Im Namen der Gutsherrin (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
290 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-2071-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Im Namen der Gutsherrin -  Fabia Waldner
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Das Haus in der Kastanienallee.

Bonn, 1998: Seit Hartwig den alten Gutshof seiner Eltern an der Müritz zurückerworben hat, hängt bei den Bernows der Haussegen schief. Wie konnte er eine so wichtige Entscheidung über ihren Kopf hinweg treffen?, fragt sich Anja. Sie soll ihr geliebtes Rheinland, ihre Kinder und ihren alten Vater zurücklassen, um in einem Provinzkaff im Osten neu anzufangen? Damit nicht genug. Ihr fällt ein Brief in die Hände, der ihr die Augen öffnet. Über Gut Groß Bernow hängt der dunkle Schatten der Vergangenheit, und Helma, die ehemalige Küchenhilfe der Bernows, die immer noch dort lebt, will offenbar eine alte Rechnung begleichen ...

Teil zwei der deutsch-deutschen Familiensaga im Land der tausend Seen - fesselnd und lebensecht.

Das Buch 'Die Gutsherrin' beinhaltet die beiden E-Books 'Die Jahre der Gutsherrin' und 'Im Namen der Gutsherrin'. 



Fabia Waldner steht für den deutschen Autor Michael Schulz. 1959 im rheinischen Bonn geboren, brennt er bereits früh für Literatur, Philosophie und Musik. Zunächst entscheidet er sich für die Musik. Nach einem Studium am »Mozarteum« in Salzburg führt ihn sein Weg in die Welt der Oper. Doch dann entdeckt er das Schreiben für sich. Heute lebt und schreibt der Autor im Harz bei Goslar. 

1

Bad Godesberg, Ende April 1998


»Erpressung nennt man das«, zischte Anja, auch wenn sie sich bewusst war, dass sie bereits verloren hatte, schließlich saßen sie im Wartezimmer des Notariats Teitelboom & Stegner. Imre Teitelboom, ein guter Freund von Hartwig, hatte sie vorab mit Umarmung begrüßt und ihr mit Nachdruck zum Kauf gratuliert. Familientradition sei etwas Wunderbares, dazu ein scheinheiliges Lächeln, als wüsste er nicht genau, dass es vor allem Hartwigs Projekt war.

»Warum nennst du es nicht einfach Schicksal?«, gab Hartwig zurück, ohne sie anzusehen.

Seit dem Überraschungsdinner mit der Familie und einigen ehemaligen Kollegen hatte sich alles zwischen ihnen geändert. Sie waren nicht mehr die eingeschworene Gemeinschaft von einst. Zwischen ihnen verlief ein Graben, der immer tiefer wurde. Hartwig zog sein Ding eisern durch. Nie hätte Anja geglaubt, dass sich seine Zielstrebigkeit, der er auch seine Karriere zu verdanken und die sie seit der Studentenzeit an ihm bewundert hatte, so krass gegen sie wenden könnte. An dem Abend im Dreesen hatte sie sich zusammenreißen müssen, um nicht aus der Haut zu fahren und Hartwig vor versammelter Mannschaft die Leviten zu lesen.

Jetzt verstand sie auch, warum er ihr nach der Rückkehr von seiner angeblichen Erfahrungstour in den Osten so verändert vorgekommen war. Sie hatte sich bereits vorher gewundert, dass er aus freien Stücken gefahren war, wo er doch jedes Mal stöhnte, wenn er dienstlich dort hinsollte. Und nach seiner Rückkehr machte er dann plötzlich unfassbare Dinge: reparierte den stotternden Rollladen im Wohnzimmer, fachsimpelte mit ihrem Nachbarn über englische Parkrosen und deckte sogar den Tisch fürs Abendbrot.

Angeblich sollte der Osten ja immer noch Wüste sein, auch zehn Jahre nach der Wende. Anja hatte daran gedacht, dass sich Hartwig vielleicht auf Spurensuche nach seiner Familie begeben wollte, seine Mutter stammte aus dem Osten. Gutsherrin von riesigen Ländereien sollte sie dort gewesen sein, die den Bernows vor dem Krieg gehörten. Anja hatte gehofft, dass sich Hartwig bei der Reise in die Vergangenheit selbst wiederfinden würde. Aber später folgten Geheimnistuerei, endlose Telefonate, und er ließ so eigenartige Bemerkungen los wie: »Es stimmt nicht, was im Westen erzählt wird, Dunkeldeutschland und so weiter. Du wirst sehen, dort gibt es landschaftlich unglaublich schöne Regionen.« Als ob sie die Absicht gehabt hätte, in nächster Zeit einen Fuß in diese Gegend zu setzen.

Zuerst vermutete sie, dass etwas anderes dahintersteckte: eine Frau. Es war das erste Mal gewesen, dass Anja ein solcher Verdacht kam, bislang hatte es nie einen Grund dafür gegeben. Es beruhigte sie dann auch vollkommen, als er verkündete: »Ich habe für Samstag ein Dinner im Dreesen bestellt.« Ein Dinner für zwanzig Personen in einem der renommiertesten Hotels am Rhein war doch etwas zu aufwendig, um eine Affäre zu entschuldigen. Was dann kam, übertraf allerdings alles, was sie befürchtet hatte. Hartwig hatte über ihren Kopf hinweg entschieden, und es blieb ihr nur übrig mitzuspielen. Sie saß in der Falle. Die Rolle der zuverlässigen, diplomatischen Ehefrau hatte sie sich selbst ausgesucht. Das war ihr mit einem Schlag bewusst geworden. Wie bereitwillig hatte sie Hartwig immer alle größeren Entscheidungen überlassen. Jetzt lautstark zu protestieren, hätte nichts als Peinlichkeit ausgelöst.

Und weil sie sich in der Vergangenheit immer Hartwigs Entscheidungen gefügt hatte und nie dagegen aufgestanden war, saß sie nun im Wartezimmer von Teitelboom & Stegner. Nicht etwa, dass Hartwig keine Diskussion zugelassen hätte, dazu war er zu schlau. Natürlich hatten sie diskutiert, bereits nach dem Dinner im Auto. Was ihm einfiele, sie bei einer so weitreichenden Entscheidung einfach außen vor zu lassen, hatte sie ihm an den Kopf geworfen. Doch wie üblich hatte er den Spieß umgedreht, ein solches Angebot könne man einfach nicht ablehnen, nur ein Dummkopf würde die Chance seines Lebens ungenutzt an sich vorüberziehen lassen.

Nicht das geringste Verständnis dafür, dass sie sich nicht von heute auf morgen in eine Gegend verpflanzen lassen wollte, wo sie niemanden kannte und niemand sie kannte. Das Rheinland war ihre Heimat, auch ihre gemeinsamen Kinder waren hier aufgewachsen: Sabrina, die an der Uni Bonn studierte, und Jan, der demnächst seinen Dienst bei der Bundeswehr antrat. Nicht zuletzt lebte ihr Vater hier und ihre Freundinnen, mit denen sie sich regelmäßig traf. War das alles nichts?

»Bitte bleib fair, Anja. Hast du nicht gesagt, dass du einen Tapetenwechsel brauchst, dass das Leben so nichtssagend dahinplätschert? Und jetzt, wo das Leben wieder etwas zu bieten hat und eine richtige Aufgabe ansteht, da passt dir plötzlich alles nicht.«

Aber Tapetenwechsel und ein völlig neues Leben waren schließlich nicht dasselbe. Außerdem bestand ein erhebliches Risiko. »Für dich ist alles so selbstverständlich. Als hättest du nie etwas anderes gemacht. Das ist doch auch Neuland für dich. Was ist, wenn die Touristen um dein Gutshaus und deine Ferienwohnungen einen großen Bogen machen und du auf den Kosten sitzenbleibst?«

»Natürlich habe ich daran gedacht. Mecklenburg-Vorpommern ist eine aufstrebende Region. Die Touristenzahlen steigen zuverlässig Jahr für Jahr, und Pferdepensionen sind der Renner.«

Seitdem ging es zwischen ihnen hin und her. Alles wusste er besser, nicht einen ihrer Einwände akzeptierte er. Meistens ließ er sie nicht einmal ausreden. Sie brauche sich keine Sorgen zu machen, er habe alles im Griff, und wenn sie jetzt nicht zuschlagen würden, verpassten sie die Chance, größere Weideflächen hinzuzukaufen oder zu pachten. Schließlich seien sie nicht die einzigen Interessenten. Alles lief darauf hinaus, dass Hartwig seinen Willen bekam.

Gegenseitiges Vertrauen, das war die Basis ihrer Ehe gewesen. Und jetzt musste Anja erleben, dass es sich rächte, seit Beginn ihrer Ehe kein eigenes Konto zu haben, keinen Job und kein selbstverdientes Geld. Sie hatte sich sehenden Auges abhängig gemacht, weil es so bequem war. Wie dumm war sie nur gewesen?

Aber das war nicht alles: Hartwig hatte ihr unmissverständlich mitgeteilt, er würde das Gut auch ohne ihre Zustimmung kaufen, aber dann müsse ihr klar sein, dass sie in Zukunft kein Anrecht darauf habe. Und Hartwig hielt immer sein Wort. Gab es noch einen anderen Weg, als die Verträge zu unterschreiben, um wenigstens mitreden zu können?

Die Tür zum Büro des Notars öffnete sich, Imre Teitelboom kam mit einem Lächeln auf sie zu und sagte mit einladender Geste: »Darf ich bitten.«

*

Warum sah Anja nicht ein, dass er es nur gut meinte? Die Zeit war ideal, noch einmal neu anzufangen. Nicht nur er sagte das, alle seine Freunde sagten das.

Hartwig hatte nicht erwartet, dass Anja so voller Vorurteile steckte. Sie sei zu jung, um sich bis ans Ende ihrer Tage in der Provinz zu vergraben. Sie tat ja gerade so, als bedeutete es, aus der Weltgemeinschaft auszutreten, wenn sie ein paar Kilometer weiter in den Norden gingen. Es war auch nicht so, dass er sich ihren Argumenten verschloss, sie hatte nur kein einziges vorgebracht, das man als stichhaltig bezeichnen konnte. Stattdessen ritt sie darauf herum, dass er sie nicht vorher gefragt habe, und wollte nicht akzeptieren, dass schlichtweg keine Zeit zum Überlegen gewesen war. Er hatte voll und ganz damit gerechnet, dass sie sich darüber freuen würde. Was sonst? Über so viel Glück konnte man sich doch nur freuen!

Er hatte endlich das Gefühl, seinem Leben wieder einen Sinn zu geben, einen wirklichen Sinn. Insgesamt bedauerte er seine berufliche Laufbahn nicht. Schließlich war es viel Arbeit gewesen, in die Riege der Spitzenmanager eines internationalen Konzerns wie der CONTAC aufgenommen zu werden, und er war immer stolz darauf gewesen. Aber das, was er am Ende dort hatte tun müssen, hatte ihn vom Glauben abgebracht. Die Erfahrung, dass seine Arbeit nur Zerstörung hinterließ, wenn er die...

Erscheint lt. Verlag 16.8.2022
Reihe/Serie Die große Deutschland-Saga
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2. Weltkrieg • Bonn • Deutsch-Deutsche Zeitgeschichte • Die Gutsherrin • Fabia Waldner • Familiengeheimnis • Familiengeschichte • Familien-Saga • Flucht in den Westen • Gutshaus • Gutshof • Historischer Liebesroman • Historischer Roman • Mecklenburg-Vorpommern • Müritz • Nachkriegszeit • NS-Diktatur • NS-Verbrechen • Saga • Vergangenheit • Wende in der DDR • Zweiter Weltkrieg
ISBN-10 3-8412-2071-1 / 3841220711
ISBN-13 978-3-8412-2071-4 / 9783841220714
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