Das Erbe der Gutsherrin (eBook)

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2022 | 1. Auflage
258 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-2884-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Erbe der Gutsherrin -  Fabia Waldner
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Der Pferdehof an der Müritz.

Müritz, 2000: Anja und Hartwig von Bernow ist es gelungen, die Gespenster der Vergangenheit zu vertreiben. Nun leitet Anja die Geschicke des Pferdehofs, unterstützt von ihrer Tochter Sabrina und Paul Wagenseil, Helmas Enkel. Bald kommen sich Sabrina und Paul näher, und endlich steht wieder eine Hochzeit auf dem Gut an. Doch dann erhält Paul eine Nachricht, die all seine Zukunftspläne zerstört. Er trennt sich von der fassungslosen Sabrina. Auch der Besuch von Sabrinas Bruder Jan und seinem Freund Marvin wirft Fragen auf. Was hat Jan vor, und sind Marvins Gefühle für Sabrina echt? Als ein amerikanischer Großinvestor das Gutsdorf niederreißen will und sich alle gegen Anja und Hartwig stellen, scheint das Erbe der Bernows für immer verloren ...

Das Finale der deutsch-deutschen Familiensaga - mitreißend und dramatisch.



Fabia Waldner steht für den deutschen Autor Michael Schulz. Im rheinischen Bonn geboren, brennt er bereits früh für Literatur, Philosophie und Musik. Zunächst entscheidet er sich für die Musik. Nach einem Studium am »Mozarteum« in Salzburg führt ihn sein Weg in die Welt der Oper. Doch dann entdeckt er das Schreiben für sich. Heute lebt und schreibt der Autor bei Goslar im Harz.

Kapitel 1


Groß Bernow, September 2000

Paul hatte Balu an einen der Baumstämme am Wegesrand gebunden und sich gleich daneben auf die Holzbank gesetzt. Wenn er dem muskelbepackten Koloss in die friedlichen Augen sah, waren sie sich einig darüber, dass es auf dem Gut gerade kaum auszuhalten war. Haus und Hof quollen über von Gästen, und alle wollten etwas von ihm. Hier, wo die Herbstsonne durch die Blätter flimmerte und die Vögel ihren Schwatz hielten, ließ sich ungestört entspannen. Paul dachte daran, wie die Aussichten noch vor knapp zwei Jahren gewesen waren. Anja hatte sich gefragt, ob die Pferdepension jemals den Betrieb aufnehmen könnte. Dann startete Sabrina die Internetwerbung und hatte so großen Erfolg, dass sie bereits in ihrer ersten Hauptsaison ausgebucht waren. Auch die Ferienhäuser in der Kastanienallee fanden reißenden Absatz, und Paul war stolz darauf, bei der Sanierung selbst angepackt zu haben. Das hatte sich ausgezahlt. Laut Hartwigs Einschätzung waren sie jetzt geschäftlich auf einem guten Weg, und nach wie vor steckte er voller Pläne, auch wenn er nach dem Anschlag von damals immer noch nicht ganz gesund war.

Kürzlich hatte er einen Kremserwagen angeschafft, um die Gäste darin zu kutschieren und ihnen die Landschaft rund um das Gut zu zeigen, aber auch, damit Balu und Gretel eine feste Aufgabe hatten. Die beiden Dicken sollten sich ihr Futter verdienen, war Hartwigs Vorstellung gewesen. Aber an wem war es wieder hängen geblieben? An ihm natürlich, dachte Paul, wo er doch bereits im Pferdestall genug zu tun hatte. Wenigstens wollte Hartwig die Organisation der Fahrten übernehmen. Ihm war es ja auch zu verdanken, dass die Mecklenburger Kaltblüter nach der Auktion in Groß Bernow gelandet waren. Anja hatte nicht schlecht gestaunt, als die beiden Kraftpakete plötzlich auf dem Hof standen und sie aus ihren treuen Augen anblickten. »Ach du liebe Güte«, war alles, was sie herausbrachte. »Ich konnte nicht anders«, hatte Hartwig mit einem Achselzucken erwidert. »Niemand wollte sie, und da blieb mir nichts anderes übrig, als ein Gebot zu machen.«

Ein Datum stand jedenfalls fest, an dem die Prachtexemplare ganz bestimmt zum Einsatz kommen und gewiss mehr als eine Fuhre mit Gästen ausfahren würden. Paul klopfte Balu auf den Hals. Den braunen Wallach, der fast acht Zentner auf die Waage brachte, und Paul verknüpfte von Anfang an ein unsichtbares Band. Vor allem waren sie sich im Stillen einig, dass man von Zeit zu Zeit dem Trubel auf dem Pferdehof entfliehen musste, um Mensch und Pferd zu bleiben. Also hatte er sich heute nach der Arbeit im Stall bei Anja für zwei Stunden am Nachmittag abgemeldet, um im Hain eine geschützte Stelle zu finden, die sich als Picknick- und Grillplatz eignete. Dort wollte er später einen regendichten Unterstand bauen und zwei lange Sitzbänke aus Buchenholz aufstellen. Den passenden Baum, der dafür fallen sollte, würde er bei der Gelegenheit auch gleich aussuchen.

Eine Idee von Hartwig. Mit der friedvollen Idylle wäre es dann allerdings vorbei. Aber Hartwig hatte schon recht. Man durfte nicht zu romantisch sein, sonst verhungerte man.

Die alte morsche Bank, auf der er saß, stand an einem besonderen Platz, das wusste Paul. Seine Großmutter hatte ihm erzählt, dass es mit dem Buchenhain seine Bewandtnis hatte. Es war ein sehr privater Ort. Seit der Gutshof existierte, gab es die Tradition, dass die Gutsherren, die auf Groß Bernow heirateten, ihre Namen in die Rinde eines der alten Baumriesen ritzten. Auch Hartwigs Vater und seine Frau hatten einst ihre Namen an einem dieser Stämme verewigt. Wenn es nach Paul ginge, sollte der Hain ein unberührtes Denkmal der Liebe bleiben, das der Bernows und das der Wagenseils. Er konnte es kaum erwarten: In wenigen Wochen würde er Sabrinas und seinen Namen in eine der Baumrinden ritzen – In ewiger Liebe Sabrina und Paul.

*

»Wo Paul nur steckt?«, fragte Sabrina, während sie das Besteck auf dem Vierertisch am Fenster zurechtrückte. Hier saß die Dortmunder Familie, die erst vor zwei Tagen angekommen war. Ihre beiden Jungs konnten nicht eine Minute still sitzen. Aber das legte sich erfahrungsgemäß. Das stundenlange Reiten und die frische Landluft würden bald Wirkung zeigen. Dann fielen sie abends geschafft ins Bett und schliefen wie ein Stein. »Hat es nicht angefangen zu regnen?«

»Du bist eine richtige Glucke geworden«, erwiderte Anja und lachte. Im gleichen Augenblick hörten sie durch das geöffnete Fenster Balus schweren Huftritt auf dem Pflaster.

Sabrina hielt inne. Stimmte es, was Anja behauptete, war sie das wirklich? Sabrina von Bernow, die noch vor einem Jahr jeden für verrückt erklärt hätte, der ihr prophezeite, dass sie bald heiraten und eine Familie gründen würde – trautes Heim, Glück allein …

»Entschuldige«, sagte ihre Mutter und berührte sie an der Schulter, »war nicht so gemeint. Aber gib zu, dass du dich unglaublich verändert hast.«

»Ist man schon eine Glucke, wenn man sich Sorgen um den Mann macht, den man liebt?«

Es klang kitschig und sie spürte, wie sie errötete, aber genau so war es: Sie machte sich Sorgen, wenn Paul nicht da war. Seit sie ihn kannte, hatte sie völlig neue Gefühle an sich entdeckt, und jetzt, wo sie heiraten wollten, beschlich sie immer öfter eine unerklärliche Angst. Vielleicht hörte die ganz von selbst auf, wenn sie es hinter sich gebracht hätten.

»Nein, natürlich nicht«, beschwichtigte Anja. »Ich kann dich gut verstehen. Mir ging es nicht anders. Ich war damals so in Hartwig verliebt, dass ich unbedingt wissen wollte, was er den ganzen Tag machte, wenn ich nicht dabei war. Beinahe hätten wir richtig Streit deswegen bekommen. Das Klammern hab ich mir dann ganz schnell abgewöhnt. Ach, bitte vergiss nicht, die Weingläser einzudecken. Ich schaue kurz in der Küche vorbei. Es gibt heute Kartoffeleintopf mit Pfifferlingen und frisches Bauernbrot. Helma übertrifft sich mal wieder selbst. Manchmal habe ich ein schlechtes Gewissen, schließlich hat sie ein schwaches Herz und sollte sich schonen. Aber sie will es ja nicht anders.«

Wie gut, dass sich Sabrina mit ihrer Mutter so großartig verstand. Im Gegensatz zu Anja in jungen Jahren hatte sie ihr Studium allerdings nicht ganz ad acta gelegt, auch wenn die Zeit nach dem Anschlag auf das Gutshaus für sie ein Wendepunkt gewesen war. Sie hatte frei und selbstbewusst entschieden, an dem Ort zu bleiben, wo sie gebraucht wurde.

Der Zufall wollte es, dass sie Paul getroffen hatte und sie beide den gleichen Auftrag fühlten. Während der Arbeit auf dem Gut waren sie sich nähergekommen und hatten gespürt, dass sie sich aufeinander verlassen konnten. Für eine Ehe gab es kaum bessere Voraussetzungen, fand Sabrina. Ja, sie liebte diesen Mann, der manchmal eigenwillig und verschlossen reagierte, und sie freute sich auf Kinder mit ihm. Kinder, die in sauberer Natur und in einer intakten Großfamilie aufwachsen würden. Was gab es Schöneres? Ihr Interesse an Kunstgeschichte musste sie deshalb nicht aufgeben. Immerhin gab es das Internet und die guten alten Bücher, wenn sie Sehnsucht danach hatte.

Der letzte Tisch für das Abendessen war eingedeckt, Sabrina schickte noch einen prüfenden Blick durch den Saal. Aus der Küche stieg ihr der Duft von gebratenen Pfifferlingen in die Nase. Gleich würden die ersten Gäste erscheinen, müde und glücklich nach einem warmen Sonnentag im Spätsommer, den sie auf dem Rücken ihrer geliebten Vierbeiner verbracht hatten.

Sabrina erinnerte sich an den Schock, als sie ein paar Tage nach dem Anschlag auf das Gut gemeinsam mit ihrer Mutter den großen Salon betreten hatte. Überall hatten sie Zerstörung und an den Wänden diese unsagbaren Schmierereien vorgefunden. Jetzt war der Raum mit Holztischen und Stühlen im skandinavischen Stil eingerichtet und strahlte ländlichen Charme aus. An den Wänden hingen Fotos vom Gut und dem Gutsdorf aus früheren Tagen und eine Bilderserie von den jüngsten Renovierungsarbeiten. Es war Sabrinas Idee gewesen, die Originale aus alten Zeiten, die Bürgermeister Junghans im Stadtarchiv von Neustrelitz aufgestöbert hatte, als Vergrößerungen zu reproduzieren und für die Gäste eine kleine Zeitreise stattfinden zu lassen. Mit vollem Erfolg.

Drei Generationen Frauen arbeiteten jetzt hier. Helma, Anja und sie, und sie verstanden sich ohne viele Worte. Vielleicht lief es so reibungslos, weil sie alle nur zu gut wussten, wohin Streit führen konnte, die Vergangenheit hatte es gezeigt. Jeder kümmerte sich um seinen Bereich, der sich ganz natürlich ergeben hatte. Helma war die unbestrittene Königin der Küche, Anja die Herrscherin über die Zahlen und sie selbst half im Service und kümmerte sich vor allem um die Werbung. Hartwig erledigte Einkäufe und all das, wofür Anja die Zeit fehlte. Manchmal fragte sich Sabrina, ob sich ein Mann damit ausgefüllt fühlen konnte, der vor nicht allzu langer Zeit Manager eines internationalen Konzerns gewesen war. Aber anscheinend gab sich ihr Vater damit zufrieden, akzeptierte, dass Anja jetzt die Chefin war. Vielleicht lag es auch daran, dass er noch nicht ganz gesund war, es vielleicht nie werden würde. Auch wenn er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, konnte er an manchen Tagen kaum verbergen, dass es ihm nicht gut ging.

Paul hatte sich zum Fachmann für Pferde gemausert, konnte nicht genug über sie wissen. Er verschlang alles Lesbare, sogar Bücher über Anatomie und Krankheiten. Dem Tierarzt hatte er damit mächtig imponiert. Auch über die Zucht wusste er bereits eine Menge und fachsimpelte mit Hartwig darüber. Die beiden Dicken gingen allerdings allein auf Hartwigs...

Erscheint lt. Verlag 1.12.2022
Reihe/Serie Die große Deutschland-Saga
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2. Weltkrieg • Adlige • Bonn • DDR • Deutsch-Deutsche Zeitgeschichte • Die Gutsherrin • Fabia Waldner • Familie • Familiengeheimnis • Familiengeschichte • Familiensaga • Familien-Saga • Flucht • Flucht in den Westen • Gutshaus • Gutshof • Historischer Liebesroman • Liebesroman • Mecklenburg-Vorpommern • Müritz • Nachkriegszeit • NS-Diktatur • NS-Verbrechen • Ostdeutschland • romantisch • Vergangenheit • Wende • Wende in der DDR • Zweiter Weltkrieg
ISBN-10 3-8412-2884-4 / 3841228844
ISBN-13 978-3-8412-2884-0 / 9783841228840
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