gleich noch eines draufzusetzen: „Vielleicht im Unterboden des Pavillons … Alter oder neuer Standplatz? Kommen Sie, mir gegenüber können Sie sich ruhig aussprechen, vertrauen Sie mir. Ich werde schweigen wie ein Grab!“

Als Held sich erneut den Vorwurf machen muss, in Lauras Gegenwart zu gesprächig gewesen zu sein, und keine Ahnung hat, wie er auf ihre süffisanten Anspielungen reagieren soll, winkt sie halb belustigt ab, um ihm anschließend mit einem etwas verächtlichen Blick zu begegnen. Sie könne sich ihn bei Gott nicht als Mädchenmörder vorstellen, außer er sei ein ganz Gerissener und spiele seine Rolle perfekt, aber das würde auf ihn wohl nicht zutreffen.

Held, der erleichtert feststellt, dass sich ihre Augen dieses Mal nicht in diese bedrohlichen Sehschlitze verwandeln, nimmt ihre spöttischen Bemerkungen nun etwas gelassener. Stattdessen greift er ihre Anspielung auf, dass sie von zwei Standplätzen des Pavillons gesprochen hat. Daraufhin holt auch sie ihr iPhone aus der Handtasche hervor und zeigt ihm ein Foto, auf dem Zwillingsbruder Gerhard, neben seinem damaligen Jugendfreund Hildebrandt Bering stehend, offensichtlich bei einer Choraufführung zu sehen ist. Gerhard ist wieder einmal mit der albernen weißen Schirmkappe bemützt.

Sie hat diese Aufnahme der beiden damals, als sie 2002 noch im Polizeidienst mit ihren Recherchen begonnen hat, entdeckt. Mit flinken Fingern schiebt sie das Foto beiseite. Zum Vorschein kommen nun zwei alte Schwarz-Weiß-Fotos des Pavillons.

„Zwei Aufnahmen, die aus derselben Perspektive geschossen wurden“, ist ihr knapper Kommentar, während sie die beiden Fotos abwechselnd immer wieder hin und her schiebt. Unglaublich, aber wahr! Die beiden Bilder unterscheiden sich grundsätzlich, obwohl dasselbe Motiv ungefähr vom selben Standplatz aus derselben Perspektive fotografiert wurde. Die mit Gewissheit ältere Aufnahme zeigt den Pavillon an der Stelle, wo sich heute die kleine Kuppe mit dem Kirschbaum befindet. Das aktuellere Foto wiederum zeigt den Pavillon mit der noch kleinen Rebecca Wittmann mindestens acht bis zehn Meter weiter rechts. Kein Zweifel, der Pavillon wurde irgendwann einmal abgebaut und weiter rechts wieder aufgebaut. Von einem Erdhügel mit dem Kirschbaum, der sich heute links des Pavillons, also an seinem alten Standplatz, befindet, ist auf der zweiten, offensichtlich aktuelleren Aufnahme weit und breit nichts zu sehen. Die kleine Rebecca dürfte auf dieser einen Aufnahme erst etwa zwei Jahre alt gewesen sein. Das andere Foto beweist, die Kuppe links des Pavillons musste erst Jahre nach seiner Verlegung am alten Standplatz angeschüttet und mit dem Kirschbaum bepflanzt worden sein. Um 1962 herum gab es sie jedenfalls noch nicht.

Laura genießt Helds Verblüffung. „Und was sagt uns diese kleine Bildgeschichte?“, stellt sie im Anschluss schnippisch fest.

Nachdem sich Held wieder gefasst hat, beginnt er, diese neuen Erkenntnisse kaum hörbar, ganz so, als würde er mit sich selbst sprechen, zu analysieren. „Dieser Pavillon musste vor oder während des Krieges einmal von links nach rechts versetzt worden sein. Die kleine Kuppe an seinem alten Standplatz wurde offensichtlich deshalb angeschüttet und mit einem Baum bepflanzt, um etwas zu verbergen, was fremde Augen nicht sehen sollten. Wobei zeitlich gesehen für die Anschüttung des kleinen Hügels und die anschließende Baumbepflanzung, laut Fotos frühestens ab 1962/63, nur Barbara Wittmann infrage käme.“

Held ist sich bei seinen Überlegungen nicht sicher, ob es diese Kuppe mit dem Kirschbaum beim Gartenfest 1980 schon gegeben hat.

„Die Versetzung des Pavillons am Erdwall von der linken Hälfte nach rechts musste also irgendwann einmal vor dem genannten Zeitraum stattgefunden haben, ohne dass der Verfasser dieser geheimnisvollen Botschaft an Barbara Wittmann jemals Kenntnis davon gehabt haben konnte. Unter diesen Umständen wäre dieses ominöse Schreiben, was immer es genau beinhaltete, für Barbara an ihrem zweiundzwanzigsten Geburtstag nicht mehr aktuell genug für eine erfolgreiche Grabung gewesen. Für eine Verlegung des Pavillons könnte vom zeitlichen Ermessen aus eigentlich nur noch die Mutter der beiden Zwillinge, Theresa Wittmann, infrage kommen.“

„Das müssten die beiden Zwillinge, damals schon um die zehn Jahre alt, mitbekommen haben“, unterbricht Laura seine Gedankengänge. „Warum hat Barbara Wittmann diese inzwischen veränderte Position bei ihrer Suche dann nicht berücksichtigt?“

„Vielleicht geschah es während des Krieges, als die Zwillinge einfach noch zu klein waren, um das alles zu realisieren“, hält er ihr entgegen. „Man muss wohl davon ausgehen, dass dieser Onkel Franz, der nach der Heimkehr aus dem Krieg die Versetzung des Pavillons mitbekommen haben müsste, keine Ahnung hatte, was diese Botschaft an seine Nichte beinhaltete. Er wäre demnach nur jemand gewesen, der vor seinem Ableben dafür zu sorgen hatte, dass seine Nichte Barbara den Brief an ihrem zweiundzwanzigsten Geburtstag 1960 vom Notariat übermittelt bekommt. Wer immer dieses Schreiben damals verfasst hatte, muss davon ausgegangen sein, dass sich dieser Pavillon noch immer an der ursprünglichen Stelle befindet. Dann wäre“, so beschließt Held seine Analyse, „dieser Onkel Franz nur Werkzeug, ein kleines Rädchen in einer länger vorbereiteten Kette einer Erbfolge gewesen.“

Was ihm nach wie vor zu denken gibt, ist die Tatsache, dass Barbara keine direkte Nachfahrin dieser einst so reichen Buchhändlerfamilie, der Goldstains, war. „Nüchtern betrachtet war sie nur die Nichte jenes Mannes, der mit einem...

Erscheint lt. Verlag 24.6.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-99139-020-5 / 3991390205
ISBN-13 978-3-99139-020-6 / 9783991390206
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