Im Flow der Welle -  Astrid Schlung

Im Flow der Welle (eBook)

Begegnung am Surfspot Borkum
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2022 | 1. Auflage
Kadera-Verlag
978-3-948218-42-3 (ISBN)
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Die achtzehnjährige Marieke fährt in ihren Sommerferien auf die Insel Borkum, um einen Windsurfkurs zu besuchen. Dort verliebt sie sich Hals über Kopf in ihren attraktiven Surflehrer Keno. Auch Keno zeigt Interesse an ihr, indem er viel Zeit mit ihr verbringt und ihr gratis Einzelunterricht im Kitesurfen anbietet. Andererseits verhält er sich zurückhaltend gegenüber ihren Flirtversuchen. Außerdem ist er bereits mit Fiene liiert, mit der er die Surfschule auf Borkum leitet. Die Eifersucht seiner Freundin ignorierend macht Keno sich für Marieke immer interessanter, indem er ihr nach dem Surfkurs ausgiebig von seiner abenteuerlichen Reise über Amsterdam nach Kalifornien und seinen Erfahrungen im Big-Wave-Surfen in Santa Cruz und Mavericks erzählt. Doch was verbirgt sich hinter der außergewöhnlichen Aufmerksamkeit dieses interessanten Mannes Marieke gegenüber?

Astrid Schlung wurde im Jahr 1969 auf der Nordseeinsel Borkum geboren und wuchs dort auf, bis sie im Jahr 1979 durch einen Auslandsaufenthalt ihrer Eltern für fünf Jahre nach Istanbul zog. Mit sechzehn Jahren verbrachte sie außerdem ein halbes Jahr als Austauschschülerin auf Long Island im Staat New York / USA. Ihr Lehramtsstudium absolvierte sie in Göttingen, Kassel und Berlin und nach mehreren Jahren in Rheinland-Pfalz lebt sie heute wieder in Berlin. Sie ist seit dem Jahr 1996 im Lehramt tätig und unterrichtet als Studienrätin an einem Gymnasium die Fächer Deutsch, Geografie und Bildende Kunst. Im Rahmen ihrer zahlreichen Reisen auf mehreren Kontinenten interessiert sie sich besonders für die örtliche Geografie, die verschiedenen Kulturen und das Meer an den unterschiedlichsten Küsten.

I

MARIEKE

Borkum

Borkum war ihre Heimatinsel, doch Marieke hatte sie zuletzt vor acht Jahren besucht. Jetzt saß sie in der Ems-Fähre »Ostfriesland« in der Nähe des Tresens der Bordgastronomie und schaute den Passagieren zu, wie sie sich vor der Abfahrt mit Matjes-Brötchen, Pommes frites, Chicken-Nuggets und Pfannkuchen versorgten. Das lärmende Familiengewusel der Insel-Touristen in Outdoor-Jacken und Ringelshirts weckte ihre Vorfreude auf Strand, Meer, Seeluft – und vor allem auf eine steife Brise mit schäumender Brandung. Ihr Vater und Sabine, seine zweite Frau, hatten ihr zum 18. Geburtstag einen Surfkurs geschenkt. Genau ihr Ding! Sie war ein sportliches Naturtalent, hatte schon viele Sportarten ausprobiert und es war ihr größter Traum, nach dem Abi ein Sportstudium zu beginnen.

Als die Fähre das offene Wasser erreichte, spritzte Nordsee-Gischt an die Fenster. Es ist alles wie früher, sinnierte Marieke. Selbst von Berlin aus, wo ihr Vater Journalist bei einer großen Tageszeitung war, Sabine kennenlernte und heiratete, verbrachten sie die Sommerferien oft auf Borkum und wohnten bei ihrer Oma, die ein Häuschen direkt gegenüber der Grundschule hatte. Das änderte sich, als Imke Abels Witwe wurde und es auf der Insel nicht mehr aushalten konnte. Sie fand Unterschlupf auf dem Hof ihrer Schwester Bente in Ostrhauderfehn. Dort blieb sie acht Jahre und vermietete in dieser Zeit ihr altes Inselhäuschen an junge Lehrer. Das war keine große Schwierigkeit, denn es zogen ständig neue Lehrkräfte nach Borkum, die sich nach einiger Zeit ein eigenes Haus kauften oder wieder auf das Festland zurückkehrten. Doch jetzt war Imke zurück auf der Insel. Sie hatte ihr Haus umfassend renoviert und teilweise neu möbliert. Alles wie früher? Marieke war gespannt. Sie schmiegte sich in die Ecke der Sitzbank und sah über das gräuliche Wasser, auf dem sonnige Lichtreflexe blitzten und Schiffe durch die Wellen zogen. Die vielen durcheinanderrufenden Feriengäste steckten Marieke mit ihrer Urlaubslaune an. Gut, dass sie nicht mit Lena und Lukas zusammen nach Mallorca aufgebrochen war. Marieke hatte keine Lust, durch deren Geturtel ständig daran erinnert zu werden, dass sie selbst solo war.

»Ist dieser Platz noch frei?«, fragte eine junge Frau mit holländischem Akzent und riss Marieke damit aus ihren Gedanken. Die Holländerin kam in voller Küstenmontur offenbar gerade vom Außendeck.

»Ja, sicher«, antwortete Marieke und zog ihre Beine etwas an.

Die Frau legte ihre Jacke ab und kramte ein paar Flyer aus ihrer Tasche. Marieke musterte sie unauffällig, während die Frau in ihre Drucksachen vertieft war. Sie war hübsch, zierlich, aber durchtrainiert und braungebrannt, hatte eine niedliche Stupsnase, blaue Augen und hellblonde Haare. Die Flyer zeigten Surf-Boards, Beach-Buggys, Kitesurfing-Zubehör und dreirädrige Fahrzeuge, die mit einem Segel bestückt waren und Mariekes Interesse weckte.

»Darf ich mal was fragen?«, wandte sie sich an die lesende Frau.

»Klar, kein Problem.«

»Was sind denn das für Fahrzeuge da in Ihren Flyern? Ich habe vor, einen Surfkurs auf Borkum zu machen. Wissen Sie, ob es auf Borkum auch solche Fahrzeuge gibt?«

»Ach, wirklich? Dann werden wir uns sicher bald wiedersehen. Ich arbeite nämlich in der Borkumer Surfschule. Du kannst mich aber gern duzen, das machen wir in der Schule sowieso und im Alter sind wir ja nicht so weit auseinander, denke ich mal.« Sie drehte den Flyer zu Marieke und tippte auf das Bild. »Und ja, das hier sind Beach Cruiser oder Strandsegler, die haben wir auch bei uns in der Schule. Der Borkumer Nordstrand ist ideal geeignet dafür, der ist ja richtig breit und hat jede Menge Platz zum Strandsegeln. Wenn du mit deinem Kurs durch bist, kannst du bei uns auch einen Strandsegler-Führerschein ablegen, wenn du möchtest.«

»Das ist ja interessant, das würde ich total gern ausprobieren, aber ich weiß nicht, ob mein Geld dafür reicht. Ich hab zum Geburtstag von meinen Eltern Geld für einen Surfkurs bekommen – der kommt also zuerst. Ich habe noch nie gesurft, bin aber ziemlich sportlich. Eignet sich Borkum denn gut, um Kitesurfen oder Windsurfen zu lernen?«, fragte Marieke.

»Ja, total! Sonst wären wir nicht hier. Wir haben am Weststrand eine vorgelagerte Sandbank, dadurch ist die fast eingeschlossene Bucht vor dem offenen Meer geschützt. Das sind ideale Voraussetzungen für Anfänger. Die Bucht ist wie eine große Badewanne, da macht es sogar Spaß, vom Board zu fallen«, erzählte sie mit einem glucksenden Lachen. »Aber an unserem Surfspot weht öfter mal ein kräftiger Westwind. Bei fünf Windstärken gibt es schon eine beachtlich hohe Brandung. Für Fortgeschrittene ist unser Surfrevier daher ebenfalls super geeignet«, schwärmte die Surferin. »Wenn man von unserer Station ein bisschen weiter nach Norden geht, können die Fortgeschrittenen auf dem offenen Meer bei einer ordentlichen Brandung surfen. Es ist also für jeden etwas dabei.«

»Wow, das klingt gut!«, erwiderte Marieke.

Klar, dass die Surflehrerin von ihrem Surfspot schwärmte, sie lebte ja schließlich davon. Aber Marieke spürte, dass das mehr war als ein Verkaufsgespräch, sie war wirklich begeistert, hatte etwas Mitreißendes und konnte mit ihrer Art und mit dem, was sie erzählte, ehrlich überzeugen.

»Und was macht ihr, wenn mal gar kein Wind weht?«, wollte Marieke wissen.

»Das kommt auf Borkum so gut wie nie vor, aber wer Stand-Up-Paddling liebt, hat dafür in unserer ›Badewanne‹ bei etwas weniger Wind ideale Bedingungen«, entgegnete die Frau überzeugend und zwinkerte Marieke dabei verschmitzt zu. »Ich war übrigens gerade erst auf dem Festland, um neues Equipment einzukaufen, auch neue Stand-Up-Paddling-Boards, daher habe ich hier auch so viele Flyer. Ich bin dafür zuständig, die auswärtigen Gespräche mit den Geschäftspartnern zu führen und ich erledige unsere Buchhaltung, die Finanzen und sowas. Mein Freund ist ein Surfer par excellence, auf Buchhaltung und andere Büroarbeit hat er nicht so viel Lust«, meinte sie schmunzelnd. »Na ja, er ist der Chef der Surfschule, er muss mehr vor Ort sein und dort nach dem Rechten sehen. Er kennt sich sehr gut aus mit dem Zubehör und sucht das Material im Internet aus. Ich sehe es mir dann real an und verhandle mit den Fabrikanten. Wir sind immer up to date, um unseren Schülern das beste und neueste Equipment zu bieten.«

»Tja, dann ist es ja die richtige Entscheidung, bei euch meinen ersten Surfkurs zu belegen«, stellte Marieke fest.

»Ja, ich freue mich schon darauf, dass du zu uns kommst.« Sie suchte etwas in ihrer Tasche und gab Marieke einen Flyer ihrer Surfschule. »Hier stehen unsere aktuellen Termine für die neuen Anfängerkurse drin. Ich bin übrigens Fiene, du kannst mich immer montags, mittwochs und freitags in der Surfschule antreffen, ansonsten bin ich im Home-Office und anderweitig beschäftigt, aber Keno ist fast immer da.«

»Freut mich, ich heiße Marieke, wir sehen uns dann demnächst.«

Sie raffte ihre Sachen zusammen, denn die Fähre drosselte bereits die Fahrt für die Anlegeroutine.

An der Borkumer Reede stand Mariekes Oma schon heftig winkend hinter der Absperrung, um Marieke abzuholen. Fiene fuhr mit den meisten anderen Passagieren mit der Kleinbahn in den Ort.

Imke empfing ihre Enkeltochter mit weit ausgebreiteten Armen. »Hallo, meine Süße, endlich sehe ich dich mal wieder, das letzte Mal ist ja schon wieder eine ganze Ewigkeit her, wann war das noch mal?«

»An Weihnachten, Oma, das musst du doch noch wissen«, frotzelte Marieke. »Aber das war bei Tante Bente in Ostrhauderfehn«, erinnerte sie sich mit hochgezogenen Augenbrauen.

»Ach, wirklich? Da siehst du es mal wieder. Hier ticken die Uhren anders. Die Zeit auf Bentes Hof kam mir fast wie ein ganzes Leben vor, dabei waren es nur acht Jahre. Und zurück auf der Insel, war mir, als hätte ich nur mal für drei Tage einen Festlandausflug unternommen. Hier hat sich gar nichts verändert. Aber wenn man genau hinschaut, stimmt das auch nicht. Zeit ist ein komisches Element, meine Süße. Ach, jetzt fange ich an zu philosophieren … Was schleppst du denn alles mit dir? Gib mir mal eine Tasche ab.« Imke griff zu, bevor Marieke die Tasche von der Schulter gezogen hatte und war schon einen Schritt voraus. »Das Auto steht da drüben auf dem Parkplatz, es ist nicht weit weg, wir haben Flut, das Schiff konnte weit in den Hafen hineinfahren … Na, dann kann ich dir ja gleich zeigen, wie ich das Haus umgestaltet habe. Auch im Garten habe ich tüchtig geschuftet, es wird dir bestimmt gefallen«, erzählte Imke begeistert.

»Davon bin ich überzeugt, Oma!«

Das alte Häuschen sah äußerlich genau so aus, wie Marieke es in Erinnerung hatte. Es wirkte jedoch etwas kleiner, aber so ist es ja oft, wenn die Erinnerung in kindlicher Perspektive aufgenommen wurde. Drinnen hatte ihre Oma wirklich Veränderungen geschaffen. Die alten Tapeten hatte sie heruntergerissen und die Wände in hellem Gelb angestrichen. Es gab mehrere neue Möbelstücke. Alles war im Landhausstil eingerichtet und hatte durch ausgewählte Requisiten und Bilder einen maritimen Touch. Weiß und Blautöne überwogen und gaben den hellgelben Wänden eine ausgewogene Frische.

»Na, was sagst du jetzt?«, fragte Imke.

»Oh! Es ist fantastisch!«, staunte Marieke. »Du hast das Haus ja wirklich stilvoll eingerichtet, Oma. Perfekt! Aber hattest du mich nicht gebeten, dass ich dir dabei etwas helfe? Wie ich sehe, hast du selbst schon ganze Arbeit...

Erscheint lt. Verlag 13.5.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur
ISBN-10 3-948218-42-0 / 3948218420
ISBN-13 978-3-948218-42-3 / 9783948218423
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