Der Skandal (eBook)

Biothriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
448 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-28941-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Skandal -  T.S. Orgel
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Der Unternehmer Dan Light wird als Held der grünen Ernährung gefeiert. Seine Firma Light Foods produziert Laborfleisch, für das keine Tiere sterben müssen, und macht Milliardenumsätze damit. Doch der Ausbruch einer weltweiten Krankheit wirft einen Verdacht auf: Geht bei Light Foods wirklich alles mit rechten Dingen zu? Als Dan Light nachforscht, stößt er in seinem eigenen Unternehmen auf ein Netz aus Korruption, Intrigen und Sabotage - und wird auf einmal selbst zum Gejagten. Ein tödlicher Wettlauf gegen die Zeit beginnt ...

Hinter dem Pseudonym T. S. Orgel stehen die beiden Brüder Tom und Stephan Orgel. In einem anderen Leben sind sie als Grafikdesigner und Werbetexter beziehungsweise Verlagskaufmann beschäftigt, doch wenn beide zur Feder greifen, geht es in fantastische Welten. Ihr erster gemeinsamer Roman »Orks vs. Zwerge« wurde mit dem Deutschen Phantastik Preis für das beste deutschsprachige Debüt ausgezeichnet. Seitdem haben sie mit »Die Blausteinkriege«, »Terra« und »Die Schattensammlerin« noch viele weitere Welten erkundet.

PROLOG


Gebannt starrte Peter auf den Bildschirm seines Laptops. Ihm wurde gleichzeitig heiß und kalt. Ganz langsam dämmerte ihm die Bedeutung der Informationen, die er gerade gefunden hatte, versteckt in einem unzureichend gesicherten Back-up-File. Er schluckte, zögerte einen winzigen Moment und tippte dann einen Befehl ein. Gehorsam startete sein Rechner den Download. Es war viel. Hunderte Dokumente, fein säuberlich in Unterordnern verpackt, von denen das Back-up die meisten in weitere komprimierte Dateien verpackt hatte. Spielte keine Rolle. Es war mehr als genug Zeit, das alles gründlich zu sichten. Das wenige, was er bis jetzt geöffnet hatte, war mehr als genug, um ein deutliches Bild zu zeichnen. Dieses Verzeichnis enthielt Daten, die wie die Schockwelle eines Erdbebens um die ganze Welt gehen würden.

Er lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück und atmete langsam, beinahe zögerlich aus. Von diesem Augenblick hatte er geträumt, immer und immer wieder, während er sich über Monate immer tiefer in die Bürokratie dieses sterbenslangweilig hippen Großraumbüros gegraben hatte. Diesen Moment des Triumphs, der die Krönung seiner jungen Journalistenkarriere werden sollte. Bilder von Ehrungen schossen ihm durch den Kopf. Hände, die geschüttelt wurden, Auszeichnungen, die man verlieh, und unzählige Liveberichte und TV-Interviews, die er mit einem geduldigen Lächeln über sich ergehen lassen würde. Er, der Mann, der dem Bösen eigenhändig die Maske vom Gesicht gerissen hatte.

Im nächsten Augenblick zuckte allerdings schon ein Funken Schuldbewusstsein durch seinen Kopf. Fuck, es ging hier doch nicht um ihn. Das Ding hier war größer als ein paar Ehrungen. Es ging um Menschenleben! Hatte er denn nichts von Lisa gelernt?

Instinktiv sah er sich um und runzelte noch in der Bewegung die Stirn. Natürlich war er allein. Es war seine Wohnung. Klein, kahl, schon viel zu lange temporär. Das würde sich auch ändern, wenn das hier endlich einmal vorbei war. Er seufzte, beugte sich nach vorn und griff nach seinem Handy, das neben dem Rechner auf der Tischplatte lag. Mit dem Daumen entsperrte er das Display und klickte auf das Symbol, das den abgesicherten Messenger öffnete. Gleich an erster Stelle stand Lisas Kennung und daneben als Profilbild ein winziges Anarchiesymbol. Mit zitternden Fingern tippte er eine Nachricht ein. »Ich habe das File gefunden. Es ist alles da. Wir haben die Schweine!«

Keine zehn Sekunden später kam schon die Antwort. Ein Emoji, das große Augen machte. Dann die Worte: »Bin gleich da!«

Schnell flogen seine Finger über das Display: »Bleib! Ich komm zu dir.«

Lisa antwortete prompt mit einem erhobenen Daumen und einer stilisierten Explosion.

»Boom!«, murmelte Peter. »Das kannst du laut sagen.« Schnell klappte er den Laptop zu, steckte ihn in seine Umhängetasche und warf sie sich über die Schulter. Während er die Treppen hinunterstürmte, kam er sich vor wie Jason Bourne mit einer Atombombe in der Tasche, die jeden Augenblick hochgehen konnte. Die alte Frau Nowak aus dem zweiten Stock sah ihm missbilligend hinterher. Ihr Dackel stieß ein kurzes Bellen aus, als er an ihnen vorbeistürmte, immer zwei Treppenstufen auf einmal nehmend. Er warf den beiden ein triumphierendes Grinsen zu. Frau Nowak schüttelte stumm den Kopf.

Peter rannte die Straße hinunter zur S-Bahn-Station. Vorbei an Fast-Food-Restaurants, kleinen Lebensmittelgeschäften und unzähligen Modeläden, in denen sich die Menschen der Leichtigkeit ihres Daseins hingaben, ohne dabei auch nur einen Gedanken an den Preis zu verschwenden, den sie für ihr bisschen Luxus bezahlten. Nicht der offizielle Preis, dachte Peter, der auf dem Preisschild aufgedruckt war, sondern die wirklichen Kosten, die vor den Augen der Öffentlichkeit verborgen blieben. Den weit höheren. Die Kinderarbeit in den Kobaltminen Afrikas, die menschenunwürdigen Lebensverhältnisse in kambodschanischen Nähereien und die tiefen Wunden, die all dieser sinnlose Konsum an jedem Tag aufs Neue in ihre Umwelt schlug. Sein Blick blieb an der vor wenigen Tagen neu eröffneten Filiale von »Light Foods BestBurgers« hängen, vor deren goldfarbenen Türen sich bereits eine lange Schlange gebildet hatte. Hirnlose Zombies, die mit leeren Blicken auf ihre iPhones starrten, während sie geduldig auf einen Platz im angesagtesten Fresstempel der Stadt warteten. Insgeheim freute er sich schon auf ihre entsetzten Blicke, wenn die Bombe endlich hochgehen würde. »Boom!«

Er musste lachen, weil er plötzlich feststellte, dass er sich nun schon selbst wie Lisa anhörte. Aber das war nun mal ihre Art – ihre eigene Art von Magie, mit der sie die Menschen für eine Sache entzünden konnte, die ihr am Herzen lag. Er stürmte die Treppe zur S-Bahn-Station hinunter. In der Zwischenebene ging es wesentlich ruhiger zu als oben auf der Straße, allerdings war es hier auch nicht unbedingt einladend. Schmutzig, schlecht beleuchtet und über allem der allgegenwärtige Gestank von altem Essen und Urin. Einige Jugendliche musterten ihn interessiert, als wollten sie abschätzen, ob sie ihn als Opfer oder als Täter einsortieren sollten. Unbewusst zog er die Kapuze seines Hoodies über den Kopf und beschleunigte erneut seine Schritte. Hinter der nächsten Ecke stand ein Anzugträger und sprach in sein Handy. Als Peter an ihm vorüberhastete, unterbrach er das Gespräch und wandte sich von ihm ab. Wieder dachte Peter daran, dass er eine Atombombe über der Schulter trug. War er denn von allen guten Geistern verlassen?

In der Gleisebene drückte er sich schnell an eine Säule und sah sich unauffällig um. Ganz in der Nähe stand eine Gruppe Handwerker in Arbeitskleidung, etwas weiter entfernt ein Rentnerpärchen mit Rollkoffern. Am Ende des Bahnsteigs durchwühlte ein Obdachloser systematisch die Mülleimer nach Pfandflaschen, und ganz in der Nähe tauchte erneut der Anzugträger mit dem Handy am Ohr auf. Irritiert fragte sich Peter, wie der Mann so schnell dort hingekommen war. Als sich ihre Blicke kreuzten, wandte sich der Anzugträger erneut von ihm ab. Peter musterte ihn misstrauisch. Auf den ersten Blick machte die Kleidung einen geschäftsmäßigen und gepflegten Eindruck. Bei genauerem Hinsehen schien sie allerdings von der Stange zu sein. Außerdem war sie mindestens eine Nummer zu groß. Auch die dunkelbraunen Lederschuhe schienen schon bessere Tage gesehen zu haben. Peter sah zur Anzeige hoch, die jetzt eine neue Zeit anzeigte. Der Zug verspätete sich um fünf Minuten. Er stieß einen stillen Fluch aus und warf einen nervösen Blick auf sein Handy. Der Anzugträger hatte in der Zwischenzeit seinen Platz verlassen und war hinter den Fahrplan getreten. Nur noch seine Hosenbeine und die abgewetzten Lederschuhe waren zu sehen. Der Bahnsteig füllte sich langsam. Der Obdachlose arbeitete sich langsam bis zu Peter heran und starrte ihn mit blutunterlaufenen Augen an.

»Haste ma’ Wechselgeld? Zum Telefonieren?«

Peters Hand fuhr ganz automatisch zur Hosentasche, in der er seinen Geldbeutel aufbewahrte. Er öffnete ihn und fand zu seiner Enttäuschung nur einen Fünfzigeuroschein. Entschuldigend schüttelte er den Kopf.

»Ick nehm auch ’n Fuffziger«, sagte der Obdachlose ohne eine Spur Humor im Blick.

»Sorry.«

»Arschloch«, murmelte der Obdachlose und schlurfte weiter zum nächsten Mülleimer.

Peter fühlte sich trotzdem ein bisschen schuldig. Als er aufsah, stellte er fest, dass der Anzugträger ihn vom anderen Ende des Bahnsteigs her finster taxierte. Er zog die Kapuze tiefer ins Gesicht und ging erneut hinter der Säule in Deckung.

Die S-Bahn war fast voll und furchtbar stickig. Der herbe Geruch zahlreicher müder Menschen hing in der Luft. Nur noch ein, zwei Plätze waren frei. Der Anzugträger stieg ebenfalls ein und presste das Handy wieder ans Ohr. Die Jugendlichen aus der Zwischenebene folgten ihm. Sie blieben an den Türen stehen und begannen, sich gegenseitig herumzuschubsen. Einige Passagiere schauten verärgert, aber niemand brachte den Mut auf, sie zurechtzuweisen. Ein paar Stationen weiter stiegen sie glücklicherweise aus.

Der Zug leerte sich zusehends. Der Anzugträger saß noch immer auf seinem Platz. Jetzt war sich Peter beinahe sicher, dass er ihn verfolgte. An der nächsten Station wartete er bis zum allerletzten Augenblick, um dann kurz vor dem Schließen der Türen aufzuspringen und mit einem Satz nach draußen zu treten, während sich die Türen mit einem düsteren Zischen hinter ihm schlossen. Als der Zug anfuhr, warf er einen Blick über die Schulter. Der Anzugträger erwiderte ihn finster, überrascht und verärgert.

Eilig strebte Peter auf die Treppen zum Ausgang zu. Sein Atem ging stoßweise. Seine Hände zitterten. Draußen hatte es zu regnen begonnen. Menschen hasteten mit eingezogenen Köpfen an ihm vorüber. Scheinwerfer zuckten über Hauswände und Schaufenster hinweg. Er zwang sich, nicht zu rennen. Er lief die Straße hinunter und nahm die Fußgängerbrücke zur anderen Seite des Flusses. Ein Polizeiauto raste mit eingeschaltetem Blaulicht an ihm vorüber. Er wartete, bis es zwischen den Häuserreihen verschwunden war, ehe er die Straßenseite wechselte und auf den Wohnblock zuhielt, in dem Lisa zu Hause war. In ihrer Wohnung im dritten Stock brannte Licht. Erst jetzt wagte er, erleichtert aufzuatmen. Mit immer noch zitternden Händen zog er den Haustürschlüssel aus der Hosentasche. Hinter ihm bog ein Auto in die Straße ein, seine Scheinwerfer streiften ihn kurz und erloschen. Zu spät bemerkte er, dass es nicht angehalten hatte, sondern mit ausgeschaltetem Licht weiter direkt auf ihn zuhielt.

Den Aufprall spürte er seltsamerweise gar nicht. Nur dass...

Erscheint lt. Verlag 12.7.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte 2023 • Auftragsmord • Bio-Lebensmittel • eBooks • Fleisch • GenFood • Globale Seuche • In-Vitro-Fleisch • Labor • Neuerscheinung • Sabotage • Thriller • Wissenschaftsthriller
ISBN-10 3-641-28941-6 / 3641289416
ISBN-13 978-3-641-28941-6 / 9783641289416
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