Das Herz der Zwerge 1 (eBook)
480 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-46475-5 (ISBN)
Markus Heitz, geboren 1971, studierte Germanistik und Geschichte. Er schrieb über 60 Romane und wurde etliche Male ausgezeichnet. Mit der Bestsellerserie um 'Die Zwerge' gelang dem Saarländer der nationale und internationale Durchbruch. Dazu kamen erfolgreiche Thriller um Wandelwesen, Vampire, Seelenwanderer und andere düstere Gestalten der Urban Fantasy und Phantastik. Die Ideen gehen ihm noch lange nicht aus.
Markus Heitz, geboren 1971, studierte Germanistik und Geschichte. Er schrieb über 60 Romane und wurde etliche Male ausgezeichnet. Mit der Bestsellerserie um "Die Zwerge" gelang dem Saarländer der nationale und internationale Durchbruch. Dazu kamen erfolgreiche Thriller um Wandelwesen, Vampire, Seelenwanderer und andere düstere Gestalten der Urban Fantasy und Phantastik. Die Ideen gehen ihm noch lange nicht aus.
KAPITEL I
Doria Rodana von Psalí betrachtete ihre Aufzeichnungen, die ihr dabei helfen sollten, ein neues Theaterstück für das eigene Puppenspiel zu entwerfen. Die unzähligen vollgekritzelten Blätter lagen verstreut auf dem Arbeitstisch ihrer kleinen Werkstatt, in der sie das Schnitzen der Stöcke, das Ausschneiden der Schablonen, das Anmalen der Figuren und Marionetten sowie sämtliche Arbeiten an Bühne und Staffage vornahm.
Aber richtig voran kam sie nicht.
Das lag nicht nur an der vorsommerlichen Hitze, die drückend auf der Stadt lag und vom Wind noch in den letzten schattigen Winkel getragen wurde. Wegen der Temperatur trug die zierliche junge Frau nur ein leichtes Untergewand, darüber eine Schürze gegen Tintenflecke und Farbspritzer.
Was ist nur los? Wieso gelingt es mir nicht?
Leise klimperte das metallene Musikwalzenspiel auf der Anrichte ein Lied, in das sich sanfte dunkle Töne des Holzwindspiels vor dem Fenster mischten.
Was Rodana normalerweise in eine passende Stimmung versetzte, nervte sie heute. Sie erhob sich vom Stuhl und ging zum mechanischen Abspielgerät, blockierte den Federantrieb mit dem vorgesehenen Haltbolzen. Ein letztes Pling wie zum Trotz, und nur das leise, unrhythmische Klingen des Windspiels blieb.
Straßengeräusche drangen durch die halb geschlossenen Läden, die zwar die Sonnenstrahlen abhielten, nicht aber die absonderliche Hitze, die durch die Gassen, Straßen und über die Plätze auf den acht Hügeln waberte. Das Curiosum, Rodanas Schattenspiel- und Figurentheater, befand sich auf dem Hauptmarktplatz der zweiten Erhebung.
Die Stadt war zu Ehren von Mallenia von Idoslân vor mehr als siebenhundert Zyklen gegründet worden. Schwere Befestigungen mit Wehrtürmen, Schleudern und Katapulten garantierten die Unabhängigkeit der Stadt im Vereinten Großkönigreich Gauragon. Jeder Eroberungsversuch in der Vergangenheit war dank ihnen abgeschmettert worden.
Zweihunderttausend Einwohner zählte Malleniaswacht, verteilt über acht Hügel, aber der Platz reichte nicht aus, sodass der Senat weiteren Zuzug untersagt hatte. Schwere Verbrechen geschahen trotz der Menge an Menschen selten. Neben ihnen gab es eine große Zwergengemeinschaft; auch Meldrith, Elben und Parsoi Khi wohnten in Malleniaswacht.
Und sie alle wollen meine Stücke sehen. Rodana goss gezuckertes Blütenwasser aus der Tonkaraffe in einen Glasbecher und begab sich damit an die angelehnte Werkstatttür, um von der Schwelle den Blick aus ihren hellgrünen Augen schweifen zu lassen.
Die Unterhaltungen und das Gelächter der Vorbeigehenden, das Rattern von Fuhrwerken und Klappern der Hufe waren seltener als sonst. Niemand wollte unter das sengende Gestirn treten, wenn es nicht sein musste. Die Kaufleute und Händler hatten ihre Marktstände längst abgebaut und waren in die schützenden Schatten geflüchtet.
Rodana wurde von Passanten gegrüßt und freundlich angelächelt. Sie prostete mit dem Becher in ihrer Hand zurück und erwiderte die Segenswünsche; dabei strich sie die kinnlangen blonden Haare hinter die Ohren. Ihre Fingerspitzen und die Lippen waren schwarz, wie angemalt – eine Pigmentstörung in ihrer hellbraunen Haut.
Das neue Stück des Curiosum hatte sie für den Abend in sieben Umläufen angekündigt. Dabei stand nicht einmal der grobe Handlungsrahmen. Warum habe ich mich dazu verleiten lassen?
Es sollte einmal mehr um Mostro gehen, den Famulus, der sich selbst großspurig Magus nannte und im weit entfernten Gebiet der Wunder hockte, wo er seine eigene Zauberschule errichtet hatte.
Rodana verachtete, verabscheute ihn.
Der selbstverliebte Famulus hatte einen beachtlichen Anteil an dem Unglück, das ihr und ihrer jugendlichen Aprendisa vor nicht allzu langer Zeit widerfahren war. Chòldunja hatte es letztlich das Leben gekostet.
Dass Rodana noch lebte, verdankte sie tapferen Zwergen.
Ich werde ihm niemals vergeben. Sie nutzte das Curiosum, um Mostro mittels Geschichten auf unterhaltsame Weise bloßzustellen, lächerlich zu machen und die Menschen pausenlos zu mahnen, diesem Mann niemals zu trauen. Er steckt voller Feigheit und Hinterlist.
Was sie in ihren Stücken verschwieg, war, dass Mostro einen Mann namens Hantu auf magische Weise versteckt hielt. Der verstand sich auf eine schreckliche, besondere Form der Magie. Das jedoch blieb ein Geheimnis von einigen Wenigen.
Wir müssen beide aufhalten. Dafür sorge ich. Rodana nahm einen Schluck Blütenwasser, das warm in ihren Mund schwappte, als wäre es vor einer Weile erst aufgekocht worden.
»Wie nachdenklich du dastehst«, rief Goïmron von der Seite und kam durch den spärlichen Schatten des Marktplatzes auf sie zu. Von Weitem wirkte er wie ein klein geratener, junger Mensch. Er war aus dem Stamm der Vierten und damit von schmächtigerer Natur als andere Zwerge. »Solltest du nicht am Stück arbeiten?« Trotz der Hitze hatte er sich für Hose, Hemd und Wams entschieden, alles in hellem Grau und Weiß gehalten und aus teurer Seide geschneidert; sie kühlte immerhin etwas. Die schwarzen lockigen Haare und Koteletten trug er kurz, ein breitkrempiger Strohhut schützte das Gesicht vor der Sonne. In seiner Rechten hielt er einen geschlossenen Korb. »Ich habe dir etwas zur Stärkung mitgebracht.«
Rodana umarmte ihn zur Begrüßung. »Das ist sehr lieb von dir.« Sie trat einladend zur Seite. »Leiste mir Gesellschaft.«
Goïmron stellte das geflochtene Behältnis seufzend vor ihr ab. Durch den Deckel duftete es verlockend nach frischem Buttergebäck, erste Wespen summten heran. »Das geht nicht. Leider. Ich muss noch Gemmen und Figürchen schnitzen. Oh, und Halbedelsteine in Drachenfassungen setzen! Die gehen einfach zu gut weg. Meister Funkelstein ist mehr als glücklich mit mir.« Man sah an Goïmrons teurer Kleidung, die eine Nummer größer ausfiel als im letzten Frühjahr, dass sein Geschäft mit den Sammelstücken brummte. Sie alle kündeten von den wichtigen Ereignissen des letzten halben Zyklus im Geborgenen Land, an denen Goïmron selbst Anteil gehabt hatte. Verschiedenste Artefakte, diverse Heldinnen und Helden, sogar Bösewichte gab es in Miniaturausgaben, als Gemmen und Kameen zu erwerben, von günstig bis verschwenderisch teuer. »Heute Abend auf einen Wein? Dann besprechen wir, welche Figürchen ich zu deinem neuen Stück anfertigen kann.«
Rodana überspielte ihre Enttäuschung. Ablenkung wäre ihr gerade sehr gelegen gekommen. »Gut. Einverstanden.« Sie wusste, dass Goïmron gerne mehr für sie wäre als ein enger Vertrauter, doch etwas in ihr konnte jene Barriere, die Freundschaft und Liebe trennte, nicht überwinden, so leid es ihr tat. Einen anderen Mann gab es nicht in ihrem Leben, obgleich die Auswahl an Verehrern, die regelmäßig Briefe schrieben und Geschenke sandten, um ihre Gunst zu gewinnen, nicht gering war. Es kümmerte sie nicht, dass sich darunter auch Reiche und Mächtige befanden. »Wenn das so weitergeht, muss ich das angekündigte Stück verschieben.«
Goïmron hob die Augenbrauen. »Was ist los? Fehlt dir Schnitzmaterial?« Durch die durchbrochenen Stellen in seinem Strohhut fielen vereinzelte Sonnenstrahlen auf die hellen vernarbten Stellen im Gesicht und am Hals. Szmajros heißes Drachenblut hatte Goïmron im Kampf getroffen und auf ewig verbrannt. Er trug die Wundmale mit Stolz. »Oder etwas für die Bühne?«
»Auch. Ich brauche unbedingt Arvenholz, und das wächst nicht in der Gegend rund um Malleniaswacht. Es wird eine längere Reise in den Norden«, antwortete Rodana niedergeschlagen. »Aber die Wahrheit ist: Ich bekomme meine vielen Einfälle nicht geordnet. Nicht sinnvoll zumindest.«
»Oje.« Goïmron sah abschätzend über den Tisch mit den verteilten Zetteln. »Geht es schon wieder um Mostro?«
»Ja.«
»Verstehe.« Er schnalzte mit der Zunge. »Wieso versuchst du nicht, etwas von Tungdil Goldhands Erinnerungen umzusetzen? Das spricht auch die Zuschauer …«
»Spectatores.«
»… die Spectatores mehr an. Anstatt sich anzusehen, wie du gegen den Famulus stichelst«, sagte Goïmron. »Bedenke: Meister Goldhand ist eine Legende! Und seine Abenteuer in der Schwarzen Schlucht werden begierig vernommen. Doch das Geborgene Land weiß so gut wie nichts davon.« Er nahm ein seidenes Taschentuch aus dem Wams und tupfte sich den Schweiß von der Stirn, der unter dem Strohhutrand hervorsickerte. »Das ist auch leichter, was die Texte angeht. Die Zuscha… Spectatores wollen mehr davon.«
Rodana hörte den mitschwingenden Vorwurf. Sie konnte ihn sogar nachvollziehen. Aber sie verfolgte eine selbst auferlegte Aufgabe, und die lautete: Mostro zu Fall bringen. Jeder Mann, jede Frau, jedes Kind und jedes Lebewesen mit Verstand sollten den Famulus hassen. So sehr wie ich.
»Ach, Meister Goldhand erzählt seine Abenteuer doch unentwegt in den Schänken von Malleniaswacht. Bald kennen alle acht Hügel seine Geschichten«, wehrte sie ab. »Und jeder ein bisschen anders. Weil sein Gedächtnis nachlässt.«
Rodana wusste, dass sich der größte und älteste Held des Zwergenvolks wie eine Last fühlte. Seine geistigen Aussetzer häuften sich. Ihr gegenüber hatte Goldhand mehrmals betont, dass er sich nach Malleniaswacht abgeschoben fühlte, während das Ansehen seines Volkes im Land stieg und die Besiedlung der Gebirge von Neuem begann. Er wartete auf eine Einladung, daran teilzuhaben, doch die kam nicht. Mehr als einmal hatte er nach vier, fünf Bier betrübt davon gesprochen, in der falschen Zeit zu...
Erscheint lt. Verlag | 1.9.2022 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | Dark Fantasy Bücher • Das geborgene Land • Das Herz der Zwerge • Das Schicksal der Zwerge • Der Herr der Ringe • Der Krieg der Zwerge • Der Triumph der zwerge • deutsche Fantasy • deutsche fantasy autoren • Die Rache der Zwerge • Die Rückkehr der Zwerge • Die Zwerge • Die Zwerge 7 • Die Zwerge Band 7 • Die Zwerge Reihenfolge • Drachen • düstere Fantasy Bücher • epische Fantasy • Fantasy Bestseller • Fantasy-Bestsellerautor • Fantasy Bücher Erwachsene • fantasy bücher für erwachsene • Fantasy Reihe • Fantasy Romane • fantasy romane für erwachsene • Fantasy Saga • Fantasy Serie • Fantasy Zwerge • Goimron • High Fantasy • High Fantasy Bücher • lotr • Magie • Markus Heitz • Markus Heitz Bücher • Markus Heitz Die Zwerge • markus heitz die zwerge 7 • markus heitz reihenfolge • Peter Jackson • Schlachten • Tolkien • Tungdil Goldhand • völkerfantasy • Zwerge 8 • Zwerge Buch • Zwerge Fantasy • Zwerge Heitz • Zwerge Markus Heitz • Zwerge Saga |
ISBN-10 | 3-426-46475-6 / 3426464756 |
ISBN-13 | 978-3-426-46475-5 / 9783426464755 |
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