Wer glaubt uns noch? (eBook)

Warum Politik an Vertrauen verliert und was wir dagegen tun können | Es gibt keine Politikverdrossenheit sondern eine Politikerverdrossenheit
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2022 | 1. Auflage
224 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2853-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wer glaubt uns noch? -  Wolfgang Bosbach
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»Wir haben keine Politikverdrossenheit. Wir haben eine Politikerverdrossenheit.« sagt Wolfgang Bosbach. Zu oft wurden die Wählerinnen und Wähler enttäuscht. Nach dem Standard-Eurobarometer der EU-Kommission hatten im Frühjahr 2021 nur noch rund 30 Prozent der Bevölkerung in Deutschland Vertrauen in unsere politischen Parteien. Ein trauriger Befund. Welche Personen und Institutionen könnten in diesen Zeiten Orientierung und Halt geben? Wolfgang Bosbach hat in fünf Jahrzehnten Politik auf Bundesebene eine Fülle von unterschiedlichen Erfahrungen gesammelt. Auf einige hätte er verzichten können, aber die meisten waren positiv. Er ist der festen Überzeugung, dass es der Politik gut tun würde, etwas mehr und besser zuzuhören, was die Menschen bewegt. Nicht um allen nach dem Munde zu reden, sondern die Hoffnungen und Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger intensiver mit der eigenen politischen Agenda zu verzahnen. Mit schlichten Schlagworten (wie links, rechts und Mitte) lassen sich weder politische Inhalte differenziert erläutern noch Debatten sinnvoll führen oder von der Politik Enttäuschte zurückgewinnen. Es gibt Handlungsbedarf.

Wolfgang Bosbach, geboren 1952, ist seit 1972 CDU-Mitglied. Von 2000 bis 2009 war er stellvertretender Vorsitzender der CDU-Bundestagsfraktion und von 2009 bis 2015 Vorsitzender des Innenausschusses des Bundestags. 

Wolfgang Bosbach, geboren 1952, ist seit 1972 CDU-Mitglied. Von 2000 bis 2009 war er stellvertretender Vorsitzender der CDU-Bundestagsfraktion und von 2009 bis 2015 Vorsitzender des Innenausschusses des Bundestags. Seit Oktober 2020 moderiert Wolfgang Bosbach mit Spitzenkoch Christian Rach Deutschlands Politik-Personality-Podcast "Die Wochentester

»Angst um die Zukunft meiner Kinder«


Lass deine Taten sein wie deine Worte.
Und deine Worte wie dein Herz.Ludwig Uhland

Wir stehen vor großen Problemen und Herausforderungen, national und global. Der unaufhaltsam erscheinende Klimawandel, die Coronapandemie mit all ihren gesundheitlichen, ökonomischen und psychosozialen Folgen, die vielen politischen, ethnischen und religiösen Konflikte und nicht zuletzt der Überfall Putins auf die Ukraine sind hierfür nur wenige, aber besonders prägnante Beispiele. Spätestens am 24. Februar 2022, als die russischen Streitkräfte ihren Angriff auf die Ukraine starteten, starb die Hoffnung, dass es in Europa nie wieder Krieg geben würde.

Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung bei uns in Deutschland kommt der Stabilisierung und Fortentwicklung der sozialen Sicherungssysteme eine ganz besondere Bedeutung zu. Das allerdings gilt auch für die Themen Digitalisierung, Erhalt und Ausbau der Infrastruktur, Mobilitätswende und Umstellung der Energieversorgung mit dem Ausstieg aus der Kernenergie und dem wohl in wenigen Jahren vollzogenen Abschied von der Kohleverstromung. Genauer gesagt: durch den nationalen Abschied von der friedlichen Nutzung der Kernenergie und der Gewinnung von Strom aus Braun- und Steinkohle – bei anhaltendem Import von Strom aus diesen Energiequellen, denn ohne die freundliche Unterstützung unserer Nachbarn könnte die innerstaatliche Energiewende nicht gelingen. Anders formuliert: Unser Ausstieg aus der Kernenergie und der Kohleverstromung kann – jedenfalls für einen längeren Zeitraum – ohne nachhaltige Schäden für den Standort Deutschland nur dann funktionieren, wenn unsere stromexportierenden Nachbarn nicht aussteigen.

Wenn Ende 2022 die drei letzten noch in Betrieb befindlichen deutschen Kernkraftwerke vom Netz gehen, möchte die Bundesregierung die dadurch entstehende Versorgungslücke durch Windkraftanlagen und Solarstrom schließen. Da diese Energiequellen aber nicht grundlastfähig sind – weder weht der Wind 24/7 kontinuierlich, noch scheint Tag und Nacht die Sonne – und da Deutschland aktuell über nur sehr geringe Speicherkapazitäten verfügt, werden wir zukünftig noch mehr als bislang auf den Import von Strom von ausländischen Erzeugern angewiesen sein. Lassen Sie sich bitte, bitte nicht erzählen, von dort käme nur »grüner Strom«! Worin besteht eigentlich der große politische Gewinn, wenn wir bei einem nationalen Ausstieg Kernenergie aus ausländischen Anlagen importieren, die nicht unsere hohen Sicherheitsstandards haben, und aus Kohlekraftwerken ohne die hohen Wirkungsgrade unserer Anlagen?

Aber war deshalb früher, wie häufig kolportiert, alles besser? Nein. Im Gegenteil, vieles war sogar deutlich schlechter als heute, auch wenn uns im Rückblick vieles aus der »guten alten Zeit« positiver erscheint.

Geboren 1952, aufgewachsen und politisch sozialisiert in der Zeit des Kalten Kriegs, habe ich eine noch sehr lebhafte Erinnerung an die sogenannte gute alte Zeit. An die permanente Ost-West-Konfrontation, an die Teilung Deutschlands durch Mauer, Stacheldraht und einen mörderischen Schießbefehl und das beklemmende Gefühl bei jeder Reise aus dem Rheinland nach Berlin (West), jeden Besuch in Berlin (Ost). Einschließlich Zwangsumtausch der Währung West in diejenige der DDR, offiziell Mindestumtausch genannt. An den verpflichtenden Tausch der D-Mark in die Mark der DDR zu einem Kurs, der mit dem realen Wertverhältnis so viel zu tun hatte wie die DDR mit einer Demokratie. Das war der Preis, den Besucher aus einem »nicht sozialistischen Wirtschaftsgebiet« beim Eintritt in die DDR zu zahlen hatten.

Als es bei uns zu Hause in Bergisch Gladbach noch keinen Fernseher gab, wohl aber bei meinen Großeltern im Westerwald, wo wir regelmäßig unsere Sommerferien verbrachten, war jeder Fernsehabend für mich ein kleines Ereignis. Eine kleine Sensation in Schwarz-Weiß. Dabei haben sich zwei Ereignisse tief in meinem Gedächtnis eingeprägt: der Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961, mit dem die Teilung der Stadt – nunmehr weltweit deutlich sichtbar – im wahrsten Sinne des Wortes zementiert wurde, und der Prozess gegen den ehemaligen SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann, der sich zwischen dem 11. April und dem 15. Dezember 1961 vor dem Jerusalemer Bezirksgericht für den von ihm organisierten millionenfachen Mord an den europäischen Jüdinnen und Juden verantworten musste. Natürlich kann ein erst neun Jahre alter Junge die politische und historische Dimension derart monströser Verbrechen nicht vollständig erfassen, aber den stummen Schrecken von Eltern und Großeltern bei dem Verarbeiten von Nachrichten und Bildern registriert auch schon ein Kind. Zumal die Schrecken der Nazi-Barbarei und des Zweiten Weltkriegs auch in meiner Familie tiefe Spuren hinterlassen hatten. Meine Mutter Else, heute im 95. Lebensjahr, hatte im Krieg beide Brüder verloren, mein Vater seinen einzigen Bruder. Sein Elternhaus wurde ausgebombt, meine Großeltern mussten aus den Trümmern ihres Hauses mühsam geborgen werden. In meiner Kindheit gab es noch sichtbare Narben des Krieges. In den Fünfzigerjahren haben wir gerne unweit des Elternhauses in einer alten Bunkeranlage gespielt. Vermutlich gerade deshalb, weil man uns das strikt verboten hatte. Mit Kommandos von oben hatte ich offensichtlich schon immer meine Probleme.

Kurz nach der Rückkehr meines Vaters aus der Kriegsgefangenschaft heirateten meine Eltern. Allerdings gegen den ausdrücklichen Willen der Eltern meiner Mutter, für die es unvorstellbar war, dass ihre evangelische Tochter einen katholischen Mann heiraten wollte. Skandal! Konsequenterweise blieben sie der Hochzeit fern, was für meine Mutter mehr als nur schmerzhaft war. So ging dann meine Mutter mehr als 60 Jahre lang mit meinem Vater in den katholischen Gottesdienst und dieser mit Mama in den evangelischen. Ich bin mir absolut sicher: Der liebe Gott wird mit dieser Ehe nie ein Problem gehabt haben. Warum auch? Aber »gute alte Zeit«?

Am 17. Juni 1953 wurde in der DDR der dortige Arbeiteraufstand mit brutaler Gewalt unterdrückt, damit wurden auch die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Forderungen der »Werktätigen« niedergeknüppelt. All das in einem angeblichen Arbeiter- und Bauernstaat. Bis zum Fall der Mauer, bis zum Ende der Teilung Deutschlands, starben nach einer Studie des Forschungsverbundes SED-Staat der FU Berlin an der innerdeutschen Grenze 327 Menschen: Flüchtlinge, Grenzer oder durch Suizid. Die Arbeitsgemeinschaft 13. August ging 2009 von 245 Maueropfern und 38 »natürlichen« Sterbefällen aus. Diese Zahlen sind allesamt umstritten. Unumstritten, jedenfalls objektiv unbestreitbar, dürfte der Terror sein, der vom Unterdrückungsapparat des SED-Regimes gegen seine Kritiker ausgeübt wurde. Namentlich durch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS), die Stasi, laut Selbstbezeichnung »Schild und Schwert der Partei«, der SED. Auf die Idee, mit ernstem Gesicht zu behaupten, die DDR sei kein Unrechtsstaat gewesen, muss man erst einmal kommen!

Natürlich war auch in der DDR nicht alles schlecht. Die meisten Bürgerinnen und Bürger der DDR hatten mit der SED und der Stasi nichts zu tun. Sie suchten ihr kleines privates Glück, und viele fanden es auch. Man wollte aus einer sehr schwierigen Lage einfach nur das Beste machen. Das konnte auch gelingen, sofern man sich hundertprozentig linientreu verhielt, nicht unangenehm auffiel oder gar mit dem verwegenen Gedanken spielte »rüberzumachen«.

In diesen Jahrzehnten stand die Welt mehr als einmal am Rande eines neuen Weltkriegs. Es würde zu weit führen, hier alle Kriege und Konflikte aufzuführen, die von 1945 bis heute die Welt in Atem hielten. Nur beispielhaft erwähnt seien der Korea-Krieg (1950–1953), der Krieg in Vietnam (1955–1975), der Ungarn-Aufstand (Oktober / November 1956), die Kuba-Krise (Oktober 1962) oder der mit militärischer Gewalt niedergewalzte »Prager Frühling« (Januar bis August 1968).

Dass die Gefahr eines Dritten Weltkriegs ganz real sei, auch und gerade für unseren Kontinent und zwar aufgrund der Politik der NATO, wurde auch von den etwa 500.000 Demonstrantinnen und Demonstranten behauptet, die im Herbst 1983 im Bonner Hofgarten gegen den NATO-Doppelbeschluss protestierten. Damit protestierten sie auch gegen die Politik des damaligen Kanzlers Helmut Kohl (CDU), was einigermaßen kurios war, denn nicht Helmut Kohl war Mitinitiator dieses Beschlusses, sondern sein Amtsvorgänger Helmut Schmidt (SPD). Offensichtlich fällt es vielen gerade in bewegten Zeiten nicht leicht, die politische Orientierung unfallfrei beizubehalten. In dieser Hinsicht hat sich bis heute nicht viel geändert. Es soll ja immer noch Menschen geben, die tatsächlich der Meinung sind, man müsse für den Krieg des russischen Präsidenten Putin gegen die Ukraine ein gewisses Maß an Verständnis aufbringen, er fühle sich halt von der NATO irgendwie bedroht. Allerdings hat Putin selbst den Einmarsch seiner Truppen nicht mit der Politik der NATO begründet, sondern mit einer angeblich notwendigen »Entnazifizierung« der Ukraine, deren staatliche Souveränität er ohnehin für einen historischen Fehler...

Erscheint lt. Verlag 29.9.2022
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Staat / Verwaltung
Wirtschaft
Schlagworte Authentischer Politiker • CDU • Ehrliche Politiker • Innenpolitik • Konservativ • Politik • Politikverdrossenheit • Sicherheitspolitik
ISBN-10 3-8437-2853-4 / 3843728534
ISBN-13 978-3-8437-2853-9 / 9783843728539
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