Astrid Lindgren (eBook)
384 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-3031-7 (ISBN)
Als Kinderbuchautorin ist sie weltberühmt, doch wer kennt sie als Frau und Liebende?
1929: Endlich ist Astrid wieder mit ihrem Sohn Lasse vereint. Als unverheiratete Mutter hat sie es nicht leicht, aber sie will es schaffen. Für Lasse und für sich. Jahre später scheint dies alles vergessen. Astrid hat ihre große Liebe Sture geheiratet. Was geblieben ist, sind die Geschichten, die sie ihrem Sohn und ihrer Tochter Karin erzählt. Geschichten über ein mutiges Mädchen mit zwei Zöpfen und einem Affen. Astrid beginnt sie aufzuschreiben und schickt sie an einen Verlag. Ihr plötzlicher Erfolg als Autorin kommt überraschend. Eigentlich könnte jetzt alles gut sein. Doch zwischen Astrid und Sture kriselt es, und dann ereilt die Familie ein tragischer Schicksalsschlag.
Das einfühlsame Porträt einer der wichtigsten Frauen unserer Zeit, die mit ihren Geschichten Generationen von Kindern glücklich macht.
Susanne Lieder ist in der Nähe von Bad Oeynhausen aufgewachsen und lebt mit ihrer Familie südlich von Bremen. Seit 2012 arbeitet sie hauptberuflich als Schriftstellerin und hat sich damit ihren Kindheitstraum erfüllt. Sie schreibt Unterhaltungsromane, historische Romane und Romanbiografien.
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Paperback (Nr. 04/2023) — Platz 20
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Paperback (Nr. 02/2023) — Platz 19
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Kapitel 1
Stockholm im Winter 1929
Astrid zog die Schultern hoch. Sie fror und kroch noch tiefer in ihren Wollmantel.
Was für ein ungemütliches Wetter! Der Himmel war voller grauer Wolken, die tief und schwer über der Stadt hingen. Es sah aus, als würden sich die Häuser Stockholms darunter ducken. Die kahlen Bäume im Vasapark, den Astrid und ihr Sohn Lasse nun passierten, glänzten vor Nässe.
Alle warteten sehnsüchtig auf Schnee, doch dieses Jahr würde es wohl keine weiße Weihnachten geben.
Der dreijährige Lasse trabte missmutig neben ihr her, die Mütze tief ins Gesicht geschoben. »Wann sind wir endlich da?«
»Gleich, nur noch ein paar Schritte. Ein scheußliches Wetter, nicht wahr?«
Er hob den Kopf und schaute sie verwundert an, als verstünde er die Frage nicht.
»Wenn es morgen besser ist, könnten wir in den Park gehen«, schlug sie vor, als sie die Straße überquerten, seine Hand fest in ihrer. Sie hatte schreckliche Angst, er könnte sich losmachen und ihr davonlaufen. Wäre sie an seiner Stelle, würde sie es tun. Wie musste er sich fühlen! Er wurde aus seiner Routine, seinem Leben gerissen und in ein neues gesteckt. Ohne, dass er gefragt worden war. Es ging nicht anders, es gab keine andere Möglichkeit, doch das konnte er nicht verstehen.
Astrid hatte gar nicht erst versucht, es ihm zu erklären.
Stattdessen hatte sie sich vor ihn gehockt und gesagt: »Du musst jetzt mit mir kommen, Lasse.«
»Und wohin?«, hatte er gefragt, die großen blauen Augen ängstlich auf sie gerichtet.
»Nach Stockholm.«
»Aber ich will hierbleiben.« Seine Stimme war ein Flüstern gewesen. »Bei meiner Mama.«
Ihr Herz hatte sich zusammengekrampft. Ich bin deine Mama, Lasse. Wie gern würde sie es aussprechen und ihn daran erinnern, was er doch längst wusste. »Marie ist sehr, sehr krank«, hatte sie mit rauer Stimme erwidert. »Deswegen nehme ich dich mit zu mir.«
»In den Park, versprochen?«, fragte er nun, und sie zuckte zusammen.
Seit sie Kopenhagen verlassen hatten, hatte er kaum ein Wort gesprochen. Im Zug hatte er still dagesessen, die kleinen Hände im Schoß. Sein trauriger Blick war unruhig hierhin und dorthin gehuscht, bis er irgendwann an ihr hängengeblieben war. Muss ich wirklich mit dir kommen?, stand darin geschrieben, und sie hätte gern die Arme um ihn geschlossen und ihn fest an sich gezogen.
»Ja, wir könnten Fangen oder Verstecken spielen. Oder auf Bäume klettern.«
Lasse zog einen Schmollmund, und sie befürchtete, er würde weinen. Doch das tat er nicht. »Mit Carl und Esse hab ich auch Fangen gespielt.« Wieder waren seine Worte geflüstert, mühsam hervorgebracht.
Astrid war, als nähme man ihr das Herz aus der Brust und zerdrückte es vor ihren Augen. »Ich weiß, Lasse.«
»Wann kann ich wieder heim?«
Sie schluckte. »Du bleibst bei mir, das habe ich dir doch erklärt, mein Kleiner.« Sie hatte ihn gar nicht so ansprechen wollen, weil sie befürchtete, ihn damit zu verschrecken.
Wieder schluckte sie. Reiß dich zusammen und mach weiter.
Das waren die Worte ihrer Mutter, die sie im Laufe ihres Lebens so häufig gehört hatte, dass sie sich ihr eingebrannt hatten.
Energisch räusperte sie sich und deutete nach vorn auf ein graues Haus mit weißer Eingangstür. »Siehst du das Haus dort drüben? Da wohne ich.«
Der Regen tropfte ihr in den Kragen, ihr Kopftuch war völlig durchnässt. Als sie in die Manteltasche griff, um ihren Schlüssel hervorzuholen, trat ihre Nachbarin aus dem Haus.
»Guten Tag, Frau Terstegen.« Astrid wich das Blut aus dem Gesicht, gleichzeitig fühlte es sich heiß und brennend an.
»Wen haben wir denn da?« Ihre Nachbarin sah Lasse an, und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Du bist aber ein niedlicher kleiner Junge. Wie heißt du denn?«
»Er heißt Lasse«, erklärte Astrid hastig.
Frau Terstegen blickte erst zu ihr, dann zu ihm und schien zu überlegen – und sich sehr wahrscheinlich zu fragen, in welchem Verhältnis sie zueinanderstanden.
Astrids Wangen glühten. »Komm, Lasse.« Sie schob ihn vor sich her durch die Haustür. »Einen schönen Tag noch.«
»Wünsche ich Ihnen auch, Fräulein Ericsson.«
Hatte sie »Fräulein« betont? Unsinn, das bilde ich mir ein.
Mit zittrigen Händen nahm Astrid die Post aus dem Briefkasten; zwei Briefe für ihre Vermieterin, ein zerknitterter, feucht gewordener Werbezettel eines Kaufhauses und eine Karte von ihrem Bruder.
Lasse rümpfte die Nase. »Iih, hier stinkt’s.«
Sie musste lachen. »Das ist nichts Ungewöhnliches. Daran gewöhnst du dich.« Man gewöhnte sich bekanntlich an alles.
Als sie die Treppe hinaufgingen, betrachtete sie erneut ihren kleinen Sohn, das Kind, das sie gleich nach seiner Geburt bei einer Pflegefamilie hatte zurücklassen müssen. Sie hatte damals keine andere Wahl gehabt, hatte Vimmerby Hals über Kopf verlassen.
Nun war ihr Sohn bei ihr –, und wieder hatte sie keine andere Wahl gehabt. Lieber hätte sie Lasse aus freien Stücken zu sich geholt. Weil die Zeichen nun günstig standen. Weil sie endlich seine Mutter sein durfte und sich um ihn kümmern konnte. Doch wieder hatte das Schicksal die Karten gemischt.
Es fühlte sich unwirklich an, ihn bei sich zu haben, hier in diesem Haus, in dieser Stadt.
»Manchmal riecht es nach nassem Hund«, plapperte sie drauflos und hoffte, ihm ein Lachen entlocken zu können. »Obwohl niemand hier einen hat.«
Lasse schaute sie ernst an.
»Aber ich weiß, wer einen hat«, sprach sie weiter, während sie die Wohnungstür aufschloss. »Du magst doch Hunde, oder?«
Ihr Sohn schwieg, blickte sich nur in dem schmalen Flur um.
Sie unterdrückte ein Seufzen. »Komm, ich zeige dir mein Zimmer.«
Es gab nur dieses eine Zimmer, in dem schlief und aß Astrid, beantwortete ihre Post und las in ihren Büchern.
»Wo ist mein Zimmer?«, fragte Lasse, nachdem sie sich ausgezogen und die Haare trocken gerubbelt hatten.
Sie deutete auf das kleine Bett, das sie von ihrem letzten Geld gekauft hatte. Sie hatte so feilschen müssen, dass es ihr peinlich gewesen war. Jetzt hatte sie keine einzige Krone mehr. Vielleicht könnte sie ihren Chef um einen kleinen Vorschuss bitten.
Ihr Geld reichte nie, und oft hatte sie nicht nach Kopenhagen fahren und ihren Sohn besuchen können.
Gott sei Dank hatte ihre Mutter Anfang der Woche wieder ein Ess-Paket mit Brot, einem Töpfchen gesalzener Butter, Wurst, Käse und sogar einem kleinen Kuchen geschickt. Ohne diese regelmäßigen Pakete wäre sie aufgeschmissen gewesen.
»Setz dich drüben aufs Bett, Lasse. Du hast doch bestimmt Hunger. Meine Mutter hat uns einen leckeren Käse geschickt.« Sie verstummte, ärgerte sich, dass sie nicht »deine Großmutter« gesagt hatte. Aber würde sie ihn damit nicht überfordern? Schließlich kannte er seine Großeltern nicht.
Astrid sank auf ihr Bett, das sich gleich neben Lasses befand. Mit einem Mal hatte sie das Gefühl, alles breche über ihr zusammen. Sie würde es nicht schaffen, für Lasse zu sorgen. Was hast du dir nur gedacht, dummes Schicksal? Wie soll ich eine gute Mutter sein? Wie soll er es bei mir so gut haben, wie bei Marie? Ich weiß ja kaum, wie ich selbst über die Runden kommen soll.
»Bist du traurig?« Lasse streckte die Hand nach ihrer aus, und sie nahm und drückte sie sacht.
»Ein bisschen vielleicht.«
»Und wieso?«
»Weil … weil ich mich an so vieles gewöhnen muss.« Genau wie du.
Lasse nickte mit ernster Miene.
Astrid spürte einen dicken Kloß im Hals, und wieder zog sich ihr...
Erscheint lt. Verlag | 11.10.2022 |
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Reihe/Serie | Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe | Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | Astrid Lindgren • Bestseller • Biographie • Brauenbuch • Familie • Frauenbuch • Frauenroman • Frauenschicksal • Frida Kahlo • Geschichten • Historischer Liebesroman • hygge • Künstlerbiografien • Künstlerinnenroman • Lasse • Liebesroman • Michel aus Lönneberga • Michel aus Lönneberger • Pippi Langstrumpf • Schweden • Single Mom • singlemutter • Skandinavien • Stockholm • Sture |
ISBN-10 | 3-8412-3031-8 / 3841230318 |
ISBN-13 | 978-3-8412-3031-7 / 9783841230317 |
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