Für immer im Dezember (eBook)
464 Seiten
Penguin Verlag
978-3-641-29592-9 (ISBN)
Jedes Jahr im Dezember sendet Josie einen Brief an ihre geliebten Eltern, die sie vor vielen Jahren in einer Weihnachtsnacht auf tragische Weise verloren hat. Jedes Jahr erinnert sie das Fest der Liebe an ihren Verlust - und die Menschen, die sie so schmerzlich vermisst. Nur dieses Jahr soll alles anders werden. Denn kurz vor Weihnachten begegnet Josie einem Mann. Einem Mann, mit dem sie fünf wunderschöne Tage in London verbringt: In der Stadt, die im Dezember schöner strahlt als alle anderen. Und es scheint fast unmöglich, sich nicht zu verlieben. Doch gerade als Josie glaubt, dass es das beste Weihnachtsfest aller Zeiten werden könnte, verlässt Max sie, ohne sich von ihr zu verabschieden ...
Ein Roman, so anrührend und humorvoll wie Notting Hill und Vier Hochzeiten und ein Todesfall.
Die ganz große Liebe und der ganz große Schmerz liegen oft nah beieinander. Ein hochemotionaler Liebesroman und Garant für eine Achterbahn der Gefühle.
»Ein herzergreifendes, lebensbejahendes Buch, das sich wie eine Umarmung anfühlt.« Josie Silver
Emily Stone lebt und arbeitet in Chepstow, Wales. Für immer im Dezember ist in einem alten viktorianischen Herrenhaus entstanden, das auf eine beeindruckende literarische Geschichte zurückblicken kann. Ihr Debütroman wurde zum Teil durch den Tod ihrer Mutter inspiriert, die starb, als Emily Stone sieben Jahre alt war. Die Autorin wollte zeigen, wie sehr diese Trauer das Leben eines Menschen beeinträchtigen kann, selbst wenn das Ereignis Jahre zurückliegt.
Kapitel zwei
Die kalte, feuchte Luft peitschte Josie ins Gesicht, als sie mit dem Fahrrad den Streatham Common hinuntersauste, die behandschuhten Finger locker auf den Bremsen. Auf der anderen Seite quälten sich Läufer die Straße hinauf. Ihr Atem waberte als Nebel vor ihr, löste sich jedoch rasch in dem Meer aus Licht und Menschen um sie herum auf. Es war so anders als in dem kleinen Dorf, in dem sie aufgewachsen war, wo sie gelernt hatte, jedes Mal eine Taschenlampe mitzunehmen, wenn sie nachts nach draußen ging. Ihre Wangen waren bereits eiskalt, und es fühlte sich an, als würden kleine Wassertropfen an ihrer Haut haften, obwohl es nicht regnete. Im Büro und in den Nachrichten war in der letzten Zeit viel von Schnee die Rede gewesen. Wie jedes Jahr schien das ganze Land auf weiße Weihnachten zu hoffen. Josie wäre Regen viel lieber gewesen, aber sie wusste, dass sie mit dieser Meinung ziemlich alleine dastand und es besser war, sie für sich zu behalten. Doch für sie weckte der Schnee nur schmerzhafte Erinnerungen an den Weihnachtstag vor zwanzig Jahren, als sie durchs Fenster beobachtet hatte, wie weiche Schneeflocken auf die leere Auffahrt vor dem Haus ihrer Großeltern fielen. Neben ihr ein voller, noch ungeöffneter Strumpf, und im Nebenzimmer das unterdrückte Schluchzen ihrer Großmutter, die für Josie eine heiße Schokolade zubereitete.
Josie verzog das Gesicht gegen das Kribbeln in der Nase und atmete gierig ein, wobei sie statt frischer Luft vielmehr Autoabgase inhalierte und husten musste. Am Fuß des Hügels bog sie rechts ab und trat schneller in die Pedale. Sie fuhr am Bahnhof vorbei und am ersten Briefkasten, den sie sah. Sie war noch nicht bereit, den Brief einzuwerfen und umzukehren, sie wollte unbedingt den schrecklichen Tag vergessen, den sie hinter sich hatte.
An der nächsten Ampel musste sie halten und keuchte stärker, als sie sollte, wenn man bedachte, dass sie erst kurz auf dem Rad saß. Sie wartete, während das Männchen von Rot auf Grün umsprang und ein Pulk von Menschen mit eingezogenen Köpfen im Takt des Pieptons die Straße überquerte, begierig darauf, nach Hause ins Warme zu kommen. Doch drei Personen hetzten nicht wie die anderen, sondern ließen sich Zeit und lächelten, ohne das Pendlerchaos um sie herum wahrzunehmen. Eine Familie – Mutter, Vater und ein kleiner Junge von etwa fünf oder sechs Jahren, schätzte Josie. Der Junge lachte. Er hatte einen Rentier-Haarreif auf dem rotblonden Haar, dessen Schaufeln wippten, wenn er den Kopf bewegte. Seine Eltern hielten ihn an den Händen, und er schwang vor und zurück und benutzte ihre Arme als Hebel.
Es erinnerte Josie so sehr an ihre Eltern und an Abende wie diesen, nur ruhiger war es gewesen – ohne das Verkehrsrauschen, das wütende Hupen der Autos und das Schimpfen der Leute, wenn ihnen jemand im Weg war. Es mochte einfacher und sicherer gewesen sein, die Straßen ihres Dorfes hinunterzugehen, aber auch sie hatte sich an den Händen ihrer Eltern festgehalten und verlangt, dass sie sie auf drei hochfliegen ließen, bis sie zu groß dafür wurde. So waren sie, seit sie denken konnte, jedes Jahr in der Woche vor Weihnachten zum Briefkasten gegangen. Hand in Hand, sie in der Mitte, den Brief an den Weihnachtsmann in die Jackentasche gesteckt, bereit, ihn an den Nordpol zu schicken.
Das Jahr, in dem sie neun Jahre alt gewesen war, stach aus ihren Erinnerungen heraus. In jenem Jahr hatte es geschneit, und sie war herumgelaufen, hatte frische Fußspuren hinterlassen, wie man es nur auf dem Land kann, und verlangt, dass sie im Laden eine Karotte für die Nase des Schneemanns besorgten. Keine der Karotten, die sie zu Hause hatten, passte – sie musste perfekt sein, darauf hatte sie bestanden. Also hatten sie ihren Brief auf dem Weg zum Laden aufgegeben, und sie hatte erst aufgehört, an den Armen ihrer Eltern zu schaukeln, als ihre Mutter auf dem vereisten Rand des Bürgersteigs fast das Gleichgewicht verlor. Aus irgendeinem Grund hatte sich dieser Moment in Josies Gedächtnis eingeprägt: wie der flauschige braune Stiefel ihrer Mutter abrutschte, wie sie nach Josies Hand griff, um sich aufzufangen, und sie dabei fast umgerissen hätte. Wie ihre Mutter über sich selbst lachte, weil sie so dumm gewesen war, und wie sie und Josies Vater sich über Josies Kopf hinweg angrinsten. Das Ganze kam ihr im Nachhinein wie ein Zeichen vor. Dafür, was eine Woche später passieren sollte.
Was hatte an diesem Tag in ihrem Brief an den Weihnachtsmann gestanden? Sie erinnerte sich daran, wie der Schnee unter ihren Füßen geknirscht hatte und dass sich ihre Finger auf dem Weg zum Briefkasten trotz ihrer roten Handschuhe taub angefühlt hatten. Sie konnte noch die silbergraue Pudelmütze ihrer Mutter vor sich sehen, die sie über die langen hellbraunen Haare gezogen hatte. Und sie hörte noch die Stimme ihres Vaters, der alberne Dinge aufzählte, die sie auf die Liste hätte setzen können – eine linke Socke, eine Zwiebel, eine neue Spülmaschine. Aber sie hatte nicht die leiseste Ahnung, was sie sich in diesem Jahr wirklich zu Weihnachten gewünscht hatte, nach was ihr neunjähriges Herz sich verzehrt hatte.
Tief in ihrem Herzen hatte sie damals noch gehofft, dass es so etwas wie den Weihnachtsmann wirklich gab. Erst im Jahr darauf, als er ihr den einzigen Wunsch, den sie hatte, nicht erfüllen konnte, gab sie es endgültig auf.
Dennoch behielt sie die Tradition bei. Jedes Jahr schrieb sie weiterhin zu Weihnachten einen Brief und brachte ihn zum Briefkasten. Sie hatte nie damit aufhören können, nur dass der Brief heute ganz anders aussah.
Liebe Mama, lieber Papa, ich vermisse euch. Frohe Weihnachten und alles Liebe, Josie
Das laute Hupen eines Autos riss Josie aus ihren Erinnerungen. Offensichtlich stand sie im Weg – die Ampel war umgesprungen, und sie hielt den Verkehr hinter sich auf, weil sie in der Mitte der Straße wartete, statt links, wie es sich gehörte. Sie zog eine Grimasse, tastete mit ihren Sneakers nach den Pedalen, stieß sich ab und fuhr schnell an den Straßenrand, wobei sie sich absichtlich nicht nach dem Auto hinter sich umsah, aus Angst, dem wütenden Blick des Fahrers zu begegnen. Sie strich eine Träne fort, die sich unbemerkt in ihr Auge gestohlen hatte, holte tief Luft, damit nicht noch weitere folgten, und trat wieder in die Pedale. Sie fuhr an einem weiteren Briefkasten vorbei, aber sie war noch nicht bereit, in die Wohnung zurückzukehren, war noch nicht bereit zu lächeln und zu trinken und darüber zu reden, was für eine wunderbare Zeit Bia haben würde. Sie musste erst einmal einen klaren Kopf bekommen. Denk an etwas anderes, sagte sie sich entschieden. Automatisch wanderten ihre Gedanken zu ihrem Job, was im Moment nicht sonderlich hilfreich war. Denn das beschwor nur das Bild ihrer Chefin herauf, die ihr glattes schwarzes Haar zurückstrich und sie zu einem »Gespräch« in eine der kleinen Glaskabinen gezogen hatte, die von allen Seiten einsehbar waren.
Josie, ich fürchte, wir müssen da über etwas sprechen.
Josie biss die Zähne zusammen, trat fester in die Pedale und überholte den Radfahrer vor ihr. Sie befand sich jetzt auf der Streatham High Road mit der Weihnachtsbeleuchtung, die zwar nicht annähernd so beeindruckend war wie die in der Oxford Street, aber immer noch die Lichterketten in den Schatten stellte, auf die ihr Dorf so stolz gewesen war. Ob sie heute noch dort hingen? Früher hatte es immer ein großes Spektakel gegeben, wenn die Beleuchtung angeschaltet wurde. Die Leute verteilten selbst gemachten Glühwein und Mince Pies und nutzten die Gelegenheit, um den neuesten Klatsch und Tratsch auszutauschen. Josie war jedes Jahr mit ihren Eltern dort gewesen und hatte sich sofort mit ihrer besten Freundin aus der Schule auf die Jagd nach Schokolade gemacht, die immer irgendwo unbeaufsichtigt herumstand. Ihre Großeltern waren in jenem ersten Jahr, nachdem es passiert war, noch einmal mit ihr dorthin gegangen, aber sie hatte die ganze Zeit nicht aufgehört zu weinen. Danach hatten sie es nicht mehr erwähnt. Josie fragte sich, ob die beiden wieder damit angefangen hatten, nachdem sie zur Universität gegangen und in den Weihnachtsferien nicht mehr nach Hause gekommen war, oder ob es für sie auch zu schmerzhaft war. Sie hatte sich nie dazu durchringen können, sie zu fragen.
Sie schimpfte vor sich hin, als sie einem Fußgänger ausweichen musste, der ohne hinzusehen auf die Straße trat. An die Vergangenheit wollte sie nicht denken und an die Arbeit auch nicht, das war eindeutig keine Ablenkung. Also gut, wenn nicht an die Arbeit, dann an etwas anderes. Aber natürlich war »etwas anderes« unweigerlich Oliver. Oliver, der ihr sagte, er hätte etwas mit ihr zu besprechen, während sie neben ihm im Bett lag. Oliver, der sich am Abend zuvor über ihre Bemerkungen lustig machte, dass Cara ihn während des Weihnachtsessens ständig angestarrt hätte, und ihr sagte, dass er nur noch für einen Drink bleiben würde. Und Cara selbst, die dieses umwerfende rote Kleid trug, ihre weichen Locken zurückwarf und Oliver nicht einen Moment aus ihren strahlend blauen und mit goldenem Eyeliner umrandeten Augen ließ.
Ein rotes Kleid hatte ihre Mutter auch zu der Party an Heiligabend getragen. Zu der Party, zu der ihre Eltern eigentlich nicht hatten gehen wollen, zu der Josies Großmutter sie aber im letzten Moment doch noch überredet hatte. Passend zu dem Kleid waren die Lippen ihrer Mutter mit rotem Lippenstift geschminkt gewesen, den sie Josie hatte auftragen lassen.
Sei brav, ja, Josie? Sie hörte die Stimme ihres Vaters nur undeutlich, denn sie konnte sich nicht genau an ihren Klang erinnern. Er packte sie, hob sie hoch und schwang sie herum, sie quiekte vor Freude, und ihre Mutter...
Erscheint lt. Verlag | 28.9.2022 |
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Übersetzer | Babette Schröder |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Always, in December |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | 2022 • beste Freundinnen • Bestseller • Bestseller England • Bestsellerliste • Bleib bei mir, Sam • Booktok • Britische Liebesgeschichte • Cecilia Ahern • Colleen Hoover • Debbie Macomber • Dustin Thao • eBooks • Edinburgh • Englische Komödie • Frauenromane • Happy Tears • Jenny Colgan • JOsie Silver • Julia Whelan • Karen Swan • Liebesroman • Liebesromane • Liebesroman Taschenbuch • London • Mandy Baggot • Manuela Inusa • Neuerscheinung • New York • Notting Hill • Romance Aesthetic • Romane Bestseller 2022 Frauen • Romane für Frauen • Roman Neuerscheinung 2022 • romantischer Liebesroman • Rosie Walsh • schicksalhafte Liebe • Schottland • spiegel bestseller • Spiegelbestseller • SPIEGEL-Bestseller • Spiegel Bestseller aktuell • tatsächlich liebe • TikTok • Vier Hochzeiten und ein Todesfall • Weihnachten • Winter Vibe |
ISBN-10 | 3-641-29592-0 / 3641295920 |
ISBN-13 | 978-3-641-29592-9 / 9783641295929 |
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